Verzwickte Schulpolitik: Winterberg prescht vor. Was macht Olsberg?

Das Mitteilungsblatt der Stadt Winterberg. Zwei von vier Seiten. (foto: zoom)
Das Mitteilungsblatt der Stadt Winterberg. Zwei von vier Seiten. (foto: zoom)

Das Mitteilungsblatt der Stadt Winterberg eröffnet heute mit einer vierseitigen „Information aus Rathaus und Stadt“ zur „Bewegung in der Schullandschaft“. Im Internet ist das Mitteilungsblatt unter www.mitteilungsblatt-winterberg.de zu erreichen. Die heutige Printausgabe ist allerdings noch nicht eingestellt.

Update 22. 10.: Die „Bewegungen in der Schullandschaft“ sind ab heute als PDF-Datei abzurufen.

Die Stadt Winterberg rechtfertigt auf diesen vier Seiten ihre aktuelle Schulpolitik. Mit dem Schuljahr 2011/12 soll es in Siedlinghausen, einem Ortsteil von Winterberg, einen einzügigen Realschulzweig an der dortigen Hauptschule geben. Die Hauptschule Winterberg-Kernstadt soll mittelfristig geschlossen werden. Winterberg hatte noch nie eine Realschule, sondern gab sich bislang mit zwei Hauptschulen und einem Gymnasium zufrieden.

Die Bürgermeister der Nachbargemeinden waren nicht sehr erfreut, da sie um ihre eigenen Schulstandorte, im Konkurrenzkampf um die Schülerinnen und Schüler vor dem Hintergrund sinkender Schülerzahlen, fürchten. Insbesondere Bürgermeister Grosche (Medebach) und Kronauge (Hallenberg) fühlten sich durch ihren Kollegen Eickler nicht ausreichend und rechtzeitig informiert.

Zur Zeit erwägen sie nach unserem Kenntnisstand eine Klage gegen die Winterberger Schulpläne.

Wir hatten hier im Blog Mitte September einige Überlegungen angestellt und die Beschlussvorlagen einer gemeinsamen (Krisen-) Ratssitzung der Medebacher und Hallenberger Städte verlinkt.

Wir gehen an dieser Stelle nicht darauf ein, was die Argumentation der Stadt Winterberg sagt, sondern darauf, was sie nicht anspricht.

Winterberg argumentiert explizit in Richtung Medebach und Hallenberg und nennt kein einziges Mal das „O“-Wort. O wie Olsberg.

Der Hallenberg/Medebacher Realschulzweig muss in der Tat nicht unbedingt befürchten, dass ein größeres Schülerpotential nach Siedlinghausen gezogen wird. Viel größere Sorgen muss sich die Realschule Olsberg machen, die bislang mit Schülerinnen und Schülern aus Siedlinghausen in fast Klassenstärke „beliefert“ wird. Auf diese Schülerklientel zielt der neue Realschulzweig, nicht auf die hessische Grenzregion.

Die Hauptschule Siedlinghausen zieht schon jetzt viele Schülerinnen und Schüler von jenseits der Gemeindegrenzen. Sie hat als Hauptschule einen guten Ruf. Jetzt wird sie die „Siedlinghäuser“ im Ort halten. Pech für Olsberg.

Doppeltes Pech für Olsberg: Denn in Brilon hat sich neben der konfessionellen Realschule nun auch ein weltlicher Zweig etabliert. Schüler, die bislang statt in die Marienschule zu gehen nach Olsberg pendelten, werden in Zukunft ebenfalls wegfallen.

Olsberg müsste eigentlich bildungspolitisch in Flammen stehen. Merkwürdigerweise haben wir vom dortigen Bürgermeister Fischer  noch gar nichts gehört und gelesen (Falls wir etwas überlesen haben sollten, bitten wir um Nachricht).

Die Ruhe an der Ruhr scheint angesichts der möglicherweise dramatischen Lage befremdlich.

Oder hat Olsberg einen Joker im Ärmel?

