Was wurde bei der Haushaltsberatung in der vergangenen Woche über das Oversum gesagt?

Oversum mit Geldautomat
Oversum mit Geldautomat (archiv: zoom)

Was wurde bei den Haushaltsberatungen der Stadt Winterberg über das Oversum gesagt? Um es vorweg zu nehmen: Im öffentlichen Teil nicht viel.

Im nicht-öffentlichen Teil wurde dann mehr oder weniger Tacheles geredet. Er dauerte nach Auskunft von Rathausbeobachtern mehr als drei Stunden.

Was wissen wir über diese drei Stunden? Nichts! Oder besser gesagt: fast nichts, denn dieses „Nichts“ wird inzwischen hinter vorgehaltener Hand an den Theken der Stadt Winterberg diskutiert.

Aber keine Angst, wir werden bei der Gerüchteküche nicht mitmachen. Was uns bleibt, sind die Aussagen der beiden Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD im öffentlichen Teil der Sitzung.

Andreas Pieper betont in seiner Rede: „Solidarisch mit dem Bürgermeister wird die CDU Fraktion aber keinen Millimeter von dem bisherigen Weg abweichen und wenn das noch so lange dauert.“

Harald Koch beklagt: „Wieder einmal erreichte uns die Vorlage nicht einmal 48 Stunden vor unserer Sitzung. Ich selbst habe sie erst gestern Abend entdeckt. Für eine vernünftige Vorbereitung auf diese wichtige Debatte ist da kaum Zeit. Das ist nicht nur ärgerlich sondern fahrlässig und ich denke vielleicht steckt sogar Absicht dahinter.“

Wir dokumentieren ausführlich die beiden Aussagen zum Thema Oversum und dann bleiben wie stets einige Fragen offen. Fortsetzung folgt …

Fraktionsvorsitzender Andreas Pieper (CDU)

Natürlich muss die CDU Fraktion bei dieser Gelegenheit zu den Problemen mit unserem Oversum Stellung nehmen. 100.000 € zusätzliche Personalaufwendungen sind bereits in diesem Jahr im Bäderbereich anzusetzen.

Zur Zeit müssen wir mit dem Thema äußerst sensibel umgehen. Im nichtöffentlichen Teil dieser Ratssitzung werden wir weiter über eine Lösung beraten. Sich ständig ändernde Wasserstandsmeldungen in der Öffentlichkeit abzugeben ist nicht zielführend. Da bitten wir die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis. Vielleicht können wir schon in einigen Wochen das Projekt insgesamt neu aufstellen.

Dann ist die Arbeit zwar noch lange nicht beendet, wir werden aber in der Lage sein, auch öffentlich eine komplette Bewertung abzugeben. Eines müssen wir aber trotzdem erwähnen:

die Mitglieder unserer Fraktion fühlen sich schon sehr in ihrem Vertrauen in einige
Vertragspartner enttäuscht, ja sogar getäuscht. Und das ist noch gelinde ausgedrückt.
Das mit vielen Fachjuristen aufgestellte Vertragswerk ist leider nie richtig gelebt worden, die Vertragspartner waren sich anfangs einig, die Interpretationen waren ohne Unterschiede. Das ist auf einmal völlig anders. Muss man eigentlich immer ein Höchstmaß an Misstrauen an den Tag legen und solche Verfahren noch bürokratischer ablaufen zu lassen? Und jetzt, wo wir uns in einem rechtlichen Verfahren befinden, merken wir, wie langsam und kompliziert juristische Abläufe gehen.

Solidarisch mit dem Bürgermeister wird die CDU Fraktion aber keinen Millimeter von dem bisherigen Weg abweichen und wenn das noch so lange dauert.

Wir müssen den öffentlichen Teil des Oversums komplett in die eigene Hand bekommen, um es dann organisatorisch und konzeptionell neu aufzustellen. Und wir sind überzeugt, dass uns das auch gelingt. Wann, das müssen wir geduldig abwarten. Sorgfalt geht vor Schnelligkeit.

Fraktionsvorsitzender Harald Koch (SPD):

Sehr geehrte Damen und Herren,
die zweite Unwägbarkeit im Haushaltsplan für das Jahr 2014 ist natürlich das Oversum mit unserem Bad. Rund 800.000 € haben wir für den Betrieb des Bades in unserem Finanzplan verzeichnet. Ob dies ausreichend ist wird sich zeigen. Es ist ein zähes Ringen zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen in dem sich Betreiber, Insolvenzverwalter, Stadt und Geldgeber befinden.

Im letzten Jahr hatte ich gesagt, es sei Zeit die Reißleine zu ziehen, um die Gesellschaft nicht mehr zu beschädigen. Ich hatte die Hoffnung dass die Verträge, die wir abgeschlossen hatten uns eine gewisse Rechtssicherheit geben würden. Nun, Recht haben und Recht bekommen sind verschiedene Dinge. Einmal mehr müssen wir diese Erfahrung machen.

