Kurzbericht von der gestrigen Ratssitzung der Stadt Winterberg: öffentliche Erklärung des Bürgermeisters

Dunkle Zeiten für das Oversum-Projekt
Dunkle Zeiten für das Oversum-Projekt (archiv: zoom)

Auf der gestrigen Ratssitzung der Stadt Winterberg nahmen die Vorgänge um das Oversum Projekt in Winterberg einen breiten Raum ein. Nach dem Eklat um die Pressekonferenz der „aquasphere Winterberg GmbH“  war zu erwarten, dass der Rat sich öffentlich zu den Auseinandersetzungen der Stadt mit den Oversum Betreibern äußert.

(Linktipp: die Westfalenpost schildert sehr ausführlich die Hintergründe der beiden Pressekonferenzen. Unbedingt lesen!)

Zu Beginn der Sitzung stellte Bürgermeister Werner Eickler in einer fast halbstündigen Rede die öffentlichen Positionen der Stadt dar, im nichtöffentlichen Teil der Sitzung wurden die Ratsmitglieder über weitere Hintergründe und Details informiert.

Seit dem Rücktritt des Geschäftsführers Bernd Rüdiger im Dezember 2012 habe es einen Kampf hinter den Kulissen gegeben und es sei jetzt Zeit für eine offene Informationspolitik der Stadt. „Wir gehen seit gestern völlig transparent mit den Vorgängen um“, so Eickler.

Ich werde hier aus Gründen, die ich unten*** darlege, keine weiteren Details nennen. Kern der Geschichte ist, dass die Stadt das Projekt mit weiteren Finanzhilfen stützen solle, während es schon heute „riesige offene Forderungen“ von beispielsweise Energielieferanten an die „aquasphere Winterberg GmbH“ gebe. Diese sei hoch verschuldet.  Die Stadt könne deswegen die Gesellschaft nicht einfach übernehmen, da sie dann auch die Schulden in Millionenhöhe mit übernehmen müsse.

Das Insolvenzverfahren der Vitalresort Winterberg Gmbh, dem Schwimmbadbetreiber, sei noch nicht eröffnet, kein Insolvenzverwalter bestellt. Grund seien unter anderem Unklarheiten über den Ort des „Insolvenzgerichts“: Kempten im Allgäu, wo die Firma ins Handelsregister eingetragen ist, oder Arnsberg, im Bereich der Geschäftstätigkeit.

Die Stadt, so Eickler, wolle sich auf keine Nachforderungen „der sab“*** einlassen.  Durch das Sicherungsinstrument „Heimfall“ könne sie im Falle eines Falles die Verfügung über die Gebäude erlangen.

Es sei weiterhin zu erwarten/befürchten, dass der Wärmelieferant am 28. März die Energieversorgung wegen der offenen Forderungen einstelle. Die Stadt, so Eickler, nehme aber lieber eine zweimonatige Schließung des Bades in Kauf als den jetzigen Oversum Betreibern finanzielle Hilfen zu gewähren, um dann nach drei Monaten wieder am gleichen Punkt zu stehen.

Kleine Details am Rande: Im November 2011 sollten die Bauarbeiten am Oversum eingestellt werden. Die Pellikaan Bauuternehmung habe jetzt einen Titel von über 2 Millionen Euro gegenüber der „Vencura GmbH“ (mit den Investorfirmen verflochten).

Der neue Geschäftsführer der „aquasphere Winterberg GmbH“ Manfred Wolff habe seine Adresse in Singapur.

Es gebe jetzt schon andere Interessenten für das Projekt Oversum. Das Oversum brauche ab jetzt nicht nur einen Verwalter, sondern „schreie nach einem Kümmerer.“

*** Erläuterung: Bei der Auseinandersetzung geht es erstens um riesige Summen und zweitens um Akteure, die nicht mehr so leicht zu benennen und auseinander zu halten sind. Miteinander verflochtene oder eben nicht verflochtene Gesellschaften mit wechselnden Geschäftsführungen und ähnlichen Namen machen es schwer den „Gegner“ der Stadt Winterberg in diesen Auseinandersetzungen zu benennen. Wann muss man von der „s.a.b. gmbh & co. kg“, wann von der „sab AG“ sprechen oder schreiben? Wie ist die „aquasphere Winterberg GmbH“ mit den anderen Firmen rechtlich, personell verflochten?

Vielleicht weiß es der Rat der Stadt Winterberg. Wir wissen es nicht.

 

8 Gedanken zu „Kurzbericht von der gestrigen Ratssitzung der Stadt Winterberg: öffentliche Erklärung des Bürgermeisters“

  1. Rechtsformwechsel, Umfirmierungen, Neugründungen, Geschäftsführer mit Adresse in Singapur, ausstehende Forderungen in Millionenhöhe: Nach und nach offenbart auch dieses PPP-Projekt seine hässliche Fratze…

    Da man der öffentlichen Diskussion und somit Überprüfung wichtige Vertragsinhalte, die bei PPP-Projekten schon gewohnheitsmäßig suspekt bis übervorteilend sind, vorenthalten hat, ist abzusehen, dass die Kompetenz nur simulierenden Politiker noch von der einen oder anderen Vertragsklausel überrascht werden.

