Hartmut Traub, Alanus Hochschule und Rudolf Steiner: Jeder Mensch ein Wissenschaftler!

Alanus2016082101Die anthroposophische „Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft“ kämpft um eine Anerkennung der „Waldorfpädagogik“ als Erziehungs-„Wissenschaft“[1]. Dazu muß zunächst für Rudolf Steiner, Begründer der „Anthroposophie“ und Waldorfschulen, ein neues, positives und neutrales Image erschaffen werden: weg vom „verstörenden“ Esoteriker Steiner, hin zum bedeutenden Philosophen Steiner[2]. Hartmut Traub, Lehrbeauftragter der Alanus Hochschule, hielt dazu im Mai 2016 einen Vortrag, in dem er Steiner wie gewünscht „wissenschaftlich-philosophisches Denken“ bescheinigt.

(Der Beitrag von Andreas Lichte ist zuerst auf der Website des hpd erschienen.)

In seinem Vortrag „Wissenschaft, Mythos und andere unproduktive Etikettierungen …“ zitiert Hartmut Traub auf 15 Seiten nicht ein einziges Mal Rudolf Steiner, und das, obwohl er Steiners „Anthroposophie“ die einzigartige Eigenschaft zuspricht, Mythos und Wissenschaft in sich zu vereinen, Zitat Traub, Seite 7:

„Der vermeintlich mythologische Charakter der Anthroposophie ist danach die veranschaulichende, didaktisch methodologisch explorierte Weiterentwicklung des philosophischen Denkens, das selbst in der ‘Hochphase’ der Anthroposophie sein mythologiekritisches Potential nicht verliert (Traub 2014, S. 149ff.).

Das Mythologische wird bei Steiner somit weder reflexiv verwissenschaftlicht, noch verhüllt es das wissenschaftliche Denken, sondern dem Mythologischen ist das wissenschaftlich-philosophische Denken explizit immanent. Und das heißt, die Anthroposophie ist ihrem Wesen und Anspruch nach kein mythologisches Denken, und schon gar keine Rückkehr zum Mythos, sondern die weiterentwickelte, veranschaulichte und methodologisch didaktisierte Philosophie Rudolf Steiners.“

Unterstützer der Anthroposophie wie Hartmut Traub vermeiden, Rudolf Steiner selber sprechen zu lassen, es sei denn, in kurzen, sinnentstellenden Zitaten.

Wo ist in Steiners Aussagen das  „wissenschaftlich-philosophische Denken“, die „weiterentwickelte, veranschaulichte und methodologisch didaktisierte Philosophie Rudolf Steiners“?

Um zu konkretisieren, wie weit sich Hartmut Traubs Interpretation von Rudolf Steiner entfernt, hören wir, was Steiner wirklich selber sagt, ein für ihn typisches Zitat:

„(…) Und so kann man sagen: Die Weißen können überallhin, können heute sogar nach Amerika hinüber. Alles dasjenige, was an weißer Bevölkerung in Amerika ist, das ist ja von Europa gekommen. Da kommt also das Weiße hinein in die amerikanischen Gegenden. Aber es geschieht ja etwas mit dem Menschen, wenn er von Europa, wo er dazu natürlich gebildet ist, daß er alles im Innern entwickelt, nach Amerika hinüberkommt. Da ist es so, daß gewissermaßen schon etwas sein Hinterhirn in Anspruch genommen werden muß. In Europa, sehen Sie, hat er als Europäer hauptsächlich das Vorderhirn in Anspruch genommen. Nun, in Amerika, da gedeihen diejenigen, die eigentlich zugrunde gehende Neger einmal waren, das heißt sie gedeihen nicht, sie gehen zugrunde, die Indianer. Wenn man dahin kommt, da ist eigentlich immer ein Kampf zwischen Vorderhirn und Hinterhirn im Kopf. Es ist das Eigentümliche, daß wenn eine Familie nach Amerika zieht, sich niederläßt, dann bekommen die Leute, die aus dieser Familie hervorgehen, immer etwas längere Arme. Die Arme werden länger. Die Beine wachsen auch etwas mehr, wenn der Europäer in Amerika sich ansiedelt, nicht bei ihm selber natürlich, aber bei seinen Nachkommen. Das kommt davon, weil die Geschichte mehr durch das Mittelhirn hindurch nach dem Hinterhirn sich hinzieht, wenn man als Europäer nach Amerika kommt. (…)“[3]

„Typisch“ an der oben vorstellten Textpassage ist, dass Rudolf Steiner seine Zuhörer bzw. Leser mit „unerhörten“ geistigen Tatsachen überrascht. Das kann Steiner, da er Einblick in die „Akasha-Chronik“, ein geistiges Weltengedächtnis in der „Ätherwelt“ („akasha“, Sanskrit: Äther) hat. In dieser „Chronik“ seien alle Ereignisse der Geschichte, alle Taten, Worte und Gedanken der Menschheit enthalten, die dem „Geistesforscher“ – also ihm selber – zur Verfügung stünden. Steiner sagt über seine Rolle als „Seher“: „Meinen Schauungen in der geistigen Welt hat man immer wieder entgegengehalten, sie seien veränderte Wiedergaben dessen, was im Laufe älterer Zeit an Vorstellungen der Menschen über die Geist-Welt hervorgetreten ist (…) Meine Erkenntnisse des Geistigen, dessen bin ich mir voll bewusst, sind Ergebnisse eigenen Schauens“[4]. Und: „Das müssen wir uns immer wiederum vor die Seele stellen, dass wir nicht aus Urkunden schöpfen, sondern dass wir schöpfen aus der geistigen Forschung selbst und dass wir dasjenige, was aus der Geistesforschung geschöpft wird, in den Urkunden wieder aufsuchen (…) Was heute erforscht werden kann ohne eine historische Urkunde, das ist die Quelle für das anthroposophische Erkennen“[5].

