Winterberger Graffiti

Schriftzug „Carbs 25“ an der Wand eines der Winterberger Feuerwehrgebäude, getaggt mit „Karbs“ (foto: zoom)

Graffiti und Winterberg leben in einer Hassbeziehung. Die mildesten Bezeichnungen sind „Vandalismus“, „Schmiererei“, „Vandalen haben beschmiert“ oder „Graffitischmierereien“.

Bevor ich meine eigenen Gedanken ausbreite, sei die Definition von Graffiti bei Wikipedia vorangestellt:

Graffiti (italienisch; Singular Graffito) steht heute als Sammelbegriff für thematisch und gestalterisch unterschiedliche sichtbare Elemente, zum Beispiel Bilder, Schriftzüge oder Zeichen, die mit verschiedenen Techniken auf Oberflächen oder durch deren Veränderung im privaten und öffentlichen Raum erstellt wurden. Die Graffiti werden zumeist unter Pseudonym und oft illegal gefertigt. Ersteller von Graffiti, insbesondere wenn sie Sprühdosen verwenden, werden häufig Sprayer (englisch für Sprüher) genannt, bezeichnen sich selbst aber als Graffitikünstler.

Jenseits der Diskussion legal/illegal/Sachbeschädigung halte ich Graffiti für eine Kunstform, die vom Schriftzug auf der Wand des Feuerwehrzeughauses (illegal, Sachbeschädigung, Anzeige ist raus) bis zu Banksy reicht. Dazwischen existieren eine Vielzahl an unterschiedlichen Darstellungsformen auf öffentlichen und privaten Flächen (legal und illegal).

Legal sind Flächen, die von den Eigentümer*innen selbst bewusst mit Graffiti bzw. Wandbildern versehen werden. Solche Wände oder Gebäude werden von Graffiti-Künstler*innen meist in Ruhe gelassen. Wer mit offenen Augen durch Winterberg geht, wird ohne Mühe derartige Bilder finden.

Weiterhin gibt es häufig von den Städten zum Besprühen freigegebene Flächen, an denen sich Sprayer legal austoben können.

Als Hall of Fame (auch kurz HoF oder auch Wall of Fame genannt) werden im Graffiti-Jargon Plätze oder Wandflächen bezeichnet, an denen sich insbesondere erfahrene Writer (sogenannte Kings) treffen und hochwertige und anspruchsvolle Graffiti gemalt werden. In vielen Fällen sind die Flächen vom jeweiligen Eigentümer zum Bemalen freigegeben. Es gibt jedoch auch Halls of Fame, die illegal entstanden sind. (https://de.wikipedia.org/wiki/Hall_of_Fame_(Graffiti))

Viele Wohngenossenschaften und Gesellschaften sind inzwischen dazu übergegangen, die Fassaden ihrer Hauskomplexe von professionell arbeitenden Sprayer*innen mit Wandbildern versehen zu lassen. Vorteil: wird nicht „beschmiert“, sieht schön aus. Mir persönlich sind hier Leipzig und Kassel besonders positiv aufgefallen.

Was könnte das graue Winterberg tun, um aus der „Vandalismus-Geschrei“ Falle herauszukommen?

Flächen freigeben, Workshops anbieten, Flächen von städtischen Gebäuden, die geradezu danach rufen, besprüht zu werden, selber bemalen, sprayen oder gestalten lassen.

Die Wand des Feuerwehrhauses strahlte auch vor dem Graffito nicht gerade in hellem Weiß. Welche Möglichkeiten hätte es gegeben, von vornherein selber ein Motiv mit bspw. Feuer und Wasser zu sprayen?

Noch etwas: Die Wand des Feuerwehrgebäudes wurde nicht „beschmiert“, wie es auch die Lokalzeitung schrieb, sie wurde mit dem Schriftzug „Carbs“ „besprayt“. So viel Genauigkeit sollte sein, auch wenn das „Piece“ imho kein Meisterwerk („Masterpiece“) ist.

Wie es der Zufall will, war ich gestern auf einem Streifzug durch Kassel und habe den Nordstadtpark und die Unterführung am Holländischen Platz besucht. Sowohl der Tunnel als auch die Mauer unterhalb des Klinikums sind bekannte Halls of Fame.

Ich zeige hier zwei Graffiti (ja, man darf lt. Duden inzwischen auch Graffitis sagen), damit ihr den Unterschied in der Qualität seht.

Writing an der Hall of Fame am Nordstadtpark (foto: zoom)
Piece in der Hall of Fame unterhalb des HoPla (foto: zoom)

Das obere Bild hat mich an ein Schallplattencover von King Crimson erinnert. Euch auch? Dann seid ihr alt. 😉

2 Gedanken zu „Winterberger Graffiti“

  1. Das sprengt den Diskussionsrahmen für das kulturelle Dorf Winterberg.

    https://www.youtube.com/watch?v=nh_WKKnOrYY

    Als Slime ihren „Legal, illegal,Scheißegal“-Song herausbrachten, markiert das übrigens bis auf zwei lumpige Jahre den Beginn von „Eine Stadt wird bunt“.

    Die Ausstellung
    https://www.shmh.de/ausstellungen/eswb/
    habe ich mir mehrmals hintereinander im Museum für Hamburgische Geschichte angeguckt. Ein echter Flash-Back.

    Vielleicht besorge ich mir doch noch den Katalog. Inhalte im Web verschwinden ja mit der Zeit.

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