Alfred Hrdlickas unvollendetes Denkmal in Hamburg

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NS-Denkmal für das Hamburger Infanterieregiment am Dammtor (fotos: chris)

Wer in Hamburg am Bahnhof Dammtor, einem der vier Fernbahnhöfe der Hansestadt, aussteigt und über die Fußgängerbrücke in Richtung  ‚Planten un Blomen‘ geht, der steht unversehens vor diesem Denkmal, welches die Hamburger wenig liebevoll auch den ‚Klotz‘ nennen.

Es ehrt das Infanterieregiment 76, welches im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 sowie dem Ersten Weltkrieg kämpfte. Die Nationalsozialisten weihten 1936 den monumentalen Quader ein, welcher die markige Inschrift trägt „Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen“ .

Alfred Hrdlicka
'Cap Arcona' und 'Feuersturm' von Alfred Hrdlicka

Um das von vielen Hamburgern damals als Provokation empfundene NS-Denkmal zu entschärfen, entschied die Hamburger Kulturbehörde Anfang der 80er Jahre, ein „Gegendenkmal“ errichten zu lassen. Die Wahl fiel auf den Entwurf des Wiener Künstlers, Kommunisten und Katholiken Alfred Hrdlicka. Er plante ein aus vier Teilen bestehendes Mahnmal.

Der „Feuersturm“, hier rechts im Bild und unten im Detail, stellt das Leid der Zivilbevölkerung Hamburgs durch die Bombardierung der Hansestadt 1943 dar.

Die Menschengruppe oben links auf dem Bild erinnert an die 7 500 KZ-Häftlinge, die am 3. Mai 1945 auf tragische Weise starben. Die SS hatte die Überlebenden des KZ- Neuengamme nach dessen Räumung an die Lübecker Bucht evakuiert und anschließend auf den dort liegenden Schiffen eingepfercht. Als britische Piloten fünf Tage vor der Niederlage Nazideutschlands die ‚Cap Arcona‘ sowie zwei kleinere Schiffe mit Jagdbombern angriffen, wussten sie nicht, dass auf diesen rund 10 000 KZ-Häftlinge auf ihre Befreiung hofften.

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Detail aus dem 'Feuersturm'

Seine Pläne zum Thema „Soldatentod“ und „Frauenbild im Faschismus“ hat Hrdlichka nicht realisiert. Auseinandersetzungen zwischen der Hamburger Behörde und dem Künstler führten schließlich zum Abbruch der Arbeiten. Es ging dabei auch um Geld.

Nun steht Hrdlickas Kunst unvollendet dem Klotz gegenüber. Von den vorbeieilenden Passanten werden beide Denkmäler kaum wahrgenommen. Wer sich jedoch ein wenig Zeit nimmt, ist erstaunt über die Details und beeindruckt von der Intensität, mit der Hrdlicka Verzweiflung, Furcht und Zerstörung darstellt. Seine Kunst macht neugierig. Wie hätte der eigenwillige und einfühlsame Bildhauer Soldatentod und Frauenbild der Nazis künstlerisch umgesetzt? Bedauerlich, dass er dazu in Hamburg keine Gelegenheit hatte.

3 Gedanken zu „Alfred Hrdlickas unvollendetes Denkmal in Hamburg“

  1. Danke für den interessanten Artikel. Ich bin schon öfter dort vorbeigekommen, und es ist mir tatsächlich noch nicht aufgefallen. Beim nächsten Mal schaue ich mich mal genauer um.

  2. Daß der Kommunist Hrdlicka ausgerechnet aus finanzieller Habgier ein vorgeblich antifaschistisches Projekt unvollendet abbricht, spricht Bände!

    1. @ Oliver Wagner

      wo steht im Artikel irgendetwas von „finanzieller Habgier“?

      Wir leben im Kapitalismus: wer überleben will, muss sich den Regeln beugen, Geld verdienen – auch ein „Kommunist“.

      Nur Menschen wie Dieter Nuhr und Sie scheinen zu glauben, dass „Kommunisten“ über Zauberkräfte verfügen, die sie von Luft und Liebe leben lassen …

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