Will die Deutsche Bahn den Fahrkartenverkauf im ländlichen Raum verhindern?

Vergittert – hier die Deutsche Bahn in Meschede (archiv: zoom)

Für viele Kundinnen und Kunden der Deutschen Bahn (DB) sind digitale Angebote für den Erwerb von Fahrkarten gut geeignet. Aber es gibt auch viele Fahrgäste, die lieber eine persönliche Beratung haben möchten. Für sie sind die Agenturen in Bahnhöfen und die Reisebüros mit DB-Lizenz die richtige Adresse.

(Der Artikel ist zuerst auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Noch ist das so, aber zum Jahresende könnte diese Möglichkeit weitgehend wegfallen. Dann könnte es Fahrkartenschalter fast nur noch in den “Reisecentern” in den Bahnhöfen der großen Städte geben; dort werden sie von der DB selbst betrieben.

Denn nachdem die DB die Konditionen für die Agenturen und Reisebüros in den letzten Jahren stetig verschlechtert hat, wurde nun zum nächsten Jahreswechsel ein weiterer radikaler Schnitt angekündigt. Die DB Vertrieb GmbH beendet die bisherigen Verträge und führt 2023 ein neues Agenturmodell ein. Reisebüros mit DB-Lizenz “ohne Vertriebspflichten” erhalten ab 2023 keine Provisionszahlungen mehr. Reisebüros mit DB-Lizenz, die eine Verpflichtung aus einem Verkehrsvertrag erfüllen, d.h. an einem Standort eine von einem Aufgabenträger geforderte Leistung im personenbedienten Vertrieb erbringen, erhalten danach künftig eine Provision von nur noch fünf Prozent auf Fernverkehrsangebote.

Bisher erhalten die verbliebenen Agenturen ohne Verkehrsvertrag noch bis zu sechs Prozent Provision, künftig wird der Vertrieb nicht mehr bezahlt.

Vom Deutschen Reiseverband hagelt es Kritik. “Mit dem ab Januar 2023 beabsichtigten neuen Agenturmodell wolle der Staatskonzern einem Großteil der Reisebüros, die noch eine DB-Lizenz zum Verkauf von Fahrkarten haben, die komplette Vergütung streichen, kritisiert der Deutsche Reiseverband (DRV). Das sei “insbesondere mit Blick auf den Klimaschutz beim Reisen eine strategisch komplett falsche Entscheidung”.

Die Bahn werbe intensiv damit, im Fernverkehr klimaneutral unterwegs zu sein und könnte insbesondere bei Urlaubsreisen nach Österreich, Italien und Frankreich eine sehr große Rolle spielen, betont der DRV, der als größter Tourismusverband viele tausend Reisebüros, Veranstalter und Dienstleister vertritt.”

https://www.countervor9.de/vertrieb/bahn-streicht-die-provision-fuer-reisebueros-komplett

“Dass die DB ausgerechnet jetzt, wo auch Urlaubsreisen mit der Bahn aufgrund von Klimaschutz-Überlegungen stärker nachgefragt werden, den Zugang zu den Reisebüros versperrt, „ist nicht nachvollziehbar und falsch”. Der DRV fordert, dass die aufsichtführenden Bundesministerien Finanzen, Verkehr und Wirtschaft im Dialog mit der Tourismuskoordinatorin Claudia Müller prüfen sollten, ob das Management der Bahn hier eine richtige und zukunftsweisende Entscheidung getroffen hat”.

Siehe: https://www.tn-deutschland.com/entscheidung-gegen-den-klimaschutz-bahn-fuehrt-null-provision-ein/

Seit 1. Juli gibt es im Bahnhof Marsberg keinen Fahrkartenverkauf mehr. Eine andere Bahnagentur, die bereit war, das Angebot in Marsberg aufrecht zu erhalten, wird das unter diesen Bedingungen nicht tun. Auch die anderen Verkaufsstellen im Kreisgebiet sind nun stark gefährdet.

Die Sauerländer Bürgerliste (SBL) will daher die politischen Gremien im Kreisgebiet auffordern, sich für den Erhalt des persönlichen Fahrkartenverkaufs einzusetzen. Dieser sei ein wichtiger Teil der Verkehrsinfrastruktur.