    „Alternativlos“ findet sich der Winterberger Bürger durch den „Heimfall“ in der Eigentümer- und mithin Haftungsrolle wieder, die für ihn jahrzehntelange Schuldenknechtschaft bedeutet.

  2. Es ist wirklich schade wie das nun alles läuft. Ich glaube ich hätte mir besser keine neue 10-er Karte mehr gekauft, die Schließung scheint ja mehr oder weniger bereits beschlossene Sache zu sein…
    Die Stadt könnte solange das Oversum geschlossen ist, das alte Hallenbad wieder öffnen, nach ein paar Monaten Leerstand sollte das kein großes Problem sein, es wurde ja nichts abgebaut. Ich bin leider aufgeschmissen ohne Schwimmbad in Winterberg …

  3. @Leon: abwarten. Da wird ganz schön gepokert. Eigentlich müsste uns beiden die Stadt eine Ehren-Saisonkarte schenken 😉

    Habe meinen letzten Punkt diese Woche ab geschwommen. Ab heute wieder
    Olsberg.

  4. @Leon R.:

    Nun mal nicht den Kopf in den Sand stecken. Winterberg ist voller Schwimmbäder, sofern man sich vorübergehend mal von 50 m-Bahnen lösen kann.

    Wohltemperiert planschen kann man z.B. im Hapimag am Dumel. Das große, heimelige Schwimmbad des Landaal-Parks wird (obwohl häufig leer!) den Bürgern leider vorenthalten: Für den Winterberger Pöbel leider kein Eintritt! Aber vielleicht kannst Du dich „reinmogeln“?!

    Wurde übrigens vor ein paar Tagen aufgeklärt, dass der Landaal-Park von der Bevölkerung in „Skandal-Park“ umfirmiert wurde. Die Hintergründe wurden allerdings nicht deutlich. Dabei kommt er mir – und ich bin öfters mal im Büretal – ganzjährig gut besucht vor. Nicht, dass sich auch dieses Renommierprojekt von gewissen Entscheidungsträgern mit Landtagsambitionen als nicht nachhaltig offenbart?!

  5. Im Fall Oversum wird es immer dramatischer: Die aquasphere Winterberg GmbH als Oversum-Objekteigentümerin hat gestern Nachmittag der von der Insolvenz bedrohten Vital Resort Winterberg GmbH als Badbetreiberin das Pacht- und Bewirtschaftungsverhältnis für die Bereiche Sportbad sowie Fitness, Wellness und Sauna mit sofortiger Wirkung gekündigt. WAZ: http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-winterberg-medebach-und-hallenberg/fall-oversum-wird-immer-dramatischer-id7757644.html

  6. @Marker: Das sind „Vollprofis“. Kannst Du die Kräfteverhältnisse einschätzen? Ich nicht. Ich denke, dass die, deren Namen man eigentlich gar nicht mehr weiß, jetzt mit allen Mitteln Druck aufbauen. Am Ende des Tages geht es um Geld, sehr viel Geld.

    Danke für den Link!

    Ich zitiere aus einer E-Mail von mir:

    “ … das ist auch vor Ort schwer durchschaubar. Um das Ding zu knacken bräuchtest Du entweder das Monitor-Recherche-Team oder die Spiegel Wirtschaftsredaktion im Recherchemodus.

    Was sich nun zwischen der Stadt Winterberg und … abspielt, kann man nur ahnen, denn die „neue Offenheit“ von Eickler ist lediglich Öffentlichkeitsarbeit. Die Verträge sind ja immer noch geheim, Geldflüsse nicht bekannt. Alles was die Stadt öffentlich sagt, könnte die andere Seite in den Auseindersetzungen verwenden.

    Von daher erwarte ich von Eickler und dem Rat gar nicht „die Wahrheit“. Die werden sich hüten.

    Die Winterberger Verantwortlichen kämpfen an zwei Fronten: gegen …, diese Hydra mit den vielen Köpfen und gegen die Gefahr, dass ihnen (eine) Verantwortung für das Desaster nachgewiesen wird. …“

  7. zoom: Ohne die Verträge genau zu kennen, ist eine Beurteilung von außen schlecht möglich. Die von Herrn Eickler angekündigte Transparenz beinhaltet für mich auch die Offenlegung der Verträge. Allerdings könnten dadurch auch gravierende Fehlentscheidungen der Stadt aufgedeckt werden. Deshalb ist davon auszugehen, dass Herr Eickler die Stadt nicht selbst in die Pfanne hauen wird.

  8. @Marker: sehe ich genauso, bis auf eine Kleinigkeit: die „Stadt“ würde ich durch „die Verantwortlichen in der Stadt/der Stadt ersetzen“.

    Die BürgerInnen, mit denen ich bislang gesprochen habe, putzen jedenfalls schon hier und da die Pfannen.

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