Lesehinweis: DER CLUB DER UNGELIEBTEN – Über deutschnationale Brandstifter, populistische „Volkspartei“-Männer und Gegenstrategien

BuergerPack20151015Peter Bürger[1], Publizist und Pazifist aus dem Sauerland, empfiehlt in der neuen Ausgabe der Zeitschrift „Telepolis“ einen konsequenten, aber gleichzeitig auch subversiven Umgang mit Populisten und Rechtsextremen.

Die potentielle Anhängerschaft der Populisten und Rechtsextremisten sei bei allem Kampfgeschrei zutiefst autoritätshörig und folge im Fall des Falles gerade denjenigen, die sie in Wirklichkeit verachteten.

Nichts wäre fataler, als wenn staatliche bzw. politische Funktionsträger den Organisationsformen, Repräsentanten oder Deklarationen der sich formierenden Rechten irgendwo auch nur mit einem Fingerbreit „Dialog“ entgegenkämen.

Dies, so Peter Bürger, schien Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) noch nicht verstanden gehabt zu haben, als er sich im Frühjahr demonstrativ für ein „Recht, deutschnational zu sein“ ausgesprochen und medienwirksam einen pseudo-privaten Pegida-Dialog versucht hätte.

Gabriels Aktion wäre eine verkappte Ermutigung für die Rechte gewesen. Wenn nicht zumeist jungen Antifa-Szenen durch abschreckende Störmanöver gegengesteuert hätten, wären auch in den Großstädten der westlichen Bundesländer erheblich mehr „Kleinbürger“ zu den Aufmärschen der Pegida-Hetzer und Nazi-Aktivisten gestoßen.

Als das populistisch aufgeheizte „Volk“ auf einmal sehr ungemütlich und gar gewalttätig geworden wäre, hätte auch Siegmar Gabriel vom „Pack“ gesprochen.

Peter Bürger zum „Pack“-Gerede:

Das ist zu billig und sogar außerordentlich kontraproduktiv. Denn in diesem Fall hören die Ungeliebten (Ich bin Pack) , die eben zum Großteil doch auf einer Verliererseite (Ostdeutschland erwache) stehen, wieder das, was sie ja aufgrund ihrer leibhaftigen Lebenserfahrungen immer schon zu hören meinten: „Ihr seid Abschaum, überflüssig und unerwünscht!“

Peter Bürger schlägt vor, alle Zusammenhänge, in denen die Rechtspopulisten und NeoNazis den eigenen „Selbstwert“ auf Kosten anderer Menschen zu konstruieren gedenke, in der öffentlichen Wahrnehmung als eine Welt des verdeckten Selbsthasses und der Langeweile zu entlarven.

Wer würde, so Bürger, würde dann noch gerne zu diesem Umfeld zählen und damit Mitleid oder Gelächter ernten wollen.

Die Einladung zu einem attraktiven Fest, bei dem niemand gerne „außen vor stehen“ möchte, sei wirkungsvoller als jede Moralpredigt.

Den ganzen Artikel lesen:

http://www.heise.de/tp/artikel/46/46255/1.html

[1] Peter Bürger bei Wikipedia

16 Gedanken zu „Lesehinweis: DER CLUB DER UNGELIEBTEN – Über deutschnationale Brandstifter, populistische „Volkspartei“-Männer und Gegenstrategien“

  1. Bestimmt widersprechen mir viele WK II-Flüchtlinge und -Vertriebe? Bestimmt!

    Ich bin aber trotzdem davon überzeugt, dass die Situation 1945/46 mit der heutigen vergleichbar ist. Schlesier, Pommern, Ostpreußen, Westpreußen, Sudeten-Deutsche …, sie alle waren längst nicht überall im Westen willkommen. Von den Strapazen einer langen und dramatischen Flucht, von den vielen Toten am Wegesrand und vom Verlust ihrer Heimat und der letzten Habseligkeiten gezeichnet, so kamen sie nach Westfalen, Schleswig-Holstein, Bayern … . Zerlumpt, krank, oft ohne Papiere, kein Geld, kein Garnichts, ausser dem nackten Leben.

    Und als wenn das alles nicht schon schlimm genug wäre, gerieten oft evangelische Flüchtlinge in katholische Gegenden und umgekehrt. Anfeindungen und Diskriminierungen wegen des „falschen“ Glaubens waren keine Seltenheit.

