Stellungnahme zum Planentwurf Region Arnsberg/Abschnitt Soest und Hochsauerlandkreis
Aus der Stellungnahme des Bürgermeisters und des Rats der Stadt Winterberg zur Festlegung von Windenergiebereichen im Hochsauerland und damit auch in Winterberg lassen sich die Argumentationslinien unserer Stadt erkennen.
Ich finde sie nicht sehr überzeugend, aber lest erst einmal selbst. Das Dokument ist im Bürgerinformationssystem der Stadt Winterberg als Vorlage 094/2024 zu finden, Ratssitzung 27. Juni 2024, Tagesordnungspunkt 5.6. Abstimmungsergebnis: Einstimmig, 1 Enthaltung(en)
—— Beginn des Textes —–
1. Entwicklung des Gewerbestandortes Winterberg
Es ist enttäuschend, wenn uns die aus unserer Sicht dringend benötigten zusätzlichen gewerblichen Bauflächen nicht zugestanden werden, während Windenergieanlagen, die aufgrund der Anzahl und Dimensionierung den Charakter von Industrieanlagen aufweisen, in erheblichem Umfang im Stadtgebiet entstehen sollen.
2. Flächenanteile Winterberg
Nach dem Entwurf der 19. Änderung des Regionalplanes ist vorgesehen, Windenergiebereiche in einer Größe von 597 ha auszuweisen. Dies entspricht einem Anteil von 4,03 % des Stadtgebietes.
Dieser Flächenanteil ist nicht nur hinsichtlich der Auswirkungen auf den Tourismus (siehe unten, 3.2) eine erhebliche Belastung für die Stadt Winterberg. Ebenso wichtig ist es aber, auch die Menschen vor Ort nicht zu überfordern. Es hat in der Entwicklungsgeschichte unserer Kulturlandschaften noch nie eine Phase gegeben, in der innerhalb einer so kurzen Zeitspanne eine derart tiefgreifende Umgestaltung der
Landschaft stattfand wie jetzt im Rahmen der „Energiewende“. Die Festlegung der Flächen in den Regionalplänen muss daher mit Augenmaß erfolgen und sich an der gewachsenen Kulturlandschaftsentwicklung orientieren. Nur so kann die Diskussion versachlicht und die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöht werden. Eine Planung, die mit einem einzigen Stichtag (Rechtskraft) kaum noch zurückziehbare, flächig in der Landschaft wirksame Baurechte schafft, muss sich ggf. erhöhten Anforderungen an die Ausarbeitung stellen, wenn sie zu akzeptablen (und mehrheitlich akzeptierten) Ergebnissen kommen will.
Die Herangehensweise, nach der die Flächenbeitragswerte für die gesamte Planungsregion ermittelt und umgesetzt werden wollen, wird nicht in Frage gestellt. Dennoch ist es wichtig, trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen innerhalb des Planungsraumes einzelne Städte und Gemeinden nicht zu sehr zu belasten, während in anderen Gemeinden keine bzw. sehr viel geringere Flächenanteile ausgewiesen werden. Der Flächenanteil von 4,03 % des Stadtgebietes für Windenergieanlagen bedeutet für die Stadt Winterberg insgesamt eine erhebliche Belastung. Ein regionaler Ausgleich bei den Flächenanteilen innerhalb des Planungsraumes ist daher angezeigt und notwendig.
3. Auswirkungen auf den Tourismus
3.1 Ausgangslage in der Planungsregion
Der Lebens- und Freizeitraum Sauerland (Märkischer Kreis, Kreis Soest, Kreis Olpe und Hochsauerlandkreis) mit rd. 16 Mio. Übernachtungen und rd. 40 Mio. touristischen Tagesreisen war in 2019 das nachfragestärkste Reiseziel in NRW und eines der bedeutendsten in Deutschland. Als Outdoor-Region sind die Attraktivität von „Natur und
Landschaft“ und ihre touristische Inwertsetzung die wichtigsten Parameter für die Reiseentscheidung von Stamm- und Neukunden bei ihrer Suche nach landschaftsorientierter Erholung. Gleichzeitig führt die Destination Sauerland gerade die Zertifizierung als „nachhaltiges Reiseziel“ nach TourCert durch. Die Stadt Winterberg war in 2019 das erste zertifizierte nachhaltige Reiseziel und hat als Kommune die Rezertifizierung in 2023 erfolgreich absolviert. Zusätzlich zu den steigenden Preisen sind die Betriebe jedoch von der Flächeninanspruchnahme durch Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energie bzw. ihrer Auswirkung auf die Attraktivität des Landschafts- und Naturraumes betroffen. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Reisedestination Sauerland
zu erhalten, müssen landesweite Energiesouveränität und Versorgungssicherheit, allerdings unter Berücksichtigung von abgewogenen, notwendigen Landschaftseingriffen, gewährleistet werden.
