Im Hochsauerlandkreis scheint es im Umgang mit Geflüchteten ein West-Ost-Gefälle zu geben. So jedenfalls beschreibt es die Sauerländer Bürgerliste in einem Artikel auf ihrer Website, den wir im Folgenden übernehmen:
In der letzten Woche tagte der Briloner Rat. Auf der Tagesordnung stand auch ein Antrag der Bürgerliste, in dem gefordert wurde, die Stadt Brilon solle auf die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete verzichten. Diese Opt-Out-Möglichkeit besteht in NRW; zuständig für die Entscheidung ist allein die jeweilige Kommune. Bisher haben Städte und Gemeinden mit zusammen etwa 8 Mio Einwohnern sich für ein Opt-Out und damit gegen die Bezahlkarte entschieden, mit zusammen fast der Hälfte der Einwohner von NRW. Hier findet sich eine aktuelle Liste: https://www.frnrw.de/top/nein-zur-bezahlkarte-ratsbeschluesse-aus-nordrhein-westfaelischen-kommunen.html
Bei der Debatte im Briloner Rat forderte dann die CDU-Fraktion die Einführung des Bezahlkarte. Sie verwies dabei mehrfach auf die AfD. Da scheint diese Fraktion von der AfD getrieben zu werden zu einer AfD-Politik im Rat, ohne dass die AfD im Rat sitzt?
Noch überraschender: Die SPD-Fraktion nahm in diesem Rat die sonst übliche Rolle der CDU ein. Denn auch der Bürgermeister (der für die SPD kandidiert ?!) als auch der SPD-Fraktionsvorsitzende forderten ebenfalls ausdrücklich die Einführung der Bezahlkarte, allerdings ohne Hinweis auf die AfD. Diese Haltung ist sehr ungewöhnlich, denn sonst wurden die vielen Opt-Out-Beschlüsse in NRW mit den Stimmen der SPD, der Linken und der Grünen gefasst. Am Ende gab es nur 4 von 33 Stimmen für den Opt-Out-Antrag.
In der Vorwoche wurde dieses Thema im Rat der Stadt Arnsberg beraten. Dort erklärten die Sprecher sowohl der SPD als auch der Grünen, dass ihre Fraktionen gegen die Einführung der Bezahlkarte sind. Die SBL lehnt sie sowieso ab. Sogar der Sprecher der CDU wies darauf hin, dass nur ein Teil seiner Fraktion “Sympathie” für die Bezahlkarte habe. Und eingebracht wurde dieser Antrag vom Bürgermeister (SPD) selbst.
Was ist in Brilon los?
Hier Auszüge aus der Begründung des Antrags der Bürgerliste:
“1. Das „Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ vom 19.12.2024 ermöglicht seit Anfang des Jahres 2025 die Bezahlkarte für die Leistungserbringung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, im Land wie in den Kommunen. Jede Kommune hat aber die Möglichkeit, die Bezahlkarte in ihrem Gebiet abzulehnen. Dafür enthält das Gesetz eine sog. Opt-Out-Regelung.
…
3. Die Bezahlkarte für Geflüchtete steht aus unterschiedlichen Gründen bundesweit in der Kritik:
• So kann die Migrationsforschung zeigen, dass die damit verbundene Hoffnung, die Migration von Menschen ohne gültige Einreisepapiere zu beschränken, eher unrealistisch ist. Auch wenn Leistungen nicht mehr bar ausgezahlt und Rücküberweisungen an die Familien oder an „Schlepper“ unmöglich werden, werden sich Menschen weiter auf den Weg machen, weil Stabilität, Schutz vor Verfolgung oder bereits in Deutschland lebende Verwandte wichtigere Migrationsgründe sind – und vor allem die Aussicht, durch reguläre Jobs auch die Familie zu Hause unterstützen zu können.
• NGOs, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Kirchen kritisieren eine diskriminierende und integrationshemmende Wirkung: Die Bezahlkarte stigmatisiere geflüchtete Menschen, bevormunde sie in ihrer Lebensführung, erschwere ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und behindere so nicht zuletzt auch die Arbeit der in der Integrationsarbeit Tätigen. „Die beste Bezahlkarte ist das Bankkonto!“
• Auch zahlreiche Kommunalverwaltungen stehen einer Einführung zurückhaltend gegenüber. Sie sehen keine Verwaltungsvereinfachung, sondern erwarten eher Mehrarbeit und höhere Kosten, z.B. in Münster: „Schon seit langem setzt Münster vorrangig auf Geldleistungen – erfolgreich, denn es sind keine Hinweise auf missbräuchliche Handlungen in nennenswertem Umfang erkennbar. Belastbare Hinweise zum Transfer von Leistungen ins Ausland liegen nicht vor. Demgegenüber teilt die Verwaltung die Bedenken vieler Kommunen, dass die Einführung der Karte den bürokratischen und finanziellen Aufwand in die Höhe treiben könnte. Für Münster ist wegen des seit vielen Jahren praktizierten Vorrangs von Geldleistungen keine Lösung absehbar, die den Aufwand nicht erhöhen würde“ (Mitteilung des Sozialamtes für den ASGVA am 19.9.2024).”