Bevor ich zu den Absahnern, den Reklamepublikationen, komme, möchte ich kurz auf das Bild oben eingehen.
Der Bergrücken in der Mitte teilt das Negertal(links) vom Ruhrtal(rechts). Am Ende, hinter der Fichten bestandenen Kuppe fließen die beiden Gewässer in Steinhelle zusammen.
Die weißen Gebäude ganz hinten gehören zum Schulzentrum der Stadt Olsberg. Bei dem „länglichen Streifen“ handelt es sich sehr wahrscheinlich um das Berufskolleg.
Der Standpunkt von dem das Foto aufgenommen wurde, liegt fast 700 Meter hoch über den Tälern. Der freie Blick wurde vom Sturm Kyrill geschaffen.
Für ein gutes Foto ist ein sehr gutes Weitwinkel-Objektiv nötig, welches mehr als 90° Blickwinkel abbilden kann, dazu entweder Morgen-oder Abendstunden mit transparenten Luft- und Lichtverhältnissen.
Mit der kleinen Exilim war einfach nicht mehr drin.
Zum Thema:
Inzwischen gibt es hier im Hochsauerland im Raum Brilon und Olsberg neben dem Sauerlandkurier und dem Briloner Anzeiger eine dritte durch Werbung finanzierte lokale Zeitung, den „Städtespiegel„.
Die „Macher“ des neuen Städtespiegel haben, soweit mir bekannt, vorher beim Briloner Anzeiger gearbeitet.
Erstaunlich ist, dass in Zeiten der Medien- und insbesondere Printmedienkrise im lokalen Raum neue reklamefinanzierte Printprojekte entstehen.
Ich folgere zunächst, dass es einen Markt für diese Art von Printprodukten geben muss.
Die Eigenleistung der Herausgeber besteht zum größten Teil in der Verwertung nicht selbst produzierter Inhalte.
Wer produziert diese Inhalte?
Die Pressewarte der Vereine, die öffentlichen Einrichtungen, PR-Agenturen, private Institutionen und Einzelpersonen, sowie einige freie und bei entsprechender Größe des Reklame-Verlags feste Mitarbeiter, denn die ganzen Einzelteile müssen Woche für Woche kompiliert und publiziert werden. Sehr gerne werden auch Artikel von eigenen Leuten über Firmen und Institutionen geschrieben, wenn diese damit gekoppelt Anzeigen schalten.
Irgendwie muss man ja auch Geld verdienen. Es reicht nicht kostendeckend zu arbeiten. Gewinne müssen sein.
Wo bleibt der Journalismus?
In der Regel auf der Strecke.
Natürlich freuen sich die Mitarbeiter der Werbeblätter, wenn sie dem Platzhirschen Westfalenpost mal eins auswischen können, aber in der Regel erreichen sie nur punktuell journalistisches Niveau.
Muss die Westfalenpost diese Blätter und Blättchen dann überhaupt ernst nehmen?
Klar doch! Sie fischt nämlich selber in den Gewässern der Werbung und Reklame. Die Leserinnen und Leser bezahlen die Kosten der Zeitung nur zu einem Teil, mindestens die Hälfte wird durch Reklame finanziert. Damit hängt die Zeitung nicht nur am Tropf der Leserabos, sondern auch an der Infusion der Werbekunden.
Diese Überlegungen im Hinterkopf ist es verständlich, dass die Westfalenpost nicht über diejenigen Bereiche objektiv berichten kann, aus denen mächtige und einflußreiche Werbekunden kommen. Die können dann mit Anzeigenentzug und Abwanderung zu den Reklameblättern drohen.
Die Westfalenpost kann darüber hinaus auch nicht über Bereiche objektiv berichten, in denen die mächtigen Reklamekunden Einfluss haben. Das können Vereine sein, in denen zum Beispiel der Kunde selbst auch als Bürger seine Fäden zieht, das kann die öffentliche Verwaltung sein, deren Mitarbeiter und Repräsentanten gelegentlich mit den Werbekunden, familiär oder über die lokalen Strukturen verbunden ist.
Der einzelne Leser zählt in dieser Kosten-Nutzenrechnung nicht viel.
Hier allerdings beginnt das Problem der Bezahl-Zeitung.
Da die Redakteure aus oben genannten Gründen PR-Artikel in der Bezahl-Zeitung verarbeiten, nähert sich das Niveau dieser Zeitungen in Teilbereichen den Reklamezeitungen an.
