Das Pegida-Positionspapier (Punkte 14 – 19) – Kritik Teil 3 und Schluss

Autor Dr. Werner Jurga. (foto: privat)
Autor Dr. Werner Jurga. (foto: privat)
17. Dezember 2014. Am 10. Dezember hat die Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) ein Positionspapier veröffentlicht.

Ich bin dieses Papier Punkt für Punkt durchgegangen, d.h.: jede These wird im Original zitiert (ohne die Fehler zu korrigieren) und dazu jeweils eine kurze Anmerkung gemacht. Da es sich aber um 19 Punkte handelt, ist der ganze Text länger geworden, als es die Lesegewohnheiten im Internet zulassen. Ich habe meinen Beitrag deshalb in drei Teilen veröffentlicht. Teil 1 und Teil 2 sind gestern und vorgestern erschienen; hier folgt der dritte und letzte Teil.

(Der Artikel von Dr. Werner Jurga ist zuerst auf der Website des Autors erschienen)

14. PEGIDA ist FÜR die Einführung von Bürgerentscheidungen nach dem Vorbild der Schweiz!

In diesem Punkt geht die Patenschaft jedoch an die linke Seite des politischen Spektrums. Rote und Grüne werden wissen, bei welchen Volksabstimmungen sie meinen, die Mehrheit erringen zu können. Ich glaube zu wissen, welches Thema die Rechtsradikalen als erstes den Bürgern zur Abstimmung vorlegen würden. Und welche Themen als zweite und als dritte…

15. PEGIDA ist GEGEN Waffenlieferungen an verfassungsfeindliche, verbotene Organisationen wie z.B. PKK  

Sehr hübsch. Allerdings sind Waffenlieferungen an die PKK schon heute verboten, und die Befürworter des Rüstungsexports an die Kurden hatten den Peschmerga untersagt, nicht an die PKK weiterzuliefern. Was übrigens allein deshalb amüsant gewesen ist, weil die es ohnehin nicht getan hätten. Was allerdings an einem Boykott der PKK, die sich zeitweise als einzige den IS-Terroristen entgegen gestellt hatten, mit dem Kampf gegen „die Islamisierung“ zu tun haben soll, vermag sich mir nicht zu erschließen.

16. PEGIDA ist GEGEN das Zulassen von Parallelgesellschaften/Parallelgerichte in unserer Mitte, wie Sharia-Gerichte, Sharia-Polizei, Friedensrichter usw.  

Wie gehabt: mit der Forderung nach ohnehin Selbstverständlichem wird implizit die Unterstellung nicht hinnehmbarer Missstände verbreitet. In diesem Fall wird behauptet, der Staat lasse sich sein Gewalt-monopol sehenden Auges von Islamisten aus der Hand nehmen. Es wird der Eindruck geschürt, „die“ (Muslime) dürfen sich Dinge herausnehmen, die „wir“ (Pegida-Anhänger?) uns niemals erlauben dürften.

17. PEGIDA ist GEGEN dieses wahnwitzige “Gender Mainstreaming”, auch oft “Genderisierung” genannt, die nahezu schon zwanghafte, politisch korrekte Geschlechtsneutralisierung unserer Sprache!  

Etwas unvermittelt erfolgt hier der Wechsel des aufs Korn genommenen Gegners (bzw. „Feindes“, wie es in diesen Kreisen heißen dürfte). Nachdem die Fremden und insbes. die Muslime als Bedrohung abgehandelt sind, geht es nunmehr gegen das rot-grüne bzw. links-alternative Milieu. Es ist verständlich, dass hier die Pegida ihre Hauptgegner ausmacht. Unverständlich bleibt aber, wie der Kampf gegen die “Genderisierung” mit dem Kampf gegen die vermeintliche „Islamisierung“ zusammenhängen könnte. Ist doch der aggressive Islamismus bislang noch nicht durch feministische Propaganda in Erscheinung getreten. Vielmehr erscheinen in dieser Sache die Dschihadisten als gleichsam natürliche Bündnispartner der deutschen Rechtsradikalen.

