Groko 3.0: Kein Aufbruch in die Zukunft – Welches Land hinterlassen Union und SPD künftigen Generationen?

Die Würfel sind gefallen: 2/3 Zustimmung der SPD-Basis zum Koalitionsvertrag. Doch was viel höher zu bewerten ist: 1/3, nämlich ca. 120.000 Genossen, sprachen sich dagegen aus. Und über 100.000 Mitglieder nahmen – vermutlich aus Frust und Zorn – erst gar nicht an der Abstimmung teil.

Positiv zu bewerten ist die prompte Ankündigung der Jusos, daß der Widerstand gegen die Groko aufrechterhalten wird. Und die SPD-Spitze wird es sich kaum leisten können, daß sie denjenigen, die bei der Mitgliederbefragung mit NEIN gestimmt hatten, in Zukunft keine Beachtung mehr schenkt und sämtliche Kritik an sich abprallen läßt, getreu dem Motto: Wir sitzen fest im Regierungssattel; uns kann nichts mehr passieren. Aus gutem Grund initiierten die Jungsozialisten unmittelbar nach der Abstimmungsniederlage die Gründung eines Linksbündnisses mit dem Ziel, ein starkes Gegengewicht zu der kontinuierlich nach „rechts“ rückenden Parteienlandschaft anzustreben. Unzufriedenen Genossen und auch Grünen soll damit eine neue Heimat geboten werden.

Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine hatten vor geraumer Zeit ebenfalls die Gründung einer linken Sammlungsbewegung ins Spiel gebracht, um jenseits des „rechten Lagers“ eine neue Machtperspektive zu schaffen, von der man sich erhofft, daß sie eines Tages mehrheitsfähig wird. Doch es würde vermutlich noch sehr lange dauern, bis ein solches Projekt eventuell von Erfolg gekrönt ist.

Das Regierungsmodell SPD, Grüne, Linkspartei hat für einen überschaubaren Zeitraum sowieso keine Chance auf Regierungsübernahme; es wurde von Seiten der Linken bereits „für tot“ erklärt. Und betrachtet man die ins Ministeramt berufenen SPD-Politiker, so ist zu befürchten, daß sie entgegen ihrer Ankündigung, dem Koalitionspartner CDU/CSU das Leben, sprich das Regieren schwerer zu machen, doch wieder in den alten Trott verfallen und jeden Kritiker, der es wagt aufzumucken, daran erinnern werden, daß schließlich 66 Prozent der Basis für eine Fortsetzung von Schwarz-Rot votiert haben.

Es scheint so, als wäre diese Partei mit ihrem überwiegend aufgebrauchten Personal einfach unfähig, aus Fehlern zu lernen. Deshalb kann man von diesen Leuten auch gar nicht erwarten, daß sie große Reformen auf den Weg bringen.

Es geht ein tiefer Riss durch die ehemalige linke Volkspartei SPD. Geschwächt und gespalten, also unter sehr ungünstigen Voraussetzungen, flüchtet sie sich erneut in eine Große Koalition – und gibt sich damit selber auf. Sie hat kein Ehrgefühl. Ihr fehlt es nach wie vor an dem nötigen Selbstbewußtsein. Sie ist von sich selbst nicht überzeugt. Sie hat das getan, was die Union von ihr erwartet, nämlich für eine Neuauflage der Groko einzutreten, nur damit Frau Merkel im Amt bleiben kann – und nennt dies „Staatspolitische Verantwortung“. In Wirklichkeit verhält es sich doch so, daß kein SPD-Mandatsträger oder Minister (ehemaliger oder zukünftiger) seinen Posten verlieren bzw. auf sein Amt verzichten will. Und die Partei liegt derzeit in Umfragen doch nicht deshalb bei nur 18 – 19 Prozent, weil Gegner der Koalitionsvereinbarung den Marsch in die Opposition empfohlen hatten.

Das Attribut „Anwalt der kleinen Leute“ ist bei der SPD längst zur Makulatur geworden. Wo bleibt die alte Forderung der Genossen nach Wiedereinführung der Vermögensteuer oder einer Sonderabgabe für Reiche, wie es die Linkspartei postuliert? Wie will die Partei angesichts des rapide schwindenden Rückhalts in der Bevölkerung ihre Kernforderungen durchsetzen; wie will sie sich profilieren? Andrea Nahles als Vertreterin der „alten Garde“ und vermutlich zukünftige SPD- Vorsitzende wird vom Rednerpult auf Kanzlerin Merkel und deren CDU und CSU schimpfen nach allen Regeln der Kunst, während ihr Parteifreund, Finanzminister Scholz, gleichzeitig die hervorragende Zusammenarbeit mit Frau Merkel anpreist.

Bei Scholz rechne ich damit, daß er durch seinen Minister Heiko Maas noch mehr Geld ins Ausland transferiert und bereitwillig großzügige finanzielle Geschenke verteilt – an EU-Staaten oder solche, die noch auf der Warteliste stehen, die aber für den Zusammenhalt und die politische Stabilität der Gemeinschaft ohne jeden praktischen Nutzen sind. Und das würde passieren, obwohl die Ausgaben der EU durch den Wegfall Großbritanniens (Brexit) eher gesunken sind, auch wenn man berücksichtigt, daß Großbritannien einer der größten Nettozahler innerhalb der EU war.

Es ist bestimmt kein Zufall, daß der französische Staatspräsident Macron und EU-Kommissar Juncker sich bereits bei den laufenden „Jamaika“-Sondierungsgesprächen“ eingemischt hatten und nachdrücklich auf die Bildung einer Großen Koalition drängten, da sie genau wußten: Man kann sich auf die Zahlungsfreudigkeit der Sozialdemokraten, aber auch auf die der Unionisten verlassen. Eine solche, allzu freizügige Ausgabenpolitik, wäre mit Regierungsbeteiligung der Europa kritischen FDP und besonders der stärksten Oppositionspartei AfD nie möglich. So aber wird man davon ausgehen können, daß sich der Bundesfinanzminister für eine Vergemeinschaftung der Schulden innerhalb der EU ausspricht, wobei allerdings sehr zu bezweifeln ist, ob es auch hier ein „Weiter so“ geben kann.

Der schwarz-rote Koalitionsvertrag erweist sich bei genauer Lektüre als riesige Geldverteilungsmaschine. Frau Merkel und ihre Minister glauben immer noch mit Geld ließe sich alles regeln, man könne sämtliche Bevölkerungsschichten zufriedenstellen, wenn nur alle vom Kuchen ein großes Stück serviert bekommen. Die Koalitionäre haben jedoch noch immer nicht erkannt, daß für die Leute mittlerweile Geld nicht mehr alles ist und die vielzitierten Werte wieder stärker in den Vordergrund rücken.

In ihrer Regierungserklärung vom 21.3. 18 war die CDU-Chefin eifrig darum bemüht, den politischen Stillstand und die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte unter ihrer Kanzlerschaft auszublenden und mit wortgewaltiger Rhetorik vergessen zu machen. Was der interessierte Zuschauer aus ihrem Munde hörte, war ein Füllhorn von Versprechungen. Das ist nicht nur zutiefst unseriös, sondern beweist auch, daß in den 12 Jahren Merkel kein Projekt in die Tat umgesetzt bzw. erfolgreich zum Abschluß gebracht wurde.

Und auch für die nächsten 3 ½ Jahre kann davon ausgegangen werden, daß die alte und neue Kanzlerin ihren gewohnten Regierungsstil beibehält: Unangenehmes aussitzen, in Ruhe abwarten, aus sicherer Distanz die Geschehnisse beobachten und nur dann sich öffentlichkeitswirksam zu Wort melden, wenn es gerade opportun erscheint und man sein eigenes Image aufpolieren kann. Nur wird auch Merkel begreifen müssen, daß die Politik der „ruhigen Hand“ der Vergangenheit angehört.