Dazu gehört auch der Ausbau der erneuerbaren Energien – dessen ist sich die Branche in ihrer Verantwortung für Ressourcenschonung und Klimafolgenanpassung bewusst. Gleichzeitig wird die Sorge von tourismusorientierten Unternehmen vor industrieller Überprägung der Landschaft und als Folge dem Ausbleiben windkraftsensibel eingestellter Gäste größer. Daher gilt es, Tourismus und Energiewende im Einklang weiterzuentwickeln. Bei der Standortsteuerung von Windenergieanlagen müssen die Wirkungszusammenhänge von Landschaftsbild und Tourismus berücksichtigt werden.
3.2 Ausgangslage in der Stadt Winterberg
Der Tourismus ist der dominierende Wirtschaftsfaktor in der Stadt Winterberg. Die direkte und indirekte Wertschöpfung wird dabei überwiegend aus dem Bereich des erholungs- und bewegungsorientierten, die Landschaft einbeziehenden Gesundheitstourismus generiert. Dieser Erholungs- und Gesundheitstourismus schafft und sichert nicht nur rund 3.700 Arbeits- und Ausbildungsplätze im Gastgewerbe und im Einzelhandel sondern auch über indirekte Effekte im Bereich Handwerk und Dienstleistung. Rund 2/3 aller Arbeitsplätze hängen in Winterberg damit direkt oder indirekt vom Tourismus ab. Diese Effekte für eine Kommune, die rein durch den Erholungstourismus erwachsen, sind in NRW einzigartig.
Die Stadt Winterberg mit ihren Dörfern ist mit jährlich 1,2 Mio. registrierten und weiteren unzähligen nicht registrierten Übernachtungen (in Kleinbetrieben unter 10 Betten) und rund 2.000 Zweitwohnungen der übernachtungsstärkste Ort im Deutschen Mittelgebirge. Hinzu kommen noch rd. 1,9 Mio. Tagesgäste pro Jahr.
Hochwertige, attraktive Landschaftsräume sind das Aushängeschild der Tourismusregion Sauerland und die Basis für die Gestaltung der Zukunft der Stadt Winterberg. Durch das bestehende hochwertige Wander- und Radwegenetz ergeben sich Bewegungsräume mit weitreichenden Aussichten in die freie Landschaft. Der Urlauber, der ins Sauerland kommt, sucht Erholung und Entspannung sowie eine intakte Natur und Landschaft mit eindrucksvollen Aussichten. Um dieses Urlaubsgefühl zu erzielen, dürfen die bestehenden intakten Landschaftsräume nicht durch Windkraftanlagen zerstört werden.