Das „anthroposophische Erkennen“ bezeichnet Steiner selber als „Okkultismus“:

„Nun glaubt die Wissenschaft, daß das Herz eine Art von Pumpe ist. Das ist eine groteske phantastische Vorstellung. Niemals hat der Okkultismus eine solch phantastische Behauptung aufgestellt wie der heutige Materialismus. Das, was die bewegende Kraft des Blutes ist, sind die Gefühle der Seele. Die Seele treibt das Blut, und das Herz bewegt sich, weil es vom Blute getrieben wird. Also genau das Umgekehrte ist wahr von dem, was die materialistische Wissenschaft sagt.“[6]

Das Prinzip, jedem bekannte – auch wissenschaftlich anerkannte –Tatsachen als „falsch“ hinzustellen, um das genaue Gegenteil als „wahr“ zu erklären, zieht sich wie ein roter Faden durch Rudolf Steiners Werk. Falls es Steiners Ziel war, sein Publikum durch seine „Originalität“ zu verblüffen, so ist ihm das zweifellos gelungen. Wirkliche Anerkennung bekam dafür aber erst der Steiner-Plagiator Joseph Beuys mit seinem in die (Kunst-) Geschichte eingegangenen Zitat „Ich denke sowieso mit dem Knie“.

Dieses vermeintlich originelle Zitat Beuys’ geht auf Rudolf Steiners anthroposophische Deutung des Denkvorganges zurück, Zitat Steiner: „Das Schließen, das Schlüsse bilden, hängt nun zusammen mit den Beinen und Füßen. Natürlich werden Sie heute ausgelacht, wenn Sie einem Psychologen sagen, man schließt mit den Beinen, mit den Füßen, aber das letztere ist doch die Wahrheit …“[7] In meinem Artikel „Gegenteil-Tag, 365 Tage im Jahr“ findet sich dazu eine ausführlichere Herleitung.

Wenn Steiner sich selber vehement von der „materialistischen“ Wissenschaft abgrenzt, die Anthroposophie offensichtlich gegen elementare Prinzipien der wissenschaftlichen Methode verstößt – wie stellt man „Intersubjektivität“ bei einem Hellseher her? –, ist es von Hartmut Traub und der Alanus Hochschule doch sehr gewagt, Rudolf Steiner „Wissenschaftlichkeit“ zu bescheinigen. Aber wenn es nur um Image und Reputation geht, könnte man sich doch auch hier auf den Groß-Künstler Joseph Beuys beziehen, der sagte ja bekanntlich: „Jeder Mensch ein Künstler“. Mein Vorschlag, als neues Motto für die Alanus Hochschule:

„Jeder Mensch ein Wissenschaftler!“. Dann auch Rudolf Steiner.

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[1] siehe dazu: „Waldorf heute: Vom ‘Eingeweihtenwissen’ zum ‘akademischen Diskurs’? Ein Interview mit Jost Schieren“ – „Waldorfblog“, 21. März 2016

und meine Kritik von Jost Schierens Interview mit dem Waldorfblog: „Prof. Jost Schieren, Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft: Der Waldorf-Werber“

[2] siehe dazu auch: „Christian Clements ‘kritische Ausgabe der Schriften Rudolf Steiners’ (SKA): Des Steiners neue Kleider“

[3] Rudolf Steiner, „Vom Leben des Menschen und der Erde – Über das Wesen des Christentums“, GA 349, Dritter Vortrag, Dornach, 3. März 1923, Seite 58

[4] Rudolf Steiner, „Geheimwissenschaft im Umriss“, GA 13, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, Vorrede zur 16.–20. Auflage, Seite 29f.

[5] Rudolf Steiner, „Das Lukas-Evangelium“, GA 114, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, Seite 22 und Seite 20

[6] Rudolf Steiner, „Die Theosophie des Rosenkreuzers“, GA 99, Rudolf Steiner Verlag, Dornach – Dreizehnter Vortrag, 5. Juni 1907, Seite 148

[7] Rudolf Steiner, „Menschenerkenntnis und Unterrichtsgestaltung“, GA 302, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, Taschenbuchausgabe 1996 – Zweiter Vortrag, Stuttgart, 13. Juni 1921, Seite 29f.

14 Gedanken zu „Hartmut Traub, Alanus Hochschule und Rudolf Steiner: Jeder Mensch ein Wissenschaftler!“

  1. Herr Traub –

    haben Sie eine Handpuppe, die Sie „Rudolf Steiner“ genannt haben, und mit der Sie Selbstgespräche führen?

    Oder woher kommt das „wissenschaftlich-philosophische Denken“ Rudolf Steiners?

    Von dem Steiner, den ich gelesen habe, sicher nicht …

  2. @Andreas Lichte

    Ich habe mir das Vergnügen angetan, den 15-seitigen Vortrag von Traub zu lesen.

    Kant und Steiner auf eine Stufe zu stellen, erscheint mir reichlich verwegen, ebenso die Parallelisierung von Religion und Wissenschaft, letztere eben dann als Religion der Gegenwart.

