Aufgeflogen: Rechte suchen Nährboden in Bürgerbewegungen

Meschede von oben mit Blick auf die Benediktinerabtei. (foto: zoom)
Meschede von oben mit Blick auf die Benediktinerabtei. (foto: zoom)

Die eher links-ökologisch orientierte Sauerländer Bürgerliste hat ein großes Problem. Sie ist von geschickten Rechtsradikalen unterwandert worden: Freie Wählergemeinschaften und sogenannte bürgerbewegte Gruppierungen treten oft mit dem Anspruch auf, die echten, wahren Interessen vor Ort zu vertreten, unverfälscht durch die ideologierten Machtspiele der etablierten Parteien, uneigennützig im Dienste der Bürger.

Vorsicht! mahnt eine Untersuchung über Rechtspopulismus in Gestalt einer Bürgerbewegung der Arbeitsstelle Neonazismus aus dem Jahr 2007, die aus aktuellem Grund in diesem Jahr in einer aktualisierten Fassung erschienen ist.

Bevor ich auf Meschede und die mutmaßliche Unterwanderung der MbZ (Meschede braucht Zukunft) eingehe, führe ich ein Zitat aus der Studie an:

“ … Die PRO-Bewegung mit ihrer Ursprungsformation PRO KÖLN und ihren Exportmodellen PRO NRW und PRO Deutschland (PRO D) ist eine neue Wahlgruppierung der extremen Rechten, die – getarnt als  „Bürgerbewegung“ – versucht, sich von der Domstadt Köln aus in NRW und darüber hinaus in ganz Deutschland auszubreiten.

Erste Wahlerfolge erzielte diese neue Rechtsaußengruppierung bei den Kommunalwahlen 2004 in Köln, wo ihr der Einzug in den Rat der Stadt glückte. Bei den folgenden Kommunalwahlen 2009 konnte sie diesen Erfolg leicht ausbauen und sich zudem in weiteren Kommunen ausbreiten.

Offenkundiges Bestreben ist es hierbei, auf dem Ticket weit verbreiteter Vorurteile gegen Muslime mit antiislamischen Kampagnen Stimmungen unter rassistischen Vorzeichen zu erzeugen und in Wahlerfolge umzumünzen. Diese Gruppierung entstammt dem Lager der extrem rechten Parteienlandschaft und ringt mit den anderen Rechtsaußenparteien um die Stammwählerwählerschaft dieses Lagers. Zugleich bemüht sich diese Gruppierung jedoch um das Eindringen in breitere Wählerschichten. Im Unterschied zu offen neonazistischen und demokratiefeindlichen Parteien wie der NPD bekleidet sich die PRO-Bewegung mit einer rechtspopulistischen
Hülle: Forderungen nach Volksentscheiden dienen dabei dem offenkundigen Bestreben der Instrumentalisierung von  Mitbestimmung als Vehikel zur Kampfansage an den interkulturellen Frieden.

Folgende Merkmale sind es, die diese Rechtsaußenformation von der herkömmlichen extrem rechten Parteienlandschaft unterscheiden:

1. ihre Maskerade als scheinbar lokale oder regionale „Bürgerbewegung“
2. ihre rechtspopulistische Verzerrung demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten
3. ihre Fokussierung auf Kulturrassismus in Form von Anti-Islam-Kampagnen
4. ihr Versuch zur Besetzung eines neuen politischen Ortes
5. ihre öffentlichkeitsorientierte populistische Eskalationsstrategie

… „

Was hat diese Zitat mit Meschede zu tun?

Auf der Website der „völkischen“  Freiheitlich patriotischen Bewegung Deutschlands wird eben jener Klaus Rudolph, der bislang in den Reihen der MbZ gewirkt hat, als Ansprechpartner für das Sauerland angegeben.

Über Rudolph heißt es auf der Enthüllungswebsite „NRW rechtsaußen„:

Rudolph war im Sommer 2008 für die extrem rechte „Bürgerbewegung pro NRW“ aktiv. Vom damaligen „pro NRW“-Bezirksbeauftragten für das Sauerland, Uwe Berger, wurde er am 12. Juli 2008 als der „von mir hoch geschätzte Kreisbeauftragte für den Raum Meschede“ vorgestellt. Am Tag darauf hatte Berger unter der Überschrift „Aufbruchstimmung im Sauerland“ getönt, „mit initialen Aktionen und der Einbindung eines neuen Kreisbeauftragten für den Raum Meschede“ beginne nun „auch im Sauerland eine Aufbruchstimmung mit dem Ziel politischer Veränderungen“. Man werde von Rudolphs Wohnort aus „ein Netzwerk aus Kreisverbänden, Gesprächskreisen, Arbeitsgruppen, der Wirtschaft sowie mit den Bürgerinnen und Bürgern aufbauen und für Aufbruchstimmung sorgen“.

Aus den hochfliegenden Plänen wurde nichts. Berger schied im Streit bei den Rechtspopulisten von „pro NRW“ aus, weil er sich von der Parteispitze zurückgesetzt sah, und gründete mit der „Freiheitlich patriotischen Bewegung Deutschlands“ (FpBD) seinen eigenen obskuren Verein, der bis heute freilich ohne jede politische Relevanz geblieben ist.

