Nazis haben meine Mitmenschen ermordet. Warum sie und nicht mich?
Was unterscheidet sie von mir?
Sie sind erst vor kurzem nach Deutschland gekommen. „Vor kurzem“ – das heißt vor zwei, einer oder in dieser Generation.
Ich heiße nicht Eren und nicht Ibrahim, sondern Hans.
Meine Vorfahren sind vor drei bzw. vier Generationen ins Ruhrgebiet eingewandert. Sie wurden damals angefeindet. Meine Großmutter hat sich dem Druck gebeugt und aus einer polnischen Ludovika wurde eine freundliche deutsche Oma Luise.
Die Nazis, die unbehelligt durch Deutschland marodierten und kaltblütig Menschen mit vermutetem Migrationshintergrund ermordeten, haben meine Landsleute, meine Mitmenschen umgebracht.
Mein Entsetzen vom November , dass wir es damals nicht geschafft haben, unmittelbar nach Bekanntwerden der Mordserie deutscher Nazis ein sichtbares Zeichen zu setzen, ist immer noch nicht abgeflaut.
Heute allerdings bin ich halbwegs froh, dass wir morgen, am Donnerstag, dem 23. Februar 2012 um 12:00 spät, aber irgendwie endlich doch eine Schweigeminute einlegen.
Gemeinsamer Aufruf der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Gedenken an die Opfer rechtsextremistischer Gewalt
„Die von rechtsextremistischen Gewalttätern verübten Morde, Raubüberfälle und Anschläge erfüllen die Menschen in Deutschland mit Abscheu und Entsetzen. Wir trauern um die Opfer. Unser Mitgefühl gilt den Familien und Freunden, die geliebte Menschen verloren haben. Wir sind tief betroffen, dass nach den Erfahrungen der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland diese entsetzlichen Verbrechen geschehen konnten.
Arbeitgeber und Gewerkschaften treten gemeinsam ein für ein Deutschland, in dem Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus keinen Platz haben.
In den Unternehmen in Deutschland ist zwischen den Beschäftigten ethnische und kulturelle Vielfalt gelebte Realität. Die Betriebe geben zahlreiche Beispiele für erfolgreiche Integration, Respekt und Toleranz. Wir stehen daher gemeinsam in der Pflicht, rechtsextremem Gedankengut entschieden entgegenzutreten.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände rufen die Menschen in Deutschland dazu auf, am Donnerstag, 23. Februar 2012, um 12:00 Uhr für eine Schweigeminute in ihrer Arbeit innezuhalten. Dies geschieht zeitgleich mit dem zentralen Staatsakt der Verfassungsorgane des Bundes für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt.
Im stillen Gedenken an die Opfer soll ein kraftvolles Zeichen gesetzt werden:
- ein Zeichen der Trauer und des Mitgefühls mit den Opfern, ihren Familien und Freunden,
- ein Zeichen der Verurteilung von Fremdenhass, Rassismus und rechtsextremer Gewalt,
- ein Zeichen für die Vielfalt und Offenheit Deutschlands.“
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