Sauerlandkurier veröffentlicht am 19.05.2018 dubiosen Leserbrief eines Freundes der AfD-Anfrage zu „Schwerbehinderten in Deutschland“

In der Wochenendausgabe vom 19. Mai 2018 veröffentlichte die kostenlose, werbefinanzierte Zeitung „Sauerlandkurier“ den mehrspaltigen Leserbrief[1] eines mutmaßlichen AfD-Anhängers, in der dieser die menschenverachtende Kleine Anfrage der AfD „Schwerbehinderte in Deutschland“[2] mit großem rhetorischen „Geschwurbel“ und Demagogie verteidigt.

Der Autor arbeitet sich mit einem sehr langen Text an einer Stellungnahme der SPD[3] ab, die am 24. April 2018 in eben diesem Sauerlandkurier erschienen war.

Auch unser Blog hatte die Pressemitteilung der SPD am 16. April 2018 veröffentlicht[4].

Zu dem oben genannten Leserbrief haben wir heute die folgende Zuschrift erhalten (VerfasserIn ist der Redaktion bekannt):

—————————————————

Hat der Sauerlandkurier seinen Leserbriefschreiber Hengsbach eigentlich gefragt, wie er es anstellen möchte, „dass (schwer)behinderte Menschen“, die nach seiner Auffassung „wünschen, dass alles Mögliche dafür getan wird, dass in Zukunft den Menschen ein Schicksal, wie es Ihnen selbst beschieden ist, erspart bleibt“?

Was schlägt er vor? Tötung behinderter Menschen? Nein, davon wird er sich vehement distanzieren. Allein die Frage hält er sicher für eine abstruse Unterstellung.

Also (Zwangs-)Sterilisierung? Das doch mindestens, denn ansonsten hätte die Anfrage der AfD zu Daten über vererbte Behinderung, die der Leserbriefschreiber des Sauerlandkuriers unterstützt, gar keinen Sinn.

In der Tat werden hier Erinnerungen an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte wach, als in sogenannten Euthanasieprogrammen Menschen mit Behinderungen als „unwertes Leben“ bezeichnet und in Krankenhäusern und Kliniken im ganzen Land zu Tode gespritzt oder zwangssterilisiert wurden.

Der Sauerlandkurier räumt diesem Leserbrief vier Spalten ein, die eine halbe Seite umfassen. Im besten Fall hat der Sauerlandkurier nicht verstanden, worauf H.-G. Hengsbach hinaus will, im schlechtesten Fall teilt der Sauerlandkurier seine Auffassung. Das allerdings kann ich mir nicht vorstellen.

———————————————–

[1]Leserbrief 19. Mai 2018 im E-Paper des SK

https://epaper.sauerlandkurier.de/bkbackoffice/getcatalog.do?catalogId=159101#page_26

[2]Link zur Anfrage der AfD

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/014/1901444.pdf

[3]Artikel „Menschenverachtend“ vom 28. April 2018 im E-Paper des SK

https://epaper.sauerlandkurier.de/bkbackoffice/getcatalog.do?catalogId=157638#page_40

[4]Artikel im Blog

https://www.schiebener.net/wordpress/afd-stellt-menschenverachtende-kleine-anfrage-zu-schwerbehinderten-in-deutschland/

Der Sauerlandkurier zum „Germanwings-Absturz“: Heuchlerische Nichtberichterstattung

Ein heuchlerischer, undifferenzierter Rundumschlag auf Seite 3 des heutigen Sauerlandkuriers. (foto: zoom)
Ein heuchlerischer, undifferenzierter Rundumschlag auf Seite 3 des heutigen Sauerlandkuriers. (foto: zoom)

Heute Morgen habe ich mich über die heuchlerische Nichtberichterstattung des Sauerlandkuriers zum Germanwings-Absturz gewundert, nein geärgert.

Tim Plachner, Verlagsleiter und Chefredakteur, rechtfertigt in einem zweispaltigen Kommentar, „warum sich der Sauerlandkurier nicht mit dem Flugzeugabsturz befasst.“

Plachner zählt die Fehler der Medien auf und nimmt gleich jeden und jede, die da irgendwo berichtet hat, aufs Korn.