    Wem sagt die nette Bezeichnung „Mischehe“ noch was? Genau, das war die jetzt fast vergessene Vokabel für eine Ehe zwischen Mann und Frau unterschiedlicher Konfessionen (katholisch/evangelisch). Auch im katholischen Sauerland war das bis weit in die 1950-er Jahre oder noch länger so ungefähr der Untergang des Abendlands. Sich arrangieren hieß folgerichtig KONVERTIEREN!

    Und dann noch die Schützenfeste. Wie lange hat es gedauert, bis der erste Flüchtling oder ein Flüchtlingssohn in einem Dorf im Sauerland Schützenkönig werden durfte? -Es wäre interessant, mal in die Archive zu gucken.

    Mittlerweile sind Eingeborenen- und Flüchtlings-Gene auch im Sauerland einigermaßen vermischt. Vieles hat sich „normalisiert“.

    Nur, dass jetzt schon wieder verlumpte Horden von Irgendwo ungeordnet, oft ohne Geld und ohne Papiere ins beschauliche, christliche Abendland einbrechen und die Hiesigen mit ihrer Existenz und ihrer Anwesenheit belästigen, das ist ein Unding! So sehen das, vemute ich, (leider) nicht nur Alteingesessene, sondern auch viele WK II-Flüchtlinge und -Vertriebene und ihre Kinder und Enkel. „Damals, das war was anderes“, sagen und schreiben sie.

    War das wirklich was anderes? Nein, ich meine NEIN!

    Ja, es gibt Unterschiede.

    1945 waren viele Städte und Dörfer in Deutschland zerstört. Auch die nicht ausgebombten Menschen hungerten und froren. Und Millionen von Flüchtlingen brauchten Wohnungen und Arbeit und mussten sich erst mal irgendwie durchschlagen. Die „neuen Westdeutschen“ arbeiteten fleißig, viele studierten, bauten Häuser und Konzerne auf und waren nicht unmaßgeblich am „deutschen Wirtschaftswunder“ beteiligt.

    2015 prosperiert die deutsche Wirtschaft. Sie ist eine der leistungsfähigsten der Welt, auch wenn in einigen ländlichen Gebieten – wie im Sauerland – Wohnungen und Häuser leer stehen. Aber das hat andere Gründe. Die Menschen zieht es nun mal in die Städte. Und viele Flüchtlinge zieht es zu uns. Wo ist das Problem? Denken wir doch die Geschichte mal weiter! ….

    Ja, ich bleibe dabei, die Situation DAMALS und HEUTE ist vergleichbar!

  2. @Gabi:

    Sprach letztens mit jemandem, der die damalige Völkerwanderung als Kind miterlebt hat. Ganz einfach deshalb, weil dieser Vergleich damals/heute in den Medien immer wieder bemüht wird und ich von einem Zeitzeugen wissen wollte, ob das gerechtfertigt ist. Mir kam er jedenfalls schon immer wenig stichhaltig vor.

    Jedenfalls: Er nannte Ihren Vergleich (O-Ton) „hundsgemein“. Die Details seines Berichts über den „Todesmarsch“ erspare ich Ihnen. Nur eins, das mir besonders in Erinnerung geblieben ist: Ein ganz spezielles Problem war wohl der tief vereiste Boden, in dem verstorbene Neugeborene und Kleinkinder nur mühsamst verscharrt werden konnten. Und für die flüchtenden Mütter war der Tod ihrer Kinder offenbar zwar schlimm, aber sie unbeerdigt zurückzulassen, das war völlig unerträglich.

    Aus meiner Sicht kann ich Ihren Vergleich zwar nicht so fundiert beurteilen wie der Zeitzeuge, erkenne allerdings schon auf den ersten Blick große Unterschiede in der Sozialisierung und kulturellen Prägung der Flüchtlingsmassen, die zu uns strömen. Die zukünftigen Integrationsprobleme sind derzeit noch gar nicht abzusehen.
    Das war damals ganz anders, denn die Flüchtlinge des „Todesmarschs“ waren weitgehend Angehörige des Reichsgebiets und damit quasi bereits integriert.

    Letztens schrieb übrigens Alexander Grau im Cicero einen bedenkenswerten Satz, der die von Ihnen nivellierten Unterschiede zwischen Damals und Heute bezüglich der kulturellen Prägung und Sozialisierung auf den Punkt bringt:
    „Deutschland wird infolge der Einwanderung patriarchaler werden, sexistischer, homphober und antisemitischer. Die Frage ist nicht, ob das so sein wird, sondern lediglich, in welchem Umfang.“

    Ihnen ein schönes Wochenende,
    Jupp

  3. Das war damals ganz anders, denn die Flüchtlinge des „Todesmarschs“ waren weitgehend Angehörige des Reichsgebiets und damit quasi bereits integriert.

