Auf dem Holzweg: braucht Winterberg eine „NRW Sportschule“?

In seiner Haushaltsrede auf der 21. Sitzung (VIII. Wahlperiode) des Rates der Stadt Winterberg am 09. Februar 2012 sagte Bürgermeister Werner Eickler unter anderem, dass das Gymnasium eine neue 3-fach Sporthalle erhalten solle. Er sagte auch, dass die neue Halle teuer wird.  So teuer, dass sie nur über Kredite zu finanzieren sei.

Zitat: „Die vorstehende Tabelle zeigt, dass die hälftig in 2013 und 2014 vorsorglich und perspektivisch angesetzten Ein- und Auszahlungen für den Neubau einer 3-fach Sporthalle am Gymnasium einschl. Abriss der alten Halle mit einem 20%igen Eigenanteil von 800.000,00 € (bei rd. 4 Mio. € Brutto-Investitionskosten) nur mit neuen investiven Krediten zu finanzieren sind.“

Warum nimmt die Kommune Winterberg in Zeiten leerer Kassen so viel Geld in die Hand? BM Eickler erklärt dies mit der zunehmenden Konkurrenz für das Gymnasium Winterberg durch die Berufskollegs.

Insgesamt fünf Berufskollegs des Hochsauerlandes bieten in breiter Front das Abitur in 13 Jahren an. Wenn die Eltern dieses „Schmankerl“ realisieren sollten, könnte es eng werden für das klassische Gymnasium in Winterberg.

Die Überlegung für Eltern könnte sein:

Warum soll ich mein Kind durch G8 peitschen, mit Leistungsdruck, verdichteten Stundenplänen und Lücken in der Lehrerversorgung, wenn es entspannter sein Abitur nach G9 oder gar mit einer dualen Berufsausbildung (Lehre/Abitur) in der Nachbarschaft erwerben kann?

Diese Frage ist durchaus berechtigt. Denn welche Mutter und welcher Vater will nicht das Beste für sein Kind?

Dazu kommt, dass die Berufskollegs anders finanziert werden als die „normalen“ Schulen. Anders heißt: Mehr Geld, eine bessere Ausstattung.

Wer beispielsweise jemals die Laborbereiche des Berufskollegs Olsberg gesehen hat, weiß wovon ich spreche. Die Ausstattungen und Lernbedingungen sollen in manchen Bereichen sogar einigen Universitäten das Wasser reichen können.

Die Stadt Winterberg hat diese Konkurrenz durchaus erkannt. Soweit, so gut.

Wie reagieren die Verantwortlichen?

Das Gymnasium Winterberg will eine Sportschule werden.

Lesen wir selbst:

„Warum schlagen wir Ihnen diese Maßnahme dennoch vor? Nun, unser Gymnasium hat im November 2011 beim zuständigen Ministerium beantragt, landesweit eine von ganz wenigen „NRW-Sportschulen“ zu werden.

Bis Mitte 2012 soll die Entscheidung des Ministeriums fallen. Es wäre eine große Chance für unser Gymnasium.

Warum? Nun, die wachsenden Sekundarschulangebote müssen sich gymnasiale Kooperationsangebote suchen.

Und diese entstehen bereits z.B. durch fünf neue Angebote an beruflichen Gymnasien (Berufskollegs) im Hochsauerlandkreis und das in unmittelbarer örtlicher Nachbarschaft. Damit wachsen nicht nur die Möglichkeiten, das „Vollabitur“ zu erwerben, sondern es wächst auch zugleich die Konkurrenz für die allgemein bildenden Gymnasien, so dass wir unser Gymnasium als „NRW-Sportschule“, sprich mit diesem Alleinstellungsmerkmal noch stärker profilieren können. Diese gilt es dann aber auch mit Leben zu erfüllen.“

Wir befürchten, dass sich Winterberg mit dieser Richtungsentscheidung auf dem Holzweg befindet.

Es ist anzunehmen, dass nur eine Minderheit der Winterberger Eltern für ihre Kinder eine sportliche Ausbildung wünscht, die Mehrheit möchte ein solides Abitur mit akademischen Qualifikationen.

Eine neue Turnhalle ist ja schon in Ordnung. Die braucht jede Schule.

Braucht aber Winterberg wirklich eine „NRW-Sportschule“?

2 Gedanken zu „Auf dem Holzweg: braucht Winterberg eine „NRW Sportschule“?“

  1. Winterberg muss aufpassen. Die Schule hat keinen guten Ruf und die Absetzbwewegung Richtung Berufskolleg nimmt Schwung auf. Kenne jetzt ein paar.

    Seit diesem Schuljahr sind die Schulstunden 60 Minuten lang. Bei Unterrichtsausfall sind die Lücken riesig. Die Busverbindungen sind schlecht. Schüler müssen um 6 Uhr aus dem Haus und kommen erst um 17 Uhr nach Hause und das ohne AGs

    Am Berufskolleg soll mittags Schluss sein und es bleibt Zeit für Hobbys.

    Wenn Du von 7 bis 16 Uhr an der Schule bist und hast trotzdem 180 Minuten Unterrichtsausfall plus die Pausen, dann fühlst Du dich um deine Freizeit und Lebenszeit beschissen. Entschuldigung, aber die Wut ist groß.

  2. Der Vorteil der Berufskollegs ist die sehr gute Ausstattung. Da ist der Unterschied zum Gymnasium in Winterberg wie Bundesliga zu Bezirksklasse. Ein weiterer Vorteil: Oberstufe drei Jahre. Mögliche Nachteile: Kein Kurs-, sondern Klassensystem und sehr geschlechtsspezifische Ausbildungsprofile. Wollt ihr da nicht einen Artikel drüber schreiben? Ich bin zu lange aus dem Bildungsgeschäft raus, sonst würde ich ja gerne helfen.

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