Weniger Licht als Schatten für deutsche Frauen – New York Times berichtet

Himmel über Deutschland
Himmel über Deutschland (foto: chris)

Nur 2 Prozent der Aufsichtsräte in Deutschland sind Frauen – ein Anteil wie in Indien. Wo sind die Ursachen dafür, dass der Frauenanteil in Spitzenposition der Wirtschaft hinter dem anderer Ländern wie Brasilien (6%), Russland (11%), USA und Britannien (14%) und Spitzenreiter Schweden (17%) liegt?

Mit dieser Frage beschäftigt sich die in Deutschland, den USA und Großbritannien aufgewachsene Autorin Katrin Bennhold in ihrem empfehlenswerten Artikel in der New York Times.

Ausgangs- und Endpunkt ihrer Überlegungen ist, dass die Ausgrenzung von Frauen aus qualifizierten Positionen zu einem ökonomischen Problem einer schrumpfenden Gesellschaft werden kann. Resultat könnte der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit des Europäischen „economic powerhouse“ sein, als das sie Deutschland bezeichnet.

Die Autorin nennt zunächst historische Ursachen für die Behinderung von Frauen im Berufsleben: Nachwirkungen der NS-Propaganda und die fehlende Überwindung gerade des frauenpolitischen Aspekts der NS-Ideologie, Adenauers Maxim von „Kinder, Kirche und Küche”, sowie das Steuer- und Bildungssystem dieses Landes.

Bennhold macht zudem die Frauenbewegung selbst verantwortlich, deren vorrangiges Ziel seit dem 19. Jahrhundert der Schutz von Frauen und Müttern vor den Härten des Kapitalismus war. Im Gegensatz dazu hätten sich die Geschlechtsgenossinnen in England, den USA und der Sowjetunion entschieden für Gleichberechtigung eingesetzt.

Entscheidende Voraussetzungen für die berufliche Gleichberechtigung von Frauen sind Verfügbarkeit von Kinderbetreuung verbunden mit den jeweils vorherrschenden Rollenvorstellungen sowie die Art und Weise der männlichen Netzwerke.

Die These von der Rückständigkeit der Bundesrepublik durchzieht den Artikel wie ein roter Faden. Frauen im Westen der Republik haben schlechtere Möglichkeiten, Karriere und Kinder miteinander zu verbinden und noch immer gebe es hochrangige Politiker und Wirtschaftsvertreter beiderlei Geschlechts, die staatliche Eingriffe zur Förderung von Frauen ablehnen und bekämpfen.

Insbesondere durch staatliche Steuerung (wie etwa Quoten), so wird die Soziologin Jutta Allmendinger in dem Artikel zitiert, seien Stereotype am besten zu bekämpfen, was sich an der höheren Mobilität und der besseren Vereinbarkeit von Kindern und Führungspositionen bei Frauen aus dem Osten der Republik zeige.

Die Süddeutsche Zeitung hat den Artikel in ihrer New York Times Beilage veröffentlicht (Online ist diese nicht verfügbar). Der Artikel wurde in der Printausgabe leicht gekürzt, wobei einige Kürzungen verwundern:

– So wurde an zwei Stellen der Hinweis auf die Kontinuität zwischen NS-Kult und noch vorhandenen mentalen Stereotypen (durch Thomas Sattelberger, Telekom und Ute Frevert, Historikerin) gestrichen.

– Der Satz „In the emotional and moral vacuum left by the Holocaust in West Germany, the church was a powerful force“ wurde nicht gedruckt.

– Die sehr ausführliche Auseinandersetzung mit männlichen Netzwerken wurde komplett gekürzt.

Frau mag der Süddeutschen Zeitung nichts Böses unterstellen, aber gerade diese drei Aspekte –  Kontinuität der NS-Ideologie,  Rolle der Kirche und Bedeutung männlicher Netzwerke – benennen entscheidende Gründe für die  ungleiche Behandlung von Frauen in unserer Gesellschaft.  Sie sind es wert, ausführlich diskutiert zu werden.