An der Seite Bergers ist Klaus Rudolph dort weiterhin aktiv. Auf der Homepage des rechten Grüppchens jedenfalls dankt Berger in der ihm eigenen Realitätsabgehobenheit seinem FpBD-Ansprechpartner für das Sauerland, der „unermüdlich, mit sehr vielen kreativen Ideen, einer Menge praktischer Arbeit und erstaunlich viel Aufmerksamkeit jede Gelegenheit nutzt, mit seinen Mitmenschen in Kontakt zu kommen und damit die Vorbereitungen zu treffen, um in einem der wichtigsten Regionen Nordrhein-Westfalens Pflöcke unserer Bewegung in den Boden zu schlagen und Menschen für unsere Sache zu begeistern“ (Schreibweise im Original).

Ein weiteres U-Boot der Rechten ist Alexander von Daake, der sich in den lokalen Medien als Unschuldslamm geriert. In der rechtsextremen National Zeitung veröffentlich von Daake eine Artikel über „Erneuerbare Energien“ und tut so, als sei die Veröffentlichung mehr oder weniger zufällig:

Von Daake äußerte sich gestern in einer Stellungnahme, nachdem ihn eine Veröffentlichung in der „National Zeitung“ (wir berichteten) das Amt gekostet hatte: Er schrieb von einer „Hetzkampagne gegen meine Person und meine Familie“.

Ihm sei es wichtig gewesen, dass besagter Artikel in überregionalen Zeitungen erscheint, um mehr Menschen das Thema „Erneuerbare Energien“ näher zu bringen. „Also haben wir bundesweit Medien angeschrieben, darunter zufällig auch die National-Zeitung. Mit dem Medium und dessen Inhalten habe ich nichts zu tun. Mein Artikel ist auch kein politischer Beitrag.“ alles lesen

Von Daake ist da nicht reingerutscht, er ist höchstwahrscheinlich ein bewußter Rechtsaußen, ebenfalls U-Boot der sogenannten „freiheitlich patriotischen Bewegung“.

Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass es sich bei der folgenden Beschreibung auf der „völkisch“-rechtsradikalen Website um besagten AvD handelt:

Bis vor ein paar Tagen war die Welt wohl noch in Ordnung in Wennemen, einem kleinen Dorf in Rufweite des Hochsauerlandkreises. Ein Stadtrat werkelt dort, wie in vielen anderen Dörfern, Städten, Kommunen und Gemeinden vor sich hin, so wie sie es schon immer taten. Für uns Patrioten ist Wennemen seit geraumer Zeit ein Ort, in dem wir unsere politischen Aktivitäten planen, diskutieren, festlegen und in die Öffentlichkeit tragen. So eben, wie jede andere politische Organisation eben auch.

Bis, ja bis eines Tages, ober besser, eines Abends jemand seinen politischen Frust in viel zu viel Alkohol ertränkte und das bei der Rückfahrt dann „einem Verkehrsschildchen“ in der Mitte des Dorfes so überhaupt nicht bekam, weil er es touchierte. Ein bisschen Lack hier abgekratzt, ein winziges Stück Verkehrsschildblech kreativ verformt, mehr war nicht geschehen und der Verursacher wäre eigentlich ohne weiteren Schaden daheim angekommen. Wenn, ja wenn es da nicht jenen Gutmenschen gegeben hätte, der „diesen Schuft, den er ja sowieso schon lange Zeit in Verdacht hatte“, bei der grünuniformierten Fraktion anpfiff. Es kam, wie es kommen musste. Schnell war jemand gefunden, der den Herrn auch schon mal mit diesen „Ganoven von der FpBD Bewegung, diesem „üblen Ableger der pro Bewegung““ gesehen hätte.

Die Sauerländer Bürgerliste hat ein sehr großes Problem. Sie ist mit einem kreisweiten Bündnis aus freien Wählergruppen zu den Kommunalwahlen 2009 angetreten und hat in dieser Formation eine Sitz im Kreishaus erlangt.

Im Kreishaus vertritt mit Reinhard Loos ein fähiger und aller rechten Umtriebe unverdächtiger Ex(?)-Grünen Politiker seine Wählerinnen und Wähler.

Vor der Wahl schien es, als sei die SBL souveräner Organisator des Bündnisses, jetzt weist vieles darauf hin, dass Loos und seine Leute von Rechten bis Rechtsradikalen missbraucht werden sollten, denn im rechtsradikalen Lager herrscht hämische Freude:

Wir Patrioten können es uns dennoch nicht verkneifen, all den Aktionisten ganz herzlich zu danken!

Die SBL muss reinen Tisch machen und zur Not auch das ganze Wahlbündnis in Frage stellen.

Die Tatsache, dass der politische Gegner die Situation auskosten könnte bzw. schon auskostet, kann keine Entschuldigung sein. Einbunkern führt zum politischen Tod durch Ersticken.

Die Sauerländer Bürgerliste hat den Parteien und Mächtigen im Kreistag oft die Leviten gelesen. Jetzt ist die Zeitpunkt gekommen, schonungslos sich selbst gegenüber zu sein.