„So genannte Experten wurden aus allen Ecken der Republik zusammengetrommelt, denn schließlich müssen ja zig TV-Sender, dutzende Print-Produkte und hunderte Online Portale – häufig nur durch journalistische Amateure bedient – irgendwo gefüttert werden.“

Und so fort und so fort …

Ja, ja, alles Nutten außer Plachner? Dessen Blatt recherchiert lieber gleich garnichts, weil die Sauerlandkurier-Profis es anscheinend nicht können, denn gerade für eine Lokalzeitung hätte es viele Zugänge und Möglichkeiten zum Thema gegeben. Die Reklamezeitung hätte es anders und besser machen können als die „Medienmaschinerie“.

Welch selbstverliebte Verblendung spricht aus dem Kommentar. „Wir machen da nicht mit. „Wir stellen keine künstlichen Zusammenhänge her.“ Realitätscheck! Es gab quer über sämtliche Medien gute und schlechte Berichterstattung.

Im Gewerkschaftsblog Medienmoral wurde der journalistische Lapsus heute Morgen ebenfalls bemerkt und treffend kommentiert:

Einen Tiefpunkt in der Berichterstattung über den Germanwings-Absturz liefert heute das Anzeigenblatt Sauer-/Siegerlandkurier. Dort wird verkündet, dass es zwar eine Tragödie sei, die aber doch nicht dramatisiert werden soll …

Danach wird ausgeholt zum Rundumschlag gegen sämtliche Medien, mit dem scheinheiligen Hintergrund, sich vermeintlich überhöht darzustellen. Der Text endet damit, dass der Sauer-/Siegerlandkurier das Thema bewusst nicht aufgreift – wobei er es ja erstaunlicherweise doch tut.

Autor ist Tim Plachner, beim Blick im Impressum fällt auf: Chefredakteur UND Verlagsleiter. Was? Das ist die eigentliche Tragödie dieses Mediums: Dass die Trennung zwischen Redaktion und Anzeigen nicht mal mehr mit einem Deckmäntelchen vorgegaukelt wird. Hier bestimmt der Verlagsleiter den Inhalt. Und das ist neu!

Vielleicht sollte Herr Plachner diese Umstand mal in seiner Kolumne thematisieren, falls er nicht gerade damit beschäftigt ist, passende Texte zu den verkaufen Anzeigen zu suchen …

Schneekanonen in Winterberg – und was ich vor 15 Jahren geschrieben habe.

Ich muss gestehen, dass ich damals sehr gerne für den Sauerlandkurier geschrieben habe. Die hatten eine pfiffige Redakteurin. (Scan: zoom)
Ich muss gestehen, dass ich sehr gerne für den Sauerlandkurier schrieb. Die hatten eine pfiffige Redakteurin. (Scan: zoom)

Vor 15 Jahren habe ich mich nur am Rande für Schneekanonen (neudeutsch: Schnee-Erzeuger) interessiert. Damals hatte ich noch kein Blog und bin auf der Suche nach Geschichten von Thema zu Thema gestolpert. Oft hat mich auch die Redakteurin angerufen und gefragt, ob ich „da mal etwas machen könnte“.

Ich habe dann gemacht und gelernt und geschrieben. Die Gespräche mit den Menschen, Laien und Fachleuten, waren das Salz in der Suppe der lokalen Artikel. Ich mochte sie, die Menschen und ich mag sie auch heute noch.

Wenn mich meine Erinnerung nicht trübt, war die Geschichte über die Entwicklung der Scheekanonen ein Einfall der Redakteurin, vielleicht auch der Wahles oder der Anzeigenabteilung. So genau weiß man das nie.

Weil ich gerade eben mit Daniel Hilbich auf Facebook einen kleinen Austausch über den Ruhrquellenlift hatte, fiel mir der alte Artikel (siehe Bild) wieder ein.

Daniel betreibt die Facebook-Website „Erlebnis Hochsauerland“ und steht 100% hinter dem Winterberger Ski-Karussell, ich weniger, mehr Richtung 10%, wie aufmerksame Leserinnen und Leser meines Blogs wissen. Trotzdem tausche ich mich gern mit Daniel aus. Wer von uns beiden „gewinnt“, wird man dann in 20 bis 30 Jahren sehen.

Zurück ins Jahr 1999.

