Schafft zwei, drei, viele Oversums? Große Koalition hält an PPP-Projekten fest.

DSC_0017_1
Oversum in der Dämmerung. (foto: zoom)

Das Elend geht weiter. Die Große Koalition von CDU, CSU und SPD hat sich auf eine Fortführung von PPP, zu Deutsch „Öffentlich Private Partnerschaften“ (ÖPP), geeinigt.

Im Koalitionsvertrag heißt es:
„Die Fortentwicklung von Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) braucht einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Wir wollen die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Geldgebern oder Infrastrukturgesellschaften als zusätzliche Beschaffungsvariante nutzen, wenn dadurch Kosten gespart und Projekte wirtschaftlicher umgesetzt werden können. Dies muss ebenso wie bei Betriebsvergaben in jedem Einzelfall transparent und unabhängig nachgewiesen werden. Wir gestalten ÖPP mittelstandsfreundlicher aus. Die Methodik der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen werden wir evaluieren und standardisieren.“ (S.40)

PPP ist diskreditiert, aber dies ficht die Koalitionäre nicht an. Die SPD hat unter Gerhard Schröder PPP nach Deutschland geholt und ins Konzept von CDU/CSU passt es sowieso. Transparent und unabhängig soll geprüft werden, ob öffentliche oder private Geldgeber günstiger sind. Von einer Tranzparenz der vertraglichen Vereinbarungen steht hier nichts.

Im vergangenen Jahr 2012 zog der Autor und PPP-Kritiker Werner Rügemer eine bittere Bilanz von zwölf Jahren PPP:

“Zwölf Jahre lang hat man uns mit Versprechungen zu PPP überschüttet. Länder und Gemeinden haben wie im Rausch in hunderten von PPP-Projekten das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verprasst. Heute, im Jahr 2012, ist das Erwachen böse. PPP sei schneller, effizienter, nachhaltiger – nichts davon hat sich bewahrheitet. Es gibt exorbitante Baukostensteigerungen wie bei der Hamburger Elbphilharmonie. Laufende Kosten stellen sich als weit überhöht heraus wie bei den 90 Schulen im Landkreis Offenbach. Schon nach einem Jahr bröckeln Straßenbeläge wie bei der A1 zwischen Hamburg und Bremen. Wir dokumentieren für die vergangenen 12 Jahre pro Jahr exemplarisch ein PPP-Projekt. Einige davon waren Pilotprojekte, andere ‘Leuchttürme, dritte erhielten den “PPP-Innovationspreis”. Die Erfahrungen mit diesen “herausragenden PPP-projekten stehen für die das Scheitern des Prinzips PPP, aber sie belegen auch konkret wie dieses Scheitern aussieht und wie es das Gemeinwohl schädigt.”

5 Gedanken zu „Schafft zwei, drei, viele Oversums? Große Koalition hält an PPP-Projekten fest.“

  1. Die Politiker hängen am deficit spending wie der Drogenabhängige an der Nadel.

    Angesichts überbordender öffentlicher Schulden und kaum steigerbarer Steuerlast des Bürgers sind PPP die letzte Möglichkeit der halbwegs rechtstaatlichen Erschließung von privaten Finanzmitteln zur Hebelung der immer spärlicheren öffentlichen Gelder. Danach kommen schon Lastenausgleich, Zwangshypothek, Kriegsanleihe und Mefo-Wechsel.

    PPP sind mithin der letzte Strohhalm, an den die glänzenden Berliner Koalitionäre nicht nur ihre unfinanzierbaren Wunschvorstellungen, sondern sogar den dringend gebotenen Unterhalt der öffentlichen Infrastruktur ketten müssen. Ein veritables Armutszeugnis!

    Dabei wird die Kreditexpansion unweigerlich einen crack up boom nach sich ziehen. Wo das glänzende Ancien Regime unter der Guillotine endete, wird das glänzende großkoalitionäre Selbstermächtigungsregime mit einem Sturz ins ökonomisch Bodenlose enden.

