Ciudad Mexico feiert und weitere Reiseberichte: „This is Belize, Baby. And we are speaking English.“

Belize - Inselstrand (fotos: koerdt)
Bounty und Barcadi: „This is Belize, Baby. And we are speaking English.“ (fotos: koerdt)

Dieser Artikel ist der siebte Teil einer persönlichen Serie über das Leben in Mexico-City im Jahr 2010. Sämtliche bisher erschienen Artikel sind hier zu finden.  Wir ergänzen den Reisebericht über Kuba um Belize und Guatemala, werfen einen Blick auf die Feiern zum 200. Jahrestag des Beginns des Unabhängigkeitskampfes gegen die Spanier,  lassen uns einparken und empfangen weitere Dienstleistungen. Viel Spaß beim Lesen.

Hola a todos!

Fahnen an jeder Straßenecke.
Fahnen an jeder Straßenecke.

Ob es wirklich ein Vorurteil ist, dass der gemeine Mexikaner gerne feiert, kann ich in der kommenden Woche überprüfen. Denn dann beginnen die Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag des Beginns des Unabhängigkeitskampfes gegen die Spanier und schon seit einiger Zeit kann man sich an jeder Straßenecke mit Fähnchen, Winkelementen in den mexikanischen Nationalfarben Grün-Weiß-Rot eindecken.

Kölner verstehen Mexico
Meine Kollegin Juana* hat mich ausdrücklich davor gewarnt zu den zentralen Feierlichkeiten auf dem Paseo de Reforma (dem Prachtboulevard von Mexiko-Stadt) oder zum Zocalo (dem Hauptplatz) zu gehen, da gerade die Männer sich nur besaufen und dann sehr grapschig werden würden (erinnert mich irgendwie an den Kölner Karneval). Ich solle doch lieber –bevor ich auf dumme Ideen komme- zu ihrer Familie zum Essen kommen.

Miguel Hildalgo – der“ Überall-Pater“
Auch an der Schule wird es wohl Feierlichkeiten geben: in der Regel wird ein Kind als Miguel Hildago verkleidet und das muß dann eine Glocke läuten. Die Verkleidung ist sehr einfach, denn Hildago fiel durch seine Haarpracht auf: Stirnglatze und längeres, silbergraues Haar. Dieser Pater begegnet einem überall in Mexiko (vorher hat er mir natürlich nichts gesagt), denn er war es, der zum Freiheitskampf am 16. September 1810 aufrief, nachdem er die Glocken seiner Kirche bimmelte und die Leute auf dem Platz vor dem Gotteshaus einfanden. Gut ging das nicht für ihn aus: ein knappes halbes Jahr später hatten die Spanier ihn hingerichtet und seinen Schädel an dem Festungsbau Alhóndiga de Granaditas in Guanajuato geknüpft. Dort blieb er dann auch erst einmal 10 Jahre, bis 1821 Mexiko endlich unabhängig wurde.

Ein positiver Kulturschock – Tikal in Guatemala: schier unfassbar, was die dortigen Mayas sich für Gebäude hingestellt haben.
Schnell hat einen der Alltag wieder und die kleinen Erkundigungen der letzten Wochen kommen mir bereits als vollendete Vergangenheit vor. Dennoch möchte ich noch kurz von einer Stätte berichten, die mit zu dem Eindrucksvollsten gehört, was ich bislang in meinem Leben gesehen habe:

Sie existiert wirklich. Unsere Autorin gut behütet vor der Pyramide (foto: koerdt)
Sie existiert wirklich. Unsere Autorin gut behütet im Urwald vor der Pyramide (foto: koerdt)

Tikal in Guatemala. Es ist schier unfassbar, was die dortigen Mayas sich für Gebäude hingestellt haben. So kann man auch heute noch über Außentreppen 60 Meter hohe Pyramiden besteigen und von dort über einen Urwald blicken, dessen Bäume meist 50 Meter hoch sind. In diesen Bäumen tummeln sich Brüllaffen, dessen Schreie sich wie das Fauchen eines Jaguars anhören (also in jedem Fall sehr bedrohlich) oder es fliegt mal ein Tukan vorbei. Das Einzige, was an diesem Faszinosum stört, sind die Moskitos. Zumal uns auch bestätigt wurde, dass es sich bei Tikal um ein Malaria-Gebiet handelt. Entsprechend innerlich hysterisch habe ich dann auch auf zwei Mückenstiche reagiert, die ich mir dort geholt habe (jetzt dürfte allerdings die Karenzzeit überschritten sein).
Kurzum: Es gibt also auch angenehme Kulturschocks.

