Intakte Natur: Niedersfelder Hochheide

Ein Kreuz allein reicht schon lange nicht mehr, um der Landschaft einen Sinn zu geben. Hier der Gipfel des Clemensbergs. (foto: zoom)

Intakte Landschaften oder intakte Natur gibt es nicht, schon lange nicht mehr, nirgendwo auf dieser Erde, zu Wasser, zu Lande oder in der Luft. Wenn ihr ins Sauerland kommt, findet ihr keine unberührten (intakt wörtlich übersetzt) Orte. Jedes Stück Land gehört jemandem, jedes Fleckchen Erde ist in irgendeiner Form gestaltet oder „berührt“.

Die Panoramabrücke in Winterberg ist genauso gestaltet wie es die Autobahnbrücke bei Nuttlar ist. Wälder? Vom Menschen als Rohstoffquelle angebaut. Wiesen und Felder? Von den Landwirt:innen geformt. Das Straßennetz des Hochsauerlandes? Auch nicht gerade urwüchsig. Gülle? Ein Produkt der Tierzucht, sorgt u. a. für Nitratbelastungen des Trinkwassers und Feinstaub in der Luft.

Ich denke, ihr merkt worauf ich hinaus will.

Dann gibt es aber noch diese Art von Landschaft in der mittendrin die Stadtbewohner:innen tief durchatmend einen Seufzer ausstoßen:

„Ach herrlich, diese unberührte Natur, diese Luft, dieses Grün, diese Weite, dieser Ausblick. Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!“

„Matthias guck mal, wie idyllisch!“

So nenne ich diese Orte provisorisch idyllisch und fasse darunter bspw. die Heide, den Berggipfel, das grüne Tal, den See, den Wald.

Die Niedersfelder Hochheide wäre ein derartiger Ort. Natur pur. Heide soweit das Auge blickt und dann im Herbst die Früchte der Natur: Heidelbeeren, Blaubeeren. Das Bild des einfachen Lebens: Idyll.

Aber selbst das einfache Leben muss der gestressten Städter:in erklärt werden oder wie wir Deutschen sagen: Achtung!

Für Menschen mit dem Hang zum Veganismus, also Vegetarier:innen, die sich auf dem Weg befinden, heißt es heute: Achtsamkeit.

Berührte Natur. Startpunkt des „Goldenen Pfads“. (foto: zoom)

Damit wir nicht orientierungslos über die Hochheide stolpern und nichts mit uns anzufangen wissen, haben uns die Sauerland-Touristiker:innen den Goldenen Pfad installiert.

Der Goldene Pfad bringt Dich zurück auf den Boden der Natur. Hier ist „Doktor Natur“ am Werk, wenn Du die zehn Stationen des Goldenen Pfads erwanderst, erlebst und verinnerlicht hast.

Rund fünf Kilometer führt dieser Rundwanderweg über die Niedersfelder Hochheide, die am Fuße des Langenberges liegt.

Die Begegnung mit der Natur wirkt oft wie eine Reise ins eigene Ich. Voraussetzung dafür ist, sich mit Zeit und Achtsamkeit auf die Landschaft einzulassen. Um Dir diese Fokussierung auf sich selbst und die Natur zu erleichtern, sind die Stationen so angelegt, dass sie, das Landschaftsbild und die Natur möglichst wenig zerstört werden.

Jede Station hat ein eigenes Erlebnisthema, das mit dem Namen der Station eingeleitet wird. Unterschiedliche, gegenständliche und verbale Anregungen regen an, eine interaktive Beziehung zum Landschaftsbild aufzunehmen.

https://www.winterberg.de/tour/goldener-pfad-landschaftstherapiepfad-auf-der-niedersfelder-hochheide/
Erlebniswelten, Landschaftstherapie, psychophysische Gesundheit (foto: zoom)

Gleich zu Beginn des Pfades wird der Elefant im Raum, der Steinbruch nebenan, rosa angemalt und dem Goldenen Pfad einverleibt. Die Wanderer:in lenkt ihren achtsamen Blick auf den rotbraun-rostigen Sprengschutzunterstand, erschauert und kann sich dann den restlichen Stationen widmen.

Sprengung. Gleich knallt es! (foto: zoom)

Dass der Steinbruch eine hässliche Narbe an der Flanke der Niedersfelder Hochheide sein könnte, kommt uns nicht mehr in den Sinn, denn der Diabas ist versteinerte Lava. „Bildhauer schätzen den edlen Glanz polierter Flächen.“

Der edle Glanz des Diabas I (foto: zoom)

Außerdem wird der Diabas noch zu „Splitt, Schotter und Betonzusatz“ im Straßen- und Wegebau verarbeitet. Mit diesem Wissen im Hinterkopf sieht die Abraumhalde des Steinbruchs ganz hübsch aus.

Wie viele Windräder passten eigentlich auf den Platz dieser Halde? Aber halt: Windräder verspargeln und verschandeln unsere intakte Natur, unsere unberührte Landschaft.

Der edle Glanz des Diabas II (foto: zoom)

Wer den fünf Kilometer langen Goldenen Pfad mit allen Sinnen und der gehörigen Portion Achtsamkeit bewältigt, gleichsam durchschwebt hat, kann sich am Ende Speis und Trank in der Hochheidehütte gönnen.

Außer Achtsamkeit, Diabas und Blaubeeren gibt es Speis und Trank in der Hochheidehütte. (foto: zoom)

Hinab geht es dann mit dem Auto über einen unangenehmen Schotterweg – der Diabas grüßt eure Reifen – mit tiefen Schrägrillen Richtung Niedersfeld. Irgendwie muss man ja in die Nähe der intakten Landschaft kommen.

Apropos intakt fällt mir noch die Station Nummer 10 des Goldenen Pfades ein: an einem Mast die Windharfe unterhalb des Gipfels vom Clemensberg.

Dort hört man schon seit Wochen lediglich das Scheppern der defekten und losen Saiten, vulgo Drähte, der ansonsten lieblich klingenen Installation.

Was scheppert im Wind? Angewandte Achtsamkeit: Windharfe kaputt (foto: zoom)

Dieser Artikel ist noch nicht ganz fertig. Dort oben auf der Hochheide sind mir an einem sonnigen Freitag Abend viele Geschichten eingefallen. Die Schafherde, die die Heide kurz hält, habe ich ebenfalls entdeckt. Hoch oben umzäunt wie der Steinbruch.

Schluss jetzt!