Den Artikel würde ich heute sicherlich nicht mehr genau so schreiben, aber er spiegelt den Stand meines damaligen Wissens und Schreibens authentisch wider.

Die erwähnten Personen habe ich damals als sehr kompetent kennengelernt. Einige von ihnen sind auch heute noch im Geschäft: interessante Persönlichkeiten der Winterberger Ski-Welt.

15 Jahre sind eine lange Zeit und doch schnell verflogen – in Winterberg. Lest mal.

(Disclaimer: der Rechtschreibfehler im Artikel gehen NICHT auf meine Kappe.)

Sauerlandkurier schlachtet Kritiker und diffamiert Diskussion über sexistisches Plakat

Am 12. Oktober 2014 erschien im Sauerlandkurier ein Artikel des Chefredakteurs des anzeigenfinanzierten Blattes unter dem Titel: “Streit um Satire – Erregter Bad Fredeburger schaltet sogar Alice Schwarzer ein”.

In dem als Artikel verkleideten Kommentar findet sich der Stein des Anstoßes: das Plakat zur Walpurgisparty Arpe. Die Darstellung: eine weitgehend unbekleideten Frau, die sich am Hexenbesen rekelt, Teufelshörner trägt und dem Betrachter aggressiv die gespaltene Zunge entgegen streckt. Sie sieht zudem ziemlich verschlammt aus, halt so wie sich Männer Frauen vorstellen, die gerade aus der Hölle kommen.

Unter dem Plakat steht: „Dieses Plakat erregte den Unmut eines selbsternannten Bürgerreporters – er schaltete Alice Schwarzer und den Werberat ein.“

Das Plakat zur Walpurgisnacht in Arpe ist das eine: Es ist frauenfeindlich und damit für Karnevalsgesellschaften im Sauerland nichts Ungewöhnliches. Ebenfalls nicht ungewöhnlich ist die fehlende Sensibilität für sexistische Darstellungen.

So werden im Artikel die Organisatoren der Feier mit den Worten zitiert: „Wir haben inzwischen auch mit vielen Frauen über das Thema gesprochen, keine einzige hat sich durch die bildliche Darstellung auf dem Plakat diskriminiert gefühlt.“ – Diese Bemerkung sagt vermutlich mehr über die Mentalität in Arpe als über den frauenfeindlichen Charakter des Plakats aus.

Doch nun kommt der Chefredakteur des Sauerlandkurier Thorsten-Eric Sendler zum Zuge: Einen „erregter Bad Fredeburger“ habe das „von einem Fachmann“ entworfene Plakat „auf die Barrikaden“ gebracht.

Der „selbsternannte Bürgerreporter“ (hat der Mann sich wirklich als „Bürgerreporter“ bezeichnet, oder legt Sendler ihm dies in den Mund, um ihn zu diskreditieren?) habe, so Sendler, „seit geraumer Zeit nimmermüde mit seinen Texten zu allen möglichen Themen die Leserbriefspalten der Zeitungen“ gefüllt.

Der „Bürgerreporter“ habe, neben „diversen Zeitungen und Zeitschriften“ (explizit genannt wird hier keine einzige) auch Alice Schwarzer und der Werberat kontaktiert und einen „Feldzug“ geführt.

Nachdem die Karnevalsgesellschaften Arpe erklärte, sie werde das Plakat „des lieben Frieden willens“ nicht weiter verwenden, werde der Werberat den Vorgang nicht weiter untersuchen.

Der Bad Fredeburger kritisiert, so die Aussage Sendlers, dass die Hexenverfolgung durch das Plakat verharmlost werde und er habe einen Vergleich zur Judenverfolgung gezogen.

Hier nun schrien die Karnevalisten auf, die Kritik sei eine„absolute Frechheit“ und „geschmacklos“. Man werde in die rechte Ecke gesteckt und der Verein prüfe „ob er den sogenannten Bürgerreporter auf Schadensersatz und Rufschädigung verklagen kann“.