    Letztendlich geht es ihm darum, dem angeschlagenen deutschen Schulsystem die Waldorfpädgogik samt ihren Grunddlagen schmackhaft zu machen.

  3. @ alle

    In der intro zum Artikel über Hartmut Traub habe ich ein Wort weggelassen, dass in der intro über Christian Clement noch da war – ein Fehler?

    Christian Clements ‘kritische Ausgabe der Schriften Rudolf Steiners‘ (SKA)

    Des Steiners neue Kleider

    BERLIN. (hpd) Die Anthroposophie versucht seit Jahren, Rudolf Steiner ein neues, positives und neutrales Image zu geben: weg vom „verstörenden“ Esoteriker Steiner, hin zum bedeutenden Philosophen Steiner. Dass sich ein nach aussen hin renommierter Verlag, der „Frommann-Holzboog Verlag“, an dem anthroposophischen Betrug beteiligt, überrascht.

    (…)“

    weiter: http://hpd.de/artikel/11618

  4. @ zoom

    zu Deiner Einschätzung von Hartmut Traubs Text (siehe Deinen Kommentar, oben), insbesondere:

    „Letztendlich geht es ihm darum, dem angeschlagenen deutschen Schulsystem die Waldorfpädgogik samt ihren Grundlagen schmackhaft zu machen“

    hier die Selbstdarstellung der „Alanus Hochschule“ (Du hast ja so Recht …):

    „Anthroposophie und Waldorfpädagogik – Ein kritischer Diskurs

    (…)

    Der Philosoph Dr. Hartmut Traub aus Mülheim plädiert dafür, starre dichotome Denkmuster wie die von „Esoterik und Exoterik“, „Glaube und Rationalismus“ oder „Waldorfschule und Regelschule“ zu überwinden und damit keine ideologiegesteuerte, sondern eine problem- und kontextorientierte Analyse vorzunehmen. Traub stellt eingängig dar, dass Steiners Grundannahmen über die Natur des Menschen philosophiegeschichtlich bereits bei Kant und Fichte zu finden sind. Den zitierten Philosophen gehe es um die Entdeckung, Erzeugung, Entwicklung und Stärkung des Ichs, einem Ich, das die raum-zeitlich momentanen und an die jeweilige Situation gebundenen Erscheinungen des Ichs überspannend zusammenfasst und sich durch einen „Akt der Spontaneität“ (Fichte) auszeichnet, vermöge dessen es zu freien, selbstgewählten Entscheidungen und Handlungen befähigt wird. Der vermeintlich mythologische Charakter in Steiners Werken sei damit eine konsequente Erweiterung des philosophischen Denkens aus der Zeit der Aufklärung und des Idealismus, das dem Ich-Bewusstsein bei der Bestimmung des Menschen eine entscheidende Bedeutung beimisst. Erziehungswissenschaft und Waldorfpädagogik sollten demnach, so Traub, nicht gegeneinander gerichtet sein, sondern dialogisch interagieren, um gewinnbringend und sinnstiftend vor allem auf die Zielgruppe, die Schülerinnen und Schüler, zu wirken.

    (…)“

    Quelle: http://www.alanus.edu/studium/fachbereiche-gebiete/philosophische-und-aesthetische-bildung/veranstaltungen/studium-generale-veranstaltungen-rueckblick/rueckblick-details/details/anthroposophie-und-waldorfpaedagogik-ein-kritischer-diskurs.html

  5. … eine eigene Hochschule für die Anthroposophie-Propaganda … und in blogs schreiben Waldorf-Propagandisten massenhaft fake-Kommentare, um von Kritik an der Waldorfschule abzulenken – so bei diesem Artikel:

    „‘Ich würde mein Kind nie an einer Waldorfschule anmelden’

    Heidrun G. war ein Jahr lang Lehrerin an einer Waldorfschule im Ruhrgebiet. Heute unterrichtet sie an einer staatliche Schule und blickt kritisch auf ihre Zeit als Waldorfschullehrerin zurück.

    (…)

    „Die Waldorfpädagogik legt keinen Wert darauf, an den wissenschaftlichen Diskursen der Pädagogik teilzunehmen. Man hat ja Steiners Lehre.“ Waldorfschulen, das würden viele Eltern unterschätzen, seien vor allem die Schulen der anthroposophischen Bewegung.

    (…)

    In den unteren Klassen haben die Kinder Epochenunterricht über Zwerge und Gnome gehabt. Atlantis und Sagen waren Stoff im Fach Geschichte.

    (…)“

    zum vollständigen Artikel: http://www.ruhrbarone.de/ich-wurde-mein-kind-nie-an-einer-waldorfschule-anmelden“/1952

  6. Laura Krautkrämer, vom Anthro-Propaganda-Newsletter „inmedia+“ preist eine neue Verklärung Rudolf Steiners zum Philosophen an, Zitat inmedia+:

    „Epoché: A Journal for the History of Philosophy, Terje Sparby, 05.09.2016

    RUDOLF STEINER’S IDEA OF FREEDOM

    Ein besonderes Ereignis: Vermutlich erstmals erschien ein Artikel über Steiners Idee der Freiheit in einer philosophischen Fachzeitschrift unter peer review-Kriterien, das heißt nach Prüfung durch einen akademisch besetzten, redaktionellen Beirat. Der Ansatz des norwegischen Philosophen Terje Sparby: Steiners Verständnis von Freiheit von Hegels Dialektik her zu erschließen und gleichzeitig die Spannung zwischen dem philosophischen und dem esoterischen Werk Steiners als Quellpunkt von Anthroposophie zu verstehen.“

    Zusatzinformation, die von „Inmedia+“ nicht genannt wird:

    der Autor Terje Sparby ist am „Rudolf Steiner University College“:

    so schreiben sich die Anthroposophen Rudolf Steiner schön …

    Unten der link, den „Inmedia+“ angibt:

    https://www.pdcnet.org/pdc/bvdb.nsf/purchase?openform&fp=epoche&id=epoche_2016_0999_8_29_70

  7. „Jens Heisterkamp“

    heißt der Macher der anthroposophischen Propaganda-Postille „info3“.

