Der Terrorist Osama bin Laden ist tot. Ist es schlimm, wenn ich keine Freude empfinde?

Als ich heute Morgen die Nachricht vom Tod Osama bin Ladens gelesen habe, kam bei mir keine rechte Freude auf. Das hängt damit zusammen, dass ich mich noch nie über den Tod eines Menschen gefreut habe.

Bin Laden war ein Verbrecher, und er hätte für seine Verbrechen büßen müssen. Mir ist im Laufe des Tages ein schräger Gedanke gekommen:

Israel hat den Verbrecher Eichmann entführt und ihm den Prozess gemacht. Der Prozess hat der Gerechtigkeit, der Wahrheit und der geschichtlichen Erkenntnis gedient.  Als „Banalität des Bösen“ hat Hannah Arendt die Person und die Verbrechen des Mörders Eichmann in unserem politisch-kulturellen Gedächtnis verankert. Eichmann ist von einem Gericht zum Tode verurteilt worden.

Von mir aus hätte Osama bin Laden schon längst einfach tot sein können. Verhungert, verdurstet, erschossen und ach ich weiß nicht was. Dieses reiche Söhnchen, das sich arme Schlucker kaufen konnte, um sie als Terroristen in die Welt zu schicken, war mir immer zuwider.

Der große Fehler der Amerikaner war nicht, dass sie bin Laden exekutiert und blitzschnell ins Meer geworfen haben.

Der Fehler war, dass Bush diesen Terroristensohn einer Familie, mit der seine eigene Familie ansonsten gut verbunden war, zur Projektions- und Symbolfigur des internationalen Terrors erhob. Bin Laden musste für den Krieg in Afghanistan herhalten, obwohl die Terrorangriffe von 9/11  nun gerade einmal nicht aus dem Land am Hindukusch kamen.

Bush und andere haben komplexe globale, strategische, politische und wirtschaftliche Probleme auf einen einzelnen Mann reduziert. Sie haben diesen Mann mit einer Bedeutung aufgeladen, die die Spezialeinheit der USA durch die Exekution -oder sei es ein Gefecht gewesen- nicht aus der Welt geschafft hat.

Diese „aufgeladenen Bedeutung ohne Körper“ wird sich nun neue Träger suchen und, wie ich befürchte, auch finden.

Die Welt ist durch die Tötung Osama bin Ladens nicht sicherer geworden. Im günstigsten Fall bleibt alles so wie es war.

Dieser Osama bin Laden hätte entmystifisziert werden müssen – als die Banalität des Terrors.

Ich wünsche, trotz aller Bedenken, dass dies Unterfangen, so es existiert, noch gelingt. Ich befürchte, dass es sehr schwer wird.

Helmut Schmidt: Tötung bin Ladens ist „zweischneidige Sache“ … abendblatt

Thomas Stadler: Hängt ihn höher … InternetLaw

Jens Ferner: Von der Vergeltung im Recht … Ferner

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