Rezension: „Geborgen, mutig, frei“. Was Kinder stark macht – ein Erziehungsratgeber

Geborgen, mutig, frei  – das Buch (Foto: Titelseite)

Im Bereich der Erziehungsratgeber finden sich nur selten besondere Perlen. „Geborgen, mutig, frei“ *) ist jedoch ein solches Schmuckstück, wenn es auch nicht auf den ersten Blick so wirkt.

Das Buch ist nämlich recht dick – 352 Seiten könnten manche Leser/-innen abschrecken, zumal der Preis von € 26,- zwar sehr angemessen ist, aber dennoch höher liegt, als Taschenbuchkonsumenten gewohnt sind. Dafür hält man ein richtiges, gebundenes Buch in den Händen, das einen mit seinem Gewicht dazu animiert, sich in Ruhe gemütlich in den Sessel zu versenken. Für die Lektüre in Bus oder Straßenbahn eignet sich die (zudem deutlich preiswertere) eBook-Version sicherlich besser.

Zum Schmuckstück trägt natürlich auch das schwarz-weiße Titelfoto bei: Zwei Mädchen, die im Wasser spielen – eine wunderbare Gegenlicht-Aufnahme voller Dynamik. Weitere derartige Fotos von Alain Laboile finden sich vor jedem einzelnen Text und tragen ihr Teil dazu bei, dass man die insgesamt 47 Artikel von Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund mit Denkpausen unterbricht. Die sind wichtig, denn jeder einzelne Artikel ist einem anderen Thema gewidmet. Es sind ausgewählte Beiträge der beiden Autoren aus dem auflagenstarken Schweizer Elternmagazin „Fritz+Fränzi“.

Da geht es beispielsweise um den Mut, den es erfordert, Kindern Freiräume zu schenken, um das kindliche Trödeln, den Umgang mit kindlichen Ängsten, die Förderung von Selbstständigkeit oder die Mitbestimmung.

Ein Teil der Beiträge bezieht sich auf kindliches Verhalten im Vorschulalter, ein anderer Teil auf schulische Themen, wieder andere stellen altersübergreifende Fragen in den Mittelpunkt.

So hat mich beispielsweise der Artikel „Etwas mehr Optimismus, bitte!“ (S. 67 ff.) sehr beeindruckt. Er thematisiert den Sachverhalt, dass Optimisten in unserer Kultur häufig für realitätsfremd und naiv gehalten werden. Doch wer eine pessimistische Grundhaltung vertritt, verstärkt negative Gefühle und Sichtweisen übermäßig. Dagegen stellt die Forschung fest: „Menschen mit einem gesunden Optimismus leben länger, sind körperlich fitter, haben glücklichere Beziehungen, sind erfolgreicher, kommen mit Enttäuschungen besser zurecht und packen Probleme aktiver an“ (S. 68).

Darum stellt der Artikel auch zwei Methoden vor, die Eltern helfen können, sich selbst und ihrem Kind zu einer positiveren Weltsicht zu verhelfen. Eine davon ist die „Was ist gut gelaufen?“-Übung aus der positiven Psychologie: Beim abendlichen Gute-Nacht-Sagen kann das Kind drei Kleinigkeiten vom Tag erzählen, die Freude gemacht haben. Mutter oder Vater dürfen auch von eigenen schönen Erlebnissen erzählen. Sie lenken mit diesem Brauch, der allerdings keine allabendliche Pflichtübung werden sollte, die Aufmerksamkeit ihres Kindes auf die positiven Aspekte des Lebens. Natürlich ist das Verfahren empirisch überprüft, so wie alle Tipps und Anregungen in „Geborgen, mutig, frei“ einen seriösen, wissenschaftlichen Hintergrund aufweisen.

Das ist auch beim wichtigen Themenkreis „Mobbing“ so, wo nicht nur Eltern informiert und zu einem konstruktiven Eingreifen angeregt werden. Einer von insgesamt vier Artikeln dazu wendet sich speziell an Lehrkräfte und stellt ihnen die „No Blame Approach“-Methode so detailliert vor, dass jede Leserin, jeder Leser danach handeln könnte.

Außerdem verweist der Artikel auf ein Video zur Methode für Grundschulkinder, das auf www.biber-blog.com angeschaut werden kann. Auf dieser Website findet man etliche weitere Kurzfilme, auf die einzelne Artikel bei Gelegenheit aufmerksam machen, ob zum Modelllernen, dem Umgehen mit eigenen Ängsten oder der Entwicklung von mehr Selbstständigkeit.