    Wie zu erwarten, verklärt auch Jens Heisterkamp Rudolf Steiner zum Philosophen – Heisterkamps Freude über Christian Clements neuesten Band der SKA „Rudolf Steiner: Band 2, Philosophische Schriften“ kennt keine Grenzen:

    „Schriften Rudolf Steiners im Verlag frommann-holzboog

    „AUCH ALS PHILOSOPH EIN ZEITGENOSSE“

    Als neuster Band in der Kritischen Ausgabe der Werke Rudolf Steiners sind im Verlag fromman-holzboog jetzt die philosophischen Schriften erschienen. Nicht nur die Edition, auch die Einleitung setzt neue Maßstäbe.

    (…)

    Praktische Realisierung des deutschen Idealismus

    Voller Wertschätzung für Steiners Grundwerk äußert sich auch Herausgeber Christian Clement in seiner Einleitung. Rudolf Steiner „nahm zentrale Themen der neueren und neuesten Philosophie vorweg“ und sei „auch als Philosoph ein Zeitgenosse“, heißt es da, der darauf aufbauende Kulturimpuls der Anthroposophie sei eine „beispiellose Realisierung jener Vision des deutschen Idealismus von einer wirklich ins Leben eingreifenden und dieses in allen Bereichen gestaltenden Philosophie“. Clement greift auch den oft erhobenen Vorwurf auf, Steiners erkenntnistheoretische Arbeiten seien keine „richtige“ Philosophie und stellt dagegen das Selbstverständnis Steiners, in philosophischer Form eher eine „innere Biographie“ seiner geistigen Erfahrungen geschrieben zu haben. Seine Werke seien „in philosophische Terminologie gekleidete Mystik“.

    (…)“

    Quelle: info3, Jens Heisterkamp, https://www.info3-magazin.de/auch-als-philosoph-ein-zeitgenosse/

    soll reichen, um zu dokumentieren, wie einer der grössten Scharlatane des Zwanzigsten Jahrhundert – Rudolf Steiner – zum Philosophen verklärt wird.

  8. „Jens Heisterkamp“

    als Verfechter des „Intelligent Design“,

    siehe seinen Artikel, unten, aus dem Jahr 2005. Damit klar ist, welche „Geistesgrößen“ Rudolf Steiner aktuell zum Philosophen verklären:

    „Darwin in der Defensive

    Intelligent Design

    Von Jens Heisterkamp

    Die traditionelle, auf Zufallsmutationen und Selektion gegründete Evolutionstheorie führt derzeit einen verzweifelten Abwehrkampf gegen einen neuen Ansatz, der den zweckgerichteten Aufbau von Lebewesen als “intelligentes Design” begreifen will. Trotz der Gefahren, dabei in einen naiven Schöpfer-Glauben zurückzufallen, öffnet sich hier ein Tor für ein spirituell orientiertes Denken von Evolution in der Gegenwart.

    Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kreationismus. Und gespenstische Zustände wie auf der anderen Seite des Atlantik, wo bibeltreue Christen die Evolutionstheorie aus den Schulen verbannen wollen, möchte der common sense hierzulande um jeden Preis verhindern. Dass sich auch der allseits unbeliebte Präsident Bush dafür aussprach, neben dem Darwinismus, wie wir ihn kennen, einen alternativen Ansatz zur Diskussion zu stellen, brachte die akademische Biologie- und Evolutionswissenschaft vollends zum Kochen.

    Der Kreationismus ist indessen nur die schrille Außenseite des Problems. Fromme Bibelleser, die darauf pochen, dass der liebe Gott die Welt in sechs Tagen geschaffen habe, dürften nirgends, auch in den USA nicht, das Potenzial haben, knapp 200 Jahre Wissenschaftsgeschichte umzuschreiben. Die Tatsache der Evolution, also der große Zusammenhang einer Entwicklung der Arten, bei der sich eine Abfolge von den niederen zu höheren im Rahmen langfristiger Zeitabläufe konstatieren lässt, steht gar nicht ernsthaft in Frage. Eine ernste Herausforderung aber stellt es dar, wenn neuerdings immer mehr Biologen mit ihrem Spezialwissen selbst am eingefleischten Dogma der Evolution zweifeln, wonach das Prinzip evolutionärer Entwicklung die zufällige Mutation der Lebensformen ist, die im “Kampf ums Dasein” selektiert werden. Gerade mit dem Fortschreiten der Forschung in immer detailliertere Bereiche hinein zeigt sich: zu augenfällig ist die sinnhafte Funktionalität schon der elementarsten Lebensformen, zu unwahrscheinlich die Annahme, dass die hoch komplizierten Anpassungs- und Ausdrucksvarianten der Natur allein das Ergebnis zufälliger “Programmierfehler” sein könnten, deren Effektivität sich dann aufgrund von “Überlebensvorteilen” stets weitervererbt habe. Ob es um den Flügel des Schmetterlings, den Rüssel des Elefanten, den Vogelzug oder die Entstehung des menschlichen Gehirns geht: immer soll ein zufällig herbeimutierter “Überlebensvorteil” ausschlaggebend gewesen sein.