Das Regieren dürfte viel schwieriger werden, schon allein deshalb, weil sich schon bei der Kanzlerwahl am 14. März im Deutschen Bundestag gezeigt hat, daß eine unerwartet große Zahl von Abgeordneten aus den Reihen von Union und SPD, nämlich 35 von 399 Stimmberechtigten der Koalition Merkel die Gefolgschaft verweigerten. Auch das ist eine schwere Bürde und somit schlechtes Signal für den Start der Merkel-Administration. Vielleicht haben einige gestandene Sozialdemokraten auch noch nicht vergessen, was die die CDU-Chefin kurz vor der BTW lauthals ertönen ließ, daß nämlich die SPD „auf absehbare Zeit nicht regierungsfähig sei.“

Den Befürwortern einer Groko wird es noch sehr leidtun, daß sie sich von der Führungsriege der SPD haben überrumpeln lassen. Viele Mitglieder haben meiner Ansicht nach deshalb mit Ja gestimmt, weil von der Parteispitze gezielt Ängste vor Neuwahlen geschürt wurden, die im Fall der Ablehnung der Koalitionsvereinbarung fällig geworden wären. Wenn man jedoch Neuwahlen von vornherein so kategorisch ausschließt und auch eine Minderheitsregierung angeblich keine Option sein darf, dann leben wir doch im falschen System. In einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie müssen sowohl das eine wie auch das andere immer möglich sein.

Eine Minderheitsregierung ist ein Modell, das auf wechselnden Mehrheiten basiert. Aber diese Möglichkeit wurde von der Kanzlerin nie in Betracht gezogen, wohlweislich nicht, weil sie dann gezwungen wäre sich auch mal abzurackern. Sie wäre, was ein Novum darstellt, zum ersten Mal richtig gefordert. Die Arbeit ginge ihr nicht mehr so leicht von der Hand. Sie müßte sich also ihre Mehrheiten suchen, um diverse Gesetzesvorhaben über die parlamentarische Hürde zu bringen. Da ist es für eine Kanzlerin mit Showtalent doch weitaus bequemer, zusammen mit einer unterwürfigen und wankelmütigen SPD zu regieren.

Letztere muß sich zu Recht vorwerfen lassen zu keinem Zeitpunkt ein Bündnis mit Linkspartei und Grünen auch nur in Erwägung gezogen zu haben. Stattdessen wählt man den einfachsten Weg und macht sich erneut zum Steigbügelhalter einer unionsgeführten Regierungschefin. Zu allem Überfluß überläßt man der AfD auch noch die Oppositionsführerschaft im Bundestag. Der unwiderstehliche Drang, Ämter anzupeilen oder bereits besetzte Posten zu behalten, wiegt in jedem Fall stärker als der zwar lange und beschwerliche, aber letztendlich erfolgversprechendere Kurs eines Wiedererstarkens der SPD in der Opposition. Ein Absturz in die Bedeutungslosigkeit bliebe ihr vermutlich dadurch erspart.

Die Partei von Brandt, Wehner und Eppler hat unter ihrer neuen Vertretung einen großen Teil an Wählern und Mitgliedern verloren; und sie hat gegenüber früheren Jahrzehnten ihren Stimmenanteil mehr als halbiert. Eine Vielzahl von Neueintritten binnen relativ kurzer Zeit hat nicht dazu geführt, daß die SPD davon in den Umfragen profitiert hätte.

Mir ist schleierhaft, wie der vielbeschworene Erneuerungsprozeß innerhalb der Sozialdemokratischen Partei vonstatten gehen soll – unter der Knute einer Kanzlerin, die nach meiner Einschätzung sämtliche Erfolge oder besser gesagt Scheinerfolge der Regierungsarbeit für sich und ihre CDU reklamieren wird. Eine programmatische Erneuerung, die zugleich mit einem völlig verjüngten Personal einhergehen muß, kann – wie gesagt – nur in der Opposition gelingen.

Betrachtet man sich jedoch die dem neuen Kabinett angehörenden Minister der SPD, so handelt es sich ganz überwiegend um Vertreter der alten Garde, von denen m. E. nach niemand für einen wirklichen Neuanfang steht. Zweifel an der fachlichen Kompetenz sind mehr als berechtigt. K. Barley, promovierte Rechtswissenschaftlerin, zuständig für Justiz und Verbraucherschutz, bildet da schon eine Ausnahme. Fragt sich nur, ob sie sich gegen einen Innenminister Seehofer wird durchsetzen können.

Die allermeisten Personalentscheidungen sind Fehlbesetzungen. Abgesehen von ein paar neuen Köpfen (Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin, Jens Spahn oder Julia Klöckner) bleibt alles beim Alten. Die Kanzlerin hat ihr treu ergebene Weggefährten in wichtige Ämter berufen und mit Spahn einen – wie ich glaube – vermeintlichen Merkel- Kritiker in die Parteidisziplin eingebunden. Dieser hatte sich aber schon vor Amtsübernahme durch seine unseligen Äußerungen über „Hartz IV“ als Minister disqualifiziert. Hier zeigt sich wieder, daß es nicht in erster Linie darauf ankommt, ob jemand für einen Ministerposten geeignet ist, sondern wer die besten Beziehungen hat. Die Postenvergabe ist zumal bei Frau Merkel rein taktischer Natur.

Von einem Ressort ins andere springen, – wie es heute üblich ist -, das können nämlich nur Ungelernte. Was bislang so über die neuen Köpfe durchgedrungen ist, läßt nichts Gutes ahnen: Julia Klöckner stammt zwar aus einer Winzerfamilie und war bereits einmal Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, hat sich aber ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckert, nimmt man eine ihrer Aussagen als Beispiel. „ Man muß Ökobauern in schlechten Phasen den Einsatz konventioneller Pflanzenschutzmittel erlauben können“. Wer so etwas sagt, erfüllt eben nicht die Voraussetzungen für ein Regierungsamt in Berlin oder anderswo und ist schon durchgefallen, bevor es losgeht. Julia Klöckner als Ressortchefin des Agrarministeriums ist somit eine totale Fehlbesetzung.

Das betrifft auch den Bereich Natur und Umwelt, das erneut an die Sozialdemokraten gegangen ist. Zwar liest man gerne, daß die neue Ressortchefin Mitglied bei Nabu und Slowfood ist; gleichzeitig gehört sie aber auch der Gewerkschaft IG Bergbau und Energie an, einer Gewerkschaft also, die natürlich eine große Nähe zur Kohlelobby aufweist. Letztere wird möglicherweise nichts unversucht lassen Einfluß auf das SPD-geführte Umweltressort zu nehmen. Da müßte man die Wirtschaftslobby doch schlecht kennen. Noch jeder frisch gebackene Umweltminister hat zu Beginn seiner Amtszeit betont, daß Ökologie und Ökonomie miteinander versöhnt werden müßten. Was das aber in Wirklichkeit bedeutet, kann sich jeder eingefleischte Öko-Aktivist an fünf Fingern abzählen: Den Interessen der Industrie sollen noch etliche Hintertürchen offen gehalten werden.

Und noch eine schlechte Nachricht: Das Umweltministerium wurde im Rahmen der Koalitionsverhandlungen deutlich verkleinert, obwohl die Aufgaben in diesem Bereich ständig größer werden. Enorm wichtige und zukunftsträchtige, von starken Lobbyverbänden dominierte Ressorts, wie z. B. Verkehr, Energie, Land- oder Bauwirtschaft fallen paradoxerweise nicht in die Kompetenz des Umweltministeriums. Das verwundert umso mehr als diese Ressorts ein erhebliches ökologisches Konfliktpotenzial aufweisen, sprich einen bekanntermaßen höchst negativen Einfluß auf die noch vorhandenen Naturschätze unseres Landes haben. Unvereinbare Gegensätze prallen also aufeinander: Auf der einen Seite der nutzungsorientierte Wirtschaftslobbyismus und deren wachstumsgetriebener Expansionsdrang, von dem auf der anderen Seite äußerst sensible Bereiche wie Natur- und Biodiversitätsschutz überrollt zu werden drohen.

