Versandhändler Amazon: Kaum unbefristete Jobs. Ich selbst kaufe meine Bücher vor Ort.

Unser Ortsbuchhändler ist am Abend geschlossen. Amazon nicht. Ich bestelle trotzdem bei Kräling1000. (foto: zoom)
Unser Ortsbuchhändler hat in der Nacht geschlossen. Amazon nicht. Ich bestelle trotzdem bei Kräling1000*. (foto: zoom)

Ich habe mich schon seit langem von Amazon verabschiedet. Die Zeiten in denen ich Bücher, Handys, CDs und sogar einmal eine Nikon D70 per Mausklick beim größten Online-Kaufhaus der Welt mitten in der Nacht bestellt habe, sind vorbei.

Der Grund ist ein ganz einfacher. Ich gehe ganz gerne bei Leuten vorbei. Wenn ich ein Buch im Dorf kaufe, treffe ich oft Bernd Kräling in seinem Laden, der Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Schreibwaren und all das andere Gedöns wie Glückwunsch- und Trauerkarten vertreibt.

Das Geschäft im Ort
Manchmal wechseln wir ein paar Sätze, zu anderen Zeiten ist der Chef mit anderen Kunden geschäftig. Manchmal ist dann noch ein Bekannter im Laden und manchmal niemand.

An manchen Tagen ist das Geschäft eine hektische Verkaufstelle, an anderen Tagen eine Nachrichtenbörse.

Amazon im Internet
Bei Amazon ist das Einkaufen ruhiger. Viele Menschen verbinden mit diesem Namen einfache, schnelle Bestellungen im Internet.

Für die Beschäftigten allerdings ist der global agierende Versandhändler ein Arbeitgeber, der unter Tarif bezahlt, oft nur befristet einstellt und mit seinen Arbeitsbedingungen nicht gerade zu den Vorreitern für gute Arbeit zählt. Die Gewerkschaft klagt:

Beschäftigte unter Druck
„Der hohe Anteil befristet Beschäftigter verhindert meist schon im Ansatz die Gründung einer Arbeitnehmervertretung. Zwei Drittel der – geschätzt – zwischen acht- bis zehntausend MitarbeiterInnen haben nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Besonders perfide empfindet es ver.di-Projektsekretär Jaedicke, dass die Menschen meist erst am vorletzten oder gar letzten Arbeitstag erfahren, ob der Vertrag verlängert wird. Das „schafft Druck“, der noch verstärkt wird durch einen permanenten Leistungsvergleich, kritisiert Jaedicke die Praxis des Unternehmens. (Einblick201112)

Abzocke bei Amazon?
Auch das Erwerbslosenforum Deutschland spricht von „Abzocke“ schlimmer als bisher bekannt und “Skandalöse Praktiken bei der Beschäftigung von Aushilfen“, kritisierte der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) am 10. November.

Im Oktober war im Internetforum des Erwerbslosen Forum Deutschland bekannt geworden, dass in NRW bei Amazon in Werne und Rheinberg für das Weihnachtsgeschäft tausende Arbeitslose befristet für drei Monate eingestellt werden, nachdem sie vorher zwei Wochen ohne Lohn zur Probe arbeiten sollen. Nach Angaben des Sprechers der Regionaldirektion NRW der Arbeitsagentur, Werner Marquis hat Amazon 2010 „durch die Regelung etwa 950.000 Euro“ gespart.

Sechs Wochen arbeiten, vier Wochen Bezahlung – bei Amazon ist das möglich
„Sechs Wochen arbeiten, vier Wochen Bezahlung – bei Amazon ist das möglich. Denn der Onlinehändler nutzt eine Gesetzeslücke und spart im Weihnachtsgeschäft mit Hilfskräften auf diese Weise viel Geld“, beschreibt das aktuelle Manager-Magazin die Situation bei Amazon.

Den Fortschritt aufhalten? Jeder Gang macht schlank
Den sogenannten Fortschritt werde ich nicht aufhalten können und wollen, aber solange ich meine Bücher beim Buchhändler um die Ecke kaufen kann und sogar schneller geliefert bekomme als bei Amazon, nutze ich die Gelegenheit und gehe zum Laden hinunter – immer mit der Option auf unvorhergesehene Begegnungen und Gespräche, und Bewegung an der frischen Luft. Jeder Gang, auch der zum Dorfladen, macht schlank 😉

* Dies ist eine unbezahlte Werbung für die Geschäfte vor Ort, in Siedlinghausen, in Winterberg, im Sauerland und überall.  Klar, dass mich Buchhandlungen am meisten interessieren, oder?

5 Gedanken zu „Versandhändler Amazon: Kaum unbefristete Jobs. Ich selbst kaufe meine Bücher vor Ort.“

  1. Wie Du selbst schreibst: Amazon nutzt eine Gesetzeslücke aus, um Geld zu sparen. Ist das jetzt die Schuld von Amazon, dass die Politik diese Gesetzeslücke nicht gefunden hat? Ich finde auch nicht gut, was mit den Menschen passiert – aber als Unternehmen muss man wirtschaftlich arbeiten und alle legalen (!!!) Möglichkeiten nutzen, um Geld zu sparen.

    Nebenbei: Die Idee, Arbeitslose erstmal zwei Wochen zur Probe arbeiten zu lassen, klingt in den meinen Ohren sinnvoll. So kann man als Arbeitgeber sehen, ob die Leute gut sind – bevor man sie einstellt. Für die Arbeitsagenturen hat das den Vorteil, dass die Leute für ein paar Wochen aus der Statistik fliegen – und damit die Zahl der Arbeitslosen sinkt.

  2. @Sebastian:
    Klar – Unternehmen sind keine von sich aus keine Moralanstalten, sondern „Profit-Maschinen“, die durch gesetzliche Vorgaben und Bestimmunungen in den gesellschaftlichen Kontext gezwungen werden müssen.

    Es geht bei solchen Beschäftigungen wie bei Amazon ja nicht darum, dass Praktikanten für zwei Wochen auf Probe arbeiten, um dann eingestellt zu werden. Im Extremfall wird nur noch „auf Probe“ gearbeitet.

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