    Evolution ja – Zufall nein

    Aber immer mehr Wissenschaftler stoßen sich daran, die offensichtliche Zweckhaftigkeit und Funktionalität von Organismen mit irrational blinden und bis ins Extrem unwahrscheinlichen Zufallshäufungen zu erklären. Auch die Tatsache, dass bis heute nur Prozesse von Mikro-Evolution, also von Variationen innerhalb der Arten – die bekannten Finken Darwins – nachgewiesen wurden, die große Frage nach der Entwicklung der Arten selbst aber nach wie vor im Dunkeln liegt, streut immer mehr Zweifel an Darwins Zufalls-Theorie. Mit der Idee, anstelle des Zufalls (der letztlich nichts anderes ist als ein anderes Wort für unser Nicht-Wissen) das Prinzip eines in sich stimmigen Entwurfs zu setzen, formiert sich nun im angloamerikanischen Wissenschaftsbetrieb die Richtung des “Intelligent Design”: Diese Theorie basiert nach Aussage eines ihrer Verfechter “nicht auf religiösen Voraussetzungen, sondern nimmt einfach an, dass eine intelligente Ursache die beste Erklärung ist für bestimmte Besonderheiten der natürlichen Welt … die Theorie des “Intelligent Design” kümmert sich weder um die Identität des Designers noch verteidigt sie die Genesis”, so Jonathan Witt auf http://www.discovery.org, der strategischen Internetbasis von “ID”. Somit enthält auch “Intelligent Design” ein deutliches Element von Nicht-Wissen: denn man spricht hier letzten Endes von einem Design ohne Designer. Alles sieht bei den Organismen nach sinnvollem Bauplan aus, und es wäre absurd, ihn als Ergebnis zusammengewürfelter Zufallskombinatorik zu erklären – aber wie sollte er sonst entstanden sein? Die Theorie des “Intelligent Design” lässt das offen und spricht “neutral” nur von einem höheren Wesen oder einer höheren Intelligenz. Obwohl Kritiker nicht müde werden, das genaue Gegenteil zu behaupten, stellt – abgesehen von sechs-Tage-kreationistischen Trittbrettfahrern – “Intelligent Design” also mitnichten die Evolution als Entwicklungsfolge in Frage, bestreitet aber ihre sinnlos materialistische Erklärung. Genau hier setzt wiederum die Kritik der eingefleischten Darwinisten an: “Intelligent Design”, so argumentieren sie, sei eine Mogelpackung, insofern man es aus allein opportunistischen Gründen vermeide, bei “Design” auch vom dazugehörigen “Designer”, also Gott zu sprechen. Würde man den beim Namen nennen, dann wäre sofort offenbar, dass es sich um Religion handelte und nicht um Wissenschaft.1)

    Kirchliche Sympathien

    Auch hierzulande beginnt man, wegen “Intelligent Design” nervös zu werden: Formulierungen wie “Religiös motivierter Unfug” (Die Zeit), “Talibanisierung der Biologie” (NZZ) oder “einer der raffiniertesten Schwindel in der Geschichte der Wissenschaft” (Spektrum der Wissenschaft) sind Blüten eines Kulturkampfes und keine Argumente. Zu allem Überfluss schaltete sich im Sommer diesen Jahres ein katholischer Kleriker, der Wiener Kardinal Christoph Schönborn in die Debatte ein. Denn auch für die Katholische Kirche ist “Intelligent Design” ein interessanter Ansatz, nachdem der Vatikan in der jüngeren Vergangenheit in Sachen Darwin eher eine Art Waffenstillstandsabkommen eingegangen war: dem im Mainstream offensichtlich so widerspruchslos akzeptierten Darwinismus überließ man die Erklärung der Welt, dem Schöpfergott die Erschaffung (und Rettung) der Seele. Nun aber sah der Wiener Kardinal die Stunde für einen Frontalangriff auf den klassischen, auf Mutation und Selektion setzenden Darwinismus gekommen und platzierte ihn am 7. Juli in der renommierten New York Times.

    In dutzenden von Artikeln und Medienbeiträgen zum Thema landauf landab zeigte sich daraufhin neben heller Aufregung ein erschreckendes Maß an hilflosem Denken, bei feuilletonistischen Kommentatoren ebenso wie bei “führenden Biologen”: “Evolutionskritiker” lautet der stigmatisierende Vorwurf, wo es doch richtig “Darwin-Kritiker” heißen muss. Auf kritische Rückfragen hin präzisierte Schönborn, es gehe ihm darum, “ob man sich wissenschaftlich damit begnügen kann, alle Vorgänge vom Urknall bis hin zu den höchst komplexen Formen des Lebens auf der Erde mit dem neodarwinistischen Modell von Zufall und Selektion zu erklären” – und das ist tatsächlich genau der Punkt.