18. PEGIDA ist GEGEN Radikalismus egal ob religiös oder politisch motiviert!  

Aber klar: „radikal“ – das sind immer die Anderen. Freilich ist man es nicht selbst. Nicht in Deutschland, wo das Wörtchen „radikal“ (von lat. radix = die Wurzel) einen merklich schlechteren Klang hat als anderswo. Auch ich habe in diesem Text die Pegida-Bewegung als „rechtsradikal“ bezeichnet, weil die Kennzeichnungen „extrem“ bzw. „„extremistisch“ administrativ bzw. juristisch belegt sind. Es bedarf keiner Erläuterung, wen Pegida mit den „religiös oder politisch motivierten“ Radikalen meint.

19. PEGIDA ist GEGEN Hassprediger, egal welcher Religion zugehörig! 

Pegida schließt auch das Positionspapier mit dem – mittlerweile penetrant anmutenden – Versuch, ausgewogen und vorurteilsfrei rüberzukommen… – und gleichzeitig den Hass auf Muslime zu schüren. Der Terminus „Hassprediger“ ist in den deutschen Medien bekanntlich eindeutig konnotiert. Oder fällt Ihnen ganz spontan ein jüdischer oder christlicher „Hassprediger“ ein? Was hängen bleiben soll: Muslime stellen – von einigen Ausnahmen abgesehen – eine amorphe Masse von Ergebenen dar, die zum Hassen „angehalten“ werden. „Hass“ auf „uns“, versteht sich. Deshalb ist Widerstand dringend geboten. Auch präventiv. Auch in Sachsen, wo 0,1 Prozent der dort lebenden Menschen Muslime sind.

Werner Jurga, 17.12.2014

Das Pegida-Positionspapier (Punkte 6 – 13) – Kritik Teil 2

Autor Dr. Werner Jurga. (foto: privat)
Autor Dr. Werner Jurga. (foto: privat)

15. Dezember 2014. Am 10. Dezember hat die Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) ein Positionspapier veröffentlicht.

Ich gehe dieses Papier Punkt für Punkt durch, d.h.: ich werde jede These im Original zitieren (ohne die Fehler zu korrigieren) und dazu jeweils eine kurze Anmerkung machen. Da es sich aber um 19 Punkte handelt, wird der ganze Text länger, als es die Lesegewohnheiten im Internet zulassen. Ich veröffentliche meinen Beitrag deshalb in drei Teilen. Die Punkte 1 bis 5 sind bereits in Teil 1 abgehandelt worden.

(Der Artikel von Dr. Werner Jurga ist zuerst auf der Website des Autors erschienen)

Weiter geht’s mit Punkt 6 (1-5 siehe hier im Blog).

6. PEGIDA ist FÜR ein Asylantragsverfahren in Anlehnung an das holländische bzw. Schweizer Modell und bis zur Einführung dessen, FÜR eine Aufstockung der Mittel für das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) um die Verfahrensdauer der Antragstellung und Bearbeitung massiv zu kürzen und eine schnellere Integration zu ermöglichen!

Sie kennen weder das holländische noch das Schweizer (einmal klein, einmal groß) „Asylantragsverfahren“ so ganz genau? Egal. Wir sind hier beim Generalthema: die sollen so schnell wie möglich abgeschoben werden, diese „Scheinasylanten“.

7. PEGIDA ist FÜR die Aufstockung der Mittel für die Polizei und GEGEN den Stellenabbau bei selbiger!

Doch, doch – das gehört sehr wohl zum Thema. Weil die – fast (nur keine Pauschalurteile) – alle kriminell sind. Deshalb mehr Polizei. Diese Sozialarbeiter/Betreuer dürfen doch im Grunde nichts. Kriegen wegen jeder Kleinigkeit Ärger.

8. PEGIDA ist FÜR die Ausschöpfung und Umsetzung der vorhandenen Gesetze zum Thema Asyl und Abschiebung!

Nun, staatstragender geht es ja wohl kaum. Keine neuen Gesetze, einfach mal die vorhandenen „umsetzen“. Nur: das trauen die sich einfach nicht. Nicht beim „Thema Asyl“ und schon gar nicht beim „Thema Abschiebung“.

9. PEGIDA ist FÜR eine Null-Toleranz-Politik gegenüber straffällig gewordenen Asylbewerbern und Migranten!

Die Politik kümmert sich überhaupt nicht um „straffällig Gewordene“, sondern überlässt dieses ganze Feld bislang leichtfertig der Justiz und ihren Vollstreckungsbehörden. Immer dieser Rechtsstaat, hier ist eine „Null Toleranz-Politik“ grundsätzlich nur als Kriminalprävention möglich.

