Von Ciudad Mexico nach Havanna. Meine kleine Kuba-Krise.

Unweit des Prachtboulevards von Havanna (foto: koerdt)
Ironie der Lage: in der Nähe des Prachtboulevards von Havanna (fotos: koerdt)

Dieser Artikel ist der sechste Teil einer persönlichen Serie über das Leben in Mexico-City im Jahr 2010. Sämtliche bisher erschienen Artikel sind hier zu finden.  Wir machen eine Reise und beobachten das Leben in Kuba. Viel Spaß beim Lesen.

Hola a todos!

Nachdem ich erfolgreich meine kleine, persönliche Kuba-Krise hinter mich gebracht habe, bin ich wieder in Mexiko-Stadt gelandet. Zum Glück war Kuba nicht das alleinige Ziel, so dass ich nun mit vielen neuen (und vor allen Dingen auch tollen) Erfahrungen in die Stadt zurückgekehrt bin. Aber der Reihe nach:

Am Prachtboulevard, dem Malecon, von Havanna
Am Prachtboulevard, dem Malecon, von Havanna

Angefangen hat alles vor über einem Monat in Havanna. Gut gelaunt landeten Christopher und ich auf dem sozialismusschicken Flugplatz und sofort wurde ich für ein Verhör von einem Flughafenmitarbeiter herausgepickt. Schwupp war mein Pass weg und natürlich wollte mir niemand sagen, was das nun soll. Angestrengt verfolgte ich den Weg meines Passes, der durch fünf verschiedene Hände ging, während ich auch noch versuchte, Christopher im Blick zu behalten. Nach einer wirklich lächerlichen Befragung konnten wir (als wir endlich Christophers Freund Uwe*, der aus Frankfurt gekommen war, in der Abflughalle getroffen hatten) uns auf dem Weg in die Trümmer-Metropole machen.

Der Sozialismus und die Privatwirtschaft
Es gibt eine im Prinzip nette Idee in Kuba: so kann man privat bei Familien übernachten, die dann einen auch noch bewirten. Doch diese Idee wirft ihre Schattenseiten, wie wir im Laufe der Tage feststellen durften. Wir landeten bei Senor Julio, ein nette, älterer Schnauzbartträger, der gepflegt im Unterhemd seine Tage vor dem Fernseher verbringt.

Der Unvermeidliche Che Guevara
Der Unvermeidliche - Che Guevara

Als erstes erfuhren wir, dass er uns bei „einer staatlichen Behörde“ melden muss. Desweiteren ist ja schon klar, dass nur besonders ausgewählte Personen diese Form von Selbstständigkeit nachgehen dürfen. Denn berufliche Selbstständigkeit gibt es ja eigentlich gar nicht. So müssen diese kleinen Privathotels natürlich jeden Monat etwas an die Regierung rausrücken und bekommen sofort empfindliche Strafen, wenn sie das mal nicht tun (z.B. wenn sie in dem Monat zu wenig eingenommen haben). Dafür bekommen sie aber den ach so begehrten Peso convertible (kurz CUC). Den anderen Peso bekommen eigentlich nur die gemeinen Kubaner, aber nicht der gemeine Ausländer, denn der soll ja Devisen ins Land schaffen und darf somit für alles ungefähr das 25fache zahlen. Der gewitzte Kubaner gibt dann aber manchmal im Wechsel auch einmal keine convertiblen Pesos raus und der dumme Ausländer merkt das nicht sofort.

Fidel Castro redet – „Täglich grüßt das Murmeltier“
Kurz vor dem kubanischen Nationalfeiertag am 26. Juli gab es tatsächlich wieder einmal eine Rede von Fidel Castro im Fernsehen, der von zwei Jogginganzugträgern eingerahmt wurde. Irgendwie sah das für mich aus, als wolle er zwei Sportler ehren. Aber unser Gastwirt, Senor Julio, belehrte mich eines Besseren: nein nein, das seien seine Ärzte und wie bei „Täglich grüßt das Murmeltier“ erzählte Fidel das, was er seit 50 Jahren erzählt. Senor Julio ergänzte auch noch, dass Kuba in den Vereinigten Staaten immer noch als Staatsfeind Nr. 1 gelte und ich hatte den Eindruck, dass für einige Kubaner die Invasion in der Schweinebucht immer noch nicht vorüber ist.

Kubanische Parallelwelten
Wenn man sich dann so ein bisschen in Kuba herum tut, gewinnt man als Tourist doch ganz schnell den Eindruck, dass man sich in einer von den Kubanern losgelösten Parallelwelt aufhält: In dem angeblich besten Eiscafé Havannas gibt es eine Ausländerzone und bei den Überlandbussen wird man auch von den Einheimischen getrennt. Dann schaut man sich die Fotomontagen im Nationalmuseum an, läuft mal etwas abseits der Touri-Pfade durch die Stadt und sieht man Armut, Armut, Armut, die schon teils groteske Züge hat. Wenn es mal Baumaterial gibt, gibt es Leute, die nachts vor den Häuserruinen sitzen und es bewachen. In den staatlichen Museen wurden wir regelmäßig von den Mitarbeitern angebettelt, ob wir nicht ein paar convertibles für sie hätten.

Der Revolution entgegen schaukeln
Da man als Tourist sich fast nur auf vorgezeichnete Pfade begeben kann, bleiben einem wahrscheinlich sehr viele Eindrücke verborgen, erspart oder wie immer man es nennen möchte. Als wir südwestlich von Havanna durch das wirklich atemberaubend schöne Tal von Vinales fuhren, bot sich fast durchweg ein Bild: die Leute saßen tagsüber auf ihrer Veranda im Schaukelstuhl. Und ich dachte mir genauso stelle ich mir eine Revolution vor: man schaukelt ihr entgegen. Nein, es ist eher das Sinnbild der Lethargie, die sich fast in allen Gesichtern gezeigt hat. Vielleicht erschöpft von der Hoffnung auf ein besseres Gesellschaftssystem.

Ein bisschen Propaganda muss sein.
Ein bißchen Propaganda muss sein.

Oje, jetzt habe ich bereits soviel geschrieben, dass bestimmt einige bisher gar nicht durchgehalten haben. Deswegen werde ich nun erst einmal enden, ein paar Bildchen einfügen. Von den anderen Ländereindrücken (Belize, Guatemala) werde ich demnächst dann einmal berichten.

Muchos saludos!

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