Die SPD Fraktion ist bitter enttäuscht über das Verhalten der Oversum – Betreiber, die eine exzellente Ausgangslage nicht genutzt haben, um dieses Projekt zum nachhaltigen Erfolg zu führen. Die Voraussetzungen dafür waren vorhanden. Gutgläubig sind wir den Investoren gefolgt und haben uns auf Ratgeber verlassen, die heute ihre Aussagen relativieren. Diesen Geschäftspartnern können wir nicht mehr vertrauen. Von daher sollten wir alles daran setzen den Heimfall herbeizuführen. Das Bad können auch wir betreiben. Das haben wir in dieser Stadt jahrzehntelang bewiesen.

Gleich ist das Oversum erneut Gegenstand unserer Beratungen.

Wieder einmal erreichte uns die Vorlage nicht einmal 48 Stunden vor unserer Sitzung. Ich selbst habe sie erst gestern Abend entdeckt. Für eine vernünftige Vorbereitung auf diese wichtige Debatte ist da kaum Zeit. Das ist nicht nur ärgerlich sondern fahrlässig und ich denke vielleicht steckt sogar Absicht dahinter. Vielleicht hat Ihre CDU Fraktion die Zeit der Klausurtagung nutzen können, um sich mit den Papieren vertraut zu machen. Wir konnten dies nicht.

Herr Bürgermeister, Herr Pieper, meine Damen und Herren

bislang hat die SPD die strategischen Überlegungen der Verwaltung immer gestützt, auch wenn es uns schwer fiel. Als Fraktionsvorsitzender habe ich mich oft verpflichten lassen zur Verschwiegenheit, selbst gegenüber meinen Ratskollegen, um Schaden von den Bürgern dieser Stadt abzuhalten.

Sie erwarten von den Ratskollegen blindes Vertrauen in Ihr Verhandlungsgeschick und trauen uns nicht einmal zu, verschwiegen mit vertraulichen Inhalten umzugehen. Sie betonen dann immer es sei nötig, die Ratsmitglieder zu „schützen“. Nun ich verantworte meine Meinung schon seit 53 Jahren, seit ich sprechen lernte.

Meine Damen und Herren wer führen will, muss bereit sein Entscheidungen zu treffen und Richtung zu bestimmen. Er muss aber, meiner Meinung nach, auch in der Lage sein, Sackgassen zu erkennen und Ratschläge anzunehmen.

Meine Damen und Herren,
ich sprach von Haushaltsrisiken, die das Ergebnis belasten. Das Abenteuer „Oversum“ ist ganz sicher eins davon. Aber darüber werden wir ja nachher noch Gelegenheit haben uns auszutauschen.

Fortsetzung folgt …

4 Gedanken zu „Was wurde bei der Haushaltsberatung in der vergangenen Woche über das Oversum gesagt?“

  1. Zitat: „…bislang hat die SPD die strategischen Überlegungen der Verwaltung immer gestützt, auch wenn es uns schwer fiel. Als Fraktionsvorsitzender habe ich mich oft verpflichten lassen zur Verschwiegenheit, selbst gegenüber meinen Ratskollegen, um Schaden von den Bürgern dieser Stadt abzuhalten.“

    Bei allem Respekt vor Herrn Koch, der sein Ehrenamt zweifellos gewissenhaft ausübt, dem dafür sehr viel Dank gebührt und der zweifellos in einer großen Zwickmühle zwischen Interessen steckt, die ihm wohl manche Nacht den Schlaf raubt. Aber bei solchen Sätzen fällt mir tatsächlich nur Kurt Tucholsky ein:
    „Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse, sondern „gut gemeint“.“

    Wer demokratische Mechanismen in der kommunalen Selbstverwaltung aushebelt oder deren Aushebung duldet (hier wohl letzteres), der muss doch wissen oder mindestens ahnen, dass er damit die Büchse der Pandora öffnet.

    Was ist angesichts solcher Offenbarungen eigentlich los, da oben im Fichtenweg?! Was herrschen denn da für Zustände? Muss man sich das etwa vorstellen wie anno dazumal auf dem „Berghof“ oder gar „Adlerhorst“ am Obersalzberg?!

    Wie muss man sich Ratssitzungen ganz konkret vorstellen? Wie verbringt man die lange Dauer einer Ratssitzung, wenn nicht offen informiert, kritisch gefragt, diskutiert wird? Wenn Entscheidungsvorlagen nicht unwahrscheinlich mutwillig vorenthalten und eine gewissenhafte Einarbeitung und aufgeklärtes Abstimmungsverhalten unterbunden wird?

    Wie kann man blindes Vertrauen in Verhandlungsgeschick haben, wenn beide Verhandlungsseiten nicht nur ihr Gesicht sondern gar alles zu verlieren haben, die Rechtslage uneindeutig, das Vertragswerk völlig unübersichtlich, die Rechtsprechung unwägbar, ein unvorteilhafter Kompromiss zumindest nicht unwahrscheinlich ist?

