Westfalenpost: journalistischer GAU – der Wunsch war der Vater des Gedanken

Am Samstag habe ich hier im Blog einen miserablen Artikel in der Westfalenpost lakonisch abgehandelt, da mir die handwerkliche Stümperei allzu offensichtlich war.

Zur Erinnerung: In seinem Artikel mit der Schlagzeile „Drei Viertel der Eltern loben achtjähriges Gymnasium“ schreibt (behauptet!) der Autor Wilfried Goebels unter anderem:

„Düsseldorf. Das „G8″-Gymnasium ist nach Ansicht von Lehrern, Gewerkschaften, Eltern und Ministerium in NRW ein Erfolgsmodell – trotz einiger „Geburtswehen“ und anfänglicher Beschwerden. Doch manche Probleme bleiben: teure Schulbücher, fehlende Mensen und Nachteile für Real- und Hauptschüler.

75 Prozent der Eltern begrüßten den um ein Jahr verkürzten Bildungsgang, betont die Landeselternschaft. Weil Eltern ein „Gymnasium zweiter Klasse” vermeiden wollen, lehnen sie die Wahlfreiheit zwischen acht und neun Schuljahren ab …“

Info des Vereins "Landeselternschaft der Gymnasium"
Info des Vereins „Landeselternschaft der Gymnasium“

Heute liegt die Broschüre der Landeselternschaft vor mir. Auf der ersten Seite lese ich (Hervorhebungen von mir):

„Dennoch haben sich drei Viertel der Eltern auf unserer Frühjahrsmitgliedersammlung (Anmerkung zoom: das steht da wirklich so!) 2009 für die Fortsetzung der Schulzeitverkürzung ausgesprochen. Dieses Ergebnis entspricht auch einer im Vorfeld durchgeführten Meinungsumfrage unter unseren Mitgliedern.“

Ich stelle fest: Ein e.V, ein eingetragener Verein, denn das ist die Landeselternschaft der Gymnasien, veranstaltet eine Frühjahrsmitgliederversammlung und befragt die dort Anwesenden. Außerdem hat der Verein im Vorfeld seine Mitglieder befragt. Ich brauche jetzt noch nicht einmal zu wissen, wie viele Mitglieder sich überhaupt geäußert haben, um sicher zu sein, dass ich daraus nicht die generalisierende Teilbehauptung „… ist nach Ansicht von … Eltern …ein Erfolgsmodell“ (s.o.) folgern darf.

Weiterhin: Ein Verein ist ein Verein und keine gewählt Vertretung der schulischen Öffentlichkeit.

Jeder, der Kinder in der Schule hat, weiß: Wählen kann ich die Klassenpflegschaftsvorsitzenden, und  diese wählen dann die Schulpflegschaftsvorsitzenden und das war es dann.

Mit Artikeln wie diesem verschärft die Westfalenpost die Krise der WAZ-Blätter durch Inkompetenz bzw. manipulative Berichte.

Der Wunsch des Autors war anscheinend der Vater seiner Gedanken, die ihn nicht den Widerspruch zur Wirklichkeit spüren ließen. Schade, denn mit Dissonanzen beginnt der gute Journalismus.