Auch, wenn ich des Themas fast überdrüssig bin: die „koof mich“ – Recherche der taz ist nur die halbe Wahrheit.

WP/WR in Meschede. (foto: zoom)
WP/WR in Meschede. (foto: zoom)

Die journalistische Unabhängigkeit ist für Konzerne wie die WAZ et alii kein eigenständiger Wert.

Die Behauptung dieser Eigenschaft der Produkte soll lediglich als Alleinstellungsmerkmal gegenüber reinen Reklamezeitungen dienen, ansonsten wird mit allen Mitteln auf dem Markt der Presseprodukte um den Profit gerungen. Profiteure sind Eigentümer, Verleger sowie Verlagsfunktionäre und Betriebskader.

Anfang April veröffentlichte die taz eine Recherche, die unter der Überschrift „Schleichwerbung bei Zeitungen Einfluss zu verkaufen“ die Käuflichkeit von Printmedien enthüllen sollte:

“ … Ein Mitarbeiter der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) bot eine anzeigenfreie Beilage zum Thema Banken an, in der die Branche über ihren Umgang mit der Finanzkrise informieren könne. „Ein vierseitiges Banken Spezial ohne Anzeigen in der Gesamtausgabe kann ich Ihnen zum Gesamtpreis von 117.500 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer anbieten“, hieß es in einem schriftlichen Angebot …“

Wenige Tage später erschien in der Süddeutschen Zeitung eine kurze Notiz mit der Überschrift: WAZ dankt ‚taz‘:

WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach lobte die taz sogar: ‚Investigativer Journalismus ist auch dann hilfreich, wenn er einem selbst unangenehm ist.‘

„Heuchlerisch!“, rief ich auf facebook.

Im Gewerkschaftsblog „medienmoral“ wurde das Anschreiben, welches der Autor der Süddeutschen verwertete hatte komplett kolportiert:

„Manfred Braun, WAZ-Verlagsgeschäftsführer NRW:
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
Ein verdeckt recherchierender Redakteur der taz hat im Sommer 2009 die Anzeigenabteilung unseres Hauses besucht und mehrere Angebote für Sonderveröffentlichungen eingeholt. Die taz berichtet in ihrer Ausgabe vom Samstag, 2. April, ausführlich über die Ergebnisse der Recherche, die insgesamt zehn deutsche Verlagshäuser betrifft.
Die Verlagsgeschäftsführung NRW hat den uns betreffenden Vorgang gründlich aufgearbeitet. Es ist nach unseren Erkenntnissen nicht auszuschließen, dass der Bericht der taz in Bezug auf unser Haus zutreffend ist.
Die Kennzeichnung von bezahlten PR-Texten in unseren Sonderveröffentlichungen und Beilagen entspricht zum Teil nicht den Regeln, die der Verband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) aufgestellt hat, und ist juristisch nicht korrekt. Konsequenz: Wir werden zukünftig noch strenger auf die Einhaltung der ZAW-Richtlinien achten und die von unseren Kunden bezahlten PR-Texte klar und deutlich mit dem Wort „Anzeige“ kennzeichnen.
Darüber hinaus gilt der Verhaltenskodex, der bei der WAZ Mediengruppe die Trennung von redaktionellem Inhalt und Anzeigen unmissverständlich regelt. Verstöße werden, bis hin zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen, sanktioniert.“

Nachdem ich diese Anschreiben gelesen hatte, habe ich mich vor Lachen gekringelt. Liest man doch wörtlich:

„Wir werden zukünftig noch strenger auf die Einhaltung der ZAW-Richtlinien achten und die von unseren Kunden bezahlten PR-Texte klar und deutlich mit dem Wort „Anzeige“ kennzeichnen.“

Dies bedeutet, dass weiterhin die anderen PR-Texte ungehemmt in die Seiten der Produkte des WAZ-Konzerns einfließen können, ohne mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet zu werden.

Ich behaupte: Die gekauften Artikel sind nicht die größte Manipulation der Leser. Die größte Manipulation ist die PR, die völlig unentgeltlich die E-Mail-Boxen der Reakteure verstopft und mit einem Maus-Klick in den Satzspiegel der Zeitung einfließen kann und einfließt.

Diese PR- Manipulation der Leser geschieht sowohl einstufig, als auch zweistufig.

Was meine ich damit.

Unter einstufiger PR-Manipulation verstehe ich den direkten Weg vom Erzeuger zum Verbraucher. Der Pressesprecher des Bürgermeisters/der Partei XY/ des Verbandes AB/ des Vereins YZ  schickt einen Text an die Redaktion, der dann mit minimalen oder keinen Änderungen direkt verwertet wird. Der Leser oder die Leserin können nur indirekt schließen, dass es sich um PR handelt, weil kein Autor oder Autorenkürzel angegeben wird.

Die zweistufige PR-Manipulation spielt über die Bande. Der Weg läuft folgendermaßen: Ein PR-Büro, bei uns im HSK meist eine einzige Person, formuliert Texte für verschiedene Auftraggeber. Der Auftraggeber verfügt über Geld, sonst könnte er sich einen Schreiber/eine Schreiberin gar nicht leisten. Diese Texte werden dann vom Auftraggeber an die Redaktionen geleitet.

Es handelt sich bei uns oft um Themen, die einer journalistischen Recherche bedürften: Bauvorhaben, Umgestaltung der Landschaft …

Allein, der Redakteur/ die Redakteurin hat keine Ressourcen diese aufwändigen Recherchen zu betreiben. Also landet die PR im der Zeitung.

Ein Klick, kostet nichts und wird nicht mit „Anzeige“ gekennzeichnet.

Diese PR-Texte und nicht die grobklotzigen, leicht zu erkennenden Anzeigentexte, sind das eigentliche Gift, welches die Glaubwürdigkeit des Lokaljournalismus schon lange zerstört hat.

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