Update: Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft und … in der Süddeutschen Zeitung.

"Ein trüber Schelmenroman", Der Rezensent fischt im Trüben der antisemitischen Stereotypen. (foto: zoom)
„Ein trüber Schelmenroman“. Der Rezensent fischt im Trüben der antisemitischen Stereotypen. (foto: zoom)

Die folgenden Links beziehen sich auf ein Buch und eine Rezension in der Süddeutschen Zeitung vom vergangenen Samstag. Stephan Speichers Rezension von „Vivien Stein, Heinz Berggruen – Leben und Legende“, wird als ganzseitiger Aufmacher des Feuilletons präsentiert.

Sie ist voller antisemitischer Stereotypen. Eine miese Buchbesprechung, die sich mit einer wirren Autorin gemein macht.

Artikel nicht Online verfügbar
Der Artikel liegt uns in der Druckausgabe vor. Leider stellt die Süddeutsche ihre Beiträge nicht ins Netz, so dass ich an dieser Stelle nicht auf das Feuilleton verlinken kann. Auch sind heute sehr harrsche und dabei kluge Leserbriefe in eben derselben Zeitung erschienen. Doch sind diese ebenfalls nicht Online zugänglich.

Ich denke, es nützt der Süddeutschen nicht, lediglich auf die Kritik der LeserInnen in den Leserbriefspalten zu verweisen.

Wie kommen antisemitische Stereotypen in die Süddeutsche?
Die Chefredaktion der Süddeutschen muss erklären, wie dieser distanzlose, journalistisch grenzwertige, moralisch und politisch verkommene Beitrag zur Förderung antisemitischer Stereotypen in ihrem Blatt publiziert werden konnte. Hat sich ein Einzeltäter ins Redaktionssystem geschlichen als Heribert Prantl gerade schlief?

Das Dönerbild hatte ich als Aufmacher gewählt als ich noch eine unserer traditionellen „Umleitungen“ zusammenbasteln wollte. Einen Link zur Jüdischen Allgemeinen wollte ich setzen und habe es auch (s.u.) getan.

Beunruhigender Antisemitismus
Nachdem ich allerdings die alte Samstags-Ausgabe der Süddeutschen aus der blauen Papiertonne herausgefischt hatte, ließ mir der Antisemitismus in meiner Morgenzeitung keine Ruhe.

Update: Ich zitiere ein paar Zeilen. Zwischenüberschrift im Print: „Er gab sich als Kosmopolit, an den gesellschaftlichen Kosten wollte er sich nicht beteiligen“

„Merkwürdig, dass ein Jude, der sich in Amerika, Frankreich, England und der Schweiz nie als solcher verstanden hatte, mit einem Mal zum Repräsentanten der historischen Opfer wurde.“

„Der Schelm nutzt die Schwächen der Menschen, erteilt ihnen eine Lektion über Geiz, Habgier, Lüsternheit. Ähnliches hat auch Heinz Berggruen getan. Aber die Schwächen, die er nutzte, waren moralische Stärken, das Vertrauen der Briten in die Fairness des Partners, das Gefühl der Deutschen für ihre Schuld an den Juden. Hier kommt eine Überlegenheit ins Spiel, die etwas Trübes hat.“

Allein diese hier Textpassage müsste ausreichen, um den Autor hochkantig aus der Redaktion zu werfen:

a) grobe handwerkliche Schnitzer. Speicher macht sich mit dem Gegenstand seiner Betrachtung gemein. Er übernimmt kritiklos, ohne Distanz und  ohne erkennbare Überprüfung, die fragwürdigen Urteile der Autorin.

b) mit einem Bündel von rassistische Vorurteilen bedient er beim Leser die Stereotype des „ewigen Juden“ : Geiz, Habgier und nicht zuletzt, aber  um so wichtiger für einen „gelungenen“ Rassismus/Antisemitismus, die Sexualität, die „Lüsternheit“, des weltgewandten – Amerika(sic!), Frankreich, England, Schweiz – Semiten.

Diese Update habe ich mit einem Tag Abstand in den Artikel eingefügt. Ich stelle fest, dass meine Fassungslosigkeit nicht geringer, sondern größer geworden ist.

Die Süddeutsche Zeitung sollte sowohl den Artikel als auch die Leserbriefe in der gestrigen Ausgabe für alle interessierten Menschen Online stellen, damit eine offene Diskussion am Text möglich ist.

Update Ende

Ich weiß, die Drohung mit Abonnementskündigung ist irgendwie albern. Diese Keule holen Tausende von LeserInnen jeden Tag aus dem Argumenteköfferchen.

Gibt es eine Erklärung der Chefredaktion?
Am Montag allerdings möchte ich beim Frühstückskaffee die Erklärung lesen. In der Süddeutschen. Schwarz auf Weiß.

Wie konnte es Stephan Speicher gelingen, Hans Leyendecker, Willi Winkler und Heribert Prantl einen antisemitischen Artikel unterzuschieben?

Danke im Voraus.

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5 Gedanken zu „Update: Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft und … in der Süddeutschen Zeitung.“

  1. Die erwähnten – in der Tat lobenswerten – SZ-Autoren vermögen den Umstand, dass stets auch antisemitischer Scheiß in diesem Blatt zu finden war und ist, nicht aus der Welt zu schaffen.

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