Das Pegida-Positionspapier (Punkte 1 – 5) – eine Kritik

Autor Dr. Werner Jurga. (foto: privat)
Autor Dr. Werner Jurga. (foto: privat)

14. Dezember 2014. Am Mittwoch hat die Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) ein Positionspapier veröffentlicht.

(Der Artikel von Dr. Werner Jurga ist zuerst auf der Website des Autors erschienen)

Darin skizziert sie in 19 thesarischen Punkten ihren politischen Standpunkt. Dieses Papier konnte den AfD-Chef Bernd Lucke umstimmen. Er hatte nämlich, wie er gegenüber der Presse erklärte, „aufgrund des Namens zunächst gedacht, das sei eine Bewegung nach dem Motto ‚Muslime raus aus Deutschland‘ und das wäre für uns nicht akzeptabel“. Aus dem Positionspapier meint Lucke nun aber entnehmen zu können, dass die Pegida-Bewegung genau wie die Alternative für Deutschland (AfD) auch dafür sei, „Flüchtlingen zu helfen und von den dauerhaft in Deutschland lebenden Migranten Integration einzufordern“.

Mit ihren Thesen bemüht sich die Pegida offensichtlich darum, einen verfassungskonformen und halbwegs vernünftigen Eindruck zu hinterlassen, auch wenn die Selbstbezeichnung als „patriotische Europäer“, die sich zusammen gefunden haben, um „gegen die Islamisierung des Abendlandes“ anzutreten, durchaus Zweifel daran begründen, ob der von diesen Kreisen häufig bemühte „gesunde Menschenverstand“ den Anführern dieser Bewegung so ohne weiteres attestiert werden kann. Sollten Sie davon ausgehen, dass wer sich vor einer „Islamisierung des Abendlandes“ fürchtet, auch sonst nicht alle auf dem Zaun hat, könnten Sie zwar richtig liegen. Dennoch müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass hierzulande jeden Dritten diese Angst plagt.

Dieselbe Umfrage weist aus, dass doppelt so viele, nämlich fast zwei Drittel der Befragten, finden, dass die Regierung nicht ausreichend auf ihre Sorgen bezüglich der Flüchtlingspolitik eingehe. Genau an diese Knallchargen richtet sich die Pegida mit ihren Thesen, von dem der Rechtsextremismus-Experte Hans-Gerd Jaschke sagt: „Wenn man das veröffentlichte Pegida-Positionspapier zu Grunde legt, dann sind das Forderungen, die der bürgerlich rechten Mitte entstammen.“ Wegen seines scheinbar vernünftigen Charakters hätte es eine größere Beachtung durch die deutschen Medien verdient. Während die tages-zeitung (taz) es bei einer polemischen Blödelei bewenden ließ, brachte Spiegel Online immerhin einen Faktencheck.  Ansonsten Schweigen im Walde…

Ich werde das Pegida-Papier im folgenden Punkt für Punkt durchgehen, d.h.: ich werde jede These im Original zitieren (ohne die Fehler zu korrigieren) und dazu jeweils eine kurze Anmerkung machen. Da es sich aber – wie bereits erwähnt – um 19 Punkte handelt, wird der ganze Text länger, als es die Lese-gewohnheiten im Internet zulassen. Ich veröffentliche meinen Beitrag deshalb in drei Teilen. Wir sind bereits in der Mitte von Teil 1, und jetzt geht es auch schon richtig los:

Das POSITIONSPAPIER der PEGIDA

mit Anmerkungen von Werner Jurga

1. PEGIDA ist FÜR die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und politisch oder religiös Verfolgten.
Das ist Menschenpflicht!

Wie es sich für eine politische Erklärung gehört! Das Hauptanliegen gleich im ersten Satz; das Leitthema: „Wirtschaftsflüchtlinge“ raus aus Deutschland!

2. PEGIDA ist FÜR die Aufnahme des Rechtes auf und die Pflicht zur Integration ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (bis jetzt ist da nur ein Recht auf Asyl verankert)!