    Evolution des Bewusstseins

    Dass derzeit überhaupt eine so erregte Debatte zum Thema Evolution geführt wird, ist ein Symptom für viel mehr als für einen Spezialistenstreit. Das Thema geht deshalb so unter die Haut, weil es wie kaum ein anderes unser Selbstverständnis als Menschen, unsere Herkunft und den Sinn der Welt berührt. Und wenn nun die Art, wie wir über Evolution denken, selbst in Bewegung, in Entwicklung gerät, dann ist das doppelt faszinierend, weil sich hier gleichzeitig eine Evolution des Bewusstseins ankündigt. Der erregte Widerstand gegen ein Konzept wie “ID” trägt selbst fundamentalistische Züge eines überlebten Systems; unübersehbar geht das Zeitalter des Verstandes seinem Ende zu.

    Die Macht des Verstandes war es einst, die die Menschen aus dem träumenden Gefühl losriss, Glieder einer sinnvollen Schöpfung zu sein. Für dieses Wachrütteln muss man dem Verstand dankbar sein, denn sonst hätte man nie die großartige Idee denken können, dass sich der ganze Kosmos entwickelt hat. Alles hat sich entwickelt, auch der Mensch. Im Zeitalter des Verstandes, der sich von religiöser und spiritueller Bevormundung frei machen wollte, ließ sich aber kein anderer Grund für all diese Entwicklung denken als sinnloser Zufall. Auch heute noch gilt für viele: alles andere als der Mechanismus aus Zufall und Selektion ist Tabu. Auch wenn man sich, um auch nur die Entstehung des Halses einer Giraffe mit seiner parallelen Entwicklung von Gewebe, den Wirbeln und den inneren Organen zu erklären, ein geradezu irrwitziges Szenario aus Zufall und Selektion ausmalen muss, glaubt man lieber weiter an die unwahrscheinlichsten Anhäufungen von Zufällen, als sich vor dem Tribunal der anerkannten Wissenschaft lächerlich zu machen.

    Demgegenüber wagen sich die neuen Darwin-Kritiker auf Neuland vor: zwar sind auch sie von der Tatsache der Evolution überzeugt, aber gleichzeitig sicher, dass Evolution nicht auf Zufall beruht. Wie es sein kann, dass Leben auf einem toten Planeten erscheint, dass immer neue, höher entwickelte Arten auf niedere folgen, muss zwar vorerst offen bleiben, aber das einzugestehen erscheint vernünftiger, als weiter am offensichtlich unsinnigen Zufalls-Dogma zu kleben.2) Vielleicht ist ja dieses wissende Nicht-Wissen die Voraussetzung dafür, das Staunen neu zu lernen? Am Ende des Zeitalters des Verstandes erscheint so in neuer Form, was an seinem Anfang überwunden werden musste: die Grenzerfahrung, dass sich das Leben als ein Mysterium niemals einem analytischen Denken erschließt. Und ebenso wenig wie für das Rätsel des Lebens wird der Verstand jemals eine Erklärung für den Prozess der Evolution, im Kleinen wie im Großen, finden. Um das Organisierende als Prinzip des Lebens zu erfassen, muss das Denken erst selbst lebendig werden.

    Die Evolution sind wir

    In den USA wehren sich Vertreter des “Intelligent Design” wie z.B. Stephen Meyer gegen den Vorwurf, ihr Ansatz sei nur eine ad hoc-Strategie jüngeren Datums zur pseudowissenschaftlichen Unterstützung der Kreationisten. Von Europa aus lässt sich das gut begründen: denn der Erfinder von “Intelligent Design” war Goethe, als ihm als Erklärung für die Organismen das Prinzip des “Typus” als einer realen, wirkenden Kraft aufging, die die Erscheinungen von innen her formt. Seine Erklärung ist dabei weniger durch analytische Beweisführung aussagefähig und auch nicht durch äußere Nachweise, sondern wird es durch inneren Vollzug. Anknüpfend an Goethe schuf Rudolf Steiner eine pantheistische Variante der Evolution, bei der nicht ein einzelnes “göttliches Wesen”, sondern viele Ideen-Wesen die Evolution bestimmen. Zahlreiche Forscher, z.B. der Biologe Andreas Suchantke, haben anhand dieser Idee die Naturreiche nach Belegen für sinnhafte Evolution durchforstet. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts griff der französische Jesuitenpater Teilhard de Chardin die Idee der Evolution auf, damals damit noch ein Tabu seiner Kirche verletzend, und kam auf den Gedanken, dass Evolution einen sinnvollen, auf das menschliche Bewusstsein zulaufenden Prozess darstelle, der in keiner Weise im Gegensatz zur Annahme eines höheren Prinzips stehe. Im Gegenteil versuchte Teilhard zu zeigen, dass dieses höhere Prinzip sogar in Form des menschlichen Geistes, in welchem Evolution bewusst wird, selbst eine essentielle Stufe der Evolution darstellt. Auch hier gilt, ähnlich wie bei Goethe im Blick auf das Lebendige: ein Verständnis von Evolution ergibt sich nicht schon durch Beobachtung äußerer Phänomene, sondern erst, wenn sich der Mensch selbst als integraler Bestandteil im Strom von Evolution begreift. Die Antwort auf die Frage, wer das “Subjekt” des “Intelligent Design” ist, wird also niemals auf dem analytischen, schlussfolgernden oder empiristischen Weg zu finden sein, sondern nur auf dem Weg nach Innen, wo wir uns selbst als Angehörige des evolutionären Prozesses der Grundprinzipien von Evolution mitschaffend bewusst werden. In diesem Kontext können evolutionär denkende Christen, Evolutionsbiologen, Anthroposophen und integral denkende Vertreter “Evolutionärer Erleuchtung”3) den Vorstoß von “Intelligent Design” als “Zeitfenster” begreifen, das es für ein Zusammenbringen von spirituellem Bewusstsein und Evolutionsdenken zu nutzen gilt. 4) Eine Chance für die Evolution!