3.3 Berücksichtigung der Belange des Tourismus in der Planung
Die Belange des Tourismus werden in der Plankonzeption der 19. Änderung des Regionalplanes mit nachfolgenden Kriterien berücksichtigt:
Ausschlussanalyse
- Kurgebiete,
- Aussichtstürme incl. Vorsorgeabstand
Restriktionsanalyse
- Seen und Talsperren,
- touristisch bedeutsame Rad- und Wanderwege incl. Vorsorgeabstand 440 m
Die Anwendung dieser Kriterien allein reicht aus Sicht der Stadt Winterberg nicht aus, die Belange des Tourismus in der Planung ausreichend zu berücksichtigen. Vielmehr geht die Stadt Winterberg nach wie vor davon aus, dass die flächenhafte Errichtung von Windenergieanlagen im Stadtgebiet negative Auswirkungen auf den Tourismus haben kann, die nicht allein durch Anwendung der genannten Kriterien gemildert werden können. Es wird nach wie vor befürchtet, dass die flächenhafte Errichtung von Windenergieanlagen in den Tourismusregionen und damit auch in Winterberg (s.o.) dazu führen wird, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Touristen unsere Tourismusregion zukünftig meiden wird, da die weitgehend intakte Landschaft, die maßgeblicher Grund für die Auswahl des Urlaubszieles war, künftig nicht mehr vorhanden sein wird. Die mit einem möglichen Rückgang von Gästen verbundenen wirtschaftlichen Einschnitte sind für die Stadt Winterberg, die vom Tourismus abhängig ist, kaum verkraftbar.Die Auswirkungen auf den Tourismus bestätigt die Akzeptanzstudie der IHK zum Thema Windkraft. Auch wenn, wie in der Studie beschrieben, nur 20 % der Gäste eine kritische Haltung zu dem Thema Windkraft haben, hieße die Umsetzung der vorgesehenen Windenergiebereiche für Winterberg am Ende möglicherweise 20 % weniger Einnahmen für die Kommune, möglicherweise 20 % Verlust von Arbeitsplätzen, 20 % Verlust von Wertschöpfung der touristisch gepräg-
ten Unternehmen in der Stadt und am Ende auch ein Verlust von Wertschöpfung und Investitionsfähigkeit für alle anderen Unternehmen in der Stadt.
Ergänzend zu den bereits vorliegenden Studien hat die Stadt Winterberg eine weitere Untersuchung in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf den Tourismus am Standort Winterberg zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung, die durch die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, Herrn Prof Dr. Jürgen Schmude durchgeführt wird, liegen derzeit noch nicht vor, werden aber im 2. Halbjahr 2024 erwartet. Sobald die Ergebnisse der Studie vorliegen, werden diese nachgereicht. Es wird erwartet, dass die Ergebnisse der Studie im Verfahren zur 19. Änderung des Regionalplanes noch Berücksichtigung finden.
Aufgrund der beschriebenen Ausgangslage sowie der zu erwartenden Auswirkungen erwartet die Stadt Winterberg, dass die Belange des Tourismus bei der Ausweisung der Windenergiebereiche mehr als bisher berücksichtigt werden.
Eine angemessene Berücksichtigung der touristischen Belange wäre gegeben, wenn bei Gemeinden, die hinsichtlich ihrer Wirtschaftskraft nachweislich mehr als 50 % vom Tourismus abhängen, der Flächenanteil, der für Windenergiebereiche zur Verfügung zu stellen ist, auf einen bestimmten Anteil „gedeckelt“ wird. Ein solcher Wert wäre ein Flächenanteil von max. 2,13 % des Stadtgebietes. Dieser Wert entspricht dem Flächenbeitragswert, der von der Planungsregion Arnsberg nach dem LEP NRW zu erbringen ist.
Sollte trotz der Bedenken eine Ausweisung erfolgen, sollten die negativen wirtschaftlichen Effekte, die die Stadt betreffen, durch erhöhte Schlüsselzuweisungen ausgeglichen werden.
4. Bedarfsakzeptanz schaffen/Alternative Flächenentwicklungen
unterstützen
Für den Ausbau der Windenergie ist die Akzeptanz vor Ort ein entscheidender Faktor. Diesem Gesichtspunkt trägt das Bürgerenergiegesetz NRW Rechnung, mit dem finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten an Windenergieanlagen geschaffen werden. Akzeptanz wird allerdings nicht allein durch finanzielle Anreize geschaffen, Akzeptanz entsteht auch durch Anlagenstandorte, die vor Ort mitgetragen werden.
Die notwendige Akzeptanz vor Ort ist derzeit nicht bei allen im Stadtgebiet Winterberg nach dem Entwurf der 19. Änderung des Regionalplanes vorgesehenen Windenergiebereichen erkennbar.
Vor diesem Hintergrund gibt es derzeit Überlegungen bzw. Untersuchungen, an anderen Stellen im Stadtgebiet Windenergieanlagen zu errichten.