4 Gedanken zu „Verzwickte Schulpolitik: Winterberg prescht vor. Was macht Olsberg?“

  1. Nerven tut sie schon, diese kurzsichtige kommunale Schulpolitik, die nur die Interessen der eigenen Kommune sieht und nicht Willens ist, mit anderen Kommunen für eine attraktivere Schullandschaft auf dem Lande zusammenzuarbeiten.

    Und sehr attraktiv ist das doch alles nicht: Hauptschulen in Randlage, Realschulzweige in Randlage – einzügig und zweizügig -, ein Rumpfgymnasium bis Klasse 10 und ein Gymnasium bis zum Abitur. Angeblich kann an jedem dieser Standorte eine Vielzahl von Kursen (z.B. Wahlpflicht-, bzw. Grundkurse) angeboten werden. Tja, angeboten, aber mangels Schülermasse wird die Zahl der tatsächlich zustande kommenden Kurse wohl deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben.

    Die Winterberger Politiker haben meines Erachtens zu lange auf die Hauptschule gesetzt – gemeinsam mit der ehemaligen Bildungsministerin Sommer – und dabei übersehen, dass die Eltern diese Schulform zunehmend abwählten. Und nun haben sie es gemerkt. Schade nur, dass es in Winterberg keine politische Streitkultur in Sachen Schulpolitik gibt, dass die SPD all das mitmacht, was CDU und nun auch FDP vormachen. Einstimmige Ratsbeschlüsse sind nicht kennzeichnend für eine lebendige Demokratie.

  2. Ironie der Geschichte:

    Winterberg führt die Gesamtschule ein.

    Da steht im Mitteilungsblatt der Stadt auf Seite 3 zu lesen: „Und evtl. könnte ‚gekoppelt‘ werden, was bedeutet, dass Hauptschüler und Realschüler im Wahlpflichtbereich miteinander beschult werden.“ Das ist doch die Idee der Gesamtschule, gemeinsamer Unterricht von Schülern verschiedener Schulformen.Weiter heißt es, dadurch „würde ein größeres Differenzierungsangebot geschaffen“, was wiederrum von Vorteil wäre, weil dadurch „auch ein einzügiger Realschulzweig sehr gute Differenzierungsmöglichkeiten“ biete. Halt, stopp, das ist geschummelt, denn das ist kein Realschulzweig mehr, das ist Gesamtschule. Nun haben CDU-Politiker die „Einheitsschule“ so lange bekämpft, und dann das.

  3. Die 4 Seiten sind sehr interessant. Siehe dieser Absatz mit Frage und Antwort:

    „Konnte die Stadt Winterberg die Nachbarstädte Medebach und Hallenberg über ihre Planungen
    über die Veränderungen in ihrer Schullandschaft eher informieren?
    Das ist ein Vorwurf, der objektiv betrachtet nicht ganz fair ist. In Winterberg hat man erstmals am 15.
    Juli in einer Arbeitsgruppe mit sieben Ratsmitgliedern gemeinsam mit der Bezirksregierung zusammengesessen
    und dabei erfahren, dass das aktuell beantragte Modell nach geltendem Schulgesetz
    das einzig mögliche ist. Insoweit konnte eine inhaltliche Information der Nachbarstädte auch nicht vor
    dem 15. Juli erfolgen. Aber die Bürgermeister Grosche und Kronauge erhielten noch vor der Sonderratssitzung
    am 20. Juli – in der noch kein konkreter Antrag beschlossen wurde – konkrete Informationen,
    also eher als die Mehrzahl der Winterberger Ratsmitglieder.“

    Es gab doch schon wie Du schreibst ab spätestens Ende April eine interfraktionelle Arbeitsgruppe. Warum wurden Medebach, Hallenberg und andere Gemeinden nicht einbezogen. Die Bürger haben sowieso nichts zu sagen. Die Bürgerversammlung findet anscheinend dann statt, wenn der Sack zugemacht ist.

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