10. PEGIDA ist FÜR den Widerstand gegen eine frauenfeindliche, gewaltbetonte politische Ideologie aber nicht gegen hier lebende, sich integrierende Muslime!

Also, wie es landläufig formuliert wird: gegen den Islamismus, aber nicht gegen den Islam. Denn irgendwie bzw. an irgendetwas müssen ja auch die hier lebenden Muslime glauben, die sich zu integrieren haben in – siehe Punkt 13 – „unsere christlich-jüdisch geprägte Abendlandkultur“.  

11. PEGIDA ist FÜR eine Zuwanderung nach dem Vorbild der Schweiz, Australiens, Kanadas oder Südafrikas!

Prima Idee! Der Ausländeranteil in der Schweiz beträgt etwa 22%, in Australien liegt er mit etwa 25 % noch etwas höher. In Kanada sind dagegen nur etwa 17 % Ausländer, immerhin eine rund doppelt so hohe Quote wie in Deutschland. Na gut, mögen Sie sagen, die anderen sind ja auch alle klassische „Einwanderungsländer“. Entscheidend ist doch, wie hoch die Quote derer sind, die sich neu „dauerhaft niederlassen“. Okay, hier die neuesten Zahlen (von 2012): Schweiz 1,6 %, Australien 1,1 %, Kanada 0,7 % – Deutschland 0,5 %.  

12. PEGIDA ist FÜR sexuelle Selbstbestimmung!

Da sich bekanntlich noch keine Partei gegen die „sexuelle Selbstbestimmung“ ausgesprochen hat, ist klar, wer mit diesem Punkt gemeint ist. Eine reichlich direkte Bezichtigung: „die Muselmanen“ vergreifen sich einfach so an Frauen, wahrscheinlich auch an „unseren“ Frauen. Ein aus der Nazizeit bestens bekanntes Muster der Verleumdung – mit dem Unterschied, dass damals so gegen die Juden gehetzt wurde.  

13. PEGIDA ist FÜR die Erhaltung und den Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur!

Wer heutzutage sicher gehen will, muss nur das Adjektiv „jüdisch“ positiv konnotieren, und schon ist klar: die Sache ist nicht antisemitisch, also auch nicht rechtsradikal. Abgekupfert ist diese Schlaumeierei bei der CDU, die auf ihrem Parteitag vor vier Jahren die Wortneuschöpfung „christlich-jüdisch“ in die politische Debatte eingeführt hatte, um daraus eine Verpflichtung auf die „deutsche Leitkultur“ abzuleiten. Eine Verpflichtung für die Fremden, versteht sich.

Fortsetzung folgt

Das Pegida-Positionspapier (Punkte 1 – 5) – eine Kritik

Autor Dr. Werner Jurga. (foto: privat)
Autor Dr. Werner Jurga. (foto: privat)

14. Dezember 2014. Am Mittwoch hat die Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) ein Positionspapier veröffentlicht.

(Der Artikel von Dr. Werner Jurga ist zuerst auf der Website des Autors erschienen)

Darin skizziert sie in 19 thesarischen Punkten ihren politischen Standpunkt. Dieses Papier konnte den AfD-Chef Bernd Lucke umstimmen. Er hatte nämlich, wie er gegenüber der Presse erklärte, „aufgrund des Namens zunächst gedacht, das sei eine Bewegung nach dem Motto ‚Muslime raus aus Deutschland‘ und das wäre für uns nicht akzeptabel“. Aus dem Positionspapier meint Lucke nun aber entnehmen zu können, dass die Pegida-Bewegung genau wie die Alternative für Deutschland (AfD) auch dafür sei, „Flüchtlingen zu helfen und von den dauerhaft in Deutschland lebenden Migranten Integration einzufordern“.

Mit ihren Thesen bemüht sich die Pegida offensichtlich darum, einen verfassungskonformen und halbwegs vernünftigen Eindruck zu hinterlassen, auch wenn die Selbstbezeichnung als „patriotische Europäer“, die sich zusammen gefunden haben, um „gegen die Islamisierung des Abendlandes“ anzutreten, durchaus Zweifel daran begründen, ob der von diesen Kreisen häufig bemühte „gesunde Menschenverstand“ den Anführern dieser Bewegung so ohne weiteres attestiert werden kann. Sollten Sie davon ausgehen, dass wer sich vor einer „Islamisierung des Abendlandes“ fürchtet, auch sonst nicht alle auf dem Zaun hat, könnten Sie zwar richtig liegen. Dennoch müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass hierzulande jeden Dritten diese Angst plagt.