    Sie gehen gar nicht auf die Begründung von Gabi ein, dass die damaligen Flüchtlinge eben NICHT integriert waren. Warum auch?

    Im Übrigen möchte ich darum bitten, auf den Artikel von Peter Bürger einzugehen.

  4. Lieber Jupp,

    höflich wie ich bin, widerspreche ich Ihnen ungern. Aber was sein muss, muss sein. Darum ein kurzes Histörchen, eine wahre Geschichte, nicht erfunden. Sie ereignete sich Ende der 1960-er Jahre in einem stillen, beschaulichen Dörfchen im Sauerland.

    Einige Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten hatten es mittlerweile zu einem Häuschen oder einer Mietwohnung mitten im Dorf gebracht. Der größere Teil von ihnen wohnte in „Neudorf“, einem etwas weiter vom Ortskern entfernten, eigens für sie erschlossenen Neubaugebiet. Die Häuser stehen da aufgereiht wie an einer Perlenschnur an einem steilen Hang oberhalb der Bundesstraße.

    Wie es damals so war, die dörfliche Infrastruktur war noch einigermaßen intakt. Im Ort gab es mehrere Lebensmittelgeschäfte, zwei Bäckereien, einen Metzger und sogar ein kleines Textilgeschäft und diverse Kneipen. Längst nicht jede Familie besaß ein Auto. Und Frauen mit Führerschein wirkten eher exotisch. Die Frauen bewegten sich damals noch vorwiegend zu Fuß. Manchmal gingen sie nicht um Käse, Wurst oder Brot einzukaufen, sondern sie gingen nur jemanden im Dorf besuchen. Sie wollten vielleicht nur mit anderen Frauen „klandern“; denn im Dorf war ja ansonsten nicht viel los.

    So kam es vor, dass eines Nachmittags eine Witwe, eine gebürtige Schlesierin, an der Haustür einer uralteingesessenen Familie schellte. Was wollte sie da nur? Obwohl kinderreich, waren zu diesem Zeitpunkt von der Familie nur die Om(m)a und einer ihrer Enkelsöhne (er ist Jahrgang 1963) allein zu haus. Wie gesagt, es schellte unten. Großmutter und Enkel waren oben im Haus. Oh, wer kommt da wohl? Die Om(m)a schaute vorsichtshalber erst mal oben aus dem Fenster und sah, oh Schreck, die Flüchtlingsfrau. „Nicht aufmachen, nicht aufmachen!“ rief sie ihrem Enkel zu. „Da unten steht ne Evangeilische!“ Artig und fromm wie die meisten Kinder in diesem Jahrzehnt nun mal meistens noch waren, verhielt sich der Enkel brav, muckste sich nicht und lies die Tür verschlossen. Den beiden da oben war es etwas unheimlich. Sie blieben ganz still …. so lange bis die Flüchtlingsfrau endlich außer Sichtweite war. Aufatmen, durchatmen, beten, das war`s.

    Das war`s nicht ganz. Denn der brave Enkel grübelt bis heute noch darüber nach, welches Problem seine katholische Großmutter mit der evangelischen Flüchtlingsfrau hatte. Und weil ihn die Sache bis heute noch beschäftigt, hat er sie mir mal erzählt. Ich kann mich zwar nicht mehr an seine Oma erinnern, dafür aber gut an die Schlesierin, eine liebenswürdige, völlig harmlose, damals schon ältere Dame. Sie hatte noch nicht einmal einen polnisch klingenden Nachnamen. Ne, ihr Name war hinten wie vorne urdeutsch.

    Nix für ungut!
    Gabi

  5. Hallo Jupp,
    ich bringe einige Beispiele aus der Verwandtschaft, mein Vater stammt aus Westpreußen und meine Mutter aus Sachsen; beide Familien sind geflüchtet und ich kenne die Geschichten zur Genüge.

    1. Wo entstanden eigentlich die Neubaugebiete in den Dörfern und Städten?
    In Meschede, die Bauernsiedlung weit weg von der Kernstadt.
    In Wennemen, entlang der Bahnlinie natürlich Ortsausgang.
    In Freienohl, in der Rümmecke nach Oeventrop.
    In Antfeld, Ortseingang am Berghang.