Rechte und Pflichten – normal. Auch im Grundgesetz? Wozu sind Sie laut GG sonst noch verpflichtet? Einfach mal die Artikel 1 bis 19 ansehen! Übrigens: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ (Art 3, Abs. 1 GG).

3. PEGIDA ist FÜR dezentrale Unterbringung der Kriegsflüchtlinge und Verfolgten, anstatt in teilweise menschenunwürdigen Heimen!

Na bitte! Das ist doch was für Sie. Gut, da wird ohnehin nichts draus, weil es die Kommunen nicht bezahlen können. Aber der Kundschaft wird bedeutet, dass diese „Asylantenheime“ alle wegkommen.

4. PEGIDA ist FÜR einen gesamteuropäischen Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge und eine gerechte Verteilung auf die Schultern aller EU-Mitgliedsstaaten! (Zentrale Erfassungsbehörde für Flüchtlinge, welche dann ähnlich dem innerdeutschen, Königsteiner Schlüssel die Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt) und für dessen konsequente Umsetzung!

Na klar, die (selbstverständlich: deutschen) Patrioten sind „für Europa“. Freilich nur, wenn für alle (siehe Punkt 3) die gleichen Rechte und Pflichten gelten. Etwa auch für Lettland und Estland, wo selbst die russischen Minderheiten – trotz ihrer enormen relativen – Größe diskriminiert werden.

5. PEGIDA ist FÜR eine Senkung des Betreuungsschlüssels für Asylsuchende (Anzahl Flüchtlinge je Sozialarbeiter/Betreuer – derzeit ca.200:1, faktisch keine Betreuung der teils traumatisierten Menschen)

Wenn auf die dezentral Untergebrachten nur eine hinreichend große Zahl von „Betreuern“ aufpasst, können die uns nicht mehr islamisieren, sich dafür aber umso besser integrieren. Am besten: der Sozialarbeiter kommt zur freiwilligen Feuerwehr gleich mit.

Werner Jurga, 14.12.2014

… die Fortsetzung folgt morgen …

15 Gedanken zu „Das Pegida-Positionspapier (Punkte 1 – 5) – eine Kritik“

  1. Betr.: PEGIDA – auch ne „sprachliche“ Überraschung/Überforderung …?

    Wenn gestandene Journalisten/Journastilstinnen (z.B. DLF, WDR5) in ihren Beiträgen über PEGIDA verbal relativ konstant die Akronym-Variation PEDIGA übern Sender bringen, zeugt das schon von einer Ratlosigkeit bzgl. „wie soll ich das einordnen“.

    Unter dem Label „PEGIDA“ agiert ein Schwarm – die Ergänzung durch „Intelligenz“ erspar ich mir.

    Muss man nicht haben, ist aber (leider) real – was nun…?

  2. @ gp: Ich zitiere Wikipedia: „Das Prinzip der Gleichwertigkeit von Vollform und Akronym hinsichtlich ihrer Bedeutung setzt jedoch voraus, dass dem Verwender die Vollform auch bekannt ist.“
    http://de.wikipedia.org/wiki/Akronym

    Daraus ergeben sich Frage wie:
    – Verhält es sich bei Wikipedia ähnlich wie bei „den Medien“ (lügen alle)?
    – Gibt es allgemeine Probleme mit der Gleichwertigkeit?
    – Hört sich Pediga einfach deutscher an als Pegida?

    Fragen über Fragen. Übrigens: das mit dem „Schwarm“ glaube ich nicht. Schwarmverhalten ist gekennzeichnet durch das Fehlen einer zentralen Steuerung. Die Interdependenz von zentraler Führung und Schwarmtrieb der Individuen ist unsereins nicht so recht bekannt und deshalb uns auch nicht ganz klar. Klar ist aber, dass es – wie rudimentär auch immer – Elemente einer zentralen Leitung gibt.
    Indizien sprechen gar dafür, dass auf dieser Ebene Spuren von „Intelligenz“ zu verorten sein könnten. Auf der Ebene des Gewusels, das ein bisschen so aussieht wie ein Schwarm eher nicht. Da stimme ich Dir gerne zu.

