Aus meiner Sicht muss zur 81+4 seitigen Vorlage Schulentwicklungsplanung des HSK, Vorlage 9/101, einiges ausgeführt werden. Ich veröffentliche an dieser Stelle das Redemanuskript zu meinem Vortrag im Schulausschuss . Es gilt das gesprochene Wort.
(Der Artikel mit der Rede von E. Felix Werker ist zuerst auf der Website der SPD erschienen.)
Grundannahme sinkender Schülerzahlen
Redet die Politik unserer Zeit vom demografischer Wandel – greifen junge Menschen schnell an die Geldbörse. Die Vorlage und das Gutachten redet der Mär vom demografischen Wandel das Wort und geht ständig von sinkenden Bevölkerungs- und stark zurückgehenden Schülerzahlen (7.1 S.65) aus.
Der demografische Wandel wird oft mit „WIR werden weniger älter und BUNTER“ beschrieben. WIR meint dabei aber immer nur zu egoman die bestehende Bevölkerung und BUNTER, also die faktisch notwendige Zuwanderung, wird zu oft verdrängt.
Gerade zuwandernde junge Menschen müssen doch schnell (wohl durch das duale Aus- und Weiterbildungssystem?) beruflich integriert werden. Die letzte Zuwanderungswelle vor 20 Jahren hatte deutliche Auswirkung auf die Schülerzahlen und hat die heutigen wertvollen Facharbeiter in den Betrieben erzeugt. Außerdem nimmt die Weltbevölkerung tatsächlich jedes Jahr um „einmal Deutschland“ zu und nicht -wie demografiepostuliert- ab.
Welchem schlimmen Gesellschaftsbild folgen diejenigen, die den Begriff „demografischen Wandel“ noch in den Mund nehmen? Nur dem „Weniger“ der Theorie zu folgen ist deshalb nicht nur aus meiner Sicht falsch und fahrlässig, da wir doch wissen, dass Zentren in NRW gerade Wohnungsbauprogramme aufgelegt haben und darüber hinaus berücksichtigen, dass die Lieferungen von Waffen in Kriegs- und Krisengebiete den Flüchtlingsdruck nur noch verstärken wird.
NRW plant aktuell die schnelle Aufnahme von weiteren 10.000 Flüchtlingen. Was passiert also, wenn die Schülerzahlen steigen, weil wir BUNTER werden? Welche Antworten beispielsweise mit spezieller Integrations- und Sprachförderung gibt es dazu in dem dicken Gutachten?
Umbau und Rückbau von Bildungsgängen
Das Gutachten und die Beschlussempfehlungen laufen den tatsächlichen Entwicklungen an einem Beispiel deswegen degressiv entgegen, weil die Energiewende ignoriert wird. Die Energiewende wird als Stromwende in den privaten Haushalten und Betrieben von Elektronikern für Energie- und Gebäudetechnik durchgeführt. Beachten Sie den Slogan der Handwerkskammer „Offizieller Ausrüster der Energiewende“.
Ebenfalls werden die Anforderungen des beschlossenen Breitbandausbaus „50MBit/s in jedem Haushalt“ im Gebäudebestand auch durch diesen Ausbildungsberuf, den wir noch klassisch Elektroinstallateur nannten, realisiert. Die Vorschläge reagieren auf eigentlich steigende Arbeitnehmerzahlen durch den Jobmotor Energiewende widersinnig mit Zusammenlegung der regionalen Ausbildung in Meschede. Hier zu reduzieren und eine mögliche Ausbildungszurückhaltung der Betriebe durch degressive Schulentwicklungsplanung zu begegnen, muss aus meiner Sicht politisch mit einem starken Auftritt bis hin in den Kreistag zu begegnet werden.
Erzeugt schnelle Zick-Zack-Politik Facharbeitermangel von Morgen?
