Westfalenpost: Aus welchen Gründen war die Berichterstattung aus dem Kreistag so schlecht?

Die Blätter hängen hoch, am Baum der Erkenntnis, auch im Sauerland (foto: zoom)
Die Blätter hängen hoch, am Baum der Erkenntnis, auch im Sauerland (foto: zoom)

Es ist gut, dass sich die Westfalenpost verstärkt um eine Berichterstattung aus den gewählten großen und kleinen „Parlamenten“ des Sauerlandes bemüht. Immerhin werden die Vertreter in Stadträte und Kreistage gewählt, um dort bestimmte Vorstellungen, Aufträge, Versprechungen umzusetzen.

Aus welchen Gründen versagt die Westfalenpost bei der Berichterstattung über die Kreistagssitzung der Hochsauerlandkreises am Freitag, den 6. November 2009 in Meschede?

Die Aufgabe der Presse ist es unter anderem, diese Arbeit der Abgeordneten auch zwischen den Wahlen zu beobachten und in angemessener Weise zu publizieren.

Die erste Kreistagssitzung einer neuen Wahlperiode ist sehr interessant. Die Wahlen sind gelaufen, die Wahlversprechen klingen noch nach, die Parteiprogramme liegen vor und die gewählten Vertreterinnen und Vertreter sitzen zum ersten Mal in Meschede zusammen.

Es gibt die Schwarzen, die Gelben, die Roten, die Grünen, die ganz Roten und vielleicht welche, die sich nicht so recht einordnen lassen. Ist ja auch egal.

Jetzt findet die erste Kreistagssitzung statt und die Westfalenpost schafft es nicht, einen soliden Bericht hintereinander zu schreiben, sondern hängt sich am Verhalten eines Einzelabgeordneten auf.

Ein Reporter hätte die Gelegenheit genutzt, in verständlicher Sprache die Aufgaben und Funktionen einer konstituierenden Sitzung des Kreistages den Leserinnen und Lesern des Heimatblattes zu vermitteln.

Er hätte die Bedeutung der Ausschüsse und der sachverständigen Bürger beschrieben und erklärt, nach welchen Geschäftsordungskriterien die Wahlen zu diesen Gremien verlaufen.

Damit hätte ein Reporter seine Leserinnen und Leser in die Lage versetzt, die Beschreibung der Vorgänge während dieser Sitzung zu verstehen und einzuordnen.

Er hätte deutlich gemacht, aus welchen Gründen, das, was er da schildert, Politik und damit wichtig ist.

Er hätte  auf die einzelnen Parteien eingehen können. Er hätte einen Maßstab gehabt, den auch die Leserinnen und Leser hätten nachvollziehen können.

Das alles oder auch nur ein Teil davon ist nicht geschrieben worden.

Die Hauptleistung des Reporters bestand in einem durch keine Zeile des Artikels gedeckten Angriff auf einen einzelnen Abgeordneten.

Die Inkompetenz des online nicht genannten Journalisten wird an einem einzige Satz mehr als deutlich:

„Er stellte den Antrag, auf einen Stellvertreterposten zu verzichten. Im Kreistag erinnerte man sich, dass ausgerechnet Loos im Briloner Stadtrat einen dritten Bürgermeister hatte haben wollen, im Kreis aber entgegengesetzt argumentierte.“

Verstanden? Nein?

„Im Kreistag erinnert man sich …“

Hier schreit es geradezu jemand heraus:

Ich kann es nicht! Ich bin nicht in der Lage oder willens meinen Leserinnen zu sagen, wer „man“ ist.

Lieber unbekannter Reporter,

nennen Sie mir bitte Ihre Quelle!

in ihrem ganzen Artikel wird eines deutlich: parteipolitisches Engagement.

in ihrem ganzen Artikel wird eines nicht deutlich: journalistische Kompetenz.

5 Gedanken zu „Westfalenpost: Aus welchen Gründen war die Berichterstattung aus dem Kreistag so schlecht?“

  1. Gerade bei der WP wird in den letzten Monaten immer deutlicher, dass journalistisches Können wohl durch parteipolitisches Engagement versucht wird zu ersetzen.

    Hier trifft der Willen einiger politischer Repräsentanten, eine unvollkommene und gerichtete Information des Lesers durchzusetzen wohl auf sehr fruchtbaren Boden. Denn aufgrund der Umstrukturierungen im WAZ-Konzern sind die journalistischen Angestellten für eine „Lenkung“ momentan sehr „empfänglich“.

    Mich hat es gewundert, dass die WP heute im Lokalteil es sogar wagte, einen Leserbrief eines leicht empörten Bürgers zu veröffentlichen, der sich direkt auf die in der WP veröffentlichte Forderung eines Lokalpolitikers bezog, dass eine Zeitung doch keine Plattform für die Darstellung anderer Meinungen sei.

    Wir sind weit gekommen hier im Sauerland!

    Ich bin gespannt, wann wir die ersten UN-Truppen hier an der Ruhr vorfinden, die uns einen „Weg zurück zur Demokratie“ ermöglichen sollen.
    Wahrscheinlich werden diese Truppen dann von Staaten wie Burundi, Chile, Mexiko und Russland gestellt werden….

  2. @Wiemeringhauser:

    Die letzten beiden Sätze bewerte ich mal nicht als echten Indikativ, sondern als Sarkasmus.

    Zum Eigentlichen: Ich weiß oder glaube zu wissen, dass es bei der Westfalenpost einige sehr fähige Lokaljournalisten gibt. Für mich stellt sich die Frage, aus welchen Gründen sie ihre Talente und Fähigkeiten nicht entwickeln können/wollen oder dürfen.