Sendler ergreift in seinem Kommentar eindeutig Partei. Er lässt den Karnevalisten breiten Raum, um ihr Plakat erneut zu rechtfertigen ( „eindeutig … von der der Geschichte losgelöste, zeitgemäße Interpretation des Hexenthemas“), um ihr eigenartiges Frauenbild, ihr merkwürdiges Geschichtesverständnis („…jedem klar denkenden Menschen muss eigentlich bewusst sein, dass das mit den Hexenverbrennungen in früheren Jahrhunderten nicht das Geringste zu tun hat.“) und ihren interessanten Satirebegriff darzulegen („Satire ist in der heutigen Zeit fast überall als Darstellungsform anzutreffen. Wer abends über die Privatkanäle zappt oder Magazine durchblättert, wird zuhauf fündig“). Ich vermute, die Karnevalisten verwechseln Satire mit Pornografie – und der Chefredakteur spielt mit.

Dem Journalisten des Sauerlandkuriers ist vorzuwerfen:

1. Er hebt eine sexistische und frauenfeindliche Darstellung in sein Blatt und verbreitet sie kritiklos.
2. Er macht die Angelegenheit der Karnevalsgesellschaften Arpe zu seiner eigenen Sache, indem er vermeintlich neutral die dort vertretenen Positionen abdruckt.
3. Er diffamiert kritische Zeitgenossen, indem er sie nicht als Personen, Menschen, Bürger, sondern wiederholt als „sogenannten Bürgerreporter“ bezeichnet. Er stellt deren Kritik als emotional motiviert, grundlos, unvernünftig, frech und geschmacklos dar.
4. Er versucht mit diesem Artikel jede Kritik und jeden Auseinandersetzung über ein durchaus zu kritisierendes Plakat auszuschalten.
5. Der Kritiker in Bad Fredeburg, von dem anzunehmen ist, dass er vor Ort bekannt ist, wird persönlich angegriffen, er wird an den Pranger gestellt. Der Streit um ein Karnevalsplakat wird zu einer persönlichen Abrechnung. Es geht nicht mehr um die Sache, sondern um die Person. Fraglich, ob eine derartige Auslegung der Pressefreiheit presserechtlich gedeckt ist.

*** In einem am selben Tag in Der Westen erschienen Artikel zum selben Thema wird der Fredeburger namentlich genannt, die Zeitung hat ihn befragt und seine Argumente ebenso genannt wie die Position des Karnevalisten. Es geht also offenbar auch ganz anders. ***

Der Bürgermeister der Stadt Winterberg will unserem Blog keine Auskunft geben.

Den Blogs sagt man besser nichts. Die sind ja nicht offiziell, sondern privat (collage: zoom)
Den Blogs sagt man besser nichts. Die sind ja nicht offiziell, sondern privat, oder so. (collage: zoom)

In einem Blog-Artikel mit einer Anfrage an den Bürgermeister der Stadt Winterberg, ging es im Kern um die Frage, ob im Winterberger Rathaus rassistische Sprachstereotypen wie „Asylant“ verwendet werden, und ob diese „Asylanten“ für die Haushaltsprobleme der Stadt Winterberg verantwortlich sein könnten. Die Antwort der Stadt Winterberg lässt tief in die Diskussionskultur und die politischen Gepflogenheiten des hohen Hochsauerlandes blicken.

Wir hatten gefragt:

1. Wie hoch sind die Mindereinnahmen der Gewerbesteuer?

2. Wie hoch sind die Mehrkosten der Stadt nach dem AsylbLG?

3. Wie hoch sind die Gesamtkosten der Stadt nach dem AsylbLG? Wie schlüsseln sich diese Mehrkosten auf?

4. Wie viele Menschen erhalten in Winterberg Leistungen nach dem AsylbLG?

5. Hat Herr Östreich den Begriff “Asylant” in seinen Darlegungen verwendet?

Im Ratsinformationssystem habe ich keine entsprechenden Informationen bzw. Protokolle zu der besagten Sitzung des “Haupt- und Finanzausschusses” gefunden.

