„Wer soll das bezahlen?“ – Bericht aus der Jugendhilfeausschuss-Sitzung am 11.10.2021

Am Montag tagte in Meschede der Kreisjugenhilfeausschuss. Ihm gehört – auch für die SBL – Dietmar Schwalm als stimmbrechtigtes Mitglied an. Hier sein Bericht:

(Der Beitrag ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Wer soll das bezahlen?

Das war die erste Frage der CDU-Fraktion in der Jugendhilfeausschuss-Sitzung, in der das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz vorgestellt wurde.
Anstatt sich als Vertretung in einem Fachgremium erst einmal zu freuen, dass es tatsächlich gesetzliche Verbesserungen im Sinne der betroffenen Kinder, Jugendlichen und Eltern gibt, wurde die Frage gestellt, ob die Neuerungen denn tatsächlich 1:1 umgesetzt werden müssen.

Das neue KJSG im SGB VIII ist über viele Jahre politisch diskutiert worden, bis dieser Kompromiss in diesem Sommer verabschiedet wurde. Es wurde aus meiner Sicht ein Gesetz mit positiven Veränderungen aber auch mit „Schwachstellen“, bei denen ich in der Sitzung mit konkreten Fragen an die Jugendamtsverwaltung „meine Finger auf die Wunden gelegt“ habe.
• Wie sieht es z.B. konkret mit der Beteiligung der Eltern aus, die aus einem bildungsfernen Milieu stammen?
• Was ist der aktuelle Sachstand bei der Einrichtung der nun gesetzlich festgeschrieben Ombudsstelle?
• Habe betroffene Familien neben den niederschwelligen Angeboten im Sozialraum trotzdem noch den Anspruch auf eine erzieherische Hilfe? Eine Mitgliedschaft in einem örtlichen Fußballverein kann aus meiner Sicht nicht eine notwendige Erziehungsbeistandschaft ersetzen.
• Darf ein Heranwachsender, der mit 17 Jahren die erzieherische Hilfe abgebrochen hat, mit 19 Jahren wiederkommen und Hilfe für junge Volljährige auch in stationärer Form beantragen oder gibt es für ihn nur noch ein Beratungsangebot?

Als Kreistagsmitglied mit gewerkschaftlichem Hintergrund habe ich zuletzt dann auch noch auf den neuformulierten § 79 hingewiesen. In diesem Paragrafen wurde jetzt eine verbindliche Verpflichtung des Jugendamtes für eine Personalbemessung festgeschrieben, damit immer ausreichend sozialpädagogisches Fachpersonal vorhanden ist, um die Menge und Vielfalt der Aufgaben in der Jugendhilfe zu bewältigen.

Die Kreisverwaltung wartet jetzt auf das Landesjugendamt, das Instrumente für diese Personalbemessung erarbeiten und zur Verfügung stellen will. Wie lange das dauern könnte, wollte die Verwaltung nicht beantworten. Mein Hinweis, dieses im Sinne der Beschäftigten doch schon heute mit vorhanden Personalbemessungs-Instrumenten anzugehen, stieß auf wenig Gegenliebe.
Unsere Fraktion wird die aufgeworfenen Fragen zum neuen KJSG in den nächsten Monaten regelmäßig im Ausschuss hinterfragen.
Und die Frage „Wer soll das bezahlen“ habe ich mit „Der das bestellt hat“ beantwortet. Darum kann sich ja dann die zukünftige Bundesregierung Gedanken machen und die Mehrausgaben für dieses in großen Teilen gute Gesetz den Kommunen erstatten.

Beim Tagesordnungspunkt „Kooperationsmodellprojekt – Begleitung von Anfang an durch Gesundheitsförderung und Lebensweltorientierung-BEAGLE-“ am Klinikum Hochsauerlandkreis sollte die Maßnahme verlängert werden. Hier haben speziell ausgebildete Lots*innen die Aufgabe, den Übergang von der Geburtsstation in den Lebensalltag zu begleiten. Die Maßnahme wurde von allen Beteiligten im Ausschuss als positiv und wichtig angesehen. Deshalb kam auch die Frage auf, warum man dieses nicht auch an anderen Geburtsstationen ansiedeln könne.

Da dieses wegen der fehlenden Landesförderung bei der Jugendamtsverwaltung auf etwas Widerstand stieß, habe ich den Vorschlag gemacht, sich in einer der nächsten Sitzungen konkret über die Arbeit dieser Lots*innen zu informieren. Gleichzeitig sollte es aber über die Arbeit der auch neueingerichteten Familienhebammen berichtet werden, um dann evt. aus beiden Projekten auch zufriedenstellende Lösungen für den östlichen Teil des Hochsauerlandkreises zu erarbeiten.

Bei der Diskussion über das aufgrund eines neu berechneten höheren Bedarfs fehlende Kita-Angebot in Brilon wurde auch wieder das „leidige“ Thema der Überprüfung des konkreten Bedarfs bei den Eltern andiskutiert. Dieses wird aber weiterhin von unserer Fraktion abgelehnt, da der Staat nicht den individuellen unterschiedlichen Bedarfsgrund bewerten sollte.

Die Einführung der digitalen Kita-Card wird sich verzögern, da gerade die Frage geklärt werden muss, ob es nicht sinnvoll ist, ein einheitliches System in der Region Südwestfalen über die SIT (Südwestfalen-IT) einzuführen. Das ist aus meiner Sicht ein sinnvoller Weg, der aber im Sinne der betroffenen Verwaltungen, Kitas und Eltern schnell zu einem Ziel führen sollte.