Bodo Hombach: between a rock and a hard place

Es wird ungemütlich für WAZ Geschäftsführer Bodo Hombach. Seit dem rigiden Sparkurs bei den WAZ-Blättern hat seine Beliebtheit unter den ehemaligen und jetzigen Mitarbeitern der Lokalzeitungen, vorsichtig gesagt, gelitten. Immerhin hat uns Lesern die „Aktion Sparkurs“ das Blog „medienmoral“ beschert und damit eine Diskussionsplattform, die Entwicklungen im Verlag und in den Redaktionen für Journalisten und Leser transparenter macht.

Jetzt kommen die ersten offenen Einschläge von Seiten der Verlegerfamilie. Die Financial Times Deutschland berichtet heute unter dem Titel „Wanderprediger auf Abwegen, dass der „gescheiterte Ausflug von WAZ-Chef Bodo Hombach ins Magazingeschäft“ beim Medienkonzern für Unruhe sorge. „Altverleger Günther Grotkamp poltert“, heißt es und weiter:

Günther Grotkamp grollt – sogar in seinem Urlaub auf der Nordseeinsel Juist. Der einst mächtige Verleger der WAZ-Gruppe ärgert sich noch immer über ein Projekt, das Anfang Mai beerdigt wurde. „Ich habe mich sehr gewundert, dass diese Sache überhaupt angegangen wurde“, so Grotkamp gegenüber der FTD. Wer den 82-jährigen Altverleger kennt, weiß, was er eigentlich meint: Er hat ein von Ex-„Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust für die WAZ-Gruppe entwickeltes Wochenmagazin von Anfang an für Blödsinn gehalten.

Dumm sei es für Hombach, dass er das Medienprojekt angeschoben habe.

Im Gesellschafterkreis des Verlagsunternehmens kursiert die Summe von 5 Mio. Euro, die Hombach in das gescheiterte Magazinprojekt gesteckt haben soll. Der Manager könnte, so ist am Konzernsitz in Essen zu hören, in dieser Sache seine Kompetenzen überschritten haben. Geprüft werde sogar, ob die Gesellschafter auf Schadensersatz und Untreue klagen.

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Unser Blog hat sich häufiger in Einträgen mit dem umtriebigen Multifunktionär Hombach auseinandergesetzt. Zuletzt überwog die Häme über die verunglückten Ausflüge des WAZ-Geschäftsführers in den Journalismus. Hier hat sich Hombach in Interviews und in Schriftform immer wieder verhoben.

Die milliardenschweren Verlegerfamilien schienen bislang diese Ausflüge zu ignorieren. Doch jetzt redet der erste  von ihnen über Geld und Verluste.

Ein schlechtes Zeichen für Bodo Hombach. Die unten mögen ihn nicht und die oben beginnen zu zweifeln.

Er befindet sich „between a rock and a hard place„. *

Und weil wir schon mal im englischen Sprachraum gelandet sind, vermerke ich hier:

Vielleicht heißt es schon bald:

Hombach und WAZ „on the rocks“ **

Anmerkungen:

* Confronted with equally unpleasant alternatives and few or no opportunities to evade or circumvent them

** In a state of difficulty, destruction, or ruin: Their marriage is on the rocks.

Bodo Hombach im Gespräch: Wolke in Hosen.

Ich habe mich in letzter Zeit sehr zurückgehalten. Über dem Westen und über unserer Lokalzeitung, der Westfalenpost, lag der Mantel des Schweigens. Ich war es einfach leid. Jetzt aber hat Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, dem Volontär Christoph Winkel ein Interview gewährt, welches im Zusammenhang mit dem „Forum Lokaljournalismus“ (ab Mittwoch in Dortmund) im hauseigenen Medium „DerWesten“ veröffentlicht worden ist.

Das Stück hätte ich immer noch nicht gelesen, wenn mich nicht in der „Twitter-Welt“ verhaltene Hinweise auf die verborgenen Qualitäten der Hombach’schen Textwolke erreicht hätten.

Ich finde die Antworten von Bodo Hombach einfach brilliant. Der Mann leitet ein Milliarden-Unternehmen und erlaubt es sich auf die Frage

Immer mehr Verlage streichen Arbeitsplätze, immer weniger Redakteure müssen mehr Seiten füllen. Wie kann der Lokaljournalist da noch für die Wurzeln der lebendigen Demokratie sorgen?

Folgendes zu sagen:

Qualität ist nicht gleich Quantität. Ich wundere mich über Aussagen, dass nur viele Menschen gemeinsam journalistisch hochwertig arbeiten können. Dabei sehe ich den Beruf des Journalisten als einen sehr kreativen Beruf an, etwa wie ein Opernsänger oder ein Maler. Wird die Oper besser, nur weil fünf Geiger mehr auf der Bühne sitzen? Wird das Bild des Malers besser, wenn zwei weitere mitmischen? Ich denke nicht. Tolles Schreiben ist das, womit der Journalismus punktet. Und durch Recherche, Themen und Präsenz.

Toll! So hat das noch niemand auf den Punkt gebracht! Das verstehe selbst ich als Amateur, denn:

  • Hätten „The Who“ besser geklungen, wenn sie mit fünf Bässen, statt mit einem aufgetreten wären?
  • Wäre John Lennon erfolgreicher gewesen, wenn er anstatt allein, mit einem Newsdesk getextet hätte?
  • Hätte kleines dickes Müller mehr Tore gezaubert, wenn er statt mit einem mit sieben Beinen geschossen hätte?
  • Hätte Picasso besser gemalt, wenn er mit 20 Pinseln statt mit einem einzigen gepinselt hätte?
  • … etc. ad libidum  …

Hombach sagt auch an anderer Stelle:

Südwestfalen, diese starke Region, lebt in der Westfalenpost. Da müssen wir hin, das muss unser Vorbild sein. Eine Heimatzeitung im besten Sinne, weltoffen, aber im Kern lokal und stark, das ist unsere Kompetenz. …

… Es gehört schon ganz schön etwas dazu, den Bürgermeister seiner Stadt in einem Kommentar zu kritisieren, obwohl man ihn vielleicht noch am gleichen Abend auf einer Veranstaltung trifft. Meinungsfreude ist aber immer gefragt und unerlässlich. Der Leser honoriert Journalisten mit Ecken und Kanten, die deutlich schreiben und klar Stellung beziehen. Der Journalismus wird nicht grundlos als die vierte Gewalt im Lande bezeichnet. Der Journalist kritisiert und klärt Missstände auf. Als reine Plattform für irgendwelche Interessen darf die Tageszeitung niemals ausgenutzt werden, dann verliert sie ihre Glaubwürdigkeit  …

Von welcher Zeitung spricht er denn da? Das möchte ich lesen. Im Sauerland wird der Bürgermeister kritisiert. Ho, ho! Wo denn? Ecken und Kanten? Eher im Chor mit dem Bürgermeister als gegen ihn. Vierte Gewalt? Ein Allmachtsfantasie, ein ungedeckter Scheck! Reine Plattform für irgendwelche Interessen? Das schon eher.

Sobald mir Bodo Hombach beweist, dass die Westfalenpost „kritisiert und Missstände aufdeckt“, und zwar bei den Mächtigen,  bin ich wieder Abonnent.

Wie sagte noch Majakowski in einem seiner Gedichte:

„Wolke in Hosen“

Bodo Hombach konnte er noch nicht kennen.