Der Terror aus der Samenbombe und die Provinzialisierung unserer Städte

Urban Gardening Altona
Urbaner Garten in Hamburg Altona (fotos: chris)
Landesweit werden Brachflächen in teuren Städten von umtriebigen Anwohnern liebevoll in bunte gartenähnliche Wiesen, Gemüsebeete oder Blumenlandschaften umgestaltet.

Das nennt sich Urban-Gardening, was dem Ganzen einen kosmopolitischen Flair gibt. Noch leidenschaftlichere Zeitgenossen nennen den Trend „Guerilla-Gardening“. Hier schwingt außerdem noch Rebellion, Widerstand und die Utopie einer besseren Gesellschaft mit.

Der ‚Guerilla‘ Gärtner pflanzt kein Blumen oder Samen, er ‚wirft Samenbomben (echt BIO), echte ‚Bomben‘ für eine buntere Stadt. ‚Über die Rechtmäßigkeit seines Handelns sollte sich jeder aufklären und überdenken, auf welchen öffentlichen Grünflächen Samenbomben abgeworfen werden‘, so der Verpackungshinweis.

Samenbomben
Samenbombenverpackung (Bio)

In der FAS fragt Jennifer W. unter der Rubrik ‚Election Edition‘: „Kann man zum Guerilla-Gardening Schürze tragen?“. Darunter ein Bild des Grünen Politikers Cem Ö., der eine grüne Gießkanne hält und eine ebenfalls grüne Schürze trägt.

Jennifer schreibt, „Menschen, die versuchen, aus einer städtischen Brache eine grüne Oase zu zaubern … haben eine Mission“. Mit der grünen Gießkanne würden FDP-wählende Stadtbewohner ihre Balkontöpfe wässern, „bevor sie ihre Füße hochlegen“. Schlussfolgerung der Guerilla Gärtnerin Jennifer: „Guerilla-Gardening ist nichts für Schürzenträger.“

Nun mal ehrlich: Ob jemand mit oder ohne Schürze gärtnert ist doch eigentlich völlig egal. Und wenn Stadtbewohner meinen, dass die Pflege von Topfpflanzen auf Balkonen weniger fortschrittlich als das Bepflanzen von Brachflächen ist und dies auch noch in allen möglichen Zeitungen von Freitag bis zur FAS diskutieren, ist die Provinzialisierung der Städte schon weit fortgeschritten.

5 Gedanken zu „Der Terror aus der Samenbombe und die Provinzialisierung unserer Städte“

  1. „Ob jemand mit oder ohne Schürze gärtnert ist doch eigentlich völlig egal.“ Na klar, kein Thema. Aber „Terror aus der Samenbombe“ – mal darüber nachgedacht, wie das auf empfindliche ZeitgenossInnen wirken könnte?!

  2. So wie ich es verstehe, ist „Terror“ eine ironische Ableitung aus dem „Guerilla-Gardening“ und den „Samen-Bomben“ und soll die martialische Untergrund-Sprache veräppeln.

  3. @Werner Jurga

    Wie der Titel auf empfindliche Menschen wirkt? Beginnt die Empfindlichkeit bei der Verwendung des Wortes ‚Terror‘? ‚Terror durch Samenbomben‘ ist doch zunächst paradox. Wie sollte ein mit Blumensamen gespickter Erdklumpen Terror im Sinne terroristischer Gewalt ausüben?

    Auch nach 9/11 gibt es noch eine umgangssprachliche Verwendung des Wortes ‚Terror‘, welches „häufig für aggressive Umgangsformen oder extreme Belästigung“ (Wikipedia) steht. In diesem Sinne ist ‚Terror‘ in der Überschrift zu verstehen.

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