Auto verbrannt. Der Föhnfackler von Siedlinghausen: „Ich hoffe, dass die Versicherung zahlt.“

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Die Taz vom 22. August: "Von den Föhnfacklern (im Sauerland) können die Autofackler in Berlin noch viel lernen." (foto: hannah)

Liebe Leser, die Überschrift ist natürlich richtig Scheiße, aber die ganze Geschichte, um die es hier geht, ist es auch.

Vor mehr als einer Woche saß ich in Hamburg und las bei Verwandten zum Frühstück die taz.

Männer in Action. “  Ein Mann im sauerländischen Winterberg habe sein teures Auto abgefackelt.

Von den Föhnfacklern, so die taz auf ihrer Satire-Seite „die wahrheit“, „können die Autofackler in Berlin noch viel lernen.“

Eine ganz muntere Verarsche, deren Grundlage ich dann schnell bei den Pressemeldungen der Polizei Hochsauerlandkreis fand und umgehend hier im Blog veröffentlichte.

Die Polizei hatte sogar denjenigen Ortsteil von Winterberg benannt, in welchem das große Missgeschick stattgefunden hatte: Siedlinghausen.

Da wohne ich.

Warte nur, mein Heimatort. Wenn ich nach Hause komme, erfahre ich schon, wer der Unglücksrabe war.

Auf der Autobahnfahrt zwischen Hamburg und Paderborn gingen mir sämtliche Autobesitzer auf der Hochsauerlandstraße mit Lagerhalle durch den Kopf.  Es waren nicht viele, aber immer noch zu viele, um aus der Pressemeldung die besagte Person heraus zu filtern.

Einen Tag nach der Meldung in der taz, drei Tage nach der Polizeimeldung, fuhr ich zu Hause vor. Eine Minute später kannte ich alle Namen und Umstände. Unsere Dorfkommunikation ist schneller als das breitbandigste digitale Glasfasernetz.

Der Name wurde mir mit dem Vorbehalt „der ist doch jetzt bis in alle Zeiten der Dorf-Depp und genug gestraft“ genannt und ich habe es auch fast nicht weiter erzählt, höchstens ein paar Bekannten aus Übersee.

Jetzt steht er in der Bild-Zeitung, mit Namen und natürlich Bild. „Ganz Fön blöd gelaufen“  titelt das Blatt. Und der „Bernhard Pape (58) aus Siedlinghausen“ steht an sein verschrottetes Auto gelehnt und sagt angeblich: „Wie dämlich kann man sein? Das war ein bisschen fahrlässig. Aber ich hoffe, dass die Versicherung zahlt.”

Dieser letzte Satz, das vorgebliche Zitat, ist die Aussage, die die Bildzeitung braucht, um direkt in die Herzen und Hirne der Menschen zu zielen, der Brandbeschleuniger für die Stammtisch-Diskussionen: „Aber ich hoffe, dass die Versicherung zahlt.“

„Wie kann der so blöd sein und glauben, dass für seine Fahrlässigkeit noch die Versicherung bezahlt?“

„Das hat der doch nicht gesagt. Das ist ihm in den Mund gelegt worden.“

„Die Bild hat den doch bezahlt und dann ist es auch egal, was da steht.“

„Wo er jetzt sowieso schon der Depp ist …“

Da haben nun alle im Dorf die Klappe gehalten, soweit wie möglich und dann kommt Deutschlands Boulevard-Blatt, kollaboriert mit dem Akteur und zerreißt die Traditionen des Dorfes und weiß sich feixender Leser im Verbreitungsgebiet sicher.

Ob es für den Föhnfackler Pape von Vorteil sein wird, sich mit der Bild zu verbünden, kann ich nicht beurteilen.

Was ich beurteilen kann ist: Wer die Technik der Bild verstehen will, kann mit diesem kleinen Artikel und dessen Entstehung beginnen.

Alle anderen müssen 300 Euro zahlen und zur Fortbildung „Bild, BamS, Boulevard – Meinungsmache für Millionen?“ der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 12. bis 14. September nach Hamburg fahren.