Der normale Leser nimmt die, meiner Meinung nach noch vorhandenen, Qualitätsunterschiede nicht angemessen wahr und sagt sich: Sauerlandkurier und Westfalenpost sind beides Zeitungen und wenn ich die eine umsonst haben kann, dann kündige ich doch die andere und spare mir das Geld für die angenehmen Dinge des Lebens.
Die Gleichungen für die Konkurrenz zwischen der Abo-Zeitung Westfalenpost und den Reklameblättern lauten:
Ein schlechter Artikel bei der Westfalenpost zählt beim Leser zehnfach negativ, bei der Reklamezeitung nur einfach, denn da wird Nix erwartet.
Ein guter Artikel bei der Westfalenpost zählt maximal zweifach, denn er wird erwartet.
Ein schlechter Artikel bei der Reklamezeitung zählt höchstens einfach, denn schlechte Artikel sind die Regel.
Ein guter Artikel in der Reklamezeitung zählt hundertfach, denn es wird eigentlich die Regel plus Reklame erwartet.
Die Reklameblätter erreichen jeden Bürger im lokalen Bereich, denn sie werden jedem in den Briefkasten geworfen. Abdeckung 100%. Leser können kaum kündigen.
Abdeckung der Abo-Zeitung Westfalenpost: Abos plus Mitleser. Leser können kündigen und damit die Abdeckung und den Wert für die Werbekunden verringern.
Fazit:
Die Abo-Zeitungen stecken richtig in der Klemme. Wenn sie das Alleinstellungsmerkmal „Qualität“ verlieren, gehen sie den Bach ab, was nicht weiter schlimm wäre, wenn die Zeitungen nur aus Holzprodukten bestehen würden.
Es hängen Menschen dran. Arbeitnehmer. Und Leser.
Der Ausweg aus dieser anscheinenden Zwickmühle kann nur über die journalistische Qualität gehen, sonst gehen die Leser – und die Arbeitsplätze.
Den Zeitungsbesitzern geht es derweil nicht schlecht.
Nein, sondern prächtig:
Auf den Milliardärs-Listen von Forbes finde ich neben Silvio Berlusconi und Rupert Murdoch, neben Schlecker und Thurn und Taxis weiterhin auch Hubert Burda, Friede Springer, Heinz Bauer, Anneliese Brost (WAZ), drei Holtzbrincks sowie die Familie des im Oktober verstorbenen Reinhard Mohn. Wir müssen also vielleicht doch nicht sofort sammeln. weiter zu einem sehr guten Artikel
Volle Zustimmung. Nur leide haben das die wenigsten WP-Redakteure kapiert…
Hallo ZOOM!
Sehr gut beschrieben! In den letzten Jahren wird das Informationsniveau hier im Sauerland immer „flacher“. Die „neue“ Stadtzeitung bestätigt dieses.
Ein „Anzeigenblättchen“, denn mehr wird es mit den Ressourcen nicht werden können, wird keinen echten „Journalismus“ hervorbringen.
Das es hier auch Ausnahmen gibt, hat der „Sauerlandkurier“ zwar teilweise in der Berichterstattung über die Vorgänge in Wiemeringhausen in diesem Jahr bewiesen.
Doch dieses ist als hohes Einzelengagement einer Praktikantin zu werten, die sich wahrscheinlich mit dieser Arbeitsauffassung ihre zukünftige Karriere im Sauerland verbaut hat.
Ich selber lese notgedrungen hier die WP. Der Lokalteil ist in der „neuen Aufmachung“, was die Information angeht um einen grossen Teil dezimiert worden. Gleichzeitig wird hier (teilweise wohl notgedrungen von den angestellten und abhängigen freien Journalisten) eine Art „Applausjournalismus“ dargestellt, der leider die Infos, die wichtig für die Menschen in der Region wären, nicht berücksichtigt.
Wir befinden uns also hier in einer sogenannten „Informationskrise“.
Ich selber bezweifle, dass das Erscheinen dieser „Stadtzeitung“ die WP aufrütteln wird. Dafür wird die Halbwertzeit dieser „Zeitung“ wohl zu klein sein, denn auch Geld für Werbung lässt sich nur einmal ausgeben. Und da das Sauerland sehr konservativ und nicht gerade „wechselfreudig“ ist, sehe ich hier kaum eine Chance für einen grossen „Fischzug“ im Teich der Werbung.
Aber warten wir es einmal ab.
Ein wenig „Unruhe“, auch in der Medienlandschaft schadet eigentlich nie.
Obwohl… soviel „Unruhe“ wie wir hier brauchen, da müssten schon einige „Erdbeben“ kommen 😉
Der Wiemeringhauser
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas! – Crescat et floreat Wiemeringhausen!