Während in Deutschland die Kosten für öffentliche Projekte explodieren, werden andernorts die Vorgaben eingehalten. Wie denn das?

Raus aus der U-Bahn und bei trüben (Licht-) Verhältnissen das Bild zur "Bild" aufgenommen. (foto: zoom)
Kostenexplosion, Intransparenz, Bürgerwut und Verachtung für die Politiker. Das PPP-Projekt Elbphilharmonie ist überall (archiv: zoom)

Am Montag hat Ulrich Horn in seinem Blog einen eher unscheinbaren Artikel veröffentlicht. Er wirft in seinem Kommentar den Politikern vor, realitätsblind auf die Kostenexplosionen bei öffentlichen Bauprojekten zu reagieren und die Empörung und Verachtung der Bürger aus der Wahrnehmung auszublenden.

Nur so sei es zu erklären, warum die ungeheuerliche Kostenexplosion bei öffentlichen Projekten nicht endlich unterbunden werde.

Dann -und das ist für mich der interessante Teil von Horns Artikel- verweist er in seiner Schlussbemerkung auf die Olympiade in London:

„Die Bauzeit und der Kostenplan wurden eingehalten. Warum schaffen unsere Politiker nicht die Grundlagen, um diesem Vorbild nachzueifern?“

Wir haben die Antwort gefunden 🙂

Anfang Januar habe ich im Deutschlandradio Kultur ein Interview von Gabi Wuttke mit Klaus Grewe, dem Gesamtkoordinator der Olympischen Spiele von London, gehört.

Klaus Grewe, der auch schon als Projektmanager sowohl den Berliner Hauptbahnhof als auch den Gotthardtunnel mitgeplant hatte,  erklärt klipp und klar, was in London richtig gemacht wurde und was in Deutschland falsch lief und läuft.

Hier ein Auszug:

„Wuttke: Die Schweiz und London beweisen, es geht auch anders. Wie wurden denn bei Ihnen die Kosten für die Olympischen Spiele in London errechnet?

Grewe: Ich glaube, wir haben uns dort sehr stark an amerikanischen Vorbildern orientiert. Es gibt eine einfache Formel dort, Projektkosten so zu benennen, wie sie wirklich entstehen werden. Wir ermitteln am Anfang – was bei Ihnen in Berlin sicherlich auch getan wurde – die Gesamtkosten für ein Projekt. Das ist eine Fleißarbeit. Sie stellen auf: was brauchen Sie, was kostet ein Kubikmeter Beton, was kostet ein Quadratmeter Schalter, wie viele Leute arbeiten dort, und Sie kriegen die Gesamtkosten. In einer zweiten Runde ermitteln Sie das Risiko, was entstehen kann, wen[n] so ein Großprojekt gebaut wird – was passiert, wenn ein kalter Winter kommt, was passiert, wenn Planänderungen kommen. Dann machen …“

Es folgen viele interessante Details und dann Bemerkungen zu Offenheit, Transparenz und Publizität:

„Wuttke: Und diese ganze Projektierung, die bekamen die Briten schwarz auf weiß?

Grewe: Ja. Wir haben alles, was passiert ist, ins Internet gestellt, wir haben die Kosten ins Internet gestellt, wir haben die Veränderungen ins Internet gestellt – Änderungen passieren bei einem Projekt, und es passieren auch Fehler bei einem Projekt. Ich persönlich mache Fehler, das kommt vor bei so einem Projekt, das kann man leider nicht hundertprozentig ausschließen. Aber wir haben es transparent dargestellt, und wir haben auch dargestellt, wie wir damit umgehen.“

Den Artikel sollte man sich gut durchlesen und vor allen Dingen speichern, bevor er wieder depubliziert wird (vielen „Dank“, liebe Verleger).

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/interview/1972527/

2 Gedanken zu „Während in Deutschland die Kosten für öffentliche Projekte explodieren, werden andernorts die Vorgaben eingehalten. Wie denn das?“

  1. Klaus Grewe vor einiger Zeit beiläufig in einer ARD-Talkshow erlebt. Mit am Talk-Table saßen Leute, die von eigenen Gnaden als Entscheider bei Großprojekten galten. Klaus Grewes Schilderungen bzgl. „Olympia in London machen“ wurden seitens der „wichtigen“ Leute mit betretenem Schweigen quittiert. Welcher Talk das war, hab ich nicht mehr auf dem Radar. Keine Lust, Google zu befragen.
    Das Grewe-Team erhielt wohl einen Bonus, weil vor gesetztem Termin „geliefert“ und Budget eingehalten wurde? Das ist mehr als Okay …

    Das Milliardengrab „Stuttgart 21“ soll in 2022 in Betrieb gehen. Die Mitglieder des Bahn-Aufsichtsrats werden dann mehrheitlich „in Rente“ sein. Sie können dann ganz entspannt auf Adenauers Spruch verweisen: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. Nichts hindert mich, weiser zu werden.“

    Nun ja, das Label „Stuttgart 21“ sollte schleunigst bzgl. aktuellem Sachstand modifiziert werden.

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