Ein unangenehmer Kulturschock an der Grenze zu Belize: „You better belize ist“
Nicht so ganz angenehm fand ich hingegen den Kulturschock, den ich erfuhr, als wir vorher nach Belize eingereist waren. Bereits an der Grenze wurde mir klargemacht –nachdem ich mich noch auf Spanisch bedankt hatte-, wo ich mich befinde: „This is Belize, Baby. And we are speaking English.“ Tja, nur dass dieses Pidgin-English scheinbar nur aus Vokabeln wie Darling, Sweetheart, Babe etc.pp. besteht. Nach ein, zwei Tagen war ich ziemlich genervt von diesen oberflächlichen Schmeicheleien (wenn es überhaupt welche sind). Auch der Tourismus-Slogan „You better belize it“ klingt eher wie eine Drohung als die Vorfreude auf ein Urlaubsparadies.

Schöne, junge Menschen, die unter Palmen am Strand abhängen. Bounty und Barcadi.
Belize City ist eine Stadt, die man möglichst schnell verlassen möchte: als einzige Sehenswürdigkeit ist eine Drehbrücke aus den 20er Jahren in den Touristenführern angegeben. Zum Glück geht das „Verlassen“ auch ganz gut, denn von dort starten die Schnellboote auf die Inseln vor Belize; und da hat man das, was man so gemeinhin aus Bounty- oder Barcardi-Werbung kennt. Schöne, junge Menschen, die unter Palmen am Strand abhängen.

Die junge Kubanerin und eine Quizfrage.
Auf Caye Caulker konnte ich feststellen, dass ich nun wirklich nicht mehr zum hippen Jungvolk gehöre (den nachmittäglichen Cocktail an der Strandbar konnte ich dennoch genießen.). Hier begegnete mir auch noch einmal Kuba wieder – und zwar in Form einer jungen Frau, die in einer Strandbar arbeitete und uns allen Ernstes weißmachen wollte, dass sie vom kubanischen Staat einen Ein-Jahres-Vertrag für diesen Job bekommen hätte. Daß sie aller Wahrscheinlichkeit nach geflohen ist, wollte sie warum auch immer nicht erzählen.

Ach ja, zum Schluss noch eine kleine Quizfrage: Wie heißt die Hauptstadt von Belize? He, nicht bei Wikipedia nachschauen.

Zurück in Ciudad Mexico: die Dienstleistungsgesellschaft gebiert Parkplatzanweiser und Müllträger.
Ja, wie gesagt, mittlerweile hat mich der Alltag wieder und das fällt mir dann auf, wenn mir bestimmte Dinge schon gar nicht mehr auffallen: zum Beispiel die Parkplatzeinweiser. Dieser Job besteht darin, dass sie eine Dienstleistung anbieten, die gar nicht benötigt wird. Sie stehen mit einem Putzlappen auf den Schultern auf den Straßen und winken den Autofahrern, die vorbeifahren, die Parkplätze zu. Wenn einer parken will, fuchteln sie wie wild mit den Armen herum, um Einparkhinweise zu simulieren. Für diesen nicht gewünschten Dienst verlangen sie dann ein paar Pesos.

Pacos Dienstleistungen
Vor unserer Tür steht Paco. Paco steht morgens um sechs dort (wenn ich aufstehe) und er steht auch noch dort, wenn ich von der Arbeit zurückkomme. Paco hat sich aber auch noch weiter auf den informellen Arbeitsmarkt ausgebreitet: seit unserem Umzug wurde es zu einem regelrechten Sport für uns, die Müllwagen abzupassen, wenn sie die Straße durchquerten, so dass wir schnell mit unseren Mülltüten -die sich teils bereits in der Küche gestapelt hatten, weil wir tagelang die Müllabfuhr verpasst hatten- auf die Straße sprinteten, um sie auf den Müllwagen zu werfen. Dass wir uns damit grundlegend falsch verhielten, machte uns Paco in der letzten Woche klar: er sei dafür verantwortlich. Wir sollten lediglich die Tüten rauslegen und er kümmert sich darum. Natürlich nicht unentgeltlich. Ich bin gespannt, welche Dienstleistungen Paco sonst noch im Repertoire hat.

Muchos saludos!

* Namen geändert

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