Die Antwort der Stadt Winterberg ist keine Antwort, sondern ein Ausweichen:

Sehr geehrter Herr Schiebener,

auf Ihre Presseanfrage vom 27. August 2014 an die Stadt Winterberg kann ich Ihnen die nachfolgende Antwort geben:

Sie bedienen einen privat geführten Internet-Blog. Aus dem Kontext Ihrer aktuellen Anfrage lässt sich schließen, dass Ihre gestellten Fragen mit den erbetenen Antworten durch eine Veröffentlichung in Ihrem privaten Blog zur allgemeinen Diskussion in einem freien Austausch anregen sollen. Sie werden sich sicherlich schon mal die Frage gestellt haben, warum alle öffentlichen Stellen Anfragen von privaten Internet-Blogs oder ähnlichen anders behandeln als Anfragen der offiziellen Presseorgane? Weil offizielle Presseorgane eine andere presserechtliche Verantwortung übernehmen, als die privaten Plattformen.

Deshalb verweisen wir Anfragen, die nicht von offiziellen Presseorganen kommen, auf die allgemein zugänglichen Quellen, die in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Alle, die sich für die Stadtentwicklung und das Gremiengeschehen interessieren, sind herzlich eingeladen, an den öffentlichen Teilen der Gremiensitzungen teilzunehmen und den kompletten Beratungsverlauf zu verfolgen. Ort und Zeitpunkt der Sitzungen sowie alle öffentlichen Verwaltungsvorlagen mit Anlagen können über das Ratsinformationssystem auf der Website der Stadt Winterberg abgerufen werden. Öffentliche Presseerklärungen, wie sie auch den Presseorganen zugehen, sind gleichzeitig auch auf der städtischen Website unter Aktuelles veröffentlicht. Die öffentlichen Protokollteile zu allen Rats- und Ausschusssitzungen werden nach Erstellung ebenfalls unter der jeweiligen Sitzung im Ratsinformationssystem eingestellt. Die Protokolle des Rates, des Haupt- und Finanzausschusses und des Bauausschusses werden sogar zusätzlich im Mitteilungsblatt abgedruckt. Das Protokoll des Haupt- und Finanzausschusses vom 19.08.2014 wird in den nächsten Tagen veröffentlicht.

PS: Das Ratsinformationssystem der Stadt Winterberg wird nach einem Serverausfall voraussichtlich im Laufe des morgigen Vormittags wieder zur Verfügung stehen.

Mit freundlichen Grüßen aus Winterberg

Der Bürgermeister
gez. i.A. Gerda Schütte
Presse-/Projektkoordination

Unsere Anmerkungen:

„Sie werden sich sicherlich schon mal die Frage gestellt haben, warum alle öffentlichen Stellen Anfragen von privaten Internet-Blogs oder ähnlichen anders behandeln als Anfragen der offiziellen Presseorgane?“

Nein, das habe ich mich noch nicht gefragt, weil ich von sehr vielen öffentlichen Stellen Pressemeldungen und Auskünfte erhalte. Allein die Stadt Winterberg schickt uns, trotz mehrfacher Nachfrage, keine Pressemeldungen, und das seit Jahren.

„Weil offizielle Presseorgane eine andere presserechtliche Verantwortung übernehmen, als die privaten Plattformen.“

Das verstehe ich nicht. Ab wann ist in den Augen des BM Eickler ein Presseorgan „offiziell“? Die Westfalenpost ist die private Plattform der Funke Mediengruppe. Die anderen Printmedien, die in den Briefkästen der WinterbergerInnen liegen,  finanzieren sich über Reklame.

„Alle, die sich für die Stadtentwicklung und das Gremiengeschehen interessieren, sind herzlich eingeladen, an den öffentlichen Teilen der Gremiensitzungen teilzunehmen und den kompletten Beratungsverlauf zu verfolgen.“

Ich bin berufstätig und habe leider meist keine Zeit, die Ratssitzungen live zu verfolgen. Daher habe ich ja auch nachgefragt, um sicher zu gehen, dass die vom Sauerlandkurier berichteten rassistischen Äußerungen tatsächlich gefallen sind. Außerdem wollte ich gerne die genauen Zahlen haben, um mir ein Urteil zu bilden.

„Aus dem Kontext Ihrer aktuellen Anfrage lässt sich schließen, dass Ihre gestellten Fragen mit den erbetenen Antworten durch eine Veröffentlichung in Ihrem privaten Blog zur allgemeinen Diskussion in einem freien Austausch anregen sollen“

Abgesehen von der Tatsache, dass „privat“ im Zusammenhang mit Blogs für Sie so etwas wie ein Schmuddelwort zu sein scheint, kann ich Ihnen nur zustimmen.

