RWE-Aktien des Hochsauerlandkreises – eine tickende Zeitbombe? Es drohen bilanzielle Verluste von mehr als 250 Mio Euro.

Das Kreishaus in Meschede (foto: zoom)
Das Kreishaus in Meschede (archiv: zoom)

Der Kämmerer des Hochsauerlandkreises hat in seinen Büchern die stattliche Zahl von knapp 6 Millionen (Stück) RWE-Aktien. Sie sind einiges wert. Doch sie waren mal viel mehr wert. Der HSK hatte sie in „besseren Zeiten“ gekauft.

(Der Artikel ist in ähnlicher Form gestern auf der Website der Sauerländer Bürgerliste erschienen.)

Zur Veranschaulichung:
2007 ging der Kurs bis 97 Euro pro Aktie hoch. Am 17. Januar 2013 lag er nur noch bei ca. 29,15 Euro pro Aktie.

Aktie mit Höchstwert in den Büchern
In den Bilanzen des Kreises steht das teure Wertpapier aber noch mit einem „Höhenflug-Betrag“ von etwa 80 Euro, den es mal wert war, nicht mit dem mickrigen aktuellen, der sich ja zugegebenermaßen auch fast täglich ändert, manchmal sogar kurzfristig etwas nach oben. Nur, die nachhaltige Tendenz „nach oben“ lässt die RWE-Aktie seit geraumer Zeit vermissen. Sie befindet sich in einem besonders langen Fall.

Das NKF-Weiterentwicklungsgesetz
Der Landtag aus Düsseldorf hat im September 2012 ein Gesetz mit einem besonders langen Namen auf den Weg gebracht. Es heißt: „Erstes Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements für Gemeinden und Gemeindeverbände im Land Nordrhein-Westfalen“, kurz NKF-Weiterentwicklungsgesetz“.

Damit will die Landesregierung bezwecken, dass außerplanmäßige Abschreibungen bei voraussichtlich dauernder Wertminderung eines Vermögensstandes des Anlagevermögens verpflichtend „um diesen mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der diesem am Abschlussstichtag beizulegen ist.“ Kurz und einfach, der HSK (und nicht nur der) soll in seinen Bilanzen seine ca. 6 Millionen RWE-Aktien mit einem realistischen Wert ansetzen.

Der SBL-Kreistagsabgeordnete Reinhard Loos hatte dazu am 20.11.2012 der Kreisverwaltung eine schriftliche Anfrage gestellt:

  1. Welche Konsequenzen zieht der Landrat aus der Änderung des § 35 Abs. 5 Gemeindehaushaltsverordnung NRW für die Bilanzen des HSK und die Bilanzen der Gesellschaften, an denen der HSK beteiligt ist?
  2. Teilt der Landrat die Einschätzung der Verwaltung und der CDU-Fraktion des Landkreises Warendorf, dass bei den RWE-Aktien eine dauerhafte Wertminderung vorliegt (s. http://www.cdu-kreistagsfraktion-waf.de/index.php?ka=1&ska=4&printit=1&idn=529), und warum oder warum nicht?
  3. Ist der Landrat bereit, eventuelle außerplanmäßige Abschreibungen möglichst weitgehend zu Lasten der Rücklagen des Kreises vorzunehmen, um eine kurzfristige Belastung der Gemeinden – wie sie bereits im Jahr 2008 in Höhe von 24,3 Mio Euro durch Wertberichtigungen für RWE-Aktien entstanden ist – möglichst weitgehend zu vermeiden?
  4. Wer trägt aus Sicht des Landrats die politische Verantwortung für die eklatanten finanziellen Nachteile, die dem Kreis und den Gemeinden aus Wertberichtigungen für die in viel zu hoher Anzahl vom Hochsauerlandkreis erworbenen RWE-Aktien drohen?

Die Antwort der Verwaltung trägt das Datum vom 11.01.2013. Sie ist noch länger als der Name des Gesetzes. Hier nur kurz zu der von der HSK-Verwaltung für den HSK beschriebenen Konsequenz aus dem Gesetz:

  1. Die endgültige Verbuchung des Wertberichtigungsaufwandes soll noch nicht vollzogen werden (hierzu sei wiederholt im Rahmen der vorgelegten Jahresabschlüsse der Jahre 2008 – 2010 berichtet worden).
  2. Eine weitere Korrektur des bilanzierten Wertes der RWE-Beteiligung soll noch nicht vorgenommen werden, um ein Aufzehren der Ausgleichsrücklage zu vermeiden.

Für alle die wissen wollen was die Ausgleichsrücklage ist, klick hier:

http://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/k/kommunale_haushalte_begriffsbestimmungen/ruecklage_ausgleichs/index.php

Die RWE-Aktie soll demnach also die Bilanzen des HSK nicht verhageln?

Ergänzend: Der Hochsauerlandkreis betont in dem oben erwähnten Schreiben, für den HSK sei die Beteiligung an der RWE AG keine kurzfristige Finanzanlage, sondern es handele sich um eine Beteiligung unter „strategischen Gesichtspunkten“.

Wir können dann nur  hoffen, dass die RWE bald die Strategie „Kursgewinne“ einschlägt (z.B. durch erfolgreiche und langlebige Investitionen in erneuerbare Energien wie Wind, Wasser, Sonne).

Ansonsten sind wir ratlos, denn es drohen bilanzielle Verluste von mehr als 250 Mio Euro.  Die von der SBL wiederholt kritisierte „Strategie“ von CDU, SPD, FDP und Landrat, fast das gesamte Anlagevolumen auf die RWE zu konzentrieren, hat sich als eindeutig falsch erwiesen.

In einem Unternehmen vergleichbarer Größenordnung würde das vermutlich zu Konsequenzen führen.

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