Straßen.NRW: Trockenstress lässt Bäume absterben – Notfallfällungen werden häufiger notwendig

Die Trockenheit lässt Bäume entlang der Straßen und Autobahnen absterben. (Foto: Straßen.NRW)

Gelsenkirchen. (straßen.nrw) Als Michel von Scherenberg, Leiter der Autobahnmeistereien im Ruhrgebiet, an einem Mittwochabend im Juni einen Anruf eines Straßenwärters bekommt, ist klar: Hier muss er schnell handeln. Der Kollege hat an der Anschlussstelle Essen-Holsterhausen Bäume entdeckt, die völlig ohne Blätter dastehen.

(Pressemitteilung Straßen.NRW)

Dabei hatten Mitarbeiter der Meisterei die Bäume dort erst vor wenigen Monaten kontrolliert und keine Schäden feststellen können. Doch die geringen Niederschläge des Frühjahrs – und auch der vergangenen beiden Sommer – sind an den Bäumen nicht ohne Spuren vorbeigegangen. Die betroffen Bäume in der Auffahrt Essen-Holsterhausen werden gefällt. Zu groß ist die Gefahr, dass ein Baum auf die Straße stürzt.

Großer Mehraufwand für Meistereien

„Es sind vor allem Birken, aber auch Ahorn und Esche, die unter dem Wassermangel leiden und jetzt vermehrt absterben“, erklärt Baumkontrolleur Oliver Schulte. Schulte kontrolliert vor allem die Bäume entlang von Landes- und Bundesstraßen und auch er stellt immer häufiger Schäden wegen des sogenannten Trockenstress‘ fest. „Die Bäume sterben relativ schnell, innerhalb von wenigen Wochen, auch wenn sie vorher gesund waren“, erklärt er. Und tote Bäume stellen eine Gefährdung der Verkehrssicherheit dar, weil Äste abbrechen oder der ganze Baum umstürzen kann. Hier hilft nur, den Baum rasch zu fällen. Nur ganz selten und bei ausreichendem Niederschlag erholen sich einzelne Baumarten wie zum Beispiel Linden oder Eichen auch dann, wenn die Bäume bereits im Frühsommer ihr gesamtes Laub verloren haben.

Gerhard Schmidt, im Straßen.NRW-Betriebssitz Gelsenkirchen für die Grundsätze in der Grünpflege zuständig, hat zwar keine Statistiken vorliegen, wie viele so genannten Gefahrenbäume in den vergangenen Monaten gefällt werden mussten, weiß aber nach Rücksprache mit den zuständigen Meistereien in allen Straßen.NRW-Niederlassungen, dass sich der Aufwand zum Teil verdoppelt hat. „Die Trockenperioden wirken sich regional sehr unterschiedlich aus“, sagt Schmidt und sieht noch weitere Folgen des Klimawandels. „Die Schäden und damit verbundener Aufwand und Kosten beschränken sich ja nicht nur auf trockene oder absterbende Äste und ganze Bäume. Zusätzlich fördert die Trockenheit noch die Ausbreitung von Krankheiten wir dem Massaria-Pilz oder der Rußrindenkrankheit. Auch der Befall mit Schwächeparasiten wie dem Borkenkäfer nimmt zu. Selbst die extreme Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners, wie wir sie derzeit beobachten, ist zweifellos eine Folge der letzten Extremsommer, die ideale Bedingungen für die Entwicklung der Folgepopulation geboten haben.“

Wasser für Jungbäume

Im vergangenen Winter hatte die Straßen.NRW-Regionalniederlassung Ruhr fast 600 neue Bäume im Ruhrgebiet pflanzen lassen. Und auch in anderen Regionen wird zum Beispiel bei Neubauprojekten gepflanzt. Den neuen Bäumen geht es noch gut, weil sie den ersten drei Jahren nach der Pflanzung regelmäßig gewässert werden. „Das ist in diesem Jahr ein Aufwand, der weit über das normale Maß hinausgeht“, sagt Oliver Schulte. Alle erwachsenen Bäume in diesem Umfang zu bewässern, sei völlig unmöglich.

Gepflanzt werden rechts und links der Straßen und Autobahnen nach den Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes ausschließlich so genannte „gebietseigene Gehölze“. Das bedeutet, dass die Straßenbauer anders als im Forstbereich nicht mit Baum- und Straucharten zum Beispiel aus dem südlichen Europa experimentieren können, die Hitze und Trockenheit womöglich besser vertragen würden. Bäume machen bei Neuanpflanzungen des Landesbetriebes nur einen geringen Anteil aus. Höchstens fünf Prozent der Böschungsbepflanzung bestehen aus Baumarten. Einige Hochstämme werden zur Gestaltung eingestreut. Weit mehr werden Büsche wie Hartriegel oder Haselnuss genutzt. „Und die kommen mit den Bedingungen der vergangenen zwei Sommer und auch der jetzigen Trockenheit besser zurecht als hochwachsende Gehölze“, erläutert Klaus Altmiks, Landschaftsbau-Experte bei Straßen.NRW.

Je nach Standort kommen die Pflanzen besser oder schlechter an die sich verändernden klimatischen Bedingungen anpassen. „Eine Böschung an einer Straße, die in einem Einschnitt liegt, wird oftmals besser mit Wasser versorgt als ein aufgeschütteter Damm und die dazugehörige Böschung. Die Schäden, die nun zu Tage treten, sind darum auch ungleichmäßig im Land verteilt. Dort, wo Fichtenbestände bis an die Straße heranreichen, sterben – befördert durch den Borkenkäfer – ganze Bestände. Anderswo sind es Einzelbäume in dicht gewachsenen Altbeständen, die in der Konkurrenz zu den anderen Gehölzen nicht mehr genug Wasser bekommen. Die Gefahr dabei: Ein vertrockneter Baum verliert die Spannkraft und bricht ohne Vorwarnung.“

Bäume besonders im Blick

Aktuell laufen in den Autobahnmeistereien im Ruhrgebiet die halbjährlichen Kontrollen des Baumbestandes entlang der Autobahnen. Michel von Scherenberg hat ebenso wie seine Kollegen in den übrigen 79 Straßenmeistereien alle Streckenwarte, die zweimal wöchentlich alle Strecken abfahren und Schäden zum Beispiel an den Fahrbahnen oder an Verkehrszeichen suchen, darauf hingewiesen, dass es gerade die Bäume sind, die derzeit für Probleme sorgen können. Eine Bilanz ist aktuell noch nicht möglich. Aber Baumkontrolleur Schulte schätzt, dass bis zu acht Prozent der Bäume in seinem Bereich bereits unrettbar geschädigt sind. Diese Zahl könnte noch steigen, wenn es nicht bald wieder ausreichend regnet.

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