Natürlich möchte im Blog „zur allgemeinen Diskussion in einem freien Austausch anregen“. Was gibt es in einer Demokratie besseres?

Winterberger Finanzlage verschlechtert. Kämmerer findet Schuldige: Asylanten …

wordleasylantIn einem Artikel unseres Reklameblattes „Sauerlandkurier“ vom 24. August 2014 werden wir über Probleme im Haushalt der Stadt Winterberg unterrichtet. Schuld seien neben „Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer“ insbesondere die „Asylanten“.

Der Kämmerer der Stadt Winterberg, Bastian Östreich, zeigte im Finanzzwischenbericht die Verschlechterung der Finanzlage auf. Bei der Gegenüberstellung des Haushaltsansatzes zur aktuellen Situation der Kassen stellte Östreich besonders zwei Punkte heraus: die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer sowie die Mehrkosten nach dem AsylbLG (Asylbewerberleistungsgesetz).

Hier entstehen der Stadt hohe Kosten, da sie als „Krankenkasse“ auch für die Krankenkosten von Asylanten aufkommen müsste.

Da ich mich seit vielen Jahren nebenbei und beiläufig mit Rassismus und rechtsradikalen Gedankenströmungen beschäftige, zucke ich zumindest innerlich zusammen, wenn in einer Diskussion oder einem Gespräch von „Asylanten“ die Rede ist.

Ich zitiere einfach mal aus dem Glossar einer Schweizer Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, die sich dem Problem folgendermaßen annimmt:

Etwa um 1970 taucht im deutschen Sprachgebiet die Bezeichnung Asylant für Flüchtlinge und Asylsuchende auf. Von Anfang an waren es rechtsstehende und fremdenfeindliche Organisationen und Personen, die das Wort benutzten. Deshalb bekam Asylant eine klar abwertende Bedeutung. Die politischen Behörden der Schweiz verwenden diese Bezeichnung nicht. Das Asylgesetz zum Beispiel spricht von «Asylsuchenden».

«Anstieg der Asylantenflut» lautete 1971 eine Schlagzeile in der Wochenzeitung «Deutsche Nachrichten» der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Schon in diesem frühen Nachweis zeigt sich der typische Zusammenhang, in den die neue Wortschöpfung Asylant von Anfang an gestellt wurde: Das Wort wurde stets mit einer deutlichen Abwehrhaltung gegen Flüchtlinge und Asylbewerber gebraucht. Dies drücken auch die Wortkombinationen «Asylantenschwemme», «Scheinasylant», «Asylantenpack» oder «kriminelle Asylanten» aus. Ein respektvoller Kontext – etwa «hochbegabte Asylantin» oder «liebenswürdiger Asylant» – kommt kaum je vor und wirkt wenn schon eher ironisch.

Zeitungspapier ist geduldig und der Sauerlandkurier ist eine Reklamezeitung. Gestern Grund für mich, beim Bürgermeister der Stadt Winterberg nachzufragen:

Sehr geehrter Herr Eickler,

in einem Bericht „Endgültiges Aus“ des Sauerlandkuriers vom 24. August
2014 heißt es auf Seite 2 an Ende des Artikels:

„Der Kämmerer der Stadt Winterberg, Bastian Östreich, zeigte im
Finanzzwischenbericht die Verschlechterung der Finanzlage auf …[weiter wie oben]“

Meine Fragen:

1. Wie hoch sind die Mindereinnahmen der Gewerbesteuer?

2. Wie hoch sind die Mehrkosten der Stadt nach dem AsylbLG?

3. Wie hoch sind die Gesamtkosten der Stadt nach dem AsylbLG? Wie
schlüsseln sich diese Mehrkosten auf?

4. Wie viele Menschen erhalten in Winterberg Leistungen nach dem AsylbLG?

5. Hat Herr Östreich den Begriff „Asylant“ in seinen Darlegungen
verwendet?

Im Ratsinformationssystem habe ich keine entsprechenden Informationen
bzw. Protokolle zu der besagten Sitzung des „Haupt- und
Finanzausschusses“ gefunden.