Die Vergabe des Finanz-, Umwelt-, Justiz-, Arbeits-, Außen- und Familienministeriums an die SPD kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Koalitionspartner CDU und CSU wichtige Schlüsselressorts bekam. Die Union – machen wir uns nichts vor – sitzt am längeren Hebel. Deren Fachressorts kommt insofern entscheidende Bedeutung zu als hier die Weichen für die Zukunft gestellt werden.

In Gestalt von Horst Seehofer haben die Sozialdemokraten zudem einen Politiker vor sich, der in der Asyl-, Migrations- und Flüchtlingsfrage eine ganz andere Auffassung vertritt und somit auf Konfrontationskurs zum Koalitionspartner geht. Nehmen wir einmal an, die CDU/CSU startete im Bundestag gegen den ausdrücklichen Willen der SPD eine Gesetzesinitiative zu diesem Thema und holte sich dafür, um das Gesetz über die parlamentarische Hürde zu bringen, die Unterstützung der AfD. Oder was wäre, wenn im umgekehrten Fall die AfD einen Antrag einbrächte, der mit Unterstützung der Unionsparteien in Gesetzesform gegossen würde. Damit wäre eine ernste Situation entstanden, die von den Sozialdemokraten eigentlich nicht hingenommen werden könnte.

CDU/CSU und SPD, obgleich am 24.9. vom Wähler abgestraft und faktisch ohne Regierungsauftrag, eint der ungebrochene Wille zur Macht. Nicht weil man partout miteinander regieren möchte. Aber die SPD hat nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Auch wenn es ihr nochmals gelungen ist sich in eine Groko zu retten, kann sie ihrem Schicksal nicht entrinnen. Die Quittung wird ohnehin erteilt, spätestens bei den im kommenden Jahr in Ostdeutschland stattfindenden Landtagswahlen. Aber auch schon dieses Jahr dürfte es für die Genossen in Bayern und Hessen ein Desaster geben. Was nützen 50.000 Neueintritte, wenn der Rückhalt in der Bevölkerung schwindet? Der Mitgliederzuwachs kann sich auch rasch wieder ins Gegenteil verkehren.

Fakt ist, daß dieser unter Zeitdruck zusammengeschusterte Koalitionsvertrag nach eingehender Prüfung von parteiinternen Kritikern keine ausreichende Grundlage für 4 Jahre gemeinsamen Regierems bietet. Weil die Zeit drängte, und die Koalitionsverhandlungen möglichst schnell zum Abschluss gebracht werden sollten, wurden Streitigkeiten erst mal ausgeklammert. Die sind damit allerdings nicht vom Tisch, sondern werden offen ausbrechen, wenn man erst einmal gemeinsam regiert. Und siehe da: Schon fühlt man sich bestätigt: Die von Seehofer angestoßene Islam-Debatte sorgte bereits für erhebliche Unruhe. Diese Koalition steht – wie keine andere zuvor – unter hohem Erwartungsdruck. Die Wähler verlangen Antworten, wollen Taten sehen. Den Menschen muß endlich das Gefühl gegeben werden, daß man ernsthaft gewillt ist sich ihrer Interessen anzunehmen. Aber danach sieht es bisher nicht aus. Im Gegenteil: Jüngsten Äußerungen von Vertretern verschiedener Ministerien zufolge wird es ein Weiter so der bisherigen, an mächtigen Lobby-Verbänden orientierten Politik geben.

Der Inhalt der Koalitionsvereinbarung ist bei sorgfältiger Lektüre ein Sammelsurium von vage formulierten Absichtserklärungen; er ist schwammig, ziemlich unkonkret und läßt viele Fragen offen. Es fehlen auch diesmal ein Gesamtkonzept für die Bewältigung all jener großen Herausforderungen und ein zeitlicher Rahmen, innerhalb dessen die vielen anspruchsvollen Aufgaben erledigt werden müssen. Erneut werden wichtige Entscheidungen in eine unbestimmte Zukunft verlagert. Die aus Sicht der SPD wesentlichen Unterschiede zur Union könnten nur in einer ganz anderen Regierungskonstellation zur Geltung kommen und herausgearbeitet werden. In einem Zweckbündnis mit 2 völlig ungleichen Partnern ist man jedoch in seinen Entfaltungsmöglichkeiten von vornherein sehr eingegrenzt.

Es besteht ein nur sehr enger Handlungsspielraum für die Durchsetzung der eigenen Positionen, welche man – so befürchte ich – notfalls lieber kampflos aufgibt als einen Dauerstreit zu riskieren, der aber ohnehin vorprogrammiert ist und die Regierungsarbeit überlagern wird. Man ist dazu gezwungen, an den eigenen Inhalten, den Alleinstellungsmerkmalen, die jede Parteiprogrammatik auszeichnet und die nicht zur Disposition stehen sollte, zu viele Abstriche zu machen. Wie soll die SPD ihre Eigenständigkeit herauskehren, wenn sie auf Gedeih und Verderb in die Koalitionsräson eingebunden ist? Über einen Minimalkonsens wird man wahrscheinlich nicht hinauskommen. Es wird ein Kuhhandel des Gebens und Nehmens.

Der ökologisch-sozialen Herausforderung wird im Koalitionsvertrag erneut längst nicht jene Bedeutung zugemessen, die ihr gebührt. Bisherige Fortschritte bei wichtigen Zukunftsthemen sind allein dem öffentlichen Druck und dem unermüdlichen Einsatz von Naturschutzverbänden, Bürgerinitiativen und sonstigen außerparlamentarisch aktiven Organisationen zu verdanken, keinesfalls der Merkel-Regierung. Die Anhänger der Groko werden früher oder später einsehen, daß sie bei der Abstimmung im März falsch entschieden haben, wenn sich erst einmal herausstellt, daß ihre Amtsträger wenig bis nichts erreichen konnten – entgegen den vollmundigen Versprechungen.

Das Profil der Sozialdemokraten wird nach Ablauf der Legislaturperiode einem völlig abgenutzten Autoreifen entsprechen, welcher dringend der Auswechslung bedarf. Die Sozis scheinen immer noch nicht begriffen zu haben, daß es einer machtbewußten Kanzlerin Merkel und der CDU allein darum ging, den wankelmütigen Juniorpartner für ihre Interessen einzuspannen, nützlich allein als Mehrheitsbeschaffer.

Nun rühmen sich die Genossen damit, daß viele Forderungen der Partei im neuen Koalitionsvertrag verankert sind. Wollen wir doch mal einige Punkte herausgreifen und diese kritisch beleuchten.

Da wäre eine Erhöhung des Kindergeldes, wie es übrigens vor jeder Wahl versprochen wurde. Dieses erreicht aber nicht die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Es wird nämlich bei Hartz IV-Beziehern auf den Regelsatz angerechnet. D. h. daß derjenige Betrag, um den das Kindergeld steigt, von Hartz IV wieder abgezogen wird. Fazit: Der Effekt ist gleich Null. Außerdem gibt es nach wie vor etliche Arbeitnehmer, die mit Hartz IV aufstocken müssen, um ihren Lebensunterhalt überhaupt bestreiten zu können. Nach derzeitigem Stand existieren in Deutschland 18 Mio.(!) Hartz IV-Bezieher, eine erschreckend hohe Zahl.

Immer mehr Menschen sind darauf angewiesen zur Tafel zu gehen, um genug zu essen zu haben, was sonst eben nicht der Fall wäre. Es gibt aber immer noch Politiker, die eben genau dies bestreiten. Allein in Hamburg leben derzeit ca. 15.000 Menschen von der Tafel. In ganz Deutschland gibt es nach derzeitigem Stand mehr als 800.000 Obdachlose. Kein Bundespolitiker hat bis heute gefordert, daß auch für diese Menschen Wohnungen gebaut oder bereitgestellt werden müssen.