Wurde einige Male von der Politik schon das Kind am Ende tiefgreifender Maßnahmen mit dem Bade ausgeschüttet? Muss bisherige Schulentwicklungsplanung des Schulträgers mit Kritik kommentiert werden? Erinnern wir uns der ZickZack-Politik der letzten Jahre in immer kürzeren Taktungen:
- vor 10 Jahren wurde in Arnsberg-Hüsten ein Schulanbau für KFZ- und Bauberufe eingeweiht. Zwei Jahre später die Bautechnik nach Meschede verlegt.
- vor 4 Jahren wurden in Arnsberg-Hüsten zwei Schulen fusioniert. Das sollte sogar Kostensenkend sein, so die Begründungen der Verwaltung. 2014 stehen für Verwaltungsumbau nun Millionen im Haushalt.
- vor 2 Jahren wurde in Olsberg ein Neubau für Elektrotechnik eingeweiht. Nun sollen mit einem Oberstufenkompromiss Elektroberufe nach Meschede verlegt werden ohne das dafür eine Ausrüstungsmaßnahme geplant wäre, oder begründet wird wie das notwendige fachliche Lehrpersonal dort angesichts einer leer gefegten Fachlehrerausbildung an den Unis überhaupt zur Verfügung gestellt werden kann.
Kommende Klagen über den Facharbeitermangel können auf Grund der nun daraus folgenden widersprüchlichen und rückwärts gerichteten Schulpolitik, die der Ausschuss heute zur fachlich goutieren soll, nur zunehmen.
Muss deswegen nicht vor lediglich aus demografischen Zahlen begründeten schnellen Maßnahmen gewarnt werden?
Die Veränderungen in Olsberg sind nicht nachvollziehbar: der erste Jahrgang Elektrotechnik hat noch nicht einmal Abitur, da soll schon die Verlegung nach Meschede kommen. Nachhaltig geht anders.
Gibt es einen Link zu „Vorlage Schulentwicklungsplanung des HSK, Vorlage 9/101“?
@Johanna:
Aber sicher doch 🙂 Viel Spaß beim Lesen!
https://sdoffice.hochsauerlandkreis.de/vorgang/?__=LfyIfvCWq8SpBQj0MkyHaxDZw8Us4Pi2OezGJ
Das ganze Elend hat Martin Lindner in seinem Tweet vom 5. Oktober zusammengefasst:
Das System scheint nicht mehr zu lernen, niemand fragt mehr danach, wofür wir ausbilden. Unpolitische Technokraten wuseln im Hamsterrad und postulieren: Die Bewegung ist alles, das Ziel ist nichts.
Es gibt keine breite/schmale/oder wie auch immer bildungspolitische Debatte, aber dafür viele Karrieristen, die den Apparat am Laufen halten.
Update: hier noch ein Link zu den Nachdenkseiten – Wider die Demografie-Demagogie http://www.nachdenkseiten.de/?p=23626
Wenn ich den Schulentwicklungsplan richtig lese, dann bleibt bei den beruflichen Gymnasien im HSK für die kommenden drei Jahre alles wie gehabt.
Was ich nicht verstehe: Warum muss sich der HSK eines „Externen Dienstleisters“ bedienen? Die notwendigen Daten, um Schülerzahlen zu prognostizieren, liegen dem Kreis vor und die Experten für Schulgestaltung und Schulentwicklung sollten in der Bezirksregierung und an den Schulen doch wohl irgendwo vorhanden sein. Warum wird selbstverständlich hier Geld ausgegeben, wenn gleichzeitig das Geld für die Schulen fehlt?
@Johanna
(…) Was ich nicht verstehe: Warum muss sich der HSK eines “Externen Dienstleisters” bedienen? (…)
Natürlich ist das unlogisch. Diese Vorgehensweise bietet, so denn was schief läuft, allerdings die Option: „Wir haben uns auf externen Sachverstand verlassen.“
Ein paar Euronen aus dem Gemeinschaftstopf sind dann gut angelegt, wenn die persönliche Verantwortung nicht karrierehindernd tangiert werden soll.