Mit freundlichen Grüßen

Hans J. Schiebener

c/o an die Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Winterberg

Ich unterstelle keinesfalls, dass es sich beim Winterberger Rat um einen Haufen rechtsradikaler Fremdenfeinde handelt. Was ich befürchte, ist, dass sich das schleichende Gift rassistischer Sprache[1] in den politischen Diskurs eingeschlichen haben könnte.

Dies wäre IMHO schlecht für eine Tourismus-„Destination“ wie Winterberg, die doch gerade im Hinblick auf die kommenden Bob- und Rodelweltmeisterschaften Weltoffenheit und Toleranz, statt Dumpfheit und Muff, zeigen sollte.

Die Antwort des Bürgermeisters steht noch aus. Nicht schlimm. Er hat viel zu tun, aber ich bin trotzdem schon gespannt.

[1] Ähnliches hatte ich vor längerer Zeit in meinem Bekanntenkreis und darüber hinaus gehört: „… bis zur Vergasung“ wurde gesagt, wenn es darum ging, eine große Anstrengung zu beschreiben. „bis zur Vergasung geputzt“, „bis zur Vergasung gelernt“, „bis zur Vergasung Unkraut gerupft“, usw.  Hinweise auf Auschwitz wurden zu Beginn als lächerlich abgetan, aber mit der Zeit ist der Skandal doch in die Köpfe eingesickert.

„Bisher ist die ganze Sache meiner Ansicht nach ziemlich nebulös“ – Patrick Sensburg im Interview mit dem Anzeigenblatt „Sauerlandkurier“

SK
Auszug aus dem Interview im Sauerlandkurier am 13.04.2014

Heute veröffentlicht das Anzeigenblatt “Sauerlandkurier” ein Interview mit dem NSA-Ausschussvorsitzenden Patrick Sensburg (CDU).

O-Ton Sensburg:

Edward Snowden ist für mich letztlich nichts anderes als ein Zeuge von vielen. Zunächst muss geklärt werden, zu welchen Themenkomplexen er überhaupt etwas beitragen könnte. Dafür benötigen wir vorab allerdings die Unterlagen von Herrn Snowden, die uns bisher noch nicht vorliegen. Ich würde mir mithilfe der entsprechenden Akteneinsicht nämlich schon gerne ein eigenes Bild darüber machen, inwiefern uns welche Unterlagen weiterhelfen könnten.

So oder ähnlich hat sich Sensburg bereits an anderer Stelle geäußert und dafür in der Berliner und Kölner Presse einige Häme einstecken müssen.

Alle reden über das Material, das Snowden mitgenommen hat, aber niemand hat es gesehen. Bisher ist die ganze Sache meiner Ansicht nach ziemlich nebulös.

Die Umdeutung der Realität durch Herrn Sensburg trägt orwellsche Züge. Der erste Satz ist nachweislich falsch: natürlich hat nicht „niemand“ das Material Snowdens je gesehen. Der zweite Satz kommt einer Kapitulation gleich. Was also tun, um den Nebel zu lichten? „„Bisher ist die ganze Sache meiner Ansicht nach ziemlich nebulös“ – Patrick Sensburg im Interview mit dem Anzeigenblatt „Sauerlandkurier““ weiterlesen

Meinungsmanipulation: aquasphere Winterberg GmbH insolvent = Positive Entwicklung

Sauerlandkurier Artikel
Sauerlandkurier, gestern, S. 2, rechts unten (foto: zoom)

Jeden Sonntag und Mittwoch liegt die Reklamezeitung „Sauerlandkurier“ in unserem Briefkasten. Die Inhalte bestehen aus fast journalistischen Artikeln (wenige) und jeder Menge PR, Selbstdarstellung von Parteien, Vereinen etc.

Das wäre alles nicht bedenklich, wenn den Leserinnen und Lesern klar wäre, dass im Sauerlandkurier zwangsläufig manipulative Artikel erscheinen.

Einer von diesen Artikeln ist mir gestern ganz sauer aufgestoßen: „Positive Entwicklung – aquasphere Winterberg GmbH offiziell insolvent“, heißt es im Titel (siehe Bild oben).

