Winterberg und seine jüdischen Mitbürger: gibt es etwas aus der Nazi-Zeit aufzuarbeiten?

In "De Fitterkiste" Bd. 4, 1992 ist der Aufsatz "Juden in Winterberg" erschienen.
In „De Fitterkiste“ Bd. 4, 1992 ist der Aufsatz „Juden in Winterberg“, von Nikolaus Schäfer erschienen.

Die Geschichte der Winterberger Juden erscheint mir bislang nicht sehr tief aufgearbeitet (siehe hier im Blog). Einzig Nikolaus Schäfer hat mit seinem im Jahr 1992 erschienen achtseitigen Aufsatz in „De Fitterkiste“[1] ein Schlaglicht insbesondere auf die Ermordung und Vertreibung der wenigen jüdischen Familien aus der Stadt am Kahlen Asten geworfen.

Ich vermute, dass diese Arbeit ein Nebenprodukt von Schäfers Aufarbeitung der Geschichte der Medebacher Juden[2] war.

Die Zeit des Nationalsozialismus ist mit ihren Verbrechen an den jüdischen Mitbürgern (Familie Winterberger) auf  zwei Seiten (87, 88) beschrieben.

Trotz der Kürze liefert Nikolaus Schäfer Hinweise, in welche Richtung unter anderem weiter geforscht werden müsste. Als Beispiel sei hier die sogenannte „Branntweinfabrik“ angeführt.

Bis in die Zeit des Nationalsozialismus existierte in Winterberg die Handeslsgesellschaft „S & M Winterberger – Branntwein- und Liquörfabrik mit Dampfbetrieb – Getreide en gros“ (Seite 87).

Zitat Schäfer:

„Am 20. Juni 1937 wurden – ganz sicher nicht freiwillig – die Hausgrundstücke Hauptstraße 22 und 24 mit Inventar für insgesamt 33.000 Reichsmark an die Bäuerliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft eGmbH Winterberg.[sic!] verkauft. Auch aller anderer, umfangreicher Grundbesitz mußte unter dem damals herrschenden Zwang verkauft werden. Die Stadt Winterberg erpreßte unter Androhung von „Schutzhaft“ (damals für Juden gleichbedeutend mit Konzentrationslager) die Verkäufe und übernahm selbst den umfangreichen Markenbesitz dieser Familie.“ (ebd.)

Es geht hier also um die „Übertragung“ von Vermögenswerten zu Gunsten Winterberger Bürger(?) und der Stadt Winterberg selbst.

Ein weiteres Beispiel:

„Das Ehepaar Josef und Erna Winterberger wurde zum Konzentrationslager Auschwitz gebracht und im März 1943 ermordet, … Ein Oberinspektor des Finanzamtes Brilon quittierte am 21. April 1943 den Erhalt des Schlüssels für die Wohnung … Marktstraße 19. Das Finanzamt versteigerte dann die bewegliche Habe der Eheleute.“ (Seite 88)

Abschließend:

„Nach dem Ende des Nazireiches wurden die Zwangsverkäufe der Juden für unwirksam erklärt. Die Überlebenden machten ihre Rückerstattungsansprüche geltend, die meist durch vergleichsweise Abfindungen erledigt wurden. Aus der Sippe der Winterberger machte sich niemand mehr ansässig.“ (ebd.)

Spontan habe ich folgende Fragen:

Wie hoch waren die Vermögenswerte?

An wen sind diese Vermögenswerte übergegangen?

Was bedeutet „vergleichsweise Abfindungen“ in Zahlen?

Gab es nach 1945 Bemühungen der Winterberger, sich mit den ehemaligen Überlebenden (in die USA ausgewandert) politisch zu versöhnen?

[1] „De Fitterkiste“, Geschichtliches aus Winterberg und seinen Dörfern, Bd. 4, Ausgabe 1992, Hrsg. Heimat- und Geschichtsverein Winterberg e. V., Winterberg 1992,  Seite 81 – 88

[2] Nikolaus Schäfer, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Medebach, Vom Anfang bis nach dem bitteren Ende, Heimat- und Geschichtsverein Medebach, Medebach 1990.

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