    Das könnten sie mir auch selber sagen oder hier schreiben, aber selbst wenn es einer oder eine von ihnen hier incognito täte, wäre er/sie von der Chefetage wegen der Enge und „Intimität“ unserer Region sofort herauszufiltern und er/sie wären ihren Job, Haus und Heimat los.

    Haben Sie den Leserbrief plus Artikel als Scan? Mir ist er heute durch die Lappen gegangen.

  3. Guten Abend!

    Meinen am 10.11. per Mail abgeschickten Leserbrief zu der etwas turbulenten Kreistagssitzung hab ich noch nicht in der WP/WR entdeckt. Vielleicht liegt`s aber auch nur an der fehlenden Lesebrille ???

    Hier nun der Leserbrief für alle die lesen können und wollen:

    An die Redaktion der Westfalenpost

    Leserzuschrift zu dem Artikel „Menschen sollen an Kreispolitik teilhaben“

    Mit der Bitte um Veröffentlichung:

    Und es hat Klick gemacht

    Freitag 06.11.2009 – konstituierende Sitzung des HSK-Kreistags
    Samstag 07.11.2009 – WP/WR berichten unter der Überschrift
    „Menschen sollen an Kreispolitik teilhaben“

    Außer den Kreistagsabgeordneten, dem Landrat sowie einigen anderen Vertretern der Kreisverwaltung und der Presse nahm auch am 06.11. eine kleine Zahl Zuhörer von der Zuschauertribüne aus an der Kreispolitik teil. Erfreulich! Bei den Leuten ist wohl von Politikverdrossenheit noch keine Spur!

    Rede des Landrats, Wahl seiner drei StellvertreterInnen, Besetzung von Ausschüssen, das ist sicher für Außenstehende nicht sonderlich interessant, zumal sich die teils geheime Wählerei in die Länge zog. Als das geschafft war wurden u.a. zwei Resolutionen der Sauerländer Bürgerliste zur Abstimmung gestellt. In beiden Resolutionen ging es um drohende Abschiebungen langjährig in Deutschland lebender und zum Teil sehr gut integrierter Flüchtlinge. Einige Tage zuvor hatten die Kreistagsmitglieder im Nachbarkreis Soest auf Vorschlag der Wohlfahrtsverbände einer wortgleichen Resolution zum Bleiberecht zugestimmt. Damit folgte das Soester Parlament dem Beispiel vieler anderer Städte und Kreise, die entsprechende Forderungen bereits verabschiedet haben. Doch im Hochsauerlandkreis wurden am 06.11. beide Anträge von der Mehrheit der Kreistagsmitglieder abgelehnt. Darüber berichteten die Zeitungen am Samstag leider nicht. Wichtiger erschien der Redaktion wohl, reichlich unreflektiert über sogenannte Querschüsse eines Kreistagsmitglieds zu schreiben.

    Einem weiteren Antrag der SBL erteilten die meisten Kreistagsabgeordneten ebenfalls eine Absage. Integration – nur ein Lippenbekenntnis der Verwaltung und vieler Kreistagsmitglieder? Die SBL hatte beantragt, einen Vertreter aller muslimischen Gemeinden im Hochsauerlandkreis als nicht!!! stimmberechtigtes, beratendes Mitglied in den Schulausschuss aufzunehmen; so wie es für Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche selbstverständlich ist. Der Fraktionsvorsitzende einer größeren Partei äußerte sich dazu ablehnend und sagte in etwa, man bräuchte keine weiteren Funktionäre (Funktionäre???); stattdessen sollten türkische Eltern in der Schule aktiver werden. Auch davon nahmen die Zeitungen am Samstag keine Notiz.

    Große Notiz nahmen hingegen Landrat und Kreistagsmitglieder von einem Bürger auf der Zuschauertribüne. Der Fraktionsvorsitzende einer größeren Partei war „not amused“; denn er hatte den Eindruck, während seiner Begründung der Ablehnung einer Resolution der SBL von einem Zuschauer fotografiert oder -noch schlimmer- gefilmt worden zu sein. Der Fraktionsvorsitzende äußerte die Befürchtung, sich bald mit seinem Redebeitrag bei youtube wieder zu finden und reklamierte das Recht auf sein Bild.
    -Bis dahin hatte es mindestens eine Stunde lang häufig Klick gemacht. Pressevertreter und Zuschauer fotografierten im Sitzungsaal was das Zeug hielt.- Kurz vor dem Ärgernis um den vermeintlich ertappten Fotografen war allerdings vom Landrat, unter Hinweis auf kreiseigene Statuten, darauf hingewiesen worden, dass das Fotografieren sofort einzustellen sei.

    Fotografierverbot in einer öffentlichen Sitzung von frisch gewählten Volksvertretern, das finde ich schon etwas merkwürdig und unzeitgemäß. Bundestags- und Landtagsdebatten sind im Fernsehen und online oft sogar live zu sehen und zu hören! Warum gelten ausgerechnet für Kreistagssitzungen andere „Gesetze“? Warum sollen Redebeiträge und Abstimmungsverhalten einer größeren Öffentlichkeit verborgen bleiben? Der Landrat selbst sprach doch von „Teilhabe der Menschen an der Kreispolitik“!

    Mit freundlichen Grüßen

    Gabriele Joch-Eren

  4. Hallo ZOOM!

    Natürlich war der letzte Satz von Sarkasmus gezeichnet. Frei nach dem Motto von Sigismund von Radecki: „Deutscher Humor ist, wenn man trotzdem nicht lacht.“

    Bei der WP sind fähige Leute! Einige davon kenne ich auch. Das Problem ist nur, dass die Leine, an der Sie gehalten werden, immer kürzer wird…

    Wenn ich wieder im Lande bin, schicke ich die Artikel!

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