    2. Warum gibt es in Meschede zwei Schützenvereine?
    Einer ist katholisch geprägt und einer evangelisch. Nun ja jeder kann raten in welchem Verein die Flüchtlinge organisiert waren.

    3. Wann ist eigentlich der erste evangelische Flüchtling Schützenkönig geworden?

    4. Es gab das Schimpfwort „Pilzsammler“ für die Flüchtlinge; anscheinend haben die originalen Sauerländer selten Pilze gesammelt.

    5. „Kalte Heimat“ war noch in den 1980 Jahren ein Schimpfwort.

    6. Mehr Beispiele gewünscht??
    Wenn Ja, es gibt noch genug davon!!!

  6. Interessante Diskussion, hier wird zum Teil krampfhaft versucht, die Unterschiede zwischen den Flüchtlingen der Nachkriegszeit und den damaligen Bewohnern aufzuzeigen. Selbstverständlich gab es diese Unterschiede, aber sie waren eben minimal Die Beispiele „Schützenverein und Baugebiete“ zeigen das ja schön auf.
    Heute haben wir eine völlig andere Situation, viel wesentlichere Differenzen (Muttersprache, Glauben, Kulturkreis, Sozialisation …) werden gar nicht mehr zur Kenntnis genommen. Offensichtlich haben die Kommentatoren hier keinen Kontakt zu den ehrenamtlichen Helfern und Mitarbeitern der Kommunen, die in der Betreuung der Flüchtlinge tätig siend. Im Gespräch mit diesen Menschen könnten sie die vorhandenen kleinen und großen Unterschiede erfahren.
    Alexander Grau hat völlig Recht mit seinem Satz „Deutschland wird infolge der Einwanderung patriarchaler werden, sexistischer, homophober und antisemitischer. Die Frage ist nicht, ob das so sein wird, sondern lediglich, in welchem Umfang.“
    Nur indem wir uns von Anfang an in der Flüchtlingshilfe engagieren und unsere Werte vermitteln, können wir diese Entwicklung ein wenig beeinflussen. In diesem Sinne meine Einladung an alle Leser. Engagieren Sie sich!

    1. Mein lieber @ureinwohner, ich weiß nicht wer Sie sind und ob Sie in irgendeiner Art und Weise von der folgenden Geschichte Kenntnis haben.

      Als ich vor 18 Jahren nach Winterberg kam, gab es dort einen GRÜNEN, der sich intensiv um Flüchtlinge, Asylbewerber kümmerte. Dieser Mann wurde verspottet und verhöhnt und hat darunter sehr gelitten.

      Wenn Sie Ureinwohner der Stadt Winterberg sind, dann kennen Sie diesen Mann.

      Ich als Zugezogener fremdschäme mich immer noch für diejenigen Winterberger, die damals mit dem Hohn-Finger auf diesen ehrenamtlich sich für die Flüchtlinge engagierenden Mann zeigten und ihn verspotteten.

      Sie verfügen anscheinend gemeinsam mit Alexander Grau über eine Glaskugel, aus der Sie die Zukunft ersehen können. Antisemitismus, Homophobie und Sexismus gab und gibt es im Sauerland, solange ich hier wohne, ohne Flüchtlinge.

      Und diese Antisemiten waren wohl Flüchtlinge, oder?

      http://www.schiebener.net/wordpress/biedermaenner-aufgepasst-die-brandstifter-sind-unterwegs-freut-ihr-euch-klammheimlich/

      Übrigens nicht nur im Sauerland, aber Winterberg habe ich schon als „besonders“ erlebt.

  7. @ureinwohner

    Es ist nun mal so, die Welt dreht sich. Wir drehen uns mit, egal ob wir wollen oder nicht.

    Das was jetzt Deutschland heißt veränderte sich durch die Reformation, durch den Dreißigjährigen Krieg, durch die Hugenotten, durch die beiden Weltkriege und durch unzählige andere Ereignisse. Immer wieder setzten sich Menschen in Bewegung, um Krieg, Elend, religiöser Verfolgung und grausamen Landesfürsten zu entkommen. Auch für damalige Verhältnisse waren die Verwerfungen ernorm. Oft dauerte es viele Generationen bis die Unterschiede zwischen den Nachfahren der Exulanten und den Alteingesessenen überwunden waren, sprachliche Barrieren inklusive. Im 18. Jahrhundert waren einige Gebiete in Preußen sogar dreisprachig (deutsch, französisch, litauisch bzw. deutsch, französisch, masurisch/polnisch).