8 Gedanken zu „Aufgeflogen: Rechte suchen Nährboden in Bürgerbewegungen“

  1. Die SBL unterwandern? Da hätten sie sich aber alle Zähne ausgebissen, egal ob braune, schwarze oder weiße! ALLE!

  2. @Gabi:
    Das sehe ich ähnlich. Die Fehler, wenn sie denn gemacht worden sind, muss die SBL u. a. in der Bündnisarbeit suchen und sehr schnell und offen selbst aufarbeiten.

  3. Zur Klärung trage ich gerne bei und bin auch für jegliche Unterstützung und entsprechende Informationen dankbar. Allerdings glaube ich nicht, dass es seitens der SBL sehr viel (auf)zuklären gibt.
    Aber schauen wir mal….

  4. Die exakt 600 Stimmen für die SBL-Liste in der Stadt Meschede bei der Kreistagswahl waren ein schöner Erfolg, auch für die U-Bootflotte

  5. Klar war das ein Erfolg! Und wer von unseren Wählerinnen und Wählern sich ein wenig mit dem Programm der SBL befasst hat, weiß, dass die SBL mit rechtsradikalen Tendenzen so viel zu tun hat wie ein Elefant mit Schlittschuhlaufen.
    Das wissen die, die unsere Flyer in Meschede dankenswerterweise verteilt haben doch bestimmt auch!?

    Wer sich über die SBL informieren möchte, dem empfehle ich:

    http://www.sbl-fraktion.de

    anzuklicken.

    Und hier gleich für alle die lesen können und wollen ein Artikel über einen aktuellen Antrag der SBL, der gestern an die Presse ging. Bin mal gespannt ob ihn die Lokalredaktionen aufgreifen und ob der SBL jetzt unterstellt wird, sie sei von Stalinisten oder sonstigen Linksradikalen unterwandert!?

    Sauerland – Land der langen (teuren) Wege

    Die Fraktion Die Linke und Reinhard Loos von der Sauerländer Bürgerliste (SBL) richteten einen gemeinsamen Antrag an den Landrat.

    Zur Vorgeschichte:
    Das „Forum Linkes Arnsberg“ hatte am 15.09.2009 einen Antrag auf Einführung eines ÖPNV-Sozialtickets an den Kreistag des Hochsauerlandkreises gestellt. In einer Beschlussvorlage vom 07.05.2010 für die Kreistagssitzung am Freitag dem 2. Juli 2010 empfiehlt die Verwaltung den Kreistagsmitgliedern, auf die Einführung dieses ÖPNV-Tickets zu verzichten.

    Die Fraktion Die Linke und das Kreistagsmitglied der SBL reagierten zügig und beantragten Ende Mai, der Kreistag möge die Einführung eines Sozialtickets für den ÖPNV umgehend beschließen.

    Die Preisgestaltung stellen sich Linke und SBL so vor: Fahrkarten in der Wohnsitzgemeinde – außer für Einwohner der Stadt Arnsberg – und für 2 wählbare Nachbargemeinden soll bei 15,- Euro pro Monat liegen. 25,- Euro monatlich lautet der Vorschlag für ein Ticket, das im gesamten RLG-Gebiet gilt. Berechtigt zum Bezug des Sozialtickets sollen z.B. Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld sein.

    In der umfangreichen Antragsbegründung schreiben Die Linke und die SBL u.a., dass in den Regelsätzen für alleinstehende Erwachsene nur ca. 14,- Euro monatlich für Bahn-, Bus- und Fahrradnutzung enthalten sind. Für familienangehörige Erwachsene falle der Betrag mit ca. 11,- Euro noch dürftiger aus, und für Kinder liege er lediglich zwischen ca. 8,- und 11,- Euro. Bei den hohen Fahrpreisen und den sehr großen Entfernungen im HSK wäre damit keine Mobilität möglich, so die beiden Antragsteller.

    In der Begründung wird auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 verwiesen. Demnach hätten sehr viele Empfänger von Leistungen nach SGB II und wohl auch von SGB XII im Rahmen der Härtefallklausel ab sofort Anspruch auf zusätzliche Leistungen zur Finanzierung von Bus- und Bahnfahrkarten. Durch diese Härtefallleistungen würden sowohl erhebliche Mehrkosten als auch erheblicher Verwaltungsaufwand entstehen. Dies, so meinen die Antragsteller, ließe sich durch die Einführung des Sozialtickets vermeiden.

    Bzgl. der Kosten heißt es, die Kreisverwaltung habe in ihrer Beschlussvorlage die Kosten für die Zuschüsse zu hoch dargestellt. Als Beispiel wird auf eine Marktstudie aus Köln verwiesen, die belegt, dass der reelle Zuschussbedarf erheblich geringer ausfällt als vor der Einführung des Tickets in Köln veranschlagt worden ist. Die Antragsteller rechnen mit ca. 0,06 Mio Euro Kosten pro Jahr. Die Kreisverwaltung befürchtet eine Belastung zwischen 2,016 Mio Euro und 0,504 Mio Euro, je nach Anzahl der Sozialticket-Nutzer.

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