Dieselbe Umfrage weist aus, dass doppelt so viele, nämlich fast zwei Drittel der Befragten, finden, dass die Regierung nicht ausreichend auf ihre Sorgen bezüglich der Flüchtlingspolitik eingehe. Genau an diese Knallchargen richtet sich die Pegida mit ihren Thesen, von dem der Rechtsextremismus-Experte Hans-Gerd Jaschke sagt: „Wenn man das veröffentlichte Pegida-Positionspapier zu Grunde legt, dann sind das Forderungen, die der bürgerlich rechten Mitte entstammen.“ Wegen seines scheinbar vernünftigen Charakters hätte es eine größere Beachtung durch die deutschen Medien verdient. Während die tages-zeitung (taz) es bei einer polemischen Blödelei bewenden ließ, brachte Spiegel Online immerhin einen Faktencheck.  Ansonsten Schweigen im Walde…

Ich werde das Pegida-Papier im folgenden Punkt für Punkt durchgehen, d.h.: ich werde jede These im Original zitieren (ohne die Fehler zu korrigieren) und dazu jeweils eine kurze Anmerkung machen. Da es sich aber – wie bereits erwähnt – um 19 Punkte handelt, wird der ganze Text länger, als es die Lese-gewohnheiten im Internet zulassen. Ich veröffentliche meinen Beitrag deshalb in drei Teilen. Wir sind bereits in der Mitte von Teil 1, und jetzt geht es auch schon richtig los:

Das POSITIONSPAPIER der PEGIDA

mit Anmerkungen von Werner Jurga

1. PEGIDA ist FÜR die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und politisch oder religiös Verfolgten.
Das ist Menschenpflicht!

Wie es sich für eine politische Erklärung gehört! Das Hauptanliegen gleich im ersten Satz; das Leitthema: „Wirtschaftsflüchtlinge“ raus aus Deutschland!

2. PEGIDA ist FÜR die Aufnahme des Rechtes auf und die Pflicht zur Integration ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (bis jetzt ist da nur ein Recht auf Asyl verankert)!

Rechte und Pflichten – normal. Auch im Grundgesetz? Wozu sind Sie laut GG sonst noch verpflichtet? Einfach mal die Artikel 1 bis 19 ansehen! Übrigens: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ (Art 3, Abs. 1 GG).

3. PEGIDA ist FÜR dezentrale Unterbringung der Kriegsflüchtlinge und Verfolgten, anstatt in teilweise menschenunwürdigen Heimen!

Na bitte! Das ist doch was für Sie. Gut, da wird ohnehin nichts draus, weil es die Kommunen nicht bezahlen können. Aber der Kundschaft wird bedeutet, dass diese „Asylantenheime“ alle wegkommen.

4. PEGIDA ist FÜR einen gesamteuropäischen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge und eine gerechte Verteilung auf die Schultern aller EU-Mitgliedsstaaten! (Zentrale Erfassungsbehörde für Flüchtlinge, welche dann ähnlich dem innerdeutschen, Königsteiner Schlüssel die Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt) und für dessen konsequente Umsetzung!

Na klar, die (selbstverständlich: deutschen) Patrioten sind „für Europa“. Freilich nur, wenn für alle (siehe Punkt 3) die gleichen Rechte und Pflichten gelten. Etwa auch für Lettland und Estland, wo selbst die russischen Minderheiten – trotz ihrer enormen relativen – Größe diskriminiert werden.

5. PEGIDA ist FÜR eine Senkung des Betreuungsschlüssels für Asylsuchende (Anzahl Flüchtlinge je Sozialarbeiter/Betreuer – derzeit ca.200:1, faktisch keine Betreuung der teils traumatisierten Menschen)

Wenn auf die dezentral Untergebrachten nur eine hinreichend große Zahl von „Betreuern“ aufpasst, können die uns nicht mehr islamisieren, sich dafür aber umso besser integrieren. Am besten: der Sozialarbeiter kommt zur freiwilligen Feuerwehr gleich mit.

Werner Jurga, 14.12.2014

… die Fortsetzung folgt morgen …