Andererseits haben wir es mit Menschen zu tun, die zwar in Arbeit sind, sich aber keine Wohnung leisten können (Stichwort: bezahlbare Wohnungen). Die von der Groko 2013 auf Initiative der SPD beschlossene Mietpreisbremse erwies sich als Schlag ins Wasser.

Zweiter Punkt: Die Absenkung des Solidaritätszuschlags. Der nutzt aber sozial schwachen Bürgern auch nichts. Vielmehr kommen nur solche Menschen in den Genuß dieser Maßnahme, die auch Steuern zahlen. Und das sind wieder nur besser Betuchte.

Dritter Punkt: Der paritätisch (also von Arbeitgebern und Arbeitnehmern) zu entrichtende Anteil zur Krankenversicherung hatte die SPD seinerzeit zugunsten der AG aufgekündigt; den Arbeitgeber also von dieser lange Gültigkeit besitzenden Regelung befreit. Nun wollen die Sozialdemokraten diese Gerechtigkeitslücke wieder schließen. Ob sie das mit ihrem Koalitionspartner durchsetzen können, ist aber keineswegs sicher. Die SPD-Führungsriege preist das m. E. zu Unrecht als großen Erfolg. Ein sozialdemokratisches „Leuchtturmprojekt“ ist es wahrlich nicht.

Vierter Punkt: Im Bereich Pflege sollen lt. Übereinkunft zwischen den Partnern 8.000 Pflegekräfte zusätzlich bereitgestellt werden. In Deutschland gibt es etwas mehr als 13.000 Seniorenheime. Somit entfiele auf jede Unterkunft nicht mal eine Pflegekraft. Es ist auch keine Rede davon, wie der bestehende Pflegenotstand durch eine deutliche bessere Bezahlung und Qualifikation überwunden werden soll. Damit so wenig Menschen wie möglich vorzeitig im Pflegeheim landen, müßte zuallererst dafür gesorgt werden, daß sich die Leute lange selbst helfen können.

Fünfter Punkt: Lt. ARD-Magazin PANORAMA will die neue Bundesregierung bei Zeitungszustellern die Rentenbeiträge für Arbeitgeber kürzen (von 15 % auf 5 %), und zwar nachweislich nicht nur mit Zustimmung der CDU/CSU, sondern auch jener der Sozialdemokraten, die das natürlich zunächst bestritten haben. Kritiker befürchten dadurch eine Aushöhlung des Mindestlohns. Weniger Rente für Niedriglöhne: Das muß man sich mal vorstellen! Momentan bekommen Zeitungszusteller, die als Minijobber unter schlechten Arbeitsbedingungen mitten in der Nacht bei Wind und Wetter stundenlang unterwegs sind, 8,84 € Mindestlohn pro Stunde. Das ist menschenunwürdig und eine Schande für eine Kulturnation.

Und wie sieht es mit der Generationengerechtigkeit in Deutschland aus? Das Rentenpaket ist nicht generationengerecht. Es enthält keinen Mut zur Zukunft. Die beitragsbezogene Rente hat m. E. ausgedient. An ihr festzuhalten, wäre daher ein Riesen-Fehler. Sie müßte nämlich von der jungen Generation aufgebracht werden. Notwendig wäre deshalb eine aus Steuermitteln finanzierte Alterssicherung. Rente und Gesundheit sind schließlich ein Gemeinschaftsprojekt für alle Generationen.

Aber dafür schafft man aus Willfährigkeit gegenüber der Airline- und Flugverkehrslobby die Luftverkehrssteuer ab, obwohl sie niemandem wehtut. Sie hätte eine ökologische Lenkungswirkung, da sie als zusätzliche Steuer auf Tickets erhoben wird. Folgerichtig müssten ja auch lt. Bündnis 90/Die Grünen endlich die großen Dienstwagen erheblich teurer werden. Eine auch schon uralte Forderung. Doch an dieses heiße Eisen traut man sich bis heute nicht heran. Dafür sind die selbst ernannten „Volksvertreter“, die schwören, „Schaden vom deutschen Volk abzuwenden“, zu sehr von Lobbyisten abhängig. Es fehlt der Mut, es fehlt die Courage.

Das Rentenkonzept ist unausgegoren bzw. absolut ungeeignet, die Probleme in den Griff zu bekommen, da nicht gegenfinanziert. Ein seriöses Finanzkonzept fehlt. Mütter werden gegen ihre eigenen Kinder ausgespielt.

Noch ein unrühmliches Beispiel ist die so genannte Bodenwertsteuer. Damit sollen Spekulanten stärker belastet werden (Siehe ARD-Sendung Monitor vom 22.2. 18); doch die Politik mauert, so Georg Restle, Leiter der Redaktion. „Wie schafft man Gerechtigkeit in einem Land, in dem die 45 reichsten Haushalte so viel besitzen wie die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung? Auch darüber hätte man gerne etwas im Koalitionsvertrag gelesen. Z. B. wenn es um Eigentum an Grund und Boden geht. Dazu finden sich allerdings nur vage Absichtserklärungen, so MONITOR.

Es wird meiner Einschätzung nach auch in den nächsten 3 ½ Jahren (falls die Koalition – wie gesagt – überhaupt so lange besteht), nur wieder Kompromisse auf kleinstem gemeinsamen Nenner geben. In der Sache rechne ich auf keinem politischen Terrain mit substanziellen Fortschritten, die dieses Land ein großes Stück nach vorne bringen würden. Von Politikerseite ist aber nur immer nur zu hören, was in diesem Lande nicht geht.

Stattdessen wird sich – so ist zu befürchten – die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vertiefen, weil niemand ein Interesse daran hat, an den Ursachen der Systemkrise Grundsätzliches zu ändern.

Daß dieser Koalitionsvertrag in großen Teilen wieder die Handschrift der Lobbyisten trägt, dafür ist auch die Umwelt- und Klimapolitik ein Paradefall. Was Union und SPD ausgehandelt haben, ist ein einziges Desaster. Es grenzt schon an Wahnsinn, daß die bereits erwähnte Luftverkehrssteuer gestrichen wurde. Hieraus folgt eine weitere Schwächung der Konkurrenzfähigkeit der Bahn als umweltfreundlichstes Massentransportmittel. Und das Klimaabkommen von Paris, ein völkerrechtlicher Vertrag mit dem Ziel, bis 2020 die CO²-Emissionen deutlich herunterzufahren, wird faktisch außer Kraft gesetzt. Der Kohleausstieg wurde dank dem neuen Wirtschaftsminister Altmaier und NRW-Ministerpräsident Laschet erneut auf den St. Nimmerleinstag verschoben. Und der extrem umwelt- und klimaschädliche Luftverkehr wird weiterhin in Milliardenhöhe subventioniert. Das betrifft sowohl Flughäfen als auch Flugbetrieb. Letzterer ist paradoxerweise von der Kerosinsteuer befreit, bei internationalen Flügen auch von der Mehrwertsteuer. Diese Maßnahmen treffen natürlich all jene, die in sozialer Hinsicht am schlechtesten dran sind. Denn die finanziellen Mittel, die jetzt nicht bereitgestellt werden, fehlen z. B. zur wirksamen Bekämpfung der Kinderarmut. Auch in diesem Punkt lautet also die Devise: Mit Volldampf in den Untergang!

Mein Fazit ist: Angela Merkel wird dieses Land in 4 Jahren mit Karacho an die Wand gefahren haben. Wir sind auch nach 12 Jahren Schwarz-roter und Schwarz-gelber Führung Lichtjahre davon entfernt ein Land zu sein, „in dem wir gut und gerne leben“ (Merkel), sondern eines, das in keinem Bereich für die Zukunft gerüstet ist. Dazu zählt übrigens auch der in jeder Hinsicht miserable Zustand der Bundeswehr, den eine Ursula von der Leyen zu verantworten hat, auch wenn man berücksichtigen muß, daß ihre Amtsvorgänger an diesem erbärmlichen Zustand einen nicht unbeträchtlichen Anteil haben.

