Leseempfehlung: Robert Müller, Machttechnik Populismus

„AfD-Wähler sagen mir: Ich bin überrascht, dass du noch alle Tassen im Schrank hast!“

Gut angelegte 3.- Euro. Das Buch von Robert Müller, könnt ihr bei der Bundeszentrale für politische Bildung versandkostenfrei bestellen. (foto: zoom)

Vor ein paar Tagen habe ich das gut 70-seitige Büchlein von Robert Müller, Machttechnik Populismus, von der Bundeszentrale für politische Bildung zugeschickt bekommen.

Um es vorweg zu nehmen, es ist eine lohnenswerte und spannende Lektüre. Hier könnt ihr bestellen: https://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/569256/machttechnik-populismus/

Populismus, so die Inhaltsbeschreibung, sei ein Instrument zur Machterlangung oder zum Machterhalt. Er setze, gestützt auf eine angebliche Mehrheitsmeinung, auf Emotionen und vermeintliche Kränkungen, unzulässige Vereinfachung, inszenierte Antagonismen, suggerierte Zugehörigkeit oder bewusste Exklusion.

In freiheitlichen Gesellschaften, zu deren Markenkern der engagierte, gleichwohl sachlich fundierte Wettstreit der Ideen und Meinungen zähle, vergifte und polarisiere Populismus die öffentliche Debatte.

Und weiter: „Robert Müller seziert die Techniken des Populismus, der sich prinzipiell losgelöst von Parteien, Weltanschauungen und politischen Lagern finde und zumal in herausfordernden Zeiten Konjunktur habe, ohne je rechtsstaatskonforme Lösungen zu bieten. Dekonstruiere man die Absichten und Funktionsweisen des Populismus, so zeige sich die Palette der Ziele seiner selbsternannten Heilsbringer: angebliche Unzulänglichkeiten für eigene Interessen auszuweiden, Fakten Emotionen gleichzustellen, Deutungshoheit zu erlangen, selbst Teil der Elite zu sein, die man angeblich bekämpft, Meinungskorridore zu verengen, Missliebige auszugrenzen und Menschen bestimmter sozialer Lagen zu marginalisieren.“

Müllers Essay ist in 13 kleine Kapitel gegliedert:

  • Vertreter des Volkes
  • Freund/Feind-Logik
  • Primat der (negativen) Emotionen
  • Diktat der Simplifikation
  • Vom Opfermythos zum Führerkult
  • Droge Populismus
  • Prinzip des Sich-gehen-Lassens
  • Radikalisierungsdynamik
  • Mythos Widerstand
  • Vergiftung der politischen Praxis
  • Vergiftung des gesellschaftlichen Miteinanders
  • Schweigende Mehrheit
  • Überwindung der Freund/Feind-Logik

Leseprobe aus dem ersten Kapitel:

„Populisten nehmen für sich in Anspruch, Vertreter des Volkes, des Populus zu sein. Sie inszenieren sich als Stimme der ‚schweigenden Mehrheit‘, als einzig wahre Vertreter der einfachen, der ganz normalen Leute. Diese würden von den etablierten Parteien, von den gesellschaftlichen Eliten und vom ‚linksgrün-versifften‘ Meinungsmainstream überhaupt nicht mehr repräsentiert.

Der Gegensatz von abgehobener Politikerkaste und einfachem Volk ist stilisiert und dramatisiert – die Populisten brauchen ihn als Rechtfertigung für die eigene Existenz: Dass sämtliche Politiker nur für die eigene Klientel Politik machen und gegen das einfache Volk regieren, macht die Populisten zu den Einzigen, die gegen das kaputte System aufbegehren.“ (S. 9)

Der MDR hat Robert Müller im November 2024 zu seinem Buch („AfD-Wähler sagen mir: Ich bin überrascht, dass du noch alle Tassen im Schrank hast!“) interviewt; ein 27-minütiges Gespräch, welches ich ebenfalls zum Nachlesen oder Nachhören empfehle.

Im Interview sagt der Autor zu Beginn: “ … das Buch ist tatsächlich kein Ratgeber, auch wenn ich mich zwischendurch so gefühlt habe, als würde ich einen schreiben. Mir geht es vor allem darum, das Phänomen zu verstehen. Ich wollte analysieren, was der Populismus mit unserer Gesellschaft macht, denn erst wenn man das verstanden hat, kann mach auch die informierte Entscheidung darüber treffen, ob wir in so einer Gesellschaft leben wollen oder ob wir das nicht wollen.“
Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/erfurt/populismus-afd-bsw-trump-robert-mueller-100.html

Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen. Müllers Sprache ist sehr präzise. Kein Satz ist zuviel. Erst habe ich gedacht: „Oh, diesen einen Satz musst du zitieren!“ Aber dann habe ich gemerkt, dass auch der vorhergehende und nachfolgende Satz nicht weniger treffend sind.

Am liebsten hätte ich das ganze Buch zitiert, aber vielleicht ist es besser, ihr bestellt/kauft es euch selbst.

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