Freienohl – nur halb so groß wie der Mescheder Friedhof, aber doppelt so tot?

Bahnhof Freienohl (foto: Stefan Flöpner***)
Bahnhof Freienohl (foto: Stefan Flöpner***)

Freienohl –  nur halb so groß wie der Mescheder Friedhof, aber doppelt so tot? Mit Sicherheit nicht, aber nachdem Schlecker dicht gemacht hat, schließt nun auch das letzte Schuhgeschäft.

Bürgermeister Hess sagt: „Der Ortskern ist leer gelaufen.“

Die Frequenzbringer hat man vor dem Ort siedeln lassen. Damit ist die Laufkundschaft weg, denen ein Schuhgeschäft seine neue Kollektion zeigen möchte. Wenn jetzt auch noch die alte Schule im Zentrum für 60.000 € weg gerissen wird und nur eine Platzgestaltung dorthin kommt, dann ist auch die Stadtplanung „leer gelaufen“.

Dann übernimmt der gestaltete Platz die Funktion eines Mahnmals und warnt vor solch einer Fehlentwicklungen.

Zitat aus der WR vom 22.09.12
„… Denn abseits des Zentrums, eingangs von Freienohl, spätestens mit der Eröffnung von Edeka, “brummt“ es in den Märkten an der Bahnhofsstraße durchaus.“

Wie definiert der der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. den Begriff Frequenzbringer?

http://www.dssw.de/glossar.html?&tx_datamintsglossaryindex_pi1[uid]=18

„Als Frequenzbringer werden Kundenmagnete bezeichnet, die zahlreiche Kunden aus unterschiedlichen Käufergruppen anziehen und somit Kundenströme erzeugen. Für die umliegenden, für sich allein genommen weniger stark frequentierten Geschäfte ergeben sich hieraus meist wertvolle Mitnahmeeffekte (unser Schuhgeschäft). In der Regel ist in allen Geschäfts-/Einkaufszonen mindestens ein Frequenzbringer vorzufinden.“

An anderer Stelle heißt es:

„… . Neben dem Wegfall kann auch eine Verlagerung eines Frequenzbringers erhebliche Auswirkungen haben: Die Passantenströme am Standort werden geringer, die Umsätze im Einzelhandel gehen zurück und die Kaufkraftbindung der Innenstadt nimmt ab.“

Hat man diese Entwicklung nicht wissen oder vorhersehen können?

2006 – also bevor Edeka gebaut hat – gab die Stadt Meschede ein Gutachten in Auftrag. Was es ausgesagt hat, weiß ich nicht, wenn es aber davor gewarnt hat Edeka vor dem Ort siedeln zu lassen, war es ein gutes Gutachten.

Der Fehler liegt schlicht daran, die Frequenzbringer außerhalb des Ortszentrum anzusiedeln.

Dies soll deshalb erfolgt sein, weil die verschiedenen Einzel-Eigentümer nicht alle zusammen eine ausreichend große Fläche für einen Frequenzbringer im Ortszentrum zum Verkauf angeboten haben sollen.

Wenn das stimmt, haben sich diese Leute für eine massive Entwertung des Ortskerns ausgesprochen und ob bei einem solchen Verhalten ein weiteres Gutachten für 7.500 € weiter hilft, wage ich zu bezweifeln.

Wenn Freienohl daran etwas ändern will, stehen die Bürger vor einer Herkulesaufgabe, die meiner Meinung nach nur mit einer intakten Gemeinschaft und vielleicht auch in der Genossenschaftsform zu stemmen ist. Dann aber, kann sich jeder einbringen und beteiligen.

*** Bildquelle: By Stefan Flöper [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

4 Gedanken zu „Freienohl – nur halb so groß wie der Mescheder Friedhof, aber doppelt so tot?“

  1. @denkmal: den Begriff „Frequenzbringer“ kannte ich noch nicht, aber die Sache kommt mir bekannt vor.

    Laut unserem Buch- und Schreibwarenhändler war, wenn ich ihn richtig verstanden habe, der Schleckerladen in Siedlinghausen ein Frequenzbringer.

    Die Menschen aus den umliegenden Dörfern kamen wegen des Schleckers und blieben dann auch bei ihm hängen: mal schnell noch ein paar Hefte für die Kinder kaufen und dann das noch und das noch … usw.

    Jetzt fahren sie gleich nach Olsberg oder Winterberg, wenn sie ein Drogeriesortiment benötigen und der Spin Off bleibt in den dortigen Läden hängen.

  2. Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass es damals – fraktionsübergreifend – erhebliche Bedenken gab, den Edeka-Neubau an der Bahnhofsstraße zu genehmigen. Nur sahen das die Freienohler Ratsvertreter – fraktionsübergreifend – anders. Und so hat man sich in Meschede dezent rausgehalten. Nun ist das eingetreten, was eigentlich jeder (auch ohne Gutachten) hätte erahnen können.

  3. @Daniel
    Deine Erinnerungen bedeuten, dass die Mescheder Ratsmitglieder sich nicht hinreichend gegen ein Fehlentwicklung und gegen die Freienohler Ratsvertreter zum Wohle des OT- Freienohl gewehrt haben.
    Wenn man das Ganze (auch ohne Gutachten) hätte erahnen können – wie Du sagst – ist man quasi sehenden Auges vor die Pumpe geflitzt.

    Um als Ratsvertreter einen tatsächlichen und in der Sache richtigen Rat abzugeben, braucht man Hintergrundwissen aus dem jeweiligen Berufsfeld.
    Weil das nicht zu leisten ist, gibt es Fachausschüsse.
    Nun müsste man sich anschauen, ob deren Wissensstand/ Beruf für diese Aufgabe taugen.

    Andererseits stimmt es, dass dort eingetreten ist, was eigentlich jeder (auch ohne Gutachten) hätte erahnen können.

  4. @Denkmal
    Vorausgesetzt meine Erinnerungen täuschen mich nicht, kann man das so sehen.

    Wobei man den Hintergrund beachten sollte: Das Verhältnis von Mescheder Kernstadt und Freienohl ist ja recht angespannt, da man sich im westlichen Bereich der Kreisstadt regelmäßig benachteiligt fühlt. Vermutlich hat man sich deshalb geschickt herausgehalten. Denn – wie du schon schreibst – man musste keine hellseherischen Talente haben, um den Status Quo zu erahnen.

    Andererseits frage ich mich, ob wirklich alle so unzufrieden mit dem aktuellen Stand der Dinge sind, die sich nun beschweren. Erfahrungsgemäß möchten dann doch fast alle mit dem Auto bis direkt vor den Laden fahren, möglichst preiswert dort einkaufen, etc. Das erlebt man ja auch auf vielen Dörfern, in denen die letzten Einkaufsmöglichkeiten vor Jahren geschlossen haben. Man will zwar einen Dorfladen, fährt dann aber trotzdem lieber 10 km bis zum nächsten Discounter, weil die Milch dort 2 Cent „günstiger“ ist. (Eine Milchmädchenrechnung bei den Spritpreisen…)

    Natürlich geht es auch anders, wie beispielsweise (genossenschaftlich organisierte) Dorfläden zeigen – aber die sind ja weiter die Ausnahme.

    Kurz: Wer einen intakten Ortskern nur zum Schaufensterbummel am Wochenende haben möchte, darf sich nicht wundern, dort zeitnah nur noch leerstehende Gebäude vozufinden.

Kommentare sind geschlossen.