Karl Josef Knoppik, 03. April 2018

Long read: Verloren – und nichts falsch gemacht? Eine selbstgerechte Kanzlerin Merkel bleibt sich treu – Die Volksparteien CDU/CSU und SPD scheitern kläglich!

Verrückt – Martin Schulz. Diese beiden Plakate hingen vor der Wahl in Siedlinghausen an den Laternen. (foto: zoom)

Ein ermüdender und langweiliger Wahlkampf liegt hinter uns. Kaum Infostände. Stattdessen gähnende Leere. An Wahlflyern erhielten wir nur einen von der SPD. Offenbar haben die Parteien Angst davor sich dem Wähler zu stellen! Ein Wachrütteln könnte ihn ja aufschrecken und die gewaltigen Handlungsdefizite der Parteien schlagartig ins Bewusstsein rufen.

Die Einschätzung von Politikwissenschaftlern, daß der Wähler im Zweifelsfall lieber Angela Merkel und ihrer CDU seine Stimme gibt, weil die Regierungspartei in unsicheren Zeiten als „Stabilitätsfaktor“ zu betrachten ist, erwies sich als Irrtum. Obgleich die Wahlresultate der Altparteien nicht den geringsten Anlaß zur Zufriedenheit boten, war aus den ersten Stellungnahmen keine Spur von Einsicht, Demut oder Selbstkritik zu erkennen.

Der Wahlsonntag liegt gerade einmal 5 Tage hinter uns, schon dreht sich bei den Wahlverlierern SPD und CDU das Personalkarussel. Dabei hat besonders die SPD allen Grund, erstmal ihr desaströses Wahlergebnis aufzuarbeiten und sich die Frage zu stellen, wo Fehler gemacht worden sind. Und wer erwartet hatte, daß Martin Schulz persönlich die Verantwortung für das Debakel übernimmt, sah sich getäuscht. Nach so einem Wahlergebnis hätte zu damaliger Zeit jeder gescheiterte Kanzlerkandidat seinen Rücktritt erklärt.

Doch Schulz ignoriert nicht nur die Wahlniederlage seiner SPD. Er tritt die Flucht nach vorn an, träumt bereits jetzt von einer Kanzlerschaft in vier Jahren und sieht die SPD bis dahin bei 40 Prozent Stimmenanteil!

Ich frage mich: Wie soll der Vorsitzende einer SPD, der solche Utopien anstelle von begründeter Zuversicht verbreitet, die am Boden liegenden Partei in eine bessere Zukunft führen? Allgemein läßt sich sagen, daß es den Parteistrategen von heute an der Ernsthaftigkeit fehlt, die Probleme, mit denen sie konfrontiert werden, überhaupt richtig zu erfassen und daraus die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Zu damaliger Zeit ging es in Bundestagswahlkämpfen äußerst turbulent zu. Amtsinhaber und Herausforderer lieferten sich scharfe Wortgefechte (z. B. die Kanzler Schmidt und Kohl). Da schenkte man sich nichts.

Heute dagegen sind die Wahlkämpfe meist von gegenseitiger Rücksichtnahme bestimmt. Man könnte ja noch aufeinander angewiesen sein. Diesen Eindruck hatte man lange Zeit von den Grünen gewonnen, denn ihre Spitzenkandidaten Göring-Eckardt und Özdemir galten stets als Befürworter einer Zusammenarbeit mit der CDU. Weil daraus aber nichts wird und nun mit dem sogenannten „Jamaika“-Bündnis eine echte Machtoption im Raum steht, werden die „Ökos“ alles daransetzen, um diese für ihre Partei letzte Chance wahrzunehmen, in Berlin mitzuregieren.

Damit aber gehen die beiden Spitzenkandidaten und ihre Freunde ein sehr hohes Risiko ein. Denn die Werte, die die Grünen auf ihre Fahnen schreiben, müßten ihnen so viel bedeuten, ja so heilig sein, daß sie sie für unveräußerlich erklären. Von daher bleibt der einst prinzipientreuen „Ökopartei“ für Kompromisse so gut wie kein Spielraum.

Der Preis, den sie für das Zustandekommen einer schwarz-gelb-grünen Koalition zu zahlen hätten, um diese möglich zu machen, wäre unvertretbar hoch.

Das Problem ist, daß es Die Grünen hier mit zwei dem wirtschaftlichen Wachstum verschriebenen Parteien zu tun haben, die völlig konträre Ziele verfolgen.

Nach meiner Einschätzung wäre ein solches Dreierbündnis aus Union, FDP und „Ökopartei“, sofern es überhaupt zustande kommt, was ich stark bezweifele, nicht regierungsfähig. Leider ist aber nicht auszuschließen, daß sich die Grünen eher mit dem so genannten Machbaren zufrieden geben, als diese einmalige Gelegenheit zur Regierungsbeteiligung ungenutzt verstreichen zu lassen.

In dem Fall könnte sie allerdings dasselbe Schicksal ereilen, wie vor 4 Jahren die FDP, als diese aus dem Bundestag flog. Und auch die „Freien Demokraten“ stehen unter dem Druck sich so gut wie möglich zu verkaufen. Sie möchten ihr gutes Wahlergebnis nicht aufs Spiel setzen, nur damit A. Merkel Kanzlerin bleiben kann. Und ein stark geschwächter Horst Seehofer hat wiederum keine andere Wahl als auf seiner Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge zu beharren – und alles weitere, was mit dieser Problematik im Zusammenhang steht. Er wird nichts unversucht lassen, gerade in dem Punkt die Hürden bei möglichen Verhandlungen mit CDU, FDP und Grünen sehr hoch zu hängen, um seine Positionen durchzusetzen.

Es gab bei dieser Bundestagswahl also zwei große Verlierer, nämlich CDU/CSU und SPD. Die allgemeine Unzufriedenheit in der Bevölkerung – insbesondere mit der Flüchtlings-, Asyl- und Innenpolitik hat mehr als 12 % der Bürger zur AfD getrieben. Das ist insofern verständlich, weil es für viele Leute, die am Rand der Gesellschaft stehen, keine andere Möglichkeit gab, es den Politikern heimzuzahlen.

Im nächsten Deutschen Bundestag werden sich die Altparteien mit den Gründen, die für das Erstarken dieser Partei verantwortlich ist, auseinandersetzen müssen. Mit Verunglimpfungen und der „Hau-drauf“-Masche (S. Gabriel: „Das sind alles Nazis“) wird es jedenfalls nie gelingen, die AfD möglicherweise schon nach 4 Jahren wieder aus dem Parlament zu vertreiben. Nur mit einer konsequenten, an den Lebensinteressen der Bevölkerung orientierten Politik kann das Vertrauen der Wähler zurückgewonnen werden. Ich sehe momentan aber nicht, daß SPD, CDU/CSU oder FDP ernsthaft gewillt sind, dieses Ziel in Angriff zu nehmen.

Von allen Parteien im demokratischen Spektrum will bisher nur die Linke das Übel an der Wurzel packen und die gesellschaftlichen Mißstände ursächlich bekämpfen. Die Linkspartei hat sich im zurückliegenden Wahlkampf als einzige Partei glaubwürdig der Sorgen und Nöte der Menschen angenommen.

Jetzt ist die AfD an der Reihe. Sie muß beweisen und zeigen, was sie programmatisch noch mehr zu bieten hat, als Innere Sicherheit, die Flüchtlings-, Asyl- und Migrationsfrage, durch welche sie sich bis heute ununterbrochen Aufmerksamkeit verschaffte. Mit harten Wortgefechten in den Parlamentsdebatten ist also künftig zu rechnen.