Aufgrund der bereits gegebenen sehr hohen Belastung des Stadtgebietes (vgl. Punkt 4) setzt die Realisierung solcher Alternativstandorte voraus, dass diese Standorte auf den im Stadtgebiet zu erbringenden Flächenanteil angerechnet werden und dementsprechend bisher vorgesehene Windenergiebereiche entfallen. Nur so kann Akzeptanz vor Ort erzielt werden. Eine entsprechende „Öffnungsklausel“ ist daher im
Regionalplan festzulegen.
Die Untersuchungen von Alternativstandorten im Stadtgebiet Winterberg befinden sich in einem frühen Stadium, so dass die Einbringung konkreter Flächenvorschläge in das Verfahren zur 19. Änderung des Regionalplans derzeit noch nicht möglich ist.
5. Umzingelungswirkung
Die optische Bedrängungs- und Umzingelungswirkung von Windenergieanlagen ist durch die bewegte Topographie im Stadtgebiet Winterberg besonders ausgeprägt. Es ist davon auszugehen, dass Windenergieanlagen auf den Bergrücken gegenüber Anlagen in einer weniger bewegten Topographie eine deutlich größere Wirkung entfalten.
Alle ausgewiesenen Windenergiebereiche liegen in den Sichtachsen der Ortsteile der Stadt Winterberg. Die optische Bedrängungs- und Umzingelungswirkung wird somit fast alle Bürgerinnen und Bürger betreffen. Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Winterberg vor einer Überforderung ist die Anwendung von Regeln, die in einer
nicht so bewegten Topographie wie den Hochlagen des Sauerlands zur Anwendung kommen, aus Sicht der Stadt Winterberg nicht ausreichend.
6. Landesgrenzenübergreifende Betrachtung erforderlich
Bei der Betrachtung von Windenergiebereichen ist unbedingt eine landesgrenzenübergreifende Betrachtung sowohl von vorhandenen Windparks sowie von fortgeschrittenen Windkraftplanungen zu berücksichtigen.
So sind z.B. in der Gemeinde Willingen (Landkreis Waldeck-Frankenberg, Regierungspräsidium Kassel) Windkraftanlagen in Planung, die unmittelbar an das Stadtgebiet Winterberg angrenzen.
Eine zusätzliche Inanspruchnahme von Potentialflächen innerhalb der Planungsregion Arnsberg ohne die Berücksichtigung von Bestandsanlagen bzw. geplanten Anlagen außerhalb der Planungsregion kann zu einer unzumutbaren Umzingelung von Ortslagen führen, die es zu vermeiden gilt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Beckmann
Bürgermeister
Offensichtlich machen sich auch in Winterberg jetzt die Klimawandelleugner im neuen HSK Gegenwind bereit…. Oft ja unterstützt von AfD, Eike und anderen Fake News Verbreitern: https://www.wp.de/lokales/altkreis-brilon/article407132416/ueble-poebelei-und-kochende-emotion-bei-windkraft-debatte.html
Die CDU Winterberg hat offensichtlich noch immer nicht begriffen, dass man nicht etwas machen kann, was man eigentlich ablehnt und ringt sich noch immer nicht zu einem Bekenntnis zur Notwendigkeit der Energiewende durch. Der Schuss wird meiner Meinung nach in ein paar Jahren übel nach hinten los gehen. Mit den freien Wählern scheinen ja im Stadtrat von Winterberg auch schon Vertreter des Obskurantismus vertreten zu sein, hat sich ja auch hier in der Diskussion schon gezeigt. Interessant noch von Lobbypedia wer oft hinter diesen Aktionen steckt, Spoiler: auch die FDP ist mit dabei… https://lobbypedia.de/wiki/Bundesinitiative_Vernunftkraft
„Die CDU Winterberg hat offensichtlich noch immer nicht begriffen, dass man nicht etwas machen kann, was man eigentlich ablehnt und ringt sich noch immer nicht zu einem Bekenntnis zur Notwendigkeit der Energiewende durch.“
So sieht es aus. Die Stellungnahme des Rats ist ein schlechter Witz voller unbelegter Behauptungen und unpassender Vergleiche. Die defensive Argumentation, das Herumeiern in der Ratssitzung selbst wundert mich daher nicht.
Die eigene Politik mit dem äußeren Druck erklären, statt mit überzeugenden Inhalten – das ist schwach.
Grundstimmung heute Abend: nicht mehr ganz so optimistisch.