„Geborgen, mutig, frei“ ist also wirklich ein Schmuckstück, sehr klar und verständlich geschrieben, konkret, hilfreich, vielseitig. Es lässt nichts aus, was im Erziehungsalltag mit Kindern zum Problem werden könnte. Dabei sind die Artikel gleichzeitig stets unterhaltsam, humorvoll, oft auch lustig – an manchen Stellen konnte ich ein lautes Auflachen nicht unterdrücken. Der Verweis auf weiterführende Hilfen, wo nötig, die kompakten Kurztipps am Ende mehrerer Artikel oder auch ein Ringelnatz-Gedicht an passender Stelle – das alles trägt zu einer genauso unterhaltsamen wie nützlichen Lektüre bei. Und das Beste: Das Buch belehrt nirgends, aber man lernt auf jeder Seite hinzu.

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*) Fabian Grolimund, Stefanie Rietzler: Geborgen, mutig, frei. Wie Kinder zu innerer Stärke finden, Freiburg (Herder) 2019, 352 S., € 26,- (als eBook € 19,99)

Rezension: Mehr Freude am Lernen!

Kein dicker Schinken, sondern 140 Seiten kreative Kost für Eltern. Auch für Lehrerinnen und Lehrer geeignet. (foto: zoom)

Eigentlich ist es seltsam: Geklagt wird viel über die geringe Anstrengungsbereitschaft bei einem Großteil der Schülerinnen und Schüler in Deutschland. Fehlende Leistungsmotivation, kaum Lust, null Bock – Begriffe für das Phänomen gibt es massenhaft.

Bücher, die Eltern und Lehrkräften konkrete und praktikable Hilfestellungen für dieses Phänomen anbieten, existieren nur wenige. Doch jetzt ist „Mehr Freude am Lernen! So motivieren Sie Ihr Kind“ (MEDU Verlag Dreieich) erschienen. Es wurde von Detlef Träbert verfasst, einem Diplom-Pädagogen mit großer Erfahrung in der Elternarbeit.

Träbert wird einigen Leserinnen und Leser ein Begriff sein. Einige Bücher und Aphorismen von Detlef Träbert haben wir hier besprochen. Detlef Träbert ist darüber hinaus auch Autor dieses Blogs.

Seit Jahren stehe ich in regem Austausch dem Autoren vieler Ratgeber-Bücher rund um die Schule. Mir selbst hat er auch schon bei pädagogischen Fragen persönlich mit Tipps und Anregungen zur Seite gestanden.

Sprachlich klar und sehr anschaulich erklärt der Autor in seinem neuen Buch, was Leistungsmotivation ausmacht und warum es zu Motivationsproblemen kommen kann. Wichtig sind ihm die Einbeziehung der Eltern und Lehrer.

Einen großen Raum nehmen die Problem rund um die Hausaufgaben ein. Ein Thema, welches bei uns in Nordrhein-Westfalen an Ganztagsschulen, wo Hausaufgaben mehr und mehr durch schulische Lernzeiten ersetzt werden, nicht mehr die bestimmende Rolle spielen sollte.

Viele Tipps für die Gestaltung der häuslichen Lernumgebung können allerdings von Lehrerinnen und Lehrern an Schulen mit Lernzeiten kreativ auf den Unterricht umgemünzt werden.

So sind beispielsweise Leistungsmotivation, Selbstwertgefühl und Frustrationstoleranz auch in der Schule nicht zu unterschätzende Faktoren, die den täglichen Unterricht beeinflussen.

Dialoge und Situationen, die Träbert im Elternhaus beschreibt, lassen sich -hier seien die Ritualisierung der Arbeitssituation und emotionale positive Zuwendung genannt- vielfach auf Schulsituationen übertragen.

In den letzten Kapiteln des Ratgebers findet man Fragebögen zum Schulleben, zur Schulangst und zur Selbstbeobachtung, die sich mit wenigen Anpassungen auf den eigenen Schulalltag und/oder den Alltag des eigenen Kindes anpassen lassen.

Ein Teil des vierseitigen Fragebogens mit dem Motto „Wie macht Schule Spaß?“

„Kinder und Jugendliche mit Motivationsproblemen brauchen kraftvolle und lebendige Erwachsene“, heißt es am Ende des Buches. Die Lektüre weckt hoffentlich bei allen Leserinnen und Lesern frische Energie und Kreativität im Umgang mit Problemen rund um die Schule.

„Mehr Freude am Lernen!“ will dazu motivieren, unmotivierte Schulkinder nicht aufzugeben, sondern sie fantasievoll und tatkräftig zu unterstützen.

Die Chancen stehen gut.

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Detlef Träbert: Mehr Freude am Lernen! So motivieren Sie Ihr Kind, Dreieich (MEDU Verlag) 2016, 148 S., € 12,95