Wie bereits im Wahlkampf des Jahres 2013 spielten auch diesmal ökologische Themen, wie Umwelt-, Natur-, Klima-, Tier- und Verbraucherschutz nirgends eine Rolle, was ich beschämend finde! Die Grünen hätten hier im Eigeninteresse den nötigen Druck erzeugen müssen, um die Medien zu zwingen diese Zukunftsthemen im Rahmen von TV-Duellen und öffentlichen Diskussionsrunden auf die Tagesordnung zu setzen, zumal die alle Talkrunden beherrschende Flüchtlingspolitik eng mit der ökologischen Überlebensfrage verflochten ist.

Stattdessen wurde Altbekanntes, nämlich Digitalisierung, Breitbandausbau, Bildung, Kitas, Infrastruktur, Pflege, Rente usw. bei jeder Gelegenheit aus der Schublade geholt, ohne daß sich auf diesen Feldern bis heute eine Verbesserung der Situation eingestellt hätte.

Nach drei vergeigten Landtagswahlen kam es für die Sozis, wie es kommen mußte: Martin Schulz ist kläglich gescheitert. Ein Kandidat ohne Programm, ohne überzeugende Strategie, ohne den nötigen Biß!

Ein schwerer Fehler war auch, daß er sich überall angebiedert hat, beim Volk, bei den Journalisten und nicht zuletzt bei der Kanzlerin in dem Fernsehduell. Es war mehr als töricht, Frau Merkel nicht bei ihren in 12 Jahren angehäuften politischen Defiziten glaubhaft zu stellen!

Wie kann man nur so instinktlos agieren; und das vor einem Millionenpublikum? Aber mehr noch als Schulz selbst hat die Partei als Ganzes diese katastrophale Niederlage zu verantworten. Der Kanzlerkandidat hatte während des letzten halben Jahres nicht die notwendige Rückendeckung seiner Genossen. Im NRW-Wahlkampf war Schulz sogar unerwünscht, um den Sieg von Hannelore Kraft nicht zu gefährden. Was ist das für eine Partei, die ihren eigenen, mit 100 Prozent gewählten Kandidaten vor den Wählern im SPD-Stammland versteckt?

Klüger wäre es gewesen, die Sozis hätten – was wohl sonst – ihren Kandidaten in den Mittelpunkt des Wahlkampfs gestellt und zugleich das Programm für den 24. September präsentiert. Allerdings konnte Martin Schulz mit diesem Bundestagswahlprogramm, das ja keinen grundlegenden Politikwechsel beinhaltet, niemanden hinter dem Ofen hervorlocken.

Der große Hoffnungsträger der Sozialdemokratie verkündete eigentlich nichts Neues; bei genauem Hinsehen nur marginale Änderungen an der bisherigen Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Rentenpolitik.

Hier zeigt sich wieder, wie sehr es der SPD geschadet hat, über Jahre hinweg einer Angela Merkel als Juniorpartner zu dienen. Die SPD steht mit leeren Händen da. Sie hat im Grunde nichts erreicht. Eines ihrer ehrgeizigsten Projekte, der Mindestlohn, wird von den Arbeitgebern vielfach unterlaufen. Arbeitnehmer, die den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn bekommen, werden von ihren Arbeitgebern dazu angehalten, unbezahlte Mehrarbeit zu leisten, womit der Mindestlohn faktisch ausgehöhlt wird!

Ebenso ist die Forderung nach einer Mietpreisbremse gescheitert. Hätten, ja hätten die Sozialdemokraten bereits im Jahre 2013 die Chance für ein rot-grün-rotes Bündnis genutzt, – es hätte zusammen knapp 48 Prozent erreicht -, könnte Frau Merkel längst auf den Oppositionsbänken Platz genommen haben; der Stillstand in der Politik wäre vorbei. So aber muß sich die SPD völlig neu aufstellen, personell und programmatisch. Ob jedoch Andrea Nahles als neue Fraktionschefin tatsächlich für einen Neuanfang steht, darf bezweifelt werden. Auf jeden Fall halte ich die Entscheidung der SPD, den Marsch in die Opposition anzutreten, für konsequent und richtig!

Das Positive daran ist, daß die Opposition wieder von einer großen Partei angeführt wird und damit die Gegensätze zwischen der Regierungspartei CDU/CSU einerseits und den Sozialdemokraten andererseits wieder aufeinanderprallen. Die Streitkultur, Wesensmerkmal einer Demokratie, würde erheblich an Bedeutung gewinnen. Das hatte sich die kindisch-einfältig kalkulierende „Angie“ so fein ausgedacht: Martin Schulz und seine am Boden zerstörte SPD kehren treu-brav in den Schoß von Mutti zurück. Und schon kann sozusagen im Schlaf weiterregiert werden. Noch vier Jahre Angela – und es ist zu befürchten, daß das Land weiter im „Merkel-Mehltau“ vor sich hin dämmert und es unter der Oberfläche unverändert brodelt.

Wer in Zukunft dennoch auf Aussitzen setzt und dieses Land nicht gestaltet, sondern machtbewußt und selbstgefällig verwaltet, versündigt sich an nachfolgenden Generationen. Aber Merkel tut so, als sei nichts geschehen. Sie verschwendet keinen Gedanken daran, das Wahlergebnis sorgfältig zu analysieren, nein – sie läßt jede – auch noch so leise Kritik – erst gar nicht an sich herankommen. Ihre Devise lautet: Weiter so, Deutschland. Die Frau aus der Uckermarck ist die letzte, die das schlechte Abschneiden ihrer Partei und den Erfolg der AfD verstanden hat oder nicht verstehen will. Lieber trifft sie sich mit Sportgrößen, Schauspielern, treu ergebenen Journalisten oder anderen Vertretern der gesellschaftlichen Oberklasse, die sich vom Rest der Welt längst abgekoppelt haben.

Politik findet eben nicht nur in Parlamenten und Parteizentralen statt, sondern auch auf Straßen und Plätzen. Es gilt auf die Sorgen und Nöte der Menschen einzugehen. Wo brennt es den Leuten auf den Nägeln, wo drückt sie der Schuh? Das alles ist mit reichlich Arbeit verbunden, macht Mühe. Wer sich nur in den Wochen und Monaten des Wahlkampfes blicken läßt, in schweren Luxuslimousinen von Termin zu Termin fährt und im Stillen darauf hofft, daß die Bürger alle vier Jahre schon ihr Kreuzchen machen, wird herb enttäuscht sein. Das ist die Lehre aus dieser Wahl. Allein das Wohl der Industrie im Auge haben, die eigene Bevölkerung jedoch mit ihren Problemen im Stich lassen und ihr alles aufbürden, um die Lobbyverbände zufriedenzustellen, scheitert grandios!

„Ein Land, in dem wir gut und gerne leben“: Das war der Leitspruch der CDU bzw. der Kanzlerin für diese Wahl. Von diesem Satz kann sich jedoch nur die Elite in diesem Staat angesprochen fühlen, oder Kriminelle und Rechtsbrecher, die sich hier mehr oder weniger frei bewegen können.

Doch die Kanzlerdämmerung hat mit dem Sonntagabend begonnen. In den 32,9 Prozent Stimmenanteil für die Union steckt eine gehörige Portion Merkel-Verdrossenheit. Die (Noch-) CDU-Vorsitzende ist auch in ihrer eigenen Partei längst nicht mehr unumstritten; sie ist kein Selbstläufer mehr!

Daß Angela Merkel nunmehr seit 2005 geradezu wie eine Präsidentin „regiert“, spiegelte sich auch in ihren kurz und knapp gehaltenen Worten nach Verkündigung der Wahlprognose nieder. Ihr innerparteilicher Widersacher Horst Seehofer wurde für seinen unglaubwürdigen und lächerlichen Schlingerkurs gegenüber Merkels Flüchtlingspolitik abgestraft.

