Wahlen – abgehakt

Heute morgen in Dortmund: Grüne und CDU nahe beieinander (foto: zoom)
Heute morgen in Dortmund: Grüne und CDU nahe beieinander (foto: zoom)

In der letzten Woche vor den Wahlen haben sich  die Spekulationen, Vermutungen und Rechenspiele über mögliche Konstellationen und Koalitionen nach dem morgigen Sonntag fortgesetzt. Ich persönlich hatte den Eindruck, dass die Auswertungen und Prophezeiungen sich sogar verstärkten.

Diese Medienspielchen sind natürlich nicht uneigennützig. Die Schwarz-, Rot-, Gelb-, Grün-Malerei in Internet und Print dient selbstverständlich auch der Wahlbeeinflussung.

Die meiner Meinung nach beste Analyse habe ich gestern von Wolfgang Lieb auf den nachdenkseiten, dem Vademecum für linke Sozialdemokraten,  gelesen.

Die wahrscheinlichste Koalition, so Lieb, sei eine Schwarz-Grüne Regierung:

Unabhängig davon, ob die Linke im Düsseldorfer Parlament vertreten sein wird oder nicht, ist die wahrscheinlichste Koalition Schwarz-Grün. Die Grünen haben im letzten halben Jahr bei den Umfragen in der Tendenz deutlich zugelegt und lagen stabil über 10 Prozent. Zusammen könnten diese beiden Parteien zumindest eine Mehrheit der Parlamentssitze erreichen.
Weder Jürgen Rüttgers, noch „everybody`s darling“ Sylvia Löhrmann (die Spitzenkandidatin der Grünen) schlossen ein solches Experiment im Industrieland NRW aus.

Aus einem anderen politischen Blickwinkel neigen auch die ruhrbarone (mit Einschränkungen) einem Schwarz-Grünen Machtprojekt zu. David Schraven findet eine derartige Zusammenarbeit „sehr spannend“:

Denn im Falle von rot-grün droht ein Comeback der Industriepolitik a la Wolfgang Clement: Stillstand für den Mittelstand, Rückschläge für die Umwelt und verschwendete Milliarden in hirnlosen Projekten.

Die Grünen können da nicht mitmachen, wenn sie sich nicht selbst verraten wollen.

Es bleibt die Option eines Bündnisses mit der CDU. Und gerade dies ist sehr spannend. Natürlich müsste die CDU ihre Zöpfe in der Bildungspolitik abschneiden. Aber warum eigentlich nicht? Wahrscheinlich wären die konservativen Vordenker froh, wenn sie von ihrer Gesamtschulablehnung abrücken könnten. Es ist so, wie mit Hartz IV: diesen Sozialkahlschlag konnte auch nur die SPD im Bündnis mit den Köpfen der Gewerkschaften durchsetzen. Genauso können nur die Schwarzen die Gesamtschule durchboxen.

Selbstverständlich einseitig kämpft das pottblog für die SPD in NRW, was im Übrigen völlig in Ordnung ist, da der Herausgeber nie einen Hehl aus seiner Parteigebundenheit macht.

Gegen Rüttgers hat sich mit vielen Enthüllungen „Wir-In-NRW„, das Blog des Waz-Profis Pieper im Ruhestand aufgestellt. Interessant wird sein, ob sich die aufgedeckten Skandale letztendlich auf das WählerInnenverhalten auswirken.

Distanziert, aber doch scharfsinnig, hat sich Ulrich Horn, auch ein WAZler im Ruhestand, in die NRW-Politik eingeschaltet. Horn schweigt seit fast einer Woche und er hat vielleicht Recht damit, sich aus den Aufgeregtheiten der letzten Vor-Wahlwoche herauszuhalten.

Ich selbst halte eine Schwarz-Grünes Bündnis für sehr wahrscheinlich. Diese Einschätzung hat nichts mit meiner eigenen politischen Einstellung zu tun, geschweige denn, dass sie meinen „Wunsch“ widerspiegelt. Es gibt zwar noch „Grüne“, die sich an den Wurzeln der Bewegung und Partei orientieren, doch scheint mir die Partei selbst auf dem Weg die FDP im politischen Spektrum zu beerben. Zynisch formuliert: Wer Karriere machen will, sollte dies bei den Grünen versuchen, denn dort ist das Verhältnis Posten zu Bewerbern sehr günstig.

Die Linke in NRW sehe ich, trotz ihres chaotisch erscheinenden Bildes in den Medien, relativ gelassen. Kommen sie nicht rein, werden sie sich zankend und streitend für längere Zeit in die politische Bedeutungslosigkeit verabschieden. Kommen sie rein, werden sie sich anpassen und das Plätzchen links von der SPD besetzen, bei linkssektiererischer Kraftmeierei werden sie politisch ebenfalls untergehen.

Zum Schluss: Eine Leser hat mir einen Link zu Christan Ströbele und Lisa Paus zugeschickt und auf die Haltung der beiden bei der „Griechenland-Abstimmung“ hingewiesen: Nicht alle sagten „JA“!

Hinweis eines weiteren Lesers: Die ablehnende Haltung der Linken in der „Griechenland-Abstimmung“  begründet Michael Schlecht hier.