Der Freitag: Eigentor oder Pass nach vorn? Mit Fussball auf Leserfang.

Braucht Abos und Leser: Der Freitag setzt nun auch auf Fussball
Braucht Abos und Leser: Der Freitag setzt nun auch auf Fussball.

Die ehemals hochpolitische Ost-West-Wochenzeitung „Der Freitag“ scheint langsam Richtung Lifestyle Paper mit Internetanschluss zu driften. Ein halbes Jahr nach dem Relaunch unter dem neuen Verleger Jakob Augstein, dümpelt das Blatt in Punkto Abo-Zahlen vor sich hin: 8.942 vorher – 8946 heute. Vier(!!!) Abonnementen mehr.

In einem Interview mit dem Medienmagazin DWDL (sieht auf den ersten Blick aus wie eine Jägerzeitung 😉 ) versucht der stellvertretende Chefredakteur Jörn Kabisch eine positive Bilanz zu ziehen. Seinen Optimismus kann Kabisch allerdings nicht durch harte Fakten erhärten.

Neue Leser sollen nun durch das Thema Nr. 2 gewonnen werden: Fussball!

Analog zu seiner „Wahlkampfarena“ findet der „Freitag“-Nutzer im Netz nun auch eine „Fußball-Arena„, in der brisante Fragen des Rasensports („Wird der FC Bayern München deutscher Meister?“) debattiert werden können. Die Hoffnung dahinter: Vielleicht bleibt der ein oder andere Fußball-Fan erhalten und klickt sich durch bis zu den politischen Themen. „Das sind für uns gleiche Zielgruppen“, sagt Kabisch.

Eines ist sicher: Die Freitag-Redaktion tut gut daran, bald einen neuen Abonnenten zu werben, denn mich wird sie, wenn es so weiter geht, verlieren. Ich interessiere mich nämlich für das Thema Nr. 3:  Politik.

Und der Verleger?

Noch werde Verleger Augstein nicht ungeduldig, erklärt Kabisch. „Wir sind auf einem einem guten Weg – und mit viel Ehrgeiz.“

Das kleine Wörtchen „Noch“ würde mir als Freitag-MitarbeiterIn zu denken geben. Aber wo soll mensch hin, in diesen schweren Zeiten?

3 Gedanken zu „Der Freitag: Eigentor oder Pass nach vorn? Mit Fussball auf Leserfang.“

  1. Also, lieber Zoom. Das Leben besteht doch aus mehr als nur aus Politik. Oder ist das bei Ihnen anders?
    Aus diesem Grund haben wir schon den Print-Freitag mit dem Relaunch um eine dritte Lage erweitert: Alltag. Der Teil soll vor allem der Unterhaltung dienen. Ja. Unterhaltung. Schlimmes Wort? Finde ich nicht. Kluge Unterhaltung ist unendlich schwer zu erreichen.
    Wir wollen mehr Leser. Und die bekommen wir nur, wenn wir ihnen mehr bieten. Fußball gehört auch dazu. Klar. (Ich selber bin offen gestanden nicht so ein großer Fan)
    Sie wissen sicher, dass man über Fußball auf sehr unterschiedlichen Niveaus reden kann – wie über die meisten Dinge. Wenn wir in unserer Fußballarena Leute zusammenbekommen, die sich da treffen um zu diskutieren – um so besser! Das ist keine Entpolitisierung, lieber Zoom.
    Ihr JA

  2. Lieber Herr Augstein,

    vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich bin überhaupt nicht gegen „Unterhaltung“. Mich können die Politik-Seiten einer Zeitung ebenso unterhalten, wie das Feuilleton sowie die Kultur- oder die Sport-Seiten. Nicht zu vergessen die Wirtschaftsseiten, manchmal sogar die Sektion Karriere- und Beruf, wie diesen Freitag in der SZ der Artikel über die Machtmenschen und Karrieristen auf Droge.

    Soweit das Vorgeplänkel 😉

    Von einer linken Wochenzeitung erwarte ich, dass sie die Hauptthemen der Woche analytisch, offen, informativ und klarer als meine Tageszeitung von guten Autorinnen und Autoren darstellt, seziert ….

    Um die Gegenwart zu analysieren bedarf es ebenso Rückgriffe auf die Geschichte wie das Erspüren von Zukunftstrends (gemeint ist nicht Matthias Horx!).

    Natürlich geht unter dieser Klammer eine ganze Menge mehr als „nur“ Politik: Sport, Musik, Theater, Literatur, Jugend, Bildung, Kinder …

    Wenn ich Donnerstags den Feritag im Briefkasten habe, will ich gespannt darauf sein, wie xy Das Ereignis a einschätzt und ich will mich darüber freuen, dass wieder Themen drin stehen, die ich die ganze Woche in der Tageszeitung vermisst habe und andere mit denen ich gar nicht gerechnet habe.

    Sie haben geschrieben, dass Sie Ihren Leserinnen und Lesern mehr bieten wollen. Ich denke, dass dies nicht einfach additiv gelingt, nach dem Motto: Wenn wir mit den bisherigen beta-Lagen nicht weiter kommen, dann packen wir eben „Fussball“ dazu und wenn das auch nichts fruchtet machen wir halt eine Jugendseite mit „penspinning Tricks“ und „Mega-Cheats“ für die Gamer.

    Zum Schluss noch zwei Fragen: Wann ist „beta“ vorbei? Was ist mit meiner Frage hier im Blog:

    http://www.schiebener.net/wordpress/?p=3539

    Ich zitiere mich selbst mit dem Binnenzitat von Ihnen:

    BEGIN
    Das Interview schließt mit den folgenden zwei Sätzen von Augstein:

    “ Oh Gott, bitte gib uns noch ein bisschen Zeit und lass die Zeitungen nicht so schnell sterben, weil sonst das Feld brach liegt. Wenn Don Alphonso und Sascha Lobo diejenigen sind, die diese Lücke in Zukunft ausfüllen sollen, dann kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch!“

    Diesen kleinen Absatz hätte ich gerne mit etwas mehr Inhalt erklärt. Ist mein Ironie-Meter kaputt? Spüre ich Sarkasmus oder ist alles ganz anders gemeint? Was bedeuten Ihnen diese beiden genannten Herren, Herr Augstein? Wofür stehen sie?
    END

    Noch eines: Die letzte Ausgabe des Freitag fand ich schon wieder etwas besser und ich werde dem neuen Freitag auch ein ganzes Jahr Probezeit geben. Mein Abo bleibt Ihnen erhalten, aber cetero censeo: das beta muss alpha werden!

    Mit freundlichen Grüßen aus dem rauen Hochsauerland ins liebliche Berlin

    Hannes Schiebener(zoom)

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