Weiter gelesen: „Die Gräben zuschütten“ – Michael Lühmann widerspricht Bredthauer

Michael Lühmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Göttinger Institut für Demokratieforschung. Er widerspricht in seinem Blogbeitrag der Position von Karl D. Bredthauer.

Zitat Lühmann:

„Joachim Gauck, ostdeutscher Revolutionär, Pfarrer, Bürgerrechtler, ein Berufener, der sich selbst auch für vieles berufen fühlt, ein „vergifteter Knochen“? Ein ewig Gestriger, der die Sozialdemokratie geißelte, den Adenauerschen Antikommunismus pflegt und den Hohepriester der Moral mit harter Staatsanwaltsattitüde gibt. Ein liberal-konservativer Hardliner, der ob seiner politischen Einstellungen unwählbar ist für die bundesrepublikanische Sozialdemokratie, für das gesamte linke Projekt?

Es ist ein sehr einseitiges Bild, das, nicht nur hier, von Joachim Gauck gezeichnet wird. Während Karl D. Bredthauer versucht, Joachim Gauck mit der Totalitarismus-Keule zu erschlagen, versucht es Franz Walter, indem er Gauck zum harten Antikommunisten stilisiert, der im 21. Jahrhundert nicht angekommen sei, sondern, so Walter, ideologisch irgendwo in der Vormoderne der Adenauer-Republik der 50er bis 70er Jahre steckengeblieben scheint. Und nicht zuletzt schmeißt Lafontaine mit Wackersteinen aus dem sprichwörtlichen Glashaus, auf das keiner sich traue, zurückzuwerfen.

Bredthauer legt in den Blättern für deutsche und internationale Politik Gauck in einer äußerst selektiven Wiedergabe eines Interviews von 1991 die Gleichsetzung der beiden deutschen Diktaturen in den Mund und schafft es, oh Wunder, Gauck als Wiedergänger der Totalitarismustheorie zu entlarven. Da ist der Weg nicht mehr weit, Namen wie Martin Hohmann (der vor nicht wenigen Jahren vom jüdischen „Tätervolk“ sprach) oder auch den NS-Marinerichter Hans Filbinger in einem Absatz mit Gauck zu nennen und somit vor einem „geschichtspolitischen Offenbarungseid“ zu warnen …“ alles lesen