    Wie kann es sein, dass alles einfach nur abgenickt wird? Ehrwürdige Institute wie Opposition und Remonstration ungenutzt bleiben?

    „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“
    Friedrich Nietzsche

  2. Puh, die städtische Rhetorik schraubt sich in höchste Höhen:

    „Solidarisch mit dem Bürgermeister wird die CDU Fraktion aber keinen Millimeter von dem bisherigen Weg abweichen und wenn das noch so lange dauert.“

    Ehrlich, Herr Pieper, niemand hat verlangt, dass der Bürgermeister mit der CDU Fraktion einen Millimeter vom Weg abweicht. Wir wollen lediglich wissen, wie dieser Weg aussieht, wohin er führt und wie hoch die Reisekosten sein werden.

    „Wir müssen den öffentlichen Teil des Oversums komplett in die eigene Hand bekommen, um es dann organisatorisch und konzeptionell neu aufzustellen“

    Wenn die Übernahme alle Verpflichtungen und Verbindlichkeiten durch „uns“ alternativlos ist, dann, Herr Pieper, sollten „wir“ die Höhe und Laufzeit der Verpflichtungen und Verbindlichkeiten langsam kennenlernen. Sie kennen die Zahlen vermutlich, wir nicht. Informieren Sie uns und dann können wir gemeinsam „geduldig abwarten“.

    Es sei denn, wir finden Ihren Weg gar nicht so gut und wollen ihn nicht mitgehen, weil die Reisekosten zu hoch sind. Aber wie sollen wir das entscheiden?

  3. @Johanna:
    Andreas Pieper sagt nicht, dass du den Weg mitgehen sollst, sondern eben lediglich: „Solidarisch mit dem Bürgermeister wird die CDU Fraktion aber keinen Millimeter von dem bisherigen Weg abweichen und wenn das noch so lange dauert.“

    Die CDU-Fraktion würde keinen Millimeter vom bisherigen Weg abweichen.

    Das ist natürlich eine hohle Phrase, denn natürlich muss sich die CDU-Fraktion an die sich fast täglich ändernden Wege anpassen, und das nicht nur millimeterweise, sondern mindestens meterweise.

    Denn wohin der Weg geht, ist den meisten Ratsherren wahrscheinlich noch nicht ganz klar. Sie werden ja die finanzielle Lücke, die zwischen den Eicklerschen 650.000 Euro und den tatsächlichen Beträgen klafft, ihren Wählerinnen und Wählern erklären müsssen.

    Weil das aber zur Zeit nicht im Sinne des BM und der Mehrheitsfraktion ist, wird halt geschwiegen, denn, und das ist die eigentliche Aussage, die CDU will im Wahlkampf keine Risse in den eigenen Reihen zeigen.

  4. Die Stadt Winterberg „informiert“ über die Ratssitzung. Auf ‚BlaBlaMeter – wie viel Bullshit steckt in Ihrem Text‘ erhielt die Ratsinformation folgende Wertung:
    „Ihr Text riecht schon deutlich nach heißer Luft – Sie wollen hier wohl offensichtlich etwas verkaufen oder jemanden tief beeindrucken.“

    Hier eine Kostprobe:
    „Winterberger Rat will auf Basis des erreichten Verhandlungs-Zwischenstandes weitermachen

    Der Rat der Stadt Winterberg konnte sich in seiner Sitzung am 15.01.2014 erstmals mit einem entscheidungsrelevanten Verhandlungsstand beim Thema Oversum beschäftigen und hat nach umfänglicher Diskussion in seinem Beschluss das Signal gegeben, dass die Stadt Winterberg bereit ist, auf der Basis des aktuellen Verhandlungsstandes weiterzumachen. Jetzt geht es darum, dass auch die anderen Beteiligten sich in dem nun erreichten Verhandlungsstand lösungsorientiert weiter einbringen…

    Deshalb müssen in den Verhandlungen auch alle Beteiligten mitreden (aquasphere, Insolvenzverwalter, Stadt, Geldinstitut und Gläubiger) und alle Beteiligten müssen sich auch bewegen und einbringen. Diesbezüglich gibt es in den seit Monaten laufenden Verhandlungen jetzt erstmals positive Signale. So konnte der Rat am 15.01.2014 einen wichtigen Schritt mit seinem positiven Votum gehen, um die seitens der Stadt immer präferierte Verhandlungslösung auch zu erreichen. In den nächsten Wochen wird die Stadt Winterberg mit allen Beteiligten das erreichte Verhandlungspaket und damit das Zukunftskonzept weiter konkretisieren.“

    Der vollständige, inhaltlich allerdings kaum gewinnbringende Text ist hier nachzulesen:

    http://www.rathaus-winterberg.de/Rathaus-Aktuelles/Winterberger-Rat-will-auf-Basis-des-erreichten-Verhandlungs-Zwischenstandes-weitermachen

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