Die Sparkasse Hochsauerland als Kreditgeber für das Oversum-Projekt – ein paar Überlegungen.

Sparkasse Hochsauerland
Eine Filiale der Sparkasse Hochsauerland in Winterberg-Siedlinghausen (foto: zoom)

Bei Wikipedia lesen wir über Sparkassen: „Eine Sparkasse ist ein Kreditinstitut mit der Aufgabe, der Bevölkerung Möglichkeiten zur sicheren und verzinslichen Geldanlage zu bieten und die örtlichen Kreditbedürfnisse zu befriedigen.

Die Erzielung von Gewinnen ist hierbei nicht der Hauptzweck des Geschäftsbetriebes. Das Geschäftsgebiet einer Sparkasse ist in der Regel auf das Gebiet ihres Trägers, beispielsweise einer Gemeinde, eines Landkreises oder eines Zweckverbandes, begrenzt …

Sparkassen sind in Deutschland in der Regel Anstalten des öffentlichen Rechts. Träger öffentlich-rechtlicher Sparkassen sind kommunale Gebietskörperschaften, wie Städte, Gemeinden oder Landkreise oder ein kommunaler Sparkassenzweckverband als Zusammenschluss mehrerer Gebietskörperschaften. Oftmals deutet bereits der Name auf den kommunalen Träger hin, z. B. Stadtsparkasse, Kreissparkasse oder Bezirkssparkasse.

Rechtsgrundlagen für Gründung und Betrieb sind das Sparkassengesetz des jeweiligen Bundeslandes, in dem die Sparkasse ihren Sitz hat, und eine vom Träger erlassene Satzung. Die Organe einer Sparkasse sind der Vorstand als geschäftsführendes Gremium und der Verwaltungsrat als Aufsichtsgremium. In einigen Bundesländern ist weiterhin für bestimmte (in der Regel besonders hohe oder risikoreiche) Kreditentscheidungen ein Kreditausschuss zu bilden.“

In Winterberg ist nach Angaben der Stadt die „Sparkasse Hochsauerland“ Kreditgeberin des Oversum Projekts.  Sie ist als Anstalt des öffentlichen Rechts unter der Handelsregisternummer HR A 4228 beim Amtsgericht Arnsberg eingetragen. Dort findet man auch den kompletten Namen des Kreditinstituts: „Sparkasse Hochsauerland – Zweckverbandssparkasse des Hochsauerlandkreises und der Städte Brilon, Hallenberg, Medebach, Olsberg, Winterberg und der Gemeinde Bestwig“.

Bei der Sparkasse Hochsauerland handelt es sich also um einen „kommunalen Sparkassenzweckverband als Zusammenschluss mehrerer Gebietskörperschaften“. Die Gebietskörperschaften sind augenscheinlich die Gemeinden Brilon, Hallenberg, Medebach, Olsberg, Winterberg und Bestwig.

Der Vorsitzende des Vorstands ist Peter Wagner, weitere Mitglieder sind Ulrich Dolle, Konrad Lenze (stellvertretendes Vorstandsmitglied). Seit einer Satzungsänderung von 2010 wird Gesellschaft durch zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam vertreten.

Welche Winterberger Mitglieder sind nun in den Sparkassen-Gremien vertreten?***

Aus dem Prüfbericht zum Haushalt 2011 der Stadt Winterberg mit den Pflichtangaben nach § 95 Gemeindeordnung(GO) NRW geht aus Anlage 2 Blatt 12 hervor, dass Bürgermeister Werner Eickler Verbandsvorsteher des Sparkassenzweckverbandes ist.

Mitglieder der Verbandsversammlung sind: Bastian Östreich, Gisela Quick, Meinolf Ittermann, Christof Padberg,  Joachim Reuter, Harald Koch, Fritz Kelm und Bernd Kräling.

Mitglieder im Verwaltungsrat sind: Meinolf Ittermann und Fritz Kelm.

Mitglied des Kreditausschusses ist: Meinolf Ittermann.

Der letztgenannte Kreditausschuss wird, wie oben erwähnt, für bestimmte (in der Regel besonders hohe oder risikoreiche) Kreditentscheidungen gebildet. Ist er für die Kreditentscheidungen des Oversum-Projekts zusammengetreten?