    So what!? Kulturelle, religiöse und sprachliche Unterschiede können wir als Last wahrnehmen oder als Chance und Bereicherung. Das liegt an jedem von uns selbst.

    Ich bevorzuge das letztere und versichere Ihnen, Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass ich nicht Frau genug bin, um mich gegen das von ihnen beschworene Patriarchat zu wehren. Genau das tue ich in dieser, vom Patriarchat und Katholizismus geprägten Gegend seit Jahren, wie ich meine, ganz erfolgreich.

    Und vielen Dank noch für den Tipp mit der Flüchtlingshilfe!

    1. Auf jeden Fall lesenswert.

      Zitat:

      Wir wissen seit langer Zeit, dass in jedem Jahr Tausende im Mittelmeer ertrinken. Wir haben ganz genau gewusst, dass der Krieg im Irak nicht dem Frieden diente, sondern der imperialistischen Sicherung von Öl. Wir haben gewusst, dass unser „Feldlager“ in Kundus nicht die Überführung der afghanischen Frau in den deutschen Juristinnenbund zum Ziel hat. Wir „bekämpfen“ Terror, Massenmord und Willkür, immer wo und wie es uns gefällt, und richten dem Rest der Welt aus, das Recht auf Leben und Würde gelte „nach Maßgabe der Möglichkeiten“.

      Wir ziehen aus solcher Erkenntnis keine Schlussfolgerungen. Das heißt, wir verhalten uns ungefähr so rational wie die Bauern in den Flussdeltas von Bangladesch, die in jedem Jahr, kurz vor dem Monsun, nicht ganz sicher sind, ob wohl noch einmal eine Überschwemmung kommen wird. Der Unterschied ist: Wir könnten anders, sie nicht.

      Hier alles auf einer Seite:

      http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-10/fluechtlinge-fischer-im-recht/komplettansicht

  8. Ich möchte hier auch mal eine Bemerkung hinterlassen:

    Auf alten Fotos der Hallenberger Stadtgeschichte war es selbstverständlich, dass Frauen Kopftücher trugen, sobald sie aus dem Haus gingen.

    Das änderte sich erst, als die ersten Flüchtlinge (Wohngebiete wurden ja schon angesprochen – in Bromskirchen gab es das sog. „Ungarner-Dorf“) ankamen.

    Da trug die Hallenberger Frau _kein_ Kopftuch mehr, man wollte ja nicht für einen Flüchtling gehalten werden.

    Und die schlesischen Frauen legten ihre Kopftücher ganz plötzlich ab, als die ersten (türkischen) Gastarbeiterfamilien hier eintrafen.

    Im Religionsunterricht in der Volksschule – die Evangelischen hatten eine Klasse für alle Jahrgänge – lernte ich, dass die Evangelischen Ungläubige waren.

    Als dann die neue Hauptschule eingeweiht wurde, hat sich der damalige katholische Pfarrer geweigert, dort den Segen zu spechen – die Schule war nicht mehr rein katholisch.

    Meinen letzten Gottesdienstbesuch in Hallenberg vor ca 20 Jahren habe ich mitten in der Predigt beendet, als dort gepredigt wurde: „Man solle sich nicht mit Touristen einlassen, das wären alles Ungläubige“.

    Soviel von mir zu dem Thema.

  9. @eiifi,

    ja, die Ausführungen zu den Ungläubigen kann ich bestätigen. Ich erinnere mich da besonders gerne an eine Dorfschullehrerin. Sie vertrat die Ansicht, Evangelische und Hunde kommen nicht in den Himmel.

    1. @eiifi und @Gabi

      Da habt ihr eine Thema angeschnitten. Menno. Bei uns im Ort hat ein Vikar den Kindern im katholischen Religionsunterricht der Grundschule erzählt, dass die Protestanten schwarze Flecken auf der Seele hätten. Für uns mag das lächerlich klingen, aber bei den Kindern kam die Botschaft an.

      Ich lebe übrigens erst seit 18 Jahren im Sauerland. Die Geschichte ist noch nicht allzu lange her. Ich rechne mal hoch: ca. 10 Jahre.

