Meschede braucht Zukunft. Eine Anfrage und eine Anmerkung.

Stadthalle Meschede (archiv: zoom)
Stadthalle Meschede (archiv: zoom)

Die politische Gruppierung „Meschede braucht Zukunft“ (MbZ) hatte am 4. August eine Anfrage zum Verkauf der Stadthalle an den Mescheder Bürgermeister Hess gerichtet. Diese Anfrage soll nach meinen Informationen in der Ratssitzung am 30. September beantwortet werden.

(Die Anfrage ist unten angehängt.)

Die freie Wählergemeinschaft „Meschede braucht Zukunft“ kämpft zur Zeit mit den Folgen des „Alexander van Daake“-Skandals. Es hatte sich herausgestellt, dass rechte, sogenannte „völkische“ Gruppierungen in die MbZ hineinwirkten, bzw. hineinwirken wollten.

Die SPD Meschede hatte daraufhin ihre Zusammenarbeit mit der MbZ in Frage gestellt.

Gerade die sogenannten „Freien Wählergemeinschaften“ sind in Deutschland oft Abspaltungen konservativer oder rechter Parteien. Die MbZ Mitglieder allerdings scheinen sich nach meinen Informationen in der Mehrzahl eher aus ehemaligen SPDlern, unzufriedenen Grünen und lokal bewegten Bürgern (Schließung eines Lebensmittelgeschäftes) zu rekrutieren.

Ich nehme den mir bekannten Akteurinnen und Akteuren von MbZ ab, dass sie für eine bürgerbewegte und teilweise sogar eher linksalternative Politik stehen und sich nichts lieber wünschen als inhaltliche Politik zu machen.

Ich hoffe, allerdings auch, dass es nicht weitere „völkische“ U-Boote in „Meschede braucht Zukunft“ gibt. Einen weiteren Skandal würden die engagierten Lokalpolitiker als MbZ nicht überstehen.

Hier die Anfrage der MbZ-Fraktion im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Ausschussvorsitzender,

am 8. Juli 2010 fiel im Stadtrat ein weitreichender und “zukunftsweisender” Beschluss – die Mehrheit der Ratsmitglieder stimmte dem Verkauf der Stadthalle an den Investor Bövingloh zu. Im gleichen Zuge wurde entschieden, dass die Stadt das veräußerte Objekt 20 Jahre lang anmietet.

Wie Sie wissen, traf diese Rats-Entscheidung weder bei allen Mescheder Bürgerinnen und Bürgern, noch bei der MbZ-Fraktion auf Zustimmung. Unklar bleibt vor allem die Kosten-Nutzen-Rechnung. Es besteht der Eindruck, es habe einzig und allein der Investor einen Gewinn und zwar einen erheblichen. Uns Meschederinnen und Meschedern bleibt wohl das Nachsehen und die Bezahlung des bisher „ungedeckten Schecks“.

Daher bitten wir um die Beantwortung folgender Fragen:

• Aus welchem Grund zog die Verwaltung anscheinend nie ernsthaft in Betracht, die Stadthalle in eigener Regie zu modernisieren und ideenreich sowie zu erschwinglichen Preisen zu vermarkten?

• Warum verfolgte die Verwaltung offenbar nicht die Idee, den ehemaligen Kaufhaus-Komplex zu erwerben?

• Welche Bemühungen erfolgten seitens der Verwaltung nachweislich, weitere Investoren für den Kauf des Gebäudes Stadthalle/Hertie zu gewinnen?

MbZ geht davon aus, dass die Mietkosten deutlich höher als die von der Stadt Meschede angegebenen 3,6 Mio Euro in 20 Jahren ausfallen. Üblicherweise werden Mietsteigerungen in derartigen gewerblichen Mietverträgen an den Verbraucherpreisindex gekoppelt. Die jährliche Steigerung in den letzten 19 Jahren betrug etwas mehr als 1,6%. Wenn also ein üblicher Mietvertrag geschlossen wird, summiert sich die Miete in 20 Jahren auf 4,2 Mio. € und nicht 3,6 Mio. € wie in den Zeitungen zu lesen war.

Wir fragen also:

Welche Vereinbarungen trafen die Stadt Meschede und Herrn Bövingloh bzgl. eventueller Mietpreissteigerungen?

• Ist eine Mietpreissteigerung für die gesamten 20 Jahre definitiv ausgeschlossen, unabhängig davon, ob der Investor Bövingloh oder, nach einer Weiterveräußerung, XY heißt?

• Sollten Mietpreissteigerungen jedoch vereinbart worden sein, warum wird die Öffentlichkeit getäuscht und über die wahrscheinlich zu erwartenden Mietkosten im Laufe der 20 Jahre belogen?

• Wer trägt die Verantwortung für diese Informationspolitik?

Durch den Mietvertrag mit der Stadt Meschede hat die Stadthalle einen Ertragswert von mindestens 3,6 Mio €.

• Warum wird die Stadthalle mit einem Ertragswert von über 3,6 Mio € für nur 1,78 Mio € verramscht?

• Dem Bürger gehen hier, ohne Berücksichtigung einer mit größter Wahrscheinlichkeit vereinbarten Mietsteigerung, mindestens 1,82 Mio € verloren.

Die Stadt versucht mit dem städtebauliche Regionale-Projekt auch mit Hilfe der in der MbZ tätigen Architekten Meschede gestalterisch aufzuwerten.

• Wozu wurde der Investor in Bezug auf die äußere Gestaltung des Kaufhauses verpflichtet?

