Wunden lecken

Jetzt werden die Wunden geleckt. Das Ende der Demokratie dämmert für Albrecht Müller nach Ypsilantis Scheitern. Mitstreiter Wolfgang Lieb prophezeit einen „Schrecken ohne Ende„. In dem lesenswerten Artikel analysiert Lieb unter anderem die Glaubwürdigkeit der „Gewissensnöte“ der vier „Abtrünningen“:

Die Gewissensentscheidung in der Wahlkabine, war eher die moralische Camouflage für eine hinterhältige Verhinderung einer Politik, die von über neunzig Prozent der SPD zwei Tage zuvor beschlossen worden ist.

Sei es drum. Im selben Artikel nimmt Wolfgang Lieb als Trost Bezug zu seiner früheren Aussage:

p.s.. Der einzige Trost ist, dass ich dieses Scheitern schon nach der Wahl vorausgesagt hatte und leider Recht behalten habe, aber das ist ja gerade das Trostlose:
Die Möglichkeit einer Wahl Andrea Ypsilantis zur hessischen Ministerpräsidentin besteht nämlich gar nicht ernsthaft. Es müssten ihr ja nur zwei SPD-Fraktionäre ihre Stimme verweigern, und sie erlitte dasselbe Schicksal wie Heide Simonis in Schleswig-Holstein.

So what?

Thesen:

  • Das Projekt war von vornherein zum Scheitern verurteilt – d’accord Wolfgang Lieb
  • Von den Linken wird zu Recht eine andere Moral als von den Rechten erwartert. Deswegen nutzt es auch nichts, mit dem Finger auf Koch, Clement, Schröder zu zeigen und zu beklagen:

„Allein bei Ypsilanti gilt als Wortbruch, was anderswo – z.B. bei Schwarz-Grün in Hamburg – politische Klugheit heißt.“

  • Links tricksen ist nicht gleich rechts tricksen.
  • Mit ihrer „politischen Klugheit“ haben sich die Grünen MacherInnen in Hamburg aus der Linken verabschiedet. Sie wollten auch gar nicht dort bleiben, sondern das FDP-Plätzchen besetzen.
  • Veränderungen werden eintreten durch außerparlamentarische Bewegungen, Aufbruchstimmung, überwältigende Wahlsiege und Konstruktionen in Parlament und Koalitionen, die dies alles widerspiegeln.
  • Bis dahin darf auch Koch weiterlachen – der alter Trickser, und bis dahin wird Wolfgang Lieb in diesem Punkt Recht behalten:

„Das letzte Fenster einer Option für die SPD, Politik zu gestalten, ist in Hessen von den Rechtsabweichlern vollends zugemauert worden.“