Die beteiligten Personen wären dann möglicherweise über die finanziellen Hintergründe des Oversum Projekts informiert.

Ein paar Spekulationen:

Es könnte sich herausstellen, dass das Oversum Projekt die Stadt Winterberg nicht nur 4,5 Millionen Euro Anschub-Investition kostet, sondern dazu auch die als „Miete“ für die Nutzung des Schwimmbades und des Konferenzsaals über einen Zeitraum von 30 Jahren  jährlich zu entrichtenden  600.000 – 700.000 Euro „Betriebsausgaben“.

Zusammen gezählt ergäbe diese „Miete“: 18 – 21 Mio + X (Beraterhonorare, Gerichtskosten, Nachbesserungen, Inflationsausgleich, unbekannte Zinssätze(?) …). Dazu kämen dann noch die „normalen“ Betriebsausgaben. Insgesamt also mindestens 22,5 Mio. Euro. Das Maximum ist nicht bekannt.

Genau die benannten  Betriebsausgaben/Mieten  waren ja nach Angaben des Betreibers aquasphere der Streitpunkt mit der Stadt Winterberg. Die aquaspere war der Meinung, dass es sich bei den jährlichen 600.000 bis 700.000 Euro um eine Kaltmiete handele. Die variablen Betriebsausgaben kämen dann noch oben drauf.

In vielen PPP-Projekten sind diese „Mieten“ bzw. „Betriebsausgaben“ versteckte Investitionsmittel. Mit Hilfe der Stückelung über 30 Jahre unterlaufen die Städte und Gemeinden eine Kreditsperre und „tricksen“ gewissermaßen die Kommunalaufsicht aus.

Wer bezahlt denn nun die 25 Mio. + X Euro? Die Banken leben auch nicht von Luft und Liebe, sondern haben Forderungen in dieser Höhe. Das Oversum steht als Gebäude und muss abbezahlt werden. Das weiß jeder Hausbauer, der seine Wohnstatt nicht komplett beim Bau aus Eigenmitteln bezahlt hat. Es bleiben die Forderungen der kreditgebenden Bank, die er über einen vereinbarten Zeitraum mit Zins und Zinseszins zu bedienen hat.

Im Normalfall eines PPP Vertrags zahlt die Kommune gewissermaßen über den Investor (Betreiber) als Mittelsmann die Kreditschulden ab. Was passiert, wenn der Betreiber pleite geht? Guckt dann die Bank dumm aus der Wäsche? Im PPP-Normalfall nicht, da die Stadt dann als Bürge (wird vertraglich geregelt) in die Fußstapfen des Investors tritt und zum Direktschuldner avanciert.

Das würde also bedeuten, dass die Stadt Winterberg in letzter Instanz, die aus dem Oversum-Projekt entstandenen Forderungen zu bedienen hätte.

Diese Forderungen könnten bei Fortfaitierung mit Einredeverzicht schon längs auf dem Kapitalmarkt weiter verkauft worden sein. Papiere dieser Art sind begehrt, da die Städte als Schuldner am Ende (fast) immer zahlen (müssen).

*** sämtliche Angaben aus öffentlichen Behördenpapieren

 

 

 

 

 

 

3 Gedanken zu „Die Sparkasse Hochsauerland als Kreditgeber für das Oversum-Projekt – ein paar Überlegungen.“

  1. Was ich immer noch nicht verstehe: Wo kamen die Millionen her, die der Bau „in echt“ gekostet hat? Vor allem: Der Eigenkapitalanteil, der als Pfand eingebracht werden muss, um normale Bankkredite für den Bau aufnehmen zu können?

    Waren es Eigenmittel des PPP-Partners? Wohl kaum. Waren es Einlagen/Beteiligungen von Privatanlegern, die die Sparkasse allein oder mit anderen via Vertrieb („Anlegerberatung“) eingesammelt hat? Nichts davon gehört. Oder kam der Invest tatsächlich aus einer Forfaitierung der Betriebskostenschuld der Stadt, also aus dem Verkauf der Schuld durch den PPP-Partner an die Sparkasse?

    Im letzteren Fall wäre die Stadt tatsächlich umfassender Schuldner der Sparkasse (oder anderer Geldinstitute, die Kredite gegeben oder Forderungen aufgekauft haben). Wie kann sie mit einem Betrieb, der unternehmerisch nicht läuft und täglich an Wert verliert, dieses Problem lösen? Sich hilfesuchend an die Sparkasse wenden?