  3. die rufen:

    „Wir sind das Volk!“

    kann man denen nicht mal ne Banane geben? Das hat doch schon mal funktioniert. Da waren alle ruhig.

    o.k., man könnte noch 100 Euro Begrüßungsgeld drauflegen.

  4. Schön zu sehen wie ein intelligenter und allem Anschein nach gebildeter Mann wie Sie es entweder nicht merkt… oder noch schlimmer gar ignoriert das er mit solchen Zeilen die Gesamtproblematik garantiert nicht verbessert. Im Gegenteil: Auch wenn es bestimmt „ganz anders gemeint“ ist sind Leute wie Sie leider auch ein Teil des Problems !

    Ich beabsichtige vorerst nicht meine Meinung hier erklären zu müssen. Mit ein bisschen Nachdenken kommen Sie vielleicht auch selbst drauf.
    Falls nicht, meine E-Mail Adresse liegt vor…

  5. Hallo Herr Jurga,

    ich bin zufällig auf Ihren Kommentar gestoßen. Mal ganz abgesehen davon, dass Ihre Interpretation der Punkte dieser Pegidabewegung sehr voreingenommen sind (ob zu Recht oder nicht kann ich nicht beurteilen) finde ich Ihre Ansicht dass die Sorge vor einer Islamisierung absurd ist sehr interessant.
    Wie kommen Sie zu dieser Ansicht? Immerhin wurde Europa auch Christianisiert. Ein Beispiel für eine recht rasche Islamisierung in jüngerer Zeit ist Indonesien.
    Meiner Ansicht nach ist der durchschnittliche Europäer nicht sonderlich gebildet oder aufgeklärt. Er war und ist empfänglich für allerlei Ideologie. Sieht man die AfD und Pegida als Gefahr an in dem Sinne dass eine große Zahl der Menschen rechtsradikalen Rattenfängern folgt, so ist diese Gefahr doch ebenso z. B. für den Salafismus und andere radikale Strömungen gegeben.

    Der Anteil der Muslime an der Gesellschaft müsste eigentlich wachsen, da es in diesen Familien (wie auch in denen anderer religiöser oder sehr religiöser Menschen) mehr Nachwuchs gibt. Auf lange Sicht scheint mir eine Islamisierung Europas somit nicht unmöglich, ja nicht einmal besonders unwahrscheinlich.

    1. Statistisch lässt sich eine Islamisierung nicht belegen:

      „Interessant sind hier vor allem die Hochrechnungen, die selbst für die kommenden 20 Jahre nicht auf eine signifikante Steigerung und somit nicht auf eine Islamisierung Deutschlands oder Europas schließen lassen. Es wird zwar mit einem Anstieg von fünf auf sieben Prozent gerechnet, dies kann jedoch nicht Grundlage für die weit über „islamkritische“ Blogs hinausgehende Sorge vor einem zu großen Einfluss des Islams in Deutschland sein, die, wie bereits erwähnt, 82?Prozent der Bevölkerung äußern.“

      http://www.fr-online.de/panorama/islamfeindliche-einstellungen-die-angst-vor-der-islamisierung-deutschlands,1472782,21007238.html

    1. Sebastian Dörfler hatte schon im September einen interessanten Artikel geschrieben:

      http://sebastian-doerfler.de/2014/09/die-afd-und-der-rassismus-der-wohlstandskinder/

      Von Sebastian habe ich auch den Hinweis auf die Studie: Die stabilisierte Mitte –
      Rechtsextreme Einstellung in Deutschland 2014 von
      Oliver Decker, Johannes Kiess, Elmar Brähler

      Die „Mitte“-Studien der Universität Leipzig
      Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und
      Demokratieforschung der Universität Leipzig (KReDo i.
      G.)

      Hier gibt es das 75-seitige PDF

  6. @ Werner Jurga

    ich dachte, wir schweigen jetzt einfach mal … und huldigen „Ihm“

    ( das kann nur der Atheist Pasolini, das Matthäus-Evangelium so zu bringen …)

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