In der Einleitung geht es weiter: „Winterberg. Positive Entwicklung für die Stadt Winterberg: Das Amtsgericht Arnsberg hat jüngst [sic!] das Insovenzverfahren gegen die aquasphere Winterberg GmbH, der Eigentümerin und Vermieterin des Oversum-Komplexes, offiziell eröffnet. … Für Bürgermeister Werner Eickler kommt diese Entwicklung nicht überraschend, er sieht sie als durchaus positiv an: …“

Das Positive soll laut Autorin sein, dass die Stadt jetzt nicht mehr mit vielen Rechtsvertretern zu tun habe, sondern einzig und allein mit dem Insolvenzverwalter.

Im weiteren Verlauf wird die Meinung des Bürgermeisters referiert. Nachfragen, Widersprüche, Recherche = Null. „Positives“ an sich ist nicht mehr belegt.

Der Artikel mutet wie eine verdünnte Ausgabe des WP-Artikel vom 8. Februar an. Wir hatten uns mit dem Inhalt und den Aussagen des Bürgermeisters dort („absolut positiv“) auseinandergesetzt: „Kommentar: Oversum Eigentümerin “aquasphere” insolvent – Bürgermeister Eickler begeistert.“

Der Artikel im Sauerlandkurier kommt zu spät, erreicht nicht den Diskussionsstand. Die Autorin ist nicht einmal der Lage, das Datum der Insolvenzeröffnung aufzuschreiben.

„jüngst“ bedeutet „ich habe keine Ahnung und bin zu faul nachzugucken“. Hier im Blog hätte sie es tun können: Über das Vermögen der aquasphere Winterberg wird das Insolvenzverfahren eröffnet.

„Positive Entwicklung“ bedeutet in diesem Fall „ich habe mich mit den möglichen negativen Entwicklungen nicht beschäftigt“.

Zahlen, in diesem Fall Euro, kommen in dem Artikel nicht vor, Verpflichtungen der Stadt werden nicht angesprochen.

Der Artikel manipuliert, weil er einseitig einen nicht ausreichend belegten Begriff „Positive Entwicklung“ in die Köpfe der Leserinnen und Leser hämmert.

Leider gibt es noch immer viele Menschen, die die Reklamezeitungen für Produkte des Journalismus halten.

Sexismus? Im Sauerland kein Problem.

130210_sksexismus1
Ausriss aus dem Sauerlandkurier vom 10.02.2013, S. 3. (Zum Vergrößern anklicken)

Das Anzeigenblatt Sauerlandkurier hat Leserinnen und Lesern die Frage gestellt: „Ist Sexismus am Arbeitsplatz tatsächlich allgegenwärtig?“

Wer seine Meinung kundtun wollte, konnte zwischen drei nicht ganz wertfreien Äußerungen wählen. Nun gut, solche Umfragen gibt es im SK regelmäßig, sie interessieren mich normalerweise nicht. Doch in diesem Fall sah ich mir das graphisch hübsch aufgemachten Ergebnis genauer an.

67% stimmten mit der These ‚die Debatte is (sic!) doch total überzogen. Nicht jeder lockere Spruch gegenüber einer Kollegin ist gleich Sexismus‘ überein. 25% der ‚Leserschaft‘ war zwar der Meinung, es gebe Sexismus, dieser sei jedoch im Wesentlichen durch die Medien verursacht.

Im Text erläutert Lars L., dass 256 Stimmen ausgewertet worden seien. Wie viele Männer und wie viele Frauen sich geäußert haben, das schreibt der Autor nicht. Es werden jedoch nicht viele Frauen gewesen sein, denn im Text kommen ausschließlich Männer zu Wort:

– Gerd O. findet die Diskussion ‚lächerlich‘, er habe sogar beobachtet, dass Frauen, deren Reize ignoriert würden, in Depression verfielen.

– Heinrich M. schreibt etwas über Schuldgefühle, keine Ahnung was er da sagen will.

– Roland K. meint, die Medien seien Schuld, denn sie würden Frauen nackt abbilden.

– Peter M. findet es fies, dass der Stern überhaupt eine attraktive Journalistin zu Brüderle schickte, denn dessen Umgang mit Journalistinnen sei doch bekannt.

– Walter H. hingegen spricht von unechter Empörung.

Alles klar. Die Männer des Sauerlandes haben befunden, dass Sexismus eigentlich kein Thema ist. Ein Glück. Dann kann Frau ja schnell wieder an den Herd eilen und den Sonntagsbraten zubereiten.