    1. Dabei hätten die traditionellen Anhänger Darwins allen Grund, vorsichtig bei der Kritik an der unberechtigten “Personalisierung” der Evolution zu sein: keine Buchseite etwa des Vorzeige-Biologen Richard Dawkins oder anderer populärer Evolutionsdarstellungen, die ohne naive Subjektivierungen der Evolution auskäme, wo von “genialen Griffen” oder den “Tricks der Evolution” die Rede ist.

    2. Als grundlegende Kritik am Mutations-Elektions-Mechanismus weiterhin lesenswert: Burkard Müller: Das Glück der Tiere.

    3. Näheres siehe z.B. unter http://www.andrewcohen.org

    4. Der zu erwartende Einwand, man wolle als “ernsthafter Wissenschaftler” nicht in vermeintlich “schlechte Gesellschaft” geraten, kommt zu spät: Autoren wie der Anthroposophie-nahe Embryologe Blechschmidt werden von Kritikern längst den “Kreationisten” zugeordnet, anderen dürfte es nicht besser ergehen (vgl. die Diskussion zum Stichwort bei Wikipedia)
    Literatur und Links zu Intelligent Design: http://www.discovery.org

    magazin info3/archiv/November 2005

  9. Hartmut Traub sollte sich fragen, ob es nicht seinem Ruf schadet, Christian Clement eine Gefälligkeits-Rezension zu schreiben …:

    „Neue Zürcher Zeitung: „Werbung“ oder „Rezension“?

    Der Anthroposoph David Marc Hoffmann schreibt über Christian Clements „Rudolf Steiner kritische Ausgabe“

    Im Februar 2017 erscheint in der Neuen Zürcher Zeitung die dritte Rezension von David Marc Hoffmann, Leiter des „Rudolf-Steiner-Archivs“ in Dornach, zur „Rudolf Steiner kritische Ausgabe“ des Anthroposophen Christian Clement. Hat die NZZ ein neues Ressort „Anthroposophie“? Nein. Aber „Werbung“ für die Anthroposophie im „Feuilleton“? Was ist das? Ich frage die NZZ, schreibe eine E-mail …

    Rückblende, Prof. Helmut Zander, Experte für Rudolf Steiner und Autor des Standardwerkes „Anthroposophie in Deutschland“, schreibt 2013 in der Neuen Zürcher Zeitung: „Den politischen Höhepunkt dieser Auseinandersetzung markiert eine Stellungnahme der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Sie kam 2007 zu dem Ergebnis, dass es Vorstellungen Steiners gebe, die ‘als zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen’ seien.“1 Damit war es amtlich: Rudolf Steiner ein Rassist.

    Von nun an konnte man bei der Verteidigung Steiners nur noch verlieren. Also ging die Anthroposophie in die PR-Offensive, mit Christian Clements „Rudolf Steiner kritische Ausgabe“, „SKA“, die der Humanistische Pressedienst so einordnet: „Die Anthroposophie versucht seit Jahren, Rudolf Steiner ein neues, positives und neutrales Image zu geben: weg vom ‘verstörenden’ Esoteriker Steiner, hin zum bedeutenden Philosophen Steiner. Dass sich ein nach aussen hin renommierter Verlag, der ‘Frommann-Holzboog Verlag’, an dem anthroposophischen Betrug beteiligt, überrascht.“2

    Überraschend ist auch die Rolle der NZZ: EINE Rezension von David Marc Hoffmann hätte man vielleicht noch als „Versehen“ ansehen können, aber DREI?3

    Am 17.02.2017 um 10:40 schrieb Andreas Lichte [an die NZZ]:

    Sehr geehrte Redaktion,

    David Marc Hoffmann, Leiter des „Rudolf-Steiner-Archivs“ in Dornach, ist Autor des Artikels – „Als die Anthroposophie noch «Theosophie» hiess“4 – der Neuen Zürcher Zeitung.

    Er rezensiert den 6. Band der „Rudolf Steiner Kritische Ausgabe“, an deren Entstehung er maßgeblich beteiligt war:

    David Marc Hoffmann veranlasste laut eigener Aussage die Zusammenarbeit der Verlage „frommann-holzboog Verlag“ und „Rudolf Steiner Verlag“.

    David Marc Hoffmann hat also ein persönliches und professionelles Interesse am Erfolg der „Rudolf Steiner Kritische Ausgabe“: seine Rezension in der Neuen Zürcher Zeitung hat den Charakter von „Werbung“.

    Fragen:

    – Warum veröffentlicht die Neue Zürcher Zeitung Werbung?

    – Warum kennzeichnet die Neue Zürcher Zeitung Werbung nicht als „Werbung“, um sie von einem redaktionellen Beitrag abzugrenzen?