  10. @eiifi:
    Lese gerne von den alten Zeiten im oberen Rothaargebirge, hier aber muss ich dionysische Entgrenzung diagnostizieren. Der Euphorie, bedürftigen Flüchtlingsströmen Hilfe leisten zu können, wird schon bald Ernüchterung folgen. Dann wird auch Ihnen der elementare Unterschied zwischen dem Kopftuch Hallenberger Frauen und der Burka muslimischer Frauen wieder bewusst.

    @Gabi:
    Das Patriarchat wirkt als Regulativ des Gendermainstreamings, könnte also durchaus positive Effekte haben. Sorgen machen mir vielmehr Szenarien, die aus dem Gewaltpotential von in Kriegsgebieten und/oder im Islamismus sozialisierten jungen Männern und deren unkontrollierter Einwanderung erwachsen. Sorgen machen mir außerdem die Frage der Finanzierung und die Frage, wie sich bspw. in Syrien je wieder eine zukunftsfähige Gesellschaft entwickeln soll, wenn deren eigentlich tragende Säule nach Deutschland ausgewandert ist. Und Sorgen macht mir vor allem, dass die Art 2 II GG, Art 14 GG, Art 20 I GG, Art 20 II GG, Art 28 GG und sowieso der einschlägige Art 16a GG offenbar ersatzlos gestrichen und durch Emotionalität (man könnte angesichts der Substanz- und Alternativlosigkeit des „Wir schaffen das!“ auch sagen: einem Aufruf zum samaritanischen Endsieg) ersetzt wurden. Seriöse Staatsrechtler sprechen in diesem Zusammenhang inzwischen von Aufgabe der Grenzhoheit, von Staatsversagen und sogar von Straftatbeständen. Ihr „So what?“ und Ihr Aufruf zur Flüchtlingshilfe (Mittäterschaft) kommt mir insoweit etwas naiv vor. Der Reservistenverband der Bundeswehr hat angesichts des abgeleisteten, historisch gewachsenen Eids jedenfalls mehrheitlich eine ablehnende Haltung zum Aufruf zur Flüchtlingshilfe bezogen. Aus meiner Sicht spricht das Bände.

    @zoom:
    Wenn Ihnen an der Vermeidung der politischen Radikalisierung Deutschlands gelegen ist, sollten Sie die nicht unberechtigten Sorgen der „einfachen Leute“ im Sauerland berücksichtigen. Es gibt eben auch Menschen, die sich um Altersversorgung, Arbeitsplatz, gesundheitliche Versorgung, ordentliche Schulbildung für ihre Kinder, innere Sicherheit etc. sorgen müssen. Das alles hängt letztendlich an westlicher/aufgeklärter/deutscher politischer und gesellschaftlicher Kultur, die nun mal aktuell eklatant aufgeweicht wird. Um Johannes Rau (SPD) zu bemühen: „ Kultur ist nicht das Sahnehäubchen auf dem Kuchen, sondern die Hefe im Teig.“ Was passiert denn ohne Hefe im Teig?!

    Im Übrigen bin ich zwar selbst Ureinwohner, aber der von Ihnen bemühte Grüne sagt auch mir überhaupt nichts. Helfen Sie mir bitte. Ich assoziiere [ … gelöscht admin …].

    Schönen Restsonntag,
    Jupp

    1. @Josef Schmitz:

      Viel Geraune, durch Fremdworte aufgeblasene Nichtigkeiten, Unterstellungen. Alles en masse. Bitte lassen Sie es sein.

  11. Flüchtlinge und Vertriebene treffen auf Alteingesessene – vor 70 Jahren war die Stimmung in Deutschland nicht viel anders als jetzt.

    Die Behörden fühlten sich überfordert. Viele Einheimische waren verärgert oder verängstigt und verhielten sich häufig dementsprechend unfreundlich oder hasserfüllt. Es gab damals sogar auch schon Menschen ohne Papiere. Ihre Dokumente waren irgendwie in den Kriegswirren oder auf der Flucht verloren gegangen. Wohnraum und Lebensmittel waren knapp, viel knapper als jetzt. Notlösung: Massenhafte Wohnungseinquartierungen und Flüchtlingslager.

    Trotzdem ist die Integration der Weltkriegsflüchtlinge eine deutsche Erfolgsgeschichte, wenn es auch gedauert hat.

    Ein spannender Zeitzeugenbericht aus der „SBZ“:

    http://www.jungewelt.de/m/2015/11-07/054.php

Kommentare sind geschlossen.