Erstaunlicherweise sieht der bayerische Ministerpräsident Handlungsbedarf nur insofern, als „die rechte Flanke“ geschlossen werden muß.

Nein, Herr Seehofer, die Probleme liegen ganz woanders. Auch bei der CSU haben die katastrophalen Stimmeneinbußen handfeste gesellschaftliche Ursachen. Dennoch sieht die Kanzlerin nicht, daß sie ihre Politik auch nur in Teilen korrigieren muß. Fehler seien nicht gemacht worden. Nur bedeutet eine Fortsetzung der Merkel’schen Gelassenheit im Klartext, daß irgendwer diese Untätigkeit ausbaden muß!

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Karl Josef Knoppik, 29. September 2017

HSK: Wir regen uns über SPD, Grüne und Co auf, aber der Verlierer ist Sensburg mit seiner CDU.

Die Verlierer im HSK sind Sensburg und seine CDU. (screenshot)

Die Verliererpartei der Bundestagswahl ist, gemessen an ihren Verlusten, die CDU – auch im Hochsauerlandkreis.

Wir haben im Blog über die Verluste und die schlechte Politik der SPD diskutiert, aber warum kommen Herr Sensburg und seine schwarzen Follower mit einem schlanken Fuß aus der Diskussion heraus?

Wir halten fest:

Am stärksten hat im HSK Patrick Sensburg verloren, am stärksten hat es die HSK-CDU erwischt. Die Bundestagswahl 2017 war eine Klatsche für die CDU. Ein derart massiver Vertrauensverlust hat Gründe. Über diese Gründe sollten wir diskutieren.

Der Niedergang der CDU im HSK ist in den nächsten Jahren eine Chance für die demokratischen Kräfte links von ihr: die sozialdemokratischen, die ökologischen, die partizipatorischen, die sozialistischen, die bürgerrechtsbewegten, die friedliebenden, die basisdemokratischen, die ehrlichen, die authentischen, die empörten, die nachdenklichen und mehr.

Die CDU in ihrer jetzigen Ausrichtung ist ein Auslaufmodell.

Die CDU repräsentiert verkrustete Machtstrukturen, an die sich eine ideologiearme SPD opportunistisch angeschmiegt hat.

Lasst uns über Patrick Sensburg und seine CDU diskutieren. Dass dies wichtig ist, erkennt man daran, dass die SPD diese Diskussion vermieden hat.

SPD erneuern?

Marco Bülow ist ein linker Querdenker in der SPD (foto: pressefoto © Susie Knoll)

Anlässlich der Bundestagswahl vom 24.09.2017 erklärt der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow auf seiner Website:

Die Bundestagswahl ist ein Desaster. Hier gibt es nichts mehr schönzureden. Es ist deshalb gut, dass die Parteispitze eine große Koalition ausgeschlossen hat, denn dort haben wir stark an Vertrauen und Profil eingebüßt.

Das kurze Aufflackern mit einem neuen Vorsitzenden, kurzfristig guten Umfragen und Parteieintritten kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich sehr viele Menschen von der SPD abgewandt haben. Ein „Weiter so“ wie nach den letzten beiden Bundestagswahlen darf es auch in der Opposition nicht geben. Vor allem der Markenkern der SPD, „die soziale Gerechtigkeit“, ist dabei häufig unter die Räder gekommen.

Zudem wurde die SPD von oben nach unten regiert und aus einer lebendigen streitbaren Partei ist zu sehr ein Wahlverein geworden. Glaubwürdig wird ein Neuanfang nur, wenn man Verantwortung für die herbe Niederlage übernimmt. Dabei geht es nicht um den „Sündenbock“. Aber es geht sehr wohl um personelle Verantwortung, vor allem derjenigen, die schon länger unseren Kurs an den Schalthebeln der Partei, der Regierung und der Fraktion maßgeblich mitbestimmt haben.

Die SPD muss wieder demokratischer, lebendiger und moderner werden. Wir müssen raus aus den Hinterzimmern. Es darf nicht sein, dass Fraktions- und Parteispitze wieder vorgegeben werden. In der SPD-Bundestagsfraktion und innerhalb der Partei muss umfassend über eine Neuausrichtung diskutiert werden. Das bedeutet auch, dass die Basis wieder mehr und deutlicher eingebunden werden muss. Und wir brauchen mehr Debatten und politische Auseinandersetzungen. Die SPD war immer dann am stärksten, als sie heftig um die Themen gerungen hat.

Nach der Wahlpleite: Digitale Bürgersprechstunde mit Dirk Wiese (MdB)

Lädt zur digitalen Sprechstunde ein: Dirk Wiese (foto: spd)

Meschede. (SPD_pm) Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Bundestagswahl lädt der heimische Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Dirk Wiese, am 27. September 2017 zur digitalen Bürgersprechstunde ein.

Im Zeitraum von 18:00 bis 20.00 Uhr können sich interessierte Bürgerinnen und Bürger über www.dirkwiese.de in die Sprechstunde einloggen um mit Dirk Wiese über die Wahlergebnisse zu diskutieren, Fragen, Kritik und Anregungen zu äußern und in den Gedankenaustausch über die Politik der Zukunft treten.

„Es ist mein Angebot, um neben den regulären Bürgersprechstunden und Terminen vor Ort mit noch mehr Bürgerinnen und Bürgern im Sauerland ins Gespräch zu kommen.

Dabei haben Sie die Möglichkeit mit mir in einem öffentlichen Chat ganz bequem von zu Hause oder mit dem Smartphone zu diskutieren. Ich freue mich wieder auf einen richtig guten Austausch!“, so Dirk Wiese.

Die Spannung steigt. Wo finde ich Live-Ergebnisse und Prognosen für die Wahl 2017?

So sieht die Prognose aus. Wir warten auf die Realität. (screenshot: https://bundestagswahl-2017.com/ergebnis/)

Wie schon bei der Bundestagswahl 2013 und 2009 bietet die ARD Live-Ergebnisse zur Wahl mit Diagrammen, Tabellen, Grafiken und Analysen.

http://wahl.tagesschau.de/wahlen/2017-09-24-BT-DE/index.shtml

Die Meldungen und Ergebnisse für den Hochsauerlandkreis lassen sich hier verfolgen:

http://www.hochsauerlandkreis.de/politik_verwaltung/wahlen/bundestagswahlen/Wahlen_zum_Deutschen_Bundestag.php

Update: Schon wieder hat sich die Prognose geändert. Was sagen Prognosen eigentlich aus? Guckt mal!

Die letzte Prognose vor der Wirklichkeit.

Hier haben wir den 18-Uhr-Prognose-Salat:

Die 18 Uhr Prognose (Quelle: ARD)

Am Freitag vor der Wahl: Direktkandidat Dirk Wiese (SPD) vor Ort in Winterberg

Am Freitag vor dem EDEKA-Markt: Dirk Wiese (foto: spd)

Winterberg. Der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Dirk Wiese, wird am Freitag, den 22. September 2017 ab 17:00 Uhr am SPD-Stand vor dem EDEKA-Markt Löffler in Winterberg sein.

Hier haben Bürgerinnen und Bürger kurz vor der Bundestagswahl die Möglichkeit mit Dirk Wiese ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und mit ihm über die Politik der Zukunft zu diskutieren.

Auch das noch: Software zur Auswertung der Bundestagswahl laut CCC unsicher und angreifbar

Der Chaos Computer Club veröffentlicht in einer Analyse gravierende Schwachstellen einer bei der Bundestagswahl verwendeten Auswertungssoftware. Im Bericht wird eine Vielfalt erheblicher Mängel und Schwachstellen aufgezeigt. Praktisch anwendbare Angriffstools werden im Sourcecode veröffentlicht.