    „Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines Booms durch Kreditexpansion zu vermeiden. Die Frage ist nur ob die Krise früher durch freiwillige Aufgabe der Kreditexpansion kommen soll, oder später zusammen mit einer finalen und totalen Katastrophe des Währungssystems.“ (Ludwig von Mises)

    Auf dass es schnell enden möge!

  2. http://www.gemeingut.org/2013/11/presse_gib-koalitionsverhandlungen-spd-will-nun-doch-weiter-privatisieren/

    Info-Brief der GiB:
    Liebe Freundinnen und Freunde der Gemeingüter,

    die Eingangsposition der SPD für die Koalitionsverhandlungen lautete „ÖPP lehnen wir als Finanzierungsinstrument von Verkehrsprojekten des Bundes ab“ – das ließ ein Umdenken der Sozialdemokraten vermuten. Leider beugte sich die SPD nur wenige Tage später der Union. Nun steht im Koalitionsvertrag die alten und hundertfach gebrochenen Versprechen, PPP transparenter zu gestalten oder den Mittelstand einzubeziehen. Was dies mit einem Stier und dem anstehenden SPD-Mitgliederentscheid zu tun haben könnte, steht in unserer Stellungnahme: „Koalitionsverhandlungen: SPD will nun doch weiter privatisieren“.

    Der Wackelkurs der SPD bestärkt uns in unserer Arbeit: Selbst in der Partei, die PPP Mitte der 90er Jahre aus Großbritannien nach Deutschland holte, ist PPP umstritten – da kann das Modell nicht mehr lange halten, wir bringen PPP zu Fall. Mit eurer Unterstützung noch schneller!

    Und wir freuen uns, euch eine gute Nachricht aus Wiesbaden mitteilen zu dürfen: dort wurde eine neue Initiative „Gemeinwohl hat Vorfahrt – Privatisierung stoppen“ ins Leben gerufen. Sie wehrt sich gegen die Unlogik „zuerst Kaputt-Sparen, dann privatisieren“ und will das kommunale Eigentum erhalten. MitstreiterInnen sind willkommen!

    Im diesem Infobrief findet ihr im Abschnitt „Presseschau“ von uns ausgewählte Beiträge zu Privatisierung und PPP, gefolgt von Terminankündigungen, die euch interessieren könnten.

    P.S. Ab dem 01.02.2014 wird EU-weit das einheitliche Zahlungsverfahren SEPA eingeführt. Das betrifft auch alle Überweisungen zugunsten von GiB. Die dafür erforderlichen IBAN und BIC Nummern findet ihr hier. Mehr Informationen dazu folgen.

  3. Es ist gerade in dieser PPP-Diziplin völlig wurscht, was die politische Kaste in Berlin auf irgendwelche Zettel schreibt.
    Meine Hochachtung gilt vor allen jenen Stadträten, Bürgermeistern etc. die frühzeitig erkannt haben, dass es hier um Verantwortung geht, die nicht mit dem Griff in des Bürgers Geldbörse enden soll.
    Die nächste Bürgermeisterwahl wird zeigen, ob der Bürger lernfähig ist oder für weitere Jahre darum bettelt eins auf die Glocke zu bekommen. Die meisten am Desaster verantwortlichen werden wohl wiedergewählt werden und der Schaden geht kalt lächelnd an unsere Kinder.

  4. In der sogenannten Entwicklungspolitik setzt die Große Koalition ebenfalls auf PPP. Und natürlich wird die neue deutsche Regierung besonders auf eine nachhaltige und soziale und ökologische Entwicklung achten, natürlich. Wessen Entwicklung ist hier eigentlich gemeint, die der Entwicklungsländer oder die der deutschen Wirtschaft? – Blöde Frage.

    Im Koalitionsvertrag heißt es: „In der Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft (PPP) unterstützen wir auf der Basis einer ausgeglichenen Rollenverteilung von Staat und Privatwirtschaft den Auf- und Ausbau des privaten Sektors in den Entwicklungsländern, sofern dies einer nachhaltigen, sozialen und ökologischen Entwicklung dient.“ (S.183)

Kommentare sind geschlossen.