Der „Behördenspiegel“ schreibt das Scheitern der PPP Projekte in Leimen und Siegburg zur Erfolgsstory um.

In der neuen Ausgabe des Behördenspiegel vom Mai 2013 ist auf Seite 32 ein Artikel mit dem Kürzel BS/dy erschienen, der das Scheitern der PPP-Projekte in Leimen und Siegburg zu einer (fast-)Erfolgsstory umschreibt.***

Die Sprache des Artikels erinnnert zum einen stark an Verlautbarungen der s.a.b. und zum anderen ist ein Foto des Oktopus-Bads in Siegburg mit dem Kürzel BS/s.a.b. abgebildet. Wir können davon ausgehen, dass der Artikel der s.a.b. zuzuschreiben ist.

Der Beitrag trägt die Überschrift ‚“Keine Doppel-ÖPP“ Wie Schwimmbad Projekte machbar werden‘. Der Header sieht folgendermaßen aus:

Einstieg sab Artikel
Der Einstieg in den Artikel: Keine Akteure nennen, verwischen

Schon in dieser Einleitung sind die Elemente der Verwischung und Verwirrung zu finden, die den ganzen Artikel kennzeichnen. Es treten als Subjekte keine realen Personen auf. Handelnde sind entweder unpersönliche Fürwörter oder Strukturen.  Ausnahme ist Wolfram Wäscher, der als „Vorstand und Kommunalberater der sab-consult AG“ ausführlich zitiert wird.

Ein weiteres  Element der Verwirrung ist der Aufbau von Popanzen, die dann mal eben im Vorübergehen widerlegt werden. Ein Popanz ist beispielsweise der sogenannte ‚Jubelruf „Rekommunalisierung“‚. Falls Herr Wäscher auf diesen Jubelruf gewartet haben sollte, hätte er unter Wahrnehmungsstörungen gelitten, denn aus welchem Grund sollten beispielsweise die Gegner der Projekte der sab und ihres Geschäftsführers Wäscher in den Jubelruf „Rekommunalisierung“ ausbrechen?

Das Scheitern des PPP-Projekts in Siegburg wird im Folgenden nicht als Katastrophe, sondern als Normalität beschrieben: Der sogenannte „Heimfall“ stelle die „dritte Phase“[sic!] des „Siegburger ÖPP-Vorhabens der s.a.b. gmbh &.co.kg“ dar.

„Der stattgefundene Heimfall war als Option von vornherein Bestandteil des Projektes“, da klar gewesen sei, „dass die private Seite nicht sämtliche Nutzerrisiken übernehmen sollte“.

Auch das gescheiterte Leimener PPP-Projekt wird von BS/dy umgedeutet und umgeschrieben: 2008 sei das Hallenbad der Stadt Leimen „ohne weitere Gegenleistung  in saniertem Zustand  von der s.a.b. Leimen GmbH & Co. KG“ an die Stadt zurück übertragen worden. Wäscher: „Für die Stadt bedeutete dies einen Mehrwert von Vier Millionen Euro“. Diese Summe begründet Wäscher in den folgenden Absätzen des Artikels mit erbrachten Investitions (1,5 Mio)- und Beriebskosten(2,5 Mio) der s.a.b.

Das Scheitern des Bäderkonzepts erklärt Wolfram Wäscher wörtlich: „Die Vertragsregelungen konnten im anspruchsreichen und vielseitigen kommunalen Alltagsleben nicht gelebt werden.“

Interessant ist die letzte Phrase „nicht gelebt werden“, da sie fast wörtlich mehrmals vom Winterberger Bürgermeister Werner Eickler an die Adresse der s.a.b. als Investor und der aquasphere GmbH als Betreiber des gescheiterten Winterberger Obersum-Projekts gerichtet war. Der Investor respektive der Betreiber „lebe“ die vertraglichen Regelungen nicht, so Eickler in seinen Stellungnahmen.

Die Zeitschrift „Behördenspiegel“ beschreibt sich selbst unter anderem so: „Neben der Bundeshauptstadt Berlin sind Bonn, die 16 Landeshauptstädte und letztlich jede Kommune und jeder Landkreis Zielpunkte des Vertriebs. Da der Großteil der Auflage direkt in den Dienststellen zugestellt wird, erreichen die Informationen des Behörden Spiegel die Leser am Dienstort und zur Dienstzeit direkt.“

Der Artikel wird also massiven Einfluss auf die Meinungsbildung in den Kommunen haben. Wolfram Wäscher bietet den Räten und Bürgermeistern eine politische Rechtfertigungsstrategie gegenüber den Bürgern und Steuerzahlern an.

Darüber hinaus nimmt der Beitrag Einfluss auf die Interpretation der bislang gescheiterten s.a.b. Projekte. Dahinter steckt die Strategie, dass derjenige, der das Deutungsmonopol über die Vergangenheit erringt, auch die Zukunft besitzt.

Ein kleiner Ausflug n die Vergangenheit. Vor fünf Jahren hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Wiesbaden eine Veranstaltung „PPP – eine fatale Variante der Privatisierung“ durchgeführt. Im Bericht wird der Referent Werner Rügemer zitiert:

Das Erschreckende an diesem Modell – auch von allen Beteiligten gern verschwiegen – ist:

1. Die Verträge sind geheim, nur der Kämmerer und die Investoren kennen die Verträge. Den Bürgermeister, Schatzmeister und Landrätinnen ist eine Veröffentlichung der PPP-Verträge untersagt. Damit werden Grundprinzipien der Demokratie außer Kraft gesetzt. Die jeweiligen Organe (z.B. Stadtverordnete) stimmen sozusagen blind zu.

2. Vertragsunstimmigkeiten werden ausschließlich vor internen Schiedskommissionen und nicht vor öffentlichen Gerichten verhandelt. Den Stadt- und GemeinderätInnen stehen Kapitalgesellschaften gegenüber, die sich von international tätigen Anwaltskanzleien und großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beraten lassen.

3. Die Beraterkosten, um die Verträge zu erstellen, sind dadurch enorm hoch, diese Kosten tauchen wiederum in den Verträgen nicht auf und die Politiker entlasten sich, indem sie den Beratern die Vertragsverhandlungen überlassen.

4. Die PPP-Projekte sind von der Grunderwerbssteuer befreit. Herr Rügemer zeigte dieses an Beispielen aus der Region (Frankfurt, Offenbach) auf. In Offenbach zum Beispiel betreibt ein privates Konsortium neunzig Schulen. Vor der Privatisierung gab der Landkreis jährlich rund dreißig Millionen Euro pro Jahr für diese Schulen aus, mittlerweile zahlt er fast das Doppelte. Laut PPP-Vertrag darf er „keine Einrede bei Mängeln üben“ und muss in jedem Fall die Miete bezahlen – auch wenn es mal durch ein kostengünstig-schludrig errichtetes Schuldach regnen sollte.

Inzwischen hat der Landesrechnungshof die Kritik Rügemers (am Anfang sieht es für den Auftraggeber günstiger aus, am Ende zahlt er das Doppelte) an diesem Modell bestätigt.

*** Der Artikel ist nicht im Internet verfügbar. Daher kann ich ihn nicht verlinken.