Die unterirdischen Myzele der Pilze sind für unserer Bäume überlebenswichtig. Die Fruchtkörper der Basidiomyzeten tauchen nur kurz auf, um Millionen von Sporen zu verbreiten. Dann sind sie wieder weg.
Der eigentliche Pilz lebt unterirdisch auf oft hunderten Quadratmetern. Dort verbindet er sich symbiotisch mit den Wurzeln der Bäume. Er liefert dem Baum Mineralien und Wasser, während der Baum dem Pilz die während der Fotosynthese gebildeten Nährstoffe abgibt. Eine Win-Win Situation. Mykorrhiza nennt man das.
Soweit zur Biologie.
Und nun zur heimischen Zeitung.
Auf der Jagd nach Sex & Crime hat sich unser Heimatblatt diesmal dem Pilz gewidmet und verpasst eine Satire nur haarscharf: „Banden plündern Pilze in den heimischen Wäldern“ heißt es in Print und Bytes. Der Artikel wird mit einem Foto aus uralten Beständen der dpa bestückt, welches nicht viel mit dem Inhalt zu tun hat.
Die Fotografie von Patrick Pleul zierte beispielsweise schon den Artikel „Wegen optimalem Klima – Pilz-Sammler in Hessen kommen auf ihre Kosten“ aus dem Jahr 2014. Auch den Artikel „Förster rechnen mit gutem Pilzjahr“ schmückt das Bild.
Und jetzt widmet sich die WP Meschede dem Pilzklau. Pilzklau?
Dazu ein kleiner Exkurs:
Ich habe mal eine Radtour durch Polen gemacht. Kulturschock, denn normalerweise kann man auf einer Radtour in der freien Natur schon mal um die Ecke pinkeln gehen. Nicht so in Polen.
Da ging es so: Harndrang! Allein in der Natur? Umgucken! Alles scheint menschenleer. Ab zum Busch. Mist! Da pflückt schon jemand Beeren. Aber da der Baum. Mist! Da pflückt schon jemand Pilze. Nächster Baum. Schon wieder Sammler .. usw … usw …
Ich habe noch nie eine solch menschenleere Landschaft mit so vielen Früchte sammelnden Menschen wie in Polen gesehen.
Später im Urlaub habe ich mich mit einer älteren Polin unterhalten, die ihre Verwandten in Deutschland besucht hatte. Sie erzählte mir voller Empörung/Unglauben/Entsetzen, dass sie dort in Deutschland auf dem Land unterwegs gewesen sei. Alles voller Beeren, Pilze – Früchte im Überfluss und „KEIN DEUTSCHER HAT DIESE SCHÄTZE GEPFLÜCKT“.
Kulturschock.
Und jetzt kommt die Westfalenpost mit einem dummen Artikel, der doch eine solch gute Satire hätte werden können: „Banden plündern Pilze in den heimischen Wäldern“ – Bild von Patrick Pleul wie oben.
Wichtig ist anscheinend folgendes:
„Die Sammler, meist handelt es sich um junge Männer aus dem osteuropäischen Raum, werfen zunächst alles zusammen, später wird die Beute sortiert, ehe sie auf dem Schwarzmarkt verkauft wird.“
Der osteuropäische Raum! Geht es auch eine Nummer kleiner?
„Dass durch die massenhafte Sammlung der Bestand an Pilzen reduziert wird und geschützte Exemplare verschwinden, ist das eine Problem.“
Welches sind die geschützen Exemplare? Muss ich doch wissen. Verrät die WP aber nicht.
Liebe Westfalenpost, der Pilz lebt unter der Erde. Gesammelt wir nur der Fruchtkörper.
„Die illegalen Sammler vertreiben das Wild“.
Ab wann ist ein Sammler legal?
Der beste Satz kommt jetzt. Bambi zittert im Unterholz.
„durch die Mengen an Menschen trauen sich die Tiere nicht mehr aus dem tiefen Wald“.
Anstatt ein Foto von dpa zu nehmen, hätte der Autor doch einfach mal in den Wald gehen können, um diese Mengen zu fotografieren. Wenn es solche Mengen sind, sollte das kein Problem sein.
Warum gehen diese Verbrecher gebückt?
„Diese Gruppen gehen zum Teil gebückt und besonders leise durch das Unterholz. Das ist etwas, was die Tiere nicht von Menschen kennen.“
Bambi erleidet ob dieser kognitiven Dissonanz einen Herzinfarkt.
„Schwerpunkte momentan: bei Wennemen und bei Rüthen“.
Angstraum Wald.
Wo ist der „Schwarzmarkt“ für Pilze? Das würde mich wirklich interessieren.
@Schwatzmarkt
Diese Frage kann bestimmt der Autor des Artikels beantworten. Wenn ich versuche, mir diesen Schwarzmarkt vorzustellen … geht nicht … ROFL.
Das muß dieses „Darknet“ sein, in dem die Pilze gehandelt werden. 😉
Jetzt klauen Sie auch noch unsere(!) Pilze!
Ist Deutschlands Nahrungsmittelgrundversorgung gefährdet?
Wir brauchen die Pilzquote!
Gabriel: „Wir waren schon immer Pilzexportweltmeister!“
Was mich stört ist, dass eine unkonkrete Gefahrenkulisse aufgebaut wird, die für den Verbraucher nicht konkretisiert wird.
1. Besteht die Gefahr, dass giftige Pilze in die Handels- oder Nahrungskette gelangen?
Wenn ja, wie? Wenn nein, egal!
2. Wenn 1 mit ja beantwortet und das „Wie“ erklärt wurde: was kann der/die Verbraucher/in tun, um sich zu schützen?
Na ja, ich kaufe sowieso nur Champignons aus sterilen NL-Kulturen 😉
Bernd Bertelsmeyer, der Vorsitzende des Hegerings Meschede:
„Diese Gruppen gehen zum Teil gebückt und besonders leise durch das Unterholz.“
Also junge Männer aus dem osteuropäischen Raum auf Schleichfahrt!?
„Das ist etwas, was die Tiere nicht von Menschen kennen.“
Ich habe auch schon versucht Pilze – ohne mich zu bücken – vom Boden zu bekommen – habe aber das Höherlegen des Waldbodens wegen Überlastung abbrechen müssen.
„Das Wild wird gestört und nimmt Reißaus – ganz nebenbei zum Ärger der Jäger, die dafür sorgen wollen, dass der Bestand der Tiere eine gewisse Menge nicht überschreitet.“
Wo ist denn das Problem wenn das Wild an Pilzsammler gewöhnt dem Jäger ggf. mit Fußpilz ohne Scheu vor die „Wumme“ kommt?
Im Sine des Tierschutzes kann das zahme Reh dann ganz human zu Tode gestreichelt werden.