    Das Interesse der anderen am Zweckverband beteiligten Kommunen, ihrer Sparkasse aus Solidarität mit den Winterberger PPP-Jongleuren Verluste aufzubrummen, dürfte gering sein. Brennt im Zweckverband schon die Luft?

    Wie auch immer: Nur Klartext zur Struktur der in diesem Fall gewählten Projektfinanzierung kann Grundlage aller Aufarbeitung sein. Und natürlich stellt sich die Frage der Mitverantwortung der Sparkasse und der sie kontrollierenden Bürgermeister und sonstigen Lokalmatadoren am Desaster.

  2. @tino:
    Der Investor wird mit Eigenkapital nahe Null in das Projekt gegangen sein. Das ist doch der Vorteil von PPP-Projekten für den Investor. Die beim Bau entstehenden Forderungen sind entweder beglichen oder bestehen weiterhin als Forderungen. Anschubfinanzierung durch die Stadt Winterberg. Die taucht auch im Haushalt 2013 auf: http://www.rathaus-winterberg.de/Politik/Finanzen

    Der Rest über Bankkredite mit Laufzeit 30 Jahren. Wahrscheinlicher Bürge die Stadt Winterberg. Rückzahlung der Kreditraten über 30 Jahre wahrscheinlich die Stadt Winterberg. Höhe der Raten als sogenannte Miete 700.000 + X Euro per annum.

    Risiko des Investors = 0.

  3. @ zoom:
    Schöne Recherchearbeit. Interessenlage und Fachkompetenz der Entsandten anno 2011 sind so einzuschätzen, dass sie ihre Aufsichts- und Kontrollfunktion in den Gremien weder wahrnehmen wollten noch konnten.

    Meinen (verlässlichen) Informanten zufolge hat übrigens auch der BM im Verwaltungsrat gesessen und zeitweise sogar den Vorsitz geführt, was 2011 allerdings offenkundig nicht der Fall war. Spekulation, ob dies am Zweckverbandsvorsitz und mithin der Ämterhäufung oder an der Befangenheit wegen des Oversums lag. Interessant wäre jedenfalls die konkreten Zusammensetzung der Gremien im Zeitablauf. Vielleicht können kundigere Mitleser Konkretes beitragen.

    Es ist übrigens davon auszugehen, dass die Projektfinanzierung einen zeitlichen Vorlauf von mehreren Jahren hatte, weshalb die Gremienzusammensetzung seit 2007/2008 von Relevanz ist.

    @Tino:
    Die Finanzierungsusancen kleiner Häuslebauer sind kein Maßstab.
    Es handelt sich bei diesen Projektfinanzierungen grob vereinfacht um ein lending against projected cash flow, d.h. die Bedienung des Fremdkapitals wird auf Prognoseüberschüsse abgestellt. Damit steht und fällt die Finanzierung mit der Güte der Planzahlen aus einer realistischen Geschäftsprognose sowie mit der Zinsentwicklung.
    Da Forderungsausfall bei der öffentlichen Hand quasi undenkbar ist, sind dem kollusiven „Schönrechnen“ des Finanzierungsplans durch Investor, Stadt und Bank Tür und Tor geöffnet. Gleichfalls schert sich die Bank nicht wirklich um die Verwertbarkeit der Sicherheiten. Nicht einmal Eigenkapital wird gefordert.

    Häufig ist es so, dass sich der Finanzierungsplan schon im zweiten oder dritten Jahr als zu optimistisch erweist und der Fremdkapitaldienst stockt. Liquiditätsengpässe folgen und verschärfen sich mehr oder weniger ungewollt zum Insolvenzauslösetatbestand. Fraglich ist, ob die Sparkasse im konkreten Fall Covenants vereinbart hat; diesbezügliche Überraschungen sind jedenfalls nicht ausgeschlossen.
    Bei Insolvenz der Betreibergesellschaften, Bauträger etc. ist die Stadt wegen der Forfaitierung mit Einredeverzicht jedenfalls das letzte Glied in der Haftungskaskade. Und dann – wie sagt der Volksmund so schön: „Wer bürgt wird erwürgt“…

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