Weihnachten in Agnostistan kommt auch nicht ohne Symbole, Traditionen und Rituale aus …

Weihnachten in Agnostistan hat auch seine Traditionen (foto: zoom)
Auch Weihnachten in Agnostistan hat seine Symbole und Traditionen (foto: zoom)

Weihnachten

 

Nikolaus der Gute

kommt mit einer Rute,

greift in seinen vollen Sack –

dir ein Päckchen – mir ein Pack.

Ruth Maria kriegt ein Buch

und ein Baumwolltaschentuch,

Noske einen Ehrensäbel

und ein Buch vom alten Bebel,

sozusagen zur Erheiterung,

zur Gelehrsamkeitserweiterung …

Marloh kriegt ein Kaiserbild

und nen blanken Ehrenschild.

Oberst Reinhard kriegt zum Hohn

die gesetzliche Pension …

Tante Lo, die, wie ihr wißt,

immer, immer müde ist,

kriegt von mir ein dickes Kissen. –

Und auch hinter die Kulissen

kommt der gute Weihnachtsmann:

Nimmt sich mancher Leute an,

schenkt da einen ganzen Sack

guten alten Kunstgeschmack.

Schenkt der Orska alle Rollen

Wedekinder, kesse Bollen –

(Hosenrollen mag sie nicht:

dabei sieht man nur Gesicht … ).

Der kriegt eine Bauerntruhe,

Fräulein Hippel neue Schuhe,

jener hält die liebste Hand –

Und das Land? Und das Land?

Bitt ich dich, so sehr ich kann:

Schenk ihm Ruhe –

lieber Weihnachtsmann!

Theobald

Tiger Ulk, 28.12.1919, Nr. 52.

Quelle: Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke 1919-1920 2, Reinbek 1960, Taschenbuchausgabe April 1981, Seite 244-245