    Mit freundlichen Grüßen

    Andreas Lichte

    Die Antwort der NZZ:

    (…)“

    weiter: https://www.schiebener.net/wordpress/der-anthroposoph-david-marc-hoffmann-schreibt-ueber-christian-clements-rudolf-steiner-kritische-ausgabe/

  10. Hartmut Traub schreibt nicht nur eine Gefälligkeit-Rezension für Christian Clements „Rudolf Steiner; Schriften kritische Ausgabe (SKA)“ – siehe Kommentar oben –, Traub ist sich auch für einen Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung nicht zu schade – Werbung für Rudolf Steiner –, was sonst, dafür ist Hartmut Traub 2019 Professor der anthroposophischen Alanus-Hochschule geworden …:

    „Wie Aufklärung ohne Kant

    „Waldorfpädagogik ohne Steiner.“ Dafür plädiert Matthias Drobinski in seinem Leitartikel „Erfolg in Pastell“ zu 100 Jahren Waldorf-Pädagogik. Der Grund für dieses bemerkenswerte Statement, zur Emanzipation der Waldorfpädagogik von ihrem Begründer, sind dessen „skurrile“ bis anstößige Theorien. In diesem Fall insbesondere seine „rassistische Lehre“ von den Wurzelrassen.

    Waldorfpädagogik ohne Steiner? Ich gebe die Frage einmal weiter: Protestantismus ohne Luther – wegen dessen heute kaum noch zitierfähigen antisemitischen Formulierungen gegen das Judentum? Aufklärung ohne Kant. Wegen dessen ebenso wenig salonfähigen Urteilen über Schwarzafrikaner, die er natürlich nicht so, sondern politisch unkorrekt Neger nennt? Würde jemandem heute so etwas einfallen? Ich glaube kaum.

    Bei Steiner, der Anthroposophie und den aus ihr begründeten Anwendungsfeldern, der Medizin, Landwirtschaft, Pädagogik usw., soll das gut gehen und empfehlenswert sein? Es geht so wenig gut wie bei Luther und Kant und den von ihnen her begründeten oder beeinflussten geistes- und kulturgeschichtlichen Einflüssen.

    Dass die seriöse Steiner-Forschung unkritisch mit kritischen Themen der Weltanschauung Rudolf Steiners umgehen würde, lässt sich heute meiner Ansicht nach nicht mehr behaupten. Es sei hier auf die Arbeiten von A. Martins oder H. Zander oder auf die kritische Werkeausgabe im angesehenen Wissenschaftsverlag Frommann-Holzboog verwiesen.

    Noch bedeutsamer als die Schulpädagogik ist insbesondere gegenwärtig (Thunberg-Effekt) Steiners naturphilosophische, ökologische Lebensräume berücksichtigende Sicht der Dinge. Wie meilenweit wir davon entfernt sind und wie dringend wir die Steiner’sche Sicht der Dinge in dieser Sache nötig hätten, zeigt die Ignoranz der Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung, etwa bei der Verlängerung der Anwendung von Glyphosat. Artensterben – egal, krebserzeugend – egal. Bis 2023 wird das Glyphosatprogramm durchgezogen – im Übrigen wider besseres Wissen, nämlich im Hinblick auf die proökologischen Auswirkungen der biodynamischen Land- und Viehwirtschaft nach den anthroposophischen Demeter-Standards.

    Dieser Diskurs ließe sich auch auf andere Anwendungsfelder der Anthroposophie ausdehnen (Komplementärmedizin usw.). Selbstverständlich ist es einfacher, sich der gängigen Klischees über Steiner und die Anthroposophie weiter zu bedienen und sein ja nicht immer falsches von anthroposophischen Fundamentalisten geprägtes Bild weiter zu pflegen. Auf der Höhe der Zeit und Diskussion um das Werk Rudolf Steiners ist man damit nicht mehr.

    Prof. Dr. Hartmut Traub, Mülheim/Ruhr“

    1. … während Hartmut Traub verzweifelt versucht, Rudolf Steiners Rassismus zu relativieren, wird in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 13.11.2019 deutlich, wie „verbrannt“ Rudolf Steiner ist:

      „Düsseldorf lässt Tilgung von Beuys als Straßennamen prüfen

      Eine vom Düsseldorfer Stadtrat beauftragte Kommission überprüft derzeit, ob ein nach Joseph Beuys benanntes Stück Rheinufer umbenannt werden sollte.

      (…)

      Beuys-Biografen wie Hans-Peter Riegel sehen den Künstler als Anhänger einer völkischen Ideologie des Anthroposophen Rudolf Steiner.

      (…)“

      zum vollständigen Artikel der SZ: https://www.sueddeutsche.de/wissen/geschichte-duesseldorf-duesseldorf-laesst-tilgung-von-beuys-als-strassennamen-pruefen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-191113-99-713362

  11. Prof. Dr. Hartmut Traub, Honorarprofessor für Philosophie und Didaktik, an der anthroposophischen Alanus-Hochschule in Alfter bei Bonn, erfindet einen neuen Steiner:

    „Die Alanus-Hochschule erfindet einen neuen Steiner

    hpd, 22. September 2020

    „Esoteriker“, „Rassist“, „Scharlatan“ sind heute übliche Bezeichnungen für Rudolf Steiner. Das möchte die anthroposophische Alanus Hochschule ändern: „Philosoph“ oder „Wissenschaftler“ hört sich einfach besser an und verkauft sich auch viel leichter. Ein Dialog über den neuen Steiner.

    „Kannst Du ’sachadäquat multiperspektivieren‘?“ 

    (…)“

    weiter bei „Humanistischer Pressedienst“: https://hpd.de/artikel/alanus-hochschule-erfindet-einen-neuen-steiner-18488

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