Hacker des Chaos Computer Clubs (CCC) haben eine in mehreren Bundesländern zur Erfassung und Auswertung der kommenden Bundestagswahl verwendete Software auf Angriffsmöglichkeiten untersucht. Die Analyse ergäbe eine Vielzahl von Schwachstellen und mehrere praktikable Angriffsszenarien. Diese erlaubten die Manipulation von Wahlergebnissen auch über die Grenzen von Wahlkreisen und Bundesländern hinweg. Die untersuchte Software „PC-Wahl“ werde seit mehreren Jahrzehnten für die Erfassung, Auswertung und Präsentation von Wahlen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene eingesetzt.

Das Ergebnis der Sicherheitsanalyse sei ein Totalschaden für das Software-Produkt. Der CCC veröffentlicht die Ergebnisse in einem mehr als zwanzig Seiten umfassenden Bericht. [0] Die technischen Details und die zum Ausnutzen der Schwächen verfasste Software können in einem Repository eingesehen und zeitsouverän nachgespielt werden. [1]

„Elementare Grundsätze der IT-Sicherheit werden in dieser Software nicht beachtet. Die Menge an Angriffsmöglichkeiten und die Schwere der Schwachstellen übertraf unsere schlimmsten Befürchtungen“, sagte Linus Neumann, an der Analyse beteiligter Sprecher des CCC.

Alles lesen: https://www.ccc.de/de/updates/2017/pc-wahl

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[0] Bericht: Analyse einer Wahlsoftware https://ccc.de/system/uploads/230/original/PC-Wahl_Bericht_CCC.pdf

[1] Software-Repository: PC-Wahl Angriffstools https://github.com/devio/Walruss

Medienumschau: Dirk Sensburg und Patrick Wiese stellen den Wahlkampf ein

Heute ist ein Artikel in der Westfalenpost erschienen, dessen Inhalt ich als subtile  Satire werte.

In Meschede hat ein Podiumsdiskussion mit unter anderem Patrick Sensburg (CDU) und Dirk Wiese (SPD) stattgefunden, über die der Autor folgendermaßen berichtet:

„Bundestagswahl – Schlagabtausch bleibt aus bei Diskussion in Meschede“

„Einigkeit bei den meisten Themen: Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen sollten Schulden einerseits abgebaut werden, es müsse aber andererseits investiert werden, vor allem in die Infrastruktur. Die Breitbandversorgung muss verbessert werden. Alle sehen Europa als Friedensmodell, alle ärgern sich über Donald Trump.“

„Die Zeit war knapp, es kam nur zu drei Rückfragen von Zuhörern.“

Darüber, was gefragt wurde, schweigt sich der Autor aus. Wird wohl nicht wichtig gewesen sein.

Das ganze Ereignis sei auch parallel auf Facebook übertragen worden. Im Schnitt hätten 10 Leute zugeschaut. Fragen stellte niemand.

Auf dem Podium hätten die beiden Amtsinhaber Patrick Sensburg (46, CDU), Dirk Wiese (34, SPD) gesessen, dazu Carlo Cronenberg (55, FDP), Annika Neumeister (30, Grüne) und Reinhard Prange (70, Linke).

Persönliche Details hätten Dirk Wiese (verheiratet, ein Sohn), Carlo Cronenberg (verheiratet, drei Kinder) und Reinhard Prange („47 Jahre mit einer Frau verheiratet“, drei Kinder) genannt.

Sensburg und Neumeister seien nicht darauf eingegangen.

Vertreter von AfD und Piraten fehlten: Beide Parteien wären eingeladen worden, hätten aber nicht geantwortet.

Den Artikel in der Westfalenpost habe ich mir drei Mal durchgelesen, jedesmal kommt er mir absurder vor. Über zwei Stunden Podiumsdiskussion (oder waren es nur Monologe?) und keine inhaltlichen Ergebnisse?

Beachtlich angesichts der vielen Themen, die die Menschen bewegen. Ich nenne mal ein paar:

Agenda 2010, Hartz IV, Riester Rente

Gummigeschosse für die Polizei

NSA Untersuchungsausschuss

Dieselgate

Flüchtlinge, Migration

Klimawandel

Bildungssystem

… (ad libidum ergänzen) …

„Beifall, als jeder Kandidat noch einmal werben durfte und dann auffällig nach Parteibuch geklatscht wurde.“

Tusch!!!

Wahlplakate in Siedlinghausen: Fotos statt Themen?

Das einzige NichtParteienPlakat. Dabei hätte VERRÜCKT bestimmt gepassst. (foto: zoom)

Mich interessieren die Wahlplakate zu den verschiedenen Wahlen immer sehr. Manchmal kann man an den Plakaten schon sehen, wo die Parteien landen werden, öfter auch nicht.

Ich erinnere mich noch an die Zeit als die FDP mit blonden langbeinigen Frauen, von denen sich Silvana Koch-Mehrin als Plagiatorinnen und faule Europaabgeordnete entpuppte, gepunktet hat.

Auch der Hamburger FDP-Shooting-Star Katja Suding brachte Prozente durch Beinlänge.

Lange war die Bundes-FDP die hohlste aller Parteien. Diese Zeiten sind vorbei. Jetzt kommt der Dreitage-Bart mit 0815-Tiefsinn. Ein neues Role-Model: Christian Lindner als moderner Widerstandskämpfer.

Das befreundete Polit-Blog der Sauerländer Bürgerliste kommentierte gestern den bisherigen Wahlkampf der Plakate:

Wahlkampf im HSK:
In 5 Wochen ist Bundestagswahl, auch im HSK.
Die beiden großen Parteien haben Plakate für ihre Direktkandidaten aufgehängt; beide gehören derzeit dem Bundestag an.
Bei der CDU bestehen die Kandidatenplakate aus einem großen Foto, Vor- und Nachname des Kandidaten und den 3 Buchstaben des Parteinamens.
Bei der SPD ist es ähnlich. Statt nur die 3 Buchstaben zu nennen, wird allerdings dazu aufgefordert, am 24.09. diese 3 Buchstaben zu wählen.
Inhalte? NULL.
Noch nicht einmal ein einziges Schlagwort wird den potentiellen Wählerinnen und Wählern präsentiert.
Wird die Bundestagswahl 2017 jetzt zum Fotowettbewerb?

Keine Inhalte? Keine Schlagworte?

Ich bin heute die Hauptstraße von Siedlinghausen abgeschritten und habe mir die vorhandenen Wahlplakate der Parteien angeschaut. Es hingen keine Plakate der Grünen, der Linken, der Piraten und der AfD. Ich habe alles fotografiert, was mir zwischen Sorpestraße und Ortsausgang Richtung Olsberg vor die Linse kam.

Eine (parteien-)proportionale Auswahl:

So haben früher die Piraten-Plakate ausgesehen. (foto: zoom)

Ein bisschen Starwars ein bisschen digital. Die abgehackte Stummelsprache auf dem Lindner-Plakat ist nicht ungeschickt, aber ein Kunstprodukt. So spricht Lindner nicht.

Die Freien Wähler setzen auf den betrogenen Bürger. (foto: zoom)

Das „Land der betrogenen Dieselfahrer“ spielt mit Gefühlen. Im Gegensatz zur AfD sehen sich die Freien Wähler als „anständige Alternative“.

Die SPD setzt voll auf die Person. (foto: zoom)

Die SPD verzichtet auf Aussagen und setzt auf die Person. Ich grübele allerdings darüber nach, ob die Genossen der SPD Dirk Wiese bewusst über das Fahrradschild gehängt haben. Inhalt durch Kontextualisierung.

Scheitel sitzt. Muttis Liebling. (foto: zoom)

„Inhalte? NULL.“, trifft auf den Kandidaten der CDU zu. Sein Plakat habe ich erst in einer Nebenstraße gefunden. Er ist halt CDU, so wie die Mehrheit in Winterberg. Er braucht nichts zu sagen. Er sieht adrett aus. Er wird gewählt.