• Wurde ein Abgleich zwischen den ausgelobten Wettbewerbsideen und der Architektur des Kaufhauses vollzogen?

Eine (Billig-) Architektur wie bei den „Brilon Arkaden“ muss für Meschede verhindert werden, damit die Regionale, mit der damit gewollten Gestaltung überhaupt Sinn machen kann.

Neben den Mietkosten fallen auch Gebäudenebenkosten an, die der Mieter – also die Bürger der Stadt Meschede – tragen wird. Ein Investor wird sicherlich so wenig wie möglich sanieren. Er ist vermutlich in erster Linie an seinen eigenen Einnahmen interessiert, aber kaum an Ausgaben zur Senkung der Nebenkosten seiner Mieter, sprich – der Stadt Meschede. Die Art der Nutzung als Stadthalle könnte also zu höheren Nebenkosten als üblich führen.
MbZ schätzt die Nebenkosten auf mindestens 16.500 € im Monat, also 198.000 € im ersten Jahr. Vergleicht man die Kosten aus dem Haushaltsplan, müssen die Nebenkosten noch darüber liegen. Diese Nebenkosten summieren sich über die 2 Jahrzehnte Vertragsbindung zu 4,6 Mio € auf, geht man auch hier von einer Kostensteigerung nach dem Verbraucherindex aus.

Darum fragen wir:

• Welche Erwartungen und Zahlen legt die Stadt Meschede für die Berechnung der Nebenkosten der Stadthalle zu Grunde?

• Mit welchen jährlichen (Neben-)Kosten und Kostensteigerungen und mit welchen Gesamtnebenkosten über die gesamte Laufzeit von 20 Jahren rechnet die Verwaltung?

MbZ erwartet für die 20 Jahre der vertraglich vereinbarten Mietzeit Kosten für die Bürger der Stadt Meschede in Höhe von 8,8 Mio €, bestehend aus Miete und Nebenkosten. Zu bedenken sind die anfallenden Kosten für Beleuchtungsanlage, Sound- und Bühnentechnik, Schönheitsreparaturen und Modernisierungen innerhalb dieser 20 Jahre! Sie müssen noch zusätzlich von uns Bürgern getragen werden.

• Wie sieht die entsprechende Berechnung der Stadt Meschede aus?

Wir geben an dieser Stelle, auch wenn es wohl leider zu spät ist, folgendes zu bedenken:

Wenn, wie in der örtlichen Presse zu lesen war, der Investor die Stadthalle für 1,79 Mio € kauft, der Stadt aber nur 172.000 € nach Abzug der Sanierungskosten auszahlt, dann belaufen sich die Sanierungskosten auf 1.618.000 €.
Laut Verbraucherportal www.biallo.de werden Kredite mit einer 20-jährigen Zinsbindung von 12 verschiedenen Anbietern für 3,82 % bis 4,0 % nominal angeboten.
Die Belastung der Stadt Meschede für einen Kredit über 1,618 Mio € Auszahlungsbetrag (96% Auszahlung), der in 20 Jahren vollständig zurückgezahlt wird, beträgt monatlich ca. 10.215 €. Die Belastung über die vollständige Kaufsumme in Höhe von 1,78 Mio € zur Ablösung der bestehenden Altschulden beträgt monatlich ca. 11.300 €.

Uns ist völlig unverständlich, warum angesichts dieser günstigen Kreditzinsen die Stadt Meschede sich nicht im Stande sah, die Finanzierung der Stadthallensanierung selbst in die Hand zu nehmen, anstatt die Immobilie mit ungewissem Ausgang an einen fremden Investor zu verkaufen.

Für jeden Internet-User ist ersichtlich, dass Bövingloh Immobilien rechnen kann. Ein Blick auf die Internet-Seite des Unternehmens beweist es. Unter „Aktuelles“ mit einem Eintrag vom 30.10.2009 lesen wir:
„Mieten oder Kaufen?
Diese Frage stellt sich vielen unserer Gesprächspartner. Eine pauschale Antwort können auch wir nicht auf diese Frage geben. Zu sehr spielen private Lebensumstände sowie Lebensplanungen hier eine wichtige Rolle. Diese subjektiven Fragen können nur Sie beantworten.
Wir können Ihnen nur eine objektive Antwort auf die Frage „Mieten oder Kaufen“ geben: Auf den ersten Blick erscheint das Mieten vorteilhaft. Mieter profitieren zu Beginn von einer vergleichsweise geringen finanziellen Belastung. Bei genauerer Betrachtung wird aber schnell klar, dass der Kauf einer Wohnung günstiger wird. Denn bei dem Mieten kommt das „dicke Ende“ spät: Die steigende Mietlast drückt zunehmend auf das Haushaltseinkommen von Mietern. Erwerber profitieren von einer stetig rückgängigen Belastung und haben später sogar noch Vermögen gebildet. Der Erwerb einer Eigentumswohnung ist wirtschaftlich die bessere Wahl: Zum Einen stellt die Immobilie einen bleibenden Wert dar, zum Anderen ist das Wohnen im Eigentum mietfrei!
Bleibt noch die Frage: Mieten oder Kaufen? Entscheiden Sie!“ Dem möchte MbZ nichts mehr hinzufügen!

2 Gedanken zu „Meschede braucht Zukunft. Eine Anfrage und eine Anmerkung.“

  1. Am Bövingloh-Hess-PPP-Modell in Meschede ist bis heute noch kein Hammerschlag passiert. In Winterberg ist das PPP-Wunder ja schon fast vollbracht. Egal, wundern werden wir